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5.

Den beiden Menschen, die der blinde Zufall zusammengeführt hatte, verstrichen die nächsten Tage einförmig und ohne sie einander wesentlich näher zu bringen. Wie verabredet, fanden sie sich mittags und abends regelmäßig unten im getäfelten Restaurant – (so hieß das gemütliche Zimmer noch von der ehemaligen Hôtelwirtschaft her) – aber sie saßen sich so voreingenommen und prüfend gegenüber, wie es die völlige Unkenntnis ihrer gegenseitigen Verhältnisse naturgemäß bedingte. Frau Katharine wußte am wenigsten mitzuteilen, ihr Gegenüber kannte alles, was sie hier im Engadin an Neuem sah und lernte, hundertmal besser als sie, die Vergangenheit lag als ein totes Ding zwischen ihr und ihm. Sie konnte sich auch zu keiner Freudigkeit, keinem warmen Interesse aufraffen, sie verkümmerte in psychischer Lähmung. Steffen Bürklin erzählte zwar hin und wieder vom Leben in Dorpat und berichtete, seiner Liebhaberei folgend, von den Eigentümlichkeiten des lettischen Volksstammes, aber auch er rührte an seine Vergangenheit nicht, obgleich aus anderen Gründen als Frau Katharine. Zudem beschäftigte die Engadiner Abhandlung seine Gedanken. Die Redaktion, welcher er den langen Aufsatz versprochen hatte, mahnte: der neue Jahrgang sollte würdig eingeleitet werden, und am fünfzehnten Oktober wurde das erste Heft desselben ausgegeben.

Sein Interesse für Katharine Eschrodt hatte sich durchaus nicht vermindert, im Gegenteil, es ähnelte dem Vulkan, der Rauchwolken aussendet, bis die elementare Macht in der Tiefe ihr Feuer emporschlagen läßt und lohend ans Tageslicht wirft. Er verglich sie im stillen wieder und wieder mit Mutter und Braut, seinen beiden leuchtenden Vorbildern für alle Frauen. Nicht nur die Stimme der Mutter hatte sie; je länger er mit ihr verkehrte, desto mehr mahnte ihn ihr schmiegsames und doch weiblich keusches Wesen, besonders aber der fragende Blick ihrer schönen, grauen Augen an seine gestorbene Braut. Ob dieser Vergleich in Wirklichkeit zutraf oder nur in der Willkür seiner erregten Gefühle – wer wollte das entscheiden? Ihm verkörperte sie jedenfalls nach und nach immer lebhafter gerade jene verklärte Gestalt. Wie oft, wie gern hatte er vor Jahren das schlanke Mädchen in seine starken Arme geschlossen, wenn es ihn so ausdrucksvoll angeschaut, und hatte die stumme Frage mit beredten Küssen beantwortet. Die Sehnsucht nach der vergangenen Jugend und Liebe ward noch einmal wach in dem reifen Manne, dessen Haar schon ergraute, und diese Offenbarung ängstigte ihn.

Er hatte sein Leben nicht verspielt und vertändelt; seine Ideale waren ihm treu geblieben. Freunde und Kollegen verglichen ihn gern mit allerhand Männern früherer Tage, von denen die Geschichte meldet, daß sie schlicht und edel von Charakter und ein leuchtendes Vorbild der Zeitgenossen und Nachgebornen gewesen seien. Ja, ein bekannter Theologe hatte einmal behauptet, auf den Doktor Bürklin, obwohl er zum Glück auch kein Atom der unausstehlichen Musterknaben-Biederkeit an sich trage, werde doch nie eine Grabschrift besser passen als das Wort der Bergpredigt: »Selig sind die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen!«

Vielleicht geschah es, weil er selbst wirklich reines Herzens war, daß er lange Zeit nicht darauf kam, bei der Frau, die ihm Tag für Tag gegenüber saß, einen unlauteren Herzenswinkel, eine Schuld an ihrem Leide zu vermuten.

Katharine ihrerseits suchte die Stunden zu töten so gut sie konnte. Sie zeichnete leidlich nach der Natur, und solange es das Herbstwetter noch erlaubte, saß sie gern drüben am Seeufer, unweit des Hôtel Alpenrose, und skizzierte. Das lustige Ghiteli aus dem Baselgier Dorfe lief nur gar zu eifrig mit, schleppte den Feldstuhl nach und spielte um die » cara Signora« herum, die noch viel freigebiger mit Gerstenstangen und Kandiszucker aus der Silser Mercerie war, als der Signor Dottore. Hatte sie nicht auch gleich nach jenem ersten Sonntage aus dem Feenreiche Sankt Moritz ein Paar blitzblanke Schuhchen und zwei Paar feuerrote Wollstrümpfe für das Barfüßchen Ghita mitgebracht? Das Kind war stolz wie eine Prinzessin in dieser Herrlichkeit und war auf dem besten Wege, den alten Wohlthäter über der neuen Wohlthäterin zu vergessen, nach dem Engadiner Sprichworts: »Heute macht Gestern tot, Morgen wird Heute begraben!«

Daheim bei Per Vian rumorte es im Hause, als trieben die Wichtelmännchen ihr Wesen drinnen. All' das Gerümpel ward unter Barbettas Aufsicht geleimt und genagelt, das Polster der Ofenbank bekam einen frischen Bezug, die Schemel und der Tisch glänzten im neuen Anstrich, und Barbetta selbst stand am dampfenden Waschbottich und mühte sich mit allerhand vergilbten Resten von Linnen und Baumwollgewebe. Sie hatte auch ihrem »Perrino« ein weißes Hemd und einen messingbeschlagenen Leibgurt gekauft, seine besten Schuhe zum Schuster getragen und die Ellbogen seiner festtäglichen Manchesterjacke ausgebessert. Ja sie hatte sogar einen Strauß künstlicher Röschen im Auge, der im Fenster der Mercerie prangte und Perrinos Rundhut gewiß bedeutend verschönern würde zum Hochzeitstage. Selbst sein Rasiermesser war scharf geschliffen worden, aber Barbetta behielt es klüglich in sicherem Verwahrsam. »Denn,« sagte sie zu ihrem Freunde, dem jungen Badrutt, »wenn's ihn der Teufel heißt, daß er sich vor der Hochzeit die Kehle damit durchschneidet, so hab' ich den Schimpf und das Nachsehen davon. Eh' ich ihn mir nicht zurechtgestutzt habe, wie ich will, trau' ich ihm nicht vom Daumen bis zum kleinen Finger!«

»Ei, dich möcht' ich auch schon zum Weibe, Barbettina,« entgegnete Hans Badrutt, und sie gab schlagfertig zurück:

»Möchtest du? Das glaub' ich wohl, aber sieh, das Beste kommt nicht allezeit zu den Besten!«

Das Scherzen ging der lustigen Dirne noch einmal so glatt vom Munde, seit sie nicht mehr zu fürchten brauchte, unter den gestrengen Baselgiern leben zu müssen. Luigi Flischs nettgeweißtes Häuschen gefiel ihr zehnmal besser als Pers »verräucherter Schweinestall,« und hundertmal besser als ihre dumpfe Schlafstelle bei der unwirschen Base Caderas. Per Vian gab ihr auf gewisse Weise eine Stellung unter den Leuten, und Pers Kind war noch schöner und feiner als das Bild der kleinen Mariana Juvalta drüben im Korridor des Josti-Hauses. Warum sollte sie das Ghiteli nicht lieb haben und es an sich ziehen? Konnte es denn dafür, daß seine Mutter eine Tolle gewesen und sein Vater ein Tölpel war? Das Ghiteli durfte schon bald eine kleine Hilfe im Hause sein, zumal wenn erst die eigenen Kinder kommen würden! Noch acht Tage, und aus Barbetta Tosio ward Barbetta Vian. Per sah ordentlich achtbarer und vernünftiger aus, seit er das Geld für seine häßliche Baracke wohlgezählt eingestrichen hatte und Hans Badrutt beim Vermessen des Raumes zur neuen Scheune helfen durfte. Es war ihm für diesen Dienst ein fetter Schöpsenschlegel und eine Flasche Iva zum Hochzeitsschmause versprochen worden.

Der September gab ein wildes Abschiedskonzert in den Lüften. Die Sonne hielt sich versteckt von früh bis spät, Schneeflocken stoben aus tiefhängendem Gewölk, und das jagte und flog zwischen die ächzenden Tannen hinein, um die Wände der Bergriesen und die Häuser im Hochthale. Es vereinte sich mit dem sturmgepeitschten Seewasser und verhüllte und verlöschte die flimmernden Laternen von Maloja-Kurhaus. Überall war's unwirtlich und finster. Das Weidevieh stand in den dämmerigen Winterquartieren und wiederkäute in satter Ruhe sein duftendes Heu, die Bergamasker Hirten waren schon längst von den Höhen des Julier und Albula herab und heim gewandert mit ihren grobwolligen, wohlgerundeten Herden. In den Häusern verwahrte man die Fensterfugen, nahm die Nelkentöpfe von den Altanen ins kleine warme Wohnstübchen herein und schichtete das knorrige Brennholz hinter dem Ofen. Haspel und Kunkel, Brettspiel und Bücher wurden für die kurzen Tage und langen Lichtabende hervorgeholt, und die Bergposten kamen und gingen nicht mehr so regelmäßig. Ihre wenigen Passagiere kauften sich vor der Reise in die Unfallversicherung ein und saßen in Furcht und Zittern vor reißenden Bergbächen, Schneewehen und Lawinenstürzen. Manche Nacht tönte es wie ferner Donner droben von den Bergen herab, und Frau Katharine wünschte in ihrer Schlaflosigkeit mehr als einmal: »Käme doch eine Lawine von den vielen hier ins Thal und begrübe dies öde Dorf und mich dazu, und alles hätte ein Ende!«

Endlich brachte der erste Oktober wieder heiteres Wetter und liebliches Himmelsblau. Bürklin hatte früh morgens sein Manuskript nach Königsberg abgeschickt und genoß das Gefühl froher Befriedigung, das jeden, der mit Fleiß und Liebe geistig schafft, nach wohlvollendeter Arbeit segnet. Nun sollte es wieder über Berg und Thal gehen; für den Rest dieser Ferien hatte die Feder Ruhe!

Er sagte sich das mit wohligem Behagen, schaute zum Fenster hinaus in den köstlichen Herbsttag, pfiff dabei leise vor sich hin und wünschte, daß Frau Katharine endlich mit ihrem Anzuge fertig sein möchte; denn sie hatte heute bei Tische seine Aufforderung zu einem weiten Spaziergange ins Fexthal angenommen; die von ihr bestimmte Stunde hatte bereits vor reichlichen zwanzig Minuten geschlagen, und Doktor Steffen Bürklin war ein unangenehm pünktliches Menschenkind!

Indem pochte es, und eine kleine Prozession trat zu dem Wartenden ins Zimmer. Voran Frau Barbetta Vian, wie Barbetta Tosio seit einer Stunde hieß, an ihrer Hand trippelte das Ghiteli, und Vater Per kam zuletzt, den Rundhut, den richtig das Boquetchen künstlicher Rosen zierte, zwischen seinen schwieligen Fingern drehend. Alle drei sauber und festlich. Barbettas starke rote Zöpfe hatte der Kamm wirklich in eine sittsame Haartracht gebändigt, die ein großer Silberpfeil im Nacken unter dem lichtblauen Kopftuche zusammenfaßte. Auch Ghiteli trug ein neugemachtes Röckchen – großblumiger Wollmousselin – Barbetta hatte ihn in irgend einem Gelasse von der seligen Giuditta Wandschrank gefunden und selbst zusammengestichelt. Das kleine Mädchen sah allerliebst aus, blickte stolz auf seine roten Strümpfe und blankgewichsten Schuhe und hielt mit spitzen Fingern sein Röckchen in die Höhe, damit der gute Signor Dottore sich auch an dem herrlichen Rosen- und Fliedermuster auf maigrünem Grunde erfreuen könnte.

»Ist es nicht schön? Hat der S'gnor je etwas so Schönes wie dieses gesehen?« fragte das Kind mit strahlendem Gesichtchen. » La mamma mia, la carissima, hat es gemacht, S'gnor, gestern abend, als ich schlief!«

»Nun – und wir sind alle drei gekommen, um Abschied zu nehmen,« sagte Barbetta, trat vor und gab ihrem Per einen sehr entschiedenen Wink, sich an ihre Seite zu bemühen. Dann faßte sie seine Hand und machte einen kleinen Knix. »Wir sind Mann und Frau, Signor, und ziehen nach Silvaplana miteinander.«

»Nach Silvaplana?« Bürklin blickte erstaunt von Barbetta zu Per und von Per zu Barbetta. »Davon weiß ich ja kein Sterbenswörtchen!«

»Ei nun, die Gelehrten, Signor Dottore, sind auch nicht immer allwissend, und vor Zia Nonna, der Lästerzunge, haben wir uns wohl gehütet,« entgegnete Barbetta. »Thu den Mund auf und sprich, Perrino, sage dem Signor, wie dieses alles zugegangen ist.«

Das that denn der gehorsame Perrino unter oftmaligem Stocken, und noch während er berichtete, klopfte es draußen abermals an Bürklins Thür, und Frau Katharinens Stimme meldete, daß sie zum Ausgehen bereit sei. Bürklin eilte ihr zu öffnen und bat sie, doch einen kleinen Augenblick näher zu treten.

»Die guten Leutchen hier haben heute Hochzeit gemacht und wollen mir Lebewohl sagen,« erklärte er. »Sie überraschen mich gänzlich mit ihrem Fortzuge von hier nach Silvaplana, und ich glaube, auch Ihnen, gnädige Frau, wird unsere kleine, muntere Ghita ein wenig fehlen. Mir geht's nämlich wirklich zu Herzen. Wie man sein Interesse an solch ein Kind hängen kann, das ist oft geradezu närrisch, und nun erst von einem Junggesellen! Weshalb bleibt ihr veränderlichen Leute nicht hier, Barbetta Tosio? Dahinter steckt doch sicher irgend ein weiblicher Schachzug! Was gedenkt ihr zu beginnen, um euer Brot zu verdienen?«

»Signor,« sagte die junge Frau und hob sich ordentlich in den Hüften bei ihrer Rede, »wer arbeiten will, der findet überall genug für seine Hände. Per verdingt sich zum Holzschlage ob Surlej, damit ich ihn im Auge behalte, eh Perrino? Denn das ist gesünder für ihn. Ich verstehe das Nähen, und wir haben einen schönen Bleichplan zu unserm Wesen – das Nähen für den Winter, das Bleichen für den Sommer. Wer sich zur Ehe entschließt, der soll die Jugend hinter sich lassen; eine Frau ist keine Dirne mehr, und des leichten Lebens wird man satt wie des Zuckerbrotes. È cosi, Signor! Nun sag' ich zum Per: was wollen wir ferner in Baselg' hausen, wo du ein fauler Trinker gewesen bist, oder in Islas, wo ich eine müßige Dirne geheißen werde? Wir müssen leben, wo uns keiner scheel ansieht, wo wir neu sind wie Maiskuchen von heute früh, und wo der Verdienst nicht ausbleibt, wenn die Hände geschickt sind. Denn das weiß ein jeder, Signor, Eheleuten, denen Gott seine Gnade nicht entzieht, denen schenkt er Kinder zur Freude, und je mehr von der Freude im Hause, desto mehr gibt's zu sorgen!«

»Recht so, Barbetta!« Bürklin nickte ihr zu und schüttelte ihr kräftig die Hand. »Der Herr Pfarrer hat, wie's scheint, gut gesprochen bei der Traurede!«

Sie nickte, beugte sich nieder und machte sich an Ghitelis Kleidchen zu schaffen. »Der eine braucht zehn Jahre zum Gutwerden und der andere zehn Tage. So ist es, Signor,« sagte sie. »Geh ein wenig hinaus, Per, und schau, ob das Eselchen sich satt gefressen hat, und dann schirr es an, damit wir vor Abend heimkommen, und vergiß mir keinen Gurt und keine Schnalle – capito

»Das Kind hat mich erbarmt und mir den ganzen Sinn geändert,« fuhr sie fort, als Per sich entfernt hatte, und blickte Bürklin offenherzig in die Augen dabei. »Was versteht ein Mann von solch kleinem Unmündigen, und nun gar ein Mann wie mein Per, der ein Träumer ist und nur Feuer fängt, wenn ihm ein Widersacher die glühenden Kohlen ins Gesicht wirft? Bösen Willen dazu hat er nicht, aber er läßt das Kind verkommen und meint in seiner Unvernunft, es bettelt sich wohl durch bei fremden Leuten. Wer weiß, ob es den Winter überstanden hätte, wenn ich nicht dazwischen gefahren wäre? Denn sehen Sie, Signor, als ich neulich abends einmal mit dem Perrino in seinem Hause gesessen bin und wir haben so unsere Thorheit getrieben, da schreit das Kind laut auf im Traume, und als ich's angreife, liegt's ohne Decke und ist so kalt wie der Tod. Da wacht es auf und schließt mir die Ärmchen um den Hals und weint jämmerlich. Mir aber hat sich das Herz weit aufgethan, ich habe mir gelobt – – – sieh, und hier ist mio Per zurück, jetzt müssen wir gehen. Wenn der Signor Dottore einmal wieder für das Ghiteli etwas thun will,« fügte sie leise hinzu, während ein schlaues Lächeln um ihre Lippen spielte, »so bin ich es, an die man sich wendet, und es ist, wie ich schon sagte, das erste Häuschen am See mit dem Bleichplan daneben, wo ich zu finden bin.«

» Addio, Signor, addio!« rief das Kind, hob sein schönes, lachendes Gesichtchen zu Bürklin empor und sprang dann zu Frau Katharine: » Grazie, Signora, addio

Katharine griff in ihre Tasche, und Bürklin hörte das Geld in ihrer Börse zusammenklirren, aber er wehrte ihr mit raschem Blicke: »Kinderdank läßt sich nicht bezahlen!«

Dabei öffnete er ihr die Thür zum Vorangehen, nahm seinen Hut und folgte ihr mit der kleinen Familie treppab und vor das Hofthor, wo der hochbepackte Eselwagen schon wartete, der Pers und Barbettas ganze Habe ins neue Heim schaffen sollte. Zu oberst lag der tiefrote seidengestickte Ofenvorhang, und als Per Vian Frau Katharinens begehrlichen Blick darauf geheftet sah, murmelte er:

»Wenn die Dame den Vorhang kaufen will – für fünfzig Franken geb' ich ihn her.«

Barbetta stieß ihn unsanft mit dem Ellbogen an. »Was hast du ungefragt vom Hausrate zu veräußern? Dein ist mein und mein – dein!« sagte sie und fügte auf Romanisch hinzu: »Narr, der du bist! Weißt du nicht, daß mir die Sankt Moritzer Fremden fünfmal fünfzig Franken für den Lappen bieten werden, wenn ich ihn gereinigt und ausgebessert habe? Wer fremd in deinem gottvergessenen Baselg' leben mag, der muß selber sparen. Schlage deinen Esel, und deine Dummheit behalte fein für dich, sposo mio

Damit faßte sie das Ghiteli unter die Arme und gab ihm einen Schwung in die Luft, daß es wie ein bunter Vogel gerade mitten auf den roten Vorhang flog. Da thronte es nun zwischen allem Gerät und klatschte fröhlich in die Hände, Mutter Barbetta kletterte dem Töchterchen nach, nickte gravitätisch zum Abschiede und hieß Ghita den Herrschaften Kußfinger werfen. Nicht genug damit: das kleine Ding küßte beide Händchen und winkte noch lange zurück, als die Equipage in bestem Gange war. Per trollte nebenher, peitschenschwingend und zungenschnalzend.


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