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Im dritten Sommer erschien Wahb bereits als ein großer ausgewachsener Bär, wenn er auch lange nicht den Umfang und das Gewicht erreicht hatte, zu denen er es später bringen sollte. Seine Färbung war jetzt sehr hell, weshalb ihn Spahwat, ein Schoschone-Indianer, der ihn mehr als einmal jagte, Wahb, d. h. Weißbär, nannte.
Spahwat war ein guter Jäger, und als er den Reibebaum am oberen Meteetsee sah, wußte er, daß er sich im Revier eines großen Grislys befand. Er strich durchs ganze Tal und brauchte viele Tage, bis er gut zu Schuß kam, und dann hatte Wahb eine stechende Schulterwunde weg. Er stieß ein schreckliches Brummen aus, aber wie es schien, war die Kampflust von ihm gewichen; er schleppte sich talaufwärts und über die unteren Hügel, bis er einen stillen Schlupfwinkel erreichte, wo er sich niederlegte.
Was er von der Heilkunst verstand, beruhte rein auf dem Instinkt. Er leckte die Wunde und alles um sie herum und hielt sich möglichst ruhig. Durch das Lecken entfernte er den Schmutz, verminderte mit dem leichten zerteilenden Druck massierend die Entzündung und klebte die Haare über die Wunde wie eine Art verband, der die Luft, alles Unreine und die Bazillen fernhielt. Eine bessere Behandlung konnte es nicht geben.
Aber der Indianer war ihm auf der Spur. Es dauerte nicht lange, so sagte Wahb die Witterung, daß ein Feind im Anzuge sei; deshalb klomm er geräuschlos aufwärts zu einem zweiten Ruheplatz. Aber wieder spürte er die Annäherung des Indianers und kroch davon. So ging das mehrere Male, und am Ende kam es zu einem zweiten Schuß und zu einer zweiten schmerzhaften Wunde. Jetzt war Wahb wütend. In Wahrheit rührte sein Schreck nur von jenem entsetzlichen Geruch von Mensch, Eisen und Gewehren her, der ihm den Tag ins Gedächtnis rief, wo er seine Mutter verlor; aber jetzt wich alle Furcht von ihm. Er kroch mühsam wieder bergauf und an einer sechs Fuß hohen Felsleiste entlang, dann hinauf und zurück auf die Spitze des Vorsprungs, wo er sich flach niederlegte. Da kam der Indianer, mit Messer und Gewehr bewaffnet, gewandt und schnell auf der Bärenspur daher und weidete sich entzückt an jedem blutigen Abdruck, der solche Qual für den gejagten Bären bedeutete. Gerade am Hang des abgebrochenen Felsens ging er, auf dessen Höhe Wahb, vor Schmerzen außer sich, lauernd lag. Vorwärts schlich der grausame Jäger, dessen Augen noch immer von den blutigen Spuren gebannt wurden oder auf den Wald vorn gerichtet waren, aber sich nicht einmal zur Felsleiste emporwandten. Und als Wahb diesen verkörperten Tod unbarmherzig auf seiner Fährte sah und den verhaßten Geruch einatmete, da legte er trotz aller Mühe und Schmerzen seinen Rumpf auf seinen zitternden, wunden Arm und hielt ihn so, bis der rechte Augenblick da war; dann verstärkte er noch die unvergleichliche angeborene Kraft seiner gesunden Vordertatze durch das ganze Gewicht seines verzweifelten Hasses, als er einen einzigen entsetzlichen und vernichtenden Schlag austeilte.
Lautlos brach der Indianer zusammen und verschwand in der Tiefe. Wahb erhob sich und suchte von neuem ein ruhiges Lager, wo er sich pflegen konnte. So lernte er, daß man nur durch Kampf Ruhe und Frieden gewinnt, denn den Indianer sah er niemals wieder, und er selbst hatte Zeit, auszuruhen und zu genesen.