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Zweites Kapitel.

Redet Ihr von dem jungen Herrn Lancelot?

Kaufmann von Venedig.

Nach kurzer Zeit erfreute Herr Goldthred auf die dringende Bitte des Wirths und auf die freudige Einstimmung der Gäste die Gesellschaft mit folgendem Liede:

Von allen Vögeln in Busch und Baum
Mit Recht die Eule man preis't,
Denn bessern Einklang gibt es kaum
Wenn unser Becher kreis't.

Denn wenn in Nacht sich hüllt die Welt,
Sucht sie den Baum, der ihr gefällt,
Von wo uns ihr Lied in die Ohren gellt;
Und sei es auch spät und das Wetter schlecht,
Weih'n wir der Eule ein Glas mit Recht.

Die Lerche ist ein träges Thier,
Schläft bis zum hellen Tag;
Doch lobe ich die Eule mir,
Die in der Nacht ist wach.

Drum laßt nicht das Glas bis die Zunge lallt,
Und seid mir bereit und singt, daß es schallt,
Und trinkt bis Ihr nickt, so Jung wie auch Alt;
Denn sei es auch spät und das Wetter schlecht,
Weih'n wir der Eule ein Glas mit Recht.

»Da ist Geschmack drinn, meine Herren,« sagte Michael, als der Krämer sein Lied geendet hatte, »und es scheint noch einige Gutmüthigkeit unter Euch übrig zu sein – denn welches Verzeichniß von alten Kameraden habt Ihr mir vorgelesen und Jedermanns Namen mit einem Motto von übler Vorbedeutung bezeichnet! Und so hat uns auch der Eisenfresser Will von Wallingford gute Nacht gesagt?«

»Er starb den Tod eines fetten Bocks,« sagte Einer von der Gesellschaft; »denn er wurde von dem alten Thatcham, dem rüstigen Parkaufseher des Herzogs zu Donnington Castle, mit dem Pfeile einer Armbrust erschossen.«

»Ja, er liebte stets das Wildpret sehr,« versetzte Michael, »sowie auch einen Becher Claret dazu – und so sei dies seinem Andenken geweiht. Thut mir Bescheid, meine Herren.«

Als das Andenken des abgeschiedenen Helden pflichtmäßig gefeiert worden war, fragte Lambourne weiter nach Prance von Padworth.

»Abgefahren, schon vor zehn Jahren in die Ewigkeit abkutschirt,« sagte der Krämer, – »Oxford Castle, Goodman Thong und ein Zweipfennigstrick wissen am Besten, wie es gewesen ist.«

»Was? so hat man also den armen Prance hoch und trocken gehängt? Das hat er für seine Leidenschaft beim Mondlicht zu lustwandeln – ein Becher seinem Andenken, meine Herren, – alle munteren Bursche lieben das Mondlicht. Was ist aus Hal mit der Feder geworden? – Ich meine den, der nahe bei Yattenden wohnte und die lange Feder trug – ich habe seinen Namen vergessen.«

»Was, Hal Hempseed?« versetzte der Krämer, »nun, Ihr werdet Euch erinnern, daß er eine Art von Gentleman war und sich in Staatsangelegenheiten mischen wollte. Er gerieth vor zwei oder drei Personen wegen der Sache des Herzogs von Norfolk in die Klemme, floh aus dem Lande, während ihm ein Steckbrief auf den Fersen folgte, und seitdem hat man nichts weiter von ihm gehört.«

»Nach all' diesem Ungemach,« sagte Michael Lambourne, »darf ich wohl kaum nach Tony Foster fragen; denn wenn Stricke, Pfeile, Verhaftsbefehle und dergleichen so zahlreich waren, so kann Tony ihnen kaum entgangen sein.«

»Welchen Tony Foster meinst Du?« sagte der Gastwirth.

»Nun den, welchen man Tony Feuerbrand nannte, weil er ein Licht gebracht, um Latimer's und Ridley's Scheiterhaufen anzuzünden, als der Wind Jack Tong's Fackel ausgeblasen und ihm sonst Niemand für Geld und gute Worte Licht geben wollte.«

»Tony Foster lebt und gedeiht,« sagte der Wirth. – »Doch, Vetter, ich möchte Dir nicht rathen, ihn Tony Feuerbrand zu nennen, wenn Du Dich nicht seinem Dolche aussetzen willst.«

»Wie? schämt er sich dessen?« sagte Lambourne; »er pflegte sich ja dessen zu rühmen und zu sagen, er sähe ebenso gern einen gerösteten Ketzer, als einen gerösteten Ochsen.«

»Ja, Vetter, aber das war zu Maria's Zeit,« versetzte der Wirth, »als Tony's Vater Vogt des Abts von Abingdon war. Aber seitdem hat Tony eine Puritanerin geheirathet und ist ein so guter Protestant, wie nur Einer, dafür stehe ich Dir.«

»Und sieht ernsthaft aus, hält den Kopf hoch und verachtet seine alten Kameraden,« sagte der Krämer.

»Da muß es ihm geglückt sein,« sagte Lambourne; »denn wenn ein Mann selber Geld in der Tasche hat, so hält er sich von Denen fern, deren Schatzkammer in anderer Leute Handel liegt.«

»Geglückt, meint Ihr?« sagte der Krämer; »nun Ihr erinnert Euch doch an Cumnor-Place, an das alte Herrenhaus jenseits des Kirchhofes?«

»Ei, wahrhaftig, ich beraubte dreimal den Obstgarten – doch was thut's? – es war der Wohnort des alten Abts, wenn die Pest oder eine andere Krankheit zu Abingdon herrschte.«

»Ja,« sagte der Wirth, »doch das ist lange vorbei, und Anton Foster hat ein Recht darin und wohnt dort mit Erlaubniß eines Großen vom Hofe, dem die Kirchengüter von der Krone zugetheilt sind; und dort wohnt er und hat so wenig mit irgend einem armen Wichte in Cumnor zu thun, als wäre er selber ein Ritter.«

»Es ist auch nicht allein Stolz von Tony,« sagte der Krämer – »er hat dort eine schöne Dame im Käfig, und Tony will kaum gestatten, daß das Licht des Tages sie anblickt.«

»Wie,« fiel Tressilian ein, der sich zum erstenmal in die Unterhaltung mischte, »sagtet Ihr nicht, dieser Foster sei verheirathet, und zwar an eine Puritanerin?«

»Verheirathet war er und zwar an eine so strenge Puritanerin, wie nur je Eine Fleisch in den Fasten aß. Und sie lebte wie Katze und Hund mit Tony, wie man zu sagen pflegt. Doch sie ist todt, – Friede ihrer Asche – und Tony hat nur eine kleine Tochter, so daß man glaubt, er werde die Fremde heirathen, wovon die Leute so viel Wesens machen.«

»Und warum das? – Ich meine, warum machen sie so viel Wesens von ihr?« sagte Tressilian.

»Warum, weiß ich nicht,« antwortete der Wirth, »außer daß man sagt, sie sei so schön wie ein Engel, und Niemand weiß, woher sie kommt, und Jedermann wünscht zu wissen, warum sie so strenge bewacht wird. Ich habe sie nie gesehen – Ihr aber, Herr Goldthred, habt sie gesehen, meine ich.«

»Das habe ich, alter Bursche,« sagte der Krämer. »Ich ritt von Abingdon hieher – unter dem östlichen Bogenfenster vorbei, worin alle die alten Heiligen und Geschichten und dergleichen abgemalt sind, – es war nicht der gewöhnliche Weg, den ich einschlug, sondern einer, der durch den Park führt, denn die Nebenpforte war nur angelehnt und ich glaubte, ich könne mir als alter Kamerad wohl die Freiheit nehmen, durch die Bäume zu reiten, theils des Schattens wegen, denn es war etwas heiß, theils um den Staub zu vermeiden, da ich mein pfirsichfarbiges Wams, mit Goldstoff besetzt, anhatte.«

»Und dieses Kleid sollte der schönen Dame in die Augen stechen,« sagte Michael Lambourne. »Ich sehe schon, Du Schurke lässest noch Deine alten Possen nicht.«

»Nicht so – nicht so,« sagte der Krämer mit albernem Lächeln; »nicht ganz so – sondern Neugierde, weißt Du, und bei alledem ein Anflug von Mitleid, – denn die arme junge Dame sieht vom Morgen bis zum Abend Niemand als Tony Foster mit seinen düstern schwarzen Augenbraunen, seinem Stierkopfe und seinen krummen Beinen.«

»Und Du wolltest ihr gern einen zierlichen Körper in einem seidenen Wams zeigen – ein Bein gleich dem einer kurzbeinigen Henne in einem Korduanstiefel und ein rundes, dumm lächelndes Gesicht, wovon eine Sammetmütze mit einer Truthahnfeder und einer vergoldeten Spange sehr hübsch abstechen. Ja, lustiger Krämer, wer schöne Waaren hat, zeigt sie gern. – Auf, Ihr Herren, laßt nicht den Becher stehen, hier trinke ich auf lange Sporen, kurze Stiefel, volle Mützen und leere Schädel!«

»Nein, jetzt seid Ihr eifersüchtig auf mich, Michael,« sagte Goldthred; »und doch war mein Glück kein anderes, als was Dir und jedem Anderen auch hätte zu Theil werden können.«

»Zum Henker mit Deiner Unverschämtheit,« entgegnete Lambourne; »Du willst doch nicht Dein Puddinggesicht und Deine Taffetmanieren mit denen eines gebildeten Mannes und Soldaten vergleichen?«

»Nein, mein guter Herr,« sagte Tressilian, »ich bitte Euch, diesen wackern Bürger nicht zu unterbrechen; mich dünkt, er erzählt so gut, daß ich ihm bis Mitternacht zuhören könnte.«

»Euer Lob geht über mein Verdienst,« antwortete Goldthred. »Doch da es Euch Vergnügen macht, Herr Tressilian, so werde ich fortfahren, ungeachtet des Spottes und der Sticheleien dieses tapfern Soldaten, der vielleicht mehr Faustschläge als Kronen in den Niederlanden erhalten hat. – Und so, mein Herr, als ich unter dem großen bemalten Fenster vorüberritt und meinem Pferdchen den Zügel auf den Hals legte, theils wegen meiner eigenen Bequemlichkeit, theils um desto gemächlicher um mich blicken zu können; da höre ich plötzlich, wie sich das Gitter öffnet; und glaubt mir in meinem Leben nicht wieder, wenn da nicht die Person eines so schönen Frauenzimmers vor mir stand, wie nur je eins an meinen Augen vorüberging, und ich meine doch, ich habe ebenso viele hübsche Mädchen angesehen und mit ebenso viel Urtheil, als andere Leute.«

»Darf ich fragen, wie sie aussah?« sagte Tressilian.

»O Herr,« versetzte Goldthred, »ich versichere Euch, sie trug die Kleidung einer Edeldame – einen sehr gefälligen und saubern Anzug, welcher der Königin selber gut genug gewesen wäre; denn sie trug ein Leibchen mit Aermeln von ingwerfarbigem Seidenzeug, wovon die Elle einige dreißig Schilling muß gekostet haben, mit dunkelbraunem Taffet gefüttert, der Länge nach besetzt und eingefaßt mit zwei breiten Tressen von Gold und Silber. Und ihr Hut, mein Herr, war in der That das modischste Kleidungsstück, welches ich in dieser Gegend gesehen. Er war von lohfarbigem Taffet, mit Scorpionen von venetianischem Golde darauf gestickt und der Rand mit goldnen Fransen verziert; – ich versichere Euch, mein Herr, eine herrliche und unübertreffliche Devise. Was aber die Einfassungen betrifft, die waren nach der längst veralteten Mode.«

»Ich fragte Euch nicht nach ihrem Anzuge, mein Herr,« sagte Tressilian, der während dieser Beschreibung einige Unruhe verrathen hatte, »sondern nach ihrem Teint – nach der Farbe ihres Haares, nach ihren Gesichtszügen.«

»Hinsichtlich ihres Teints bin ich nicht völlig so gewiß,« antwortete der Krämer; »doch bemerkte ich, daß ihr Fächer einen elfenbeinernen, sehr zierlich ausgelegten Stiel hatte. Und dann wieder, was die Farbe ihres Haares anbelangt, kann ich dafür einstehen, die Farbe mochte nun sein welche sie wollte, daß sie ein grünseidenes Netz, mit Goldfäden durchwirkt, darüber trug.«

»Ein sehr krämerhaftes Gedächtniß,« sagte Lambourne; »der Herr fragt ihn nach der Schönheit der Dame, und er redet von ihren schönen Kleidern!«

»Ich sage Dir,« sagte der Krämer etwas verwirrt, »ich hatte wenig Zeit sie anzusehen, denn gerade als ich ihr einen guten Tag wünschen wollte, und zu dem Zwecke mein Gesicht zu einem Lächeln verzogen hatte, –«

»Gleich einem Affen, der mit einer Kastanie liebäugelt,« sagte Michael Lambourne.

»– sprang plötzlich,« fuhr Goldthred fort, ohne auf die Unterbrechung zu achten, »Tony Foster selber hervor, mit einem Knittel in der Hand« –

»Und schlug Dir hoffentlich den Kopf entzwei für Deine Unverschämtheit,« sagte der Wirth.

»Das wäre leichter zu sagen, als zu thun gewesen,« antwortete Goldthred unwillig. »Nein, nein, es kam nichts vom Kopfzerschlagen vor – freilich näherte er sich mit seinem Knittel, sprach vom Zuschlagen und fragte, warum ich nicht auf der Landstraße bleibe und dergleichen; und ich würde ihn für seine Mühe ganz hübsch über den Schädel geschlagen haben, wäre nicht die Dame zugegen gewesen, die leicht hätte ohnmächtig werden können.«

»O Du muthloser Schlingel!« sagte Lambourne; »welcher kühne Ritter dachte je an den Schreck der Dame, wenn er in ihrer Gegenwart und zu ihrer Befreiung Riesen, Drachen oder Zauberer zu erschlagen kam? Doch warum rede ich von Drachen mit Dir, der sich von einer Drachenfliege würde in die Flucht treiben lassen. Da hast Du die seltenste Gelegenheit fahren lassen!«

»So benutze sie denn selber, Du Eisenfresser,« antwortete Goldthred. – »Dort ist das bezauberte Schloß, die Dame und der Drache, alle zu Deinem Dienste, wenn Du es mit ihnen aufzunehmen wagst.«

»Ei, das würde ich thun für ein Quart Sect,« sagte der Soldat; – »oder halt – ich habe großen Mangel an Wäsche – willst Du ein Stück holländische Leinwand gegen diese fünf Engel verwetten, daß ich morgen nicht zur Halle hinauf gehe und Tony Foster zwinge, mich bei seiner schönen Hausgenossin einzuführen?«

»Ich nehme Deine Wette an,« sagte der Krämer, »und denke, wenn Du auch so unverschämt bist wie der Teufel, so werde ich doch gegen Dich gewinnen. Unser Wirth soll den Einsatz in Empfang nehmen, und ich will Gold einsetzen bis ich die Leinwand schicke.«

»In einer solchen Sache nehme ich keinen Einsatz in Empfang,« sagte Gosling. »Ei, Vetter, trinke Deinen Wein in Ruhe und laß solche Abenteuer unterwegs. Ich versichere Dir, Herr Foster hat Einfluß genug, Dich in das Gefängniß zu Oxford zu bringen, oder Deine Beine mit dem Blocke hier im Orte in Berührung zu bringen.«

»Dadurch würde nur eine alte Bekanntschaft erneuert werden; denn Michels Schienbeine und der Block hier im Orte sind schon früher sehr vertraut mit einander gewesen,« sagte der Krämer; »doch er soll nicht von seiner Wette abkommen, wenn er nicht vielleicht Strafgeld zahlen will.«

»Strafgeld?« sagte Lambourne; »darüber muß ich lachen. Ich achte Tony Foster's Zorn nicht mehr als eine Erbsenhülse, und, beim heiligen Georg, ich will seine Schöne sehen, er mag wollen oder nicht.«

»Ich würde gern die Hälfte Eures Einsatzes zahlen, mein Herr,« sagte Tressilian, »um die Erlaubniß zu haben, Euch bei dem Abenteuer begleiten zu dürfen.«

»In welcher Hinsicht würde Euch das Vortheil bringen?« fragte Lambourne.

»In keiner, mein Herr,« sagte Tressilian, »als um die Gewandtheit und Tapferkeit zu beobachten, welche Ihr zeigen werdet. Ich bin ein Reisender, welcher seltsame Gefechte und ungewöhnliche Kämpfe aufsucht, wie vor Alters die Ritter Abenteuer und Waffenthaten aufsuchten.«

»Nun, wenn Ihr gern sehen wollt, wie eine Forelle geködert wird,« antwortete Lambourne; »mir liegt nichts daran, wie Viele meine Geschicklichkeit mit ansehen. Und hier trinke ich auf den glücklichen Erfolg meines Unternehmens; und wer mir nicht Bescheid thun will, ist ein Schurke, und ich will ihm die Beine bei den Strumpfbändern abschneiden.«

Dem Zuge, welchen Michael Lambourne bei dieser Gelegenheit that, waren bereits schon so viele vorangegangen, daß seine Vernunft auf ihrem Throne schwankte. Er stieß einige unzusammenhängende Flüche über den Krämer aus, welcher, vernünftig genug, ihm nicht in einer Ansicht beistimmen wollte, welche den Verlust seiner eigenen Wette in sich begriff.

»Willst Du mir mit Logik kommen?« sagte Lambourne. »Du Wicht hast ja nicht mehr Gehirn, als eine Docke verwirrter Seide. Beim Himmel! ich will Dich zu fünfzig Ellen Borten zerschneiden!«

Doch als er zu diesem verwegenen Vorsatze sein Schwert zu ziehen versuchte, wurde Michael Lambourne von dem Kellner und dem Aufwärter ergriffen und auf sein Zimmer getragen, um sich dort wieder nüchtern zu schlafen.

Dann brach die Gesellschaft auf, und die Gäste nahmen Abschied, was den Wirth mehr erfreute, als irgend Einen von ihnen; denn sie gingen nicht gern von gutem Getränk hinweg, so lange sie dabei zu sitzen vermochten, besonders da es umsonst zu haben war. Sie waren indeß genöthigt sich zu entfernen, gingen auch endlich und ließen Gosling und Tressilian in dem leeren Zimmer zurück.

»Meiner Treu,« sagte der Erstere, »es wundert mich, wie unsere Großen Vergnügen daran finden können, ihr Vermögen an Gastereien zu verschwenden und den Wirth zu spielen, ohne die Rechnung zu senden. Ich thue es nur sehr selten, und, beim heiligen Julian, immer, wenn ich es thue, gereut es mich über alle Maßen. Jeder dieser leeren Krüge, die mein Neffe und seine betrunkenen Kameraden ausgeleert haben, hätte ein Gegenstand des Vortheils für einen Mann meines Geschäfts sein sollen, und ich muß sie als verloren hinsetzen. Ich kann nicht das geringste Vergnügen an Lärm und Unsinn, an trunkenem Gezänk und Streit, an Gotteslästerung und dergleichen finden, wenn man Geld da verliert, anstatt zu gewinnen. Und doch ist mancher schöne Landsitz bei einer solchen Lebensweise daraufgegangen, und das trägt sehr viel zum Verderben der Gastwirthe bei; denn wer zum Henker wird daran denken, im Schwarzen Bären für Essen und Trinken zu zahlen, wenn er es im Hause des Lord oder des Squire umsonst haben kann?«

Tressilian bemerkte, daß der Wein selbst auf das ruhige Gehirn des Wirths einigen Eindruck gemacht hatte, was er besonders an seinem Reden gegen die Trunkenheit erkannte. Da er sich selber sorgfältig gehütet hatte, zu viel zu trinken, so würde er die freie Mittheilung des Augenblicks benutzt haben, um von Gosling noch einige weitere Nachricht über Anton Foster und die Dame herauszubringen, welche der Krämer in dem Landhause gesehen hatte; doch seine Fragen brachten den Wirth nur auf ein neues Thema, gegen die Ränke des schönen Geschlechts zu predigen, wobei er die ganze Weisheit Salomonis in ihrer vollen Länge in Anwendung brachte, um seine eigene zu verstärken. Dann richtete er seine mit Schmähungen vermischten Ermahnungen an seine Kellner und Aufwärter, welche beschäftigt waren, die Ueberbleibsel des Gastmahls wegzunehmen und die Ordnung im Zimmer wieder herzustellen. Endlich wollte er seine Lehren durch ein Beispiel deutlich machen, was ihm freilich nicht am besten gelang denn er zerbrach einen Präsentirteller mit einem Dutzend Gläser, als er zu zeigen versuchte, wie dieser Dienst in den Drei Kranichen, damals das ausgezeichnetste Gasthaus in London, verrichtet werde. Dieser letzte Vorfall brachte ihn soweit zu sich selber, daß er sich zu Bette legte, bald fest einschlief und am Morgen als ein neuer Mann erwachte.



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