Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Um die zweckdienliche Benutzung gymnastischer Massregeln für die Praxis im einzelnen zu sichern und zu erleichtern, soweit als dies vom allgemeinen Standpunkte irgend möglich und zulässig, werde ich in diesem Abschnitte eine Reihe von speziellen Vorschriften für die vorzüglichsten und am häufigsten vorkommenden, in das Bereich der ärztlichen Zimmergymnastik gehörenden Gebrauchsfälle aufstellen. Mögen diese überhaupt als allgemeine Schemen und Anhaltspunkte auch für alle weiteren Fälle dienen. Doch möge man sich auch bei den hier speziell angeführten daran erinnern, dass es eben nur für gedachte Fälle Vorschriften sind, die, wo sie zur Anwendung kommen sollen, stets einer verständigen Individualisierung, meistenteils auch einer besonderen ärztlichen Begutachtung bedürfen. Das individuell richtige Verhältnis nach Art und Mass kann nur durch genaue Beobachtung gefunden werden. Ebenso sei wiederholt und ausdrücklich daran erinnert, dass die auf spezielle Heilzwecke gerichteten Vorschriften nicht so zu verstehen sind, als könne man damit in allen Fällen alles allein erreichen und abthun, sondern dass sie nur als ein wesentlicher Teil des etwa überhaupt nötigen Kurverfahrens, als die in allen Verhältnissen entsprechendste Art und Weise, wie die Heilpotenz der Bewegung für praktische Zwecke gewonnen und verwertet werden kann, zu betrachten sind.
Bei der Zusammenstellung der einzelnen Bewegungen in diesen Vorschriften ist die Aufeinanderfolge so eingerichtet, wie es die Rücksicht auf passende Abwechselung der Muskelthätigkeit verlangt. Man hat nämlich darauf zu sehen, dass, um Überreizung zu vermeiden, dieselben Muskelgruppen nicht zu anhaltend hinter einander an die Reihe kommen. Deshalb ist es auch ratsam, in Fällen, wo lokale Heilzwecke verfolgt werden, die Vorschrift nicht ausschliesslich auf die direkt darauf gerichteten wesentlichen Bewegungen zu beschränken, sondern zwischen diesen auch einige weniger wesentliche, indirekt wirksame oder die gesamte Bewegungssumme nur vervollständigende einzuschalten Diese Vervollständigungsbewegungen sind auch noch aus dem Grunde ratsam, weil bei den meisten Heilzwecken viel daran gelegen ist, dass der durch die Muskelthätigkeit überhaupt beabsichtigte Aufschwung des Lebensprozesses, obgleich er, wo lokale Heilzwecke vorliegen, vorzugsweise nach einzelnen Richtungen zu leiten ist, doch durch mehrseitige Anregung möglichst intensiv und vollständig und zugleich ein allgemeiner wird. An einem zusammengesetzten Räderwerke schwingt jedes einzelne Rad lebhafter, wenn das ganze Werk gleichzeitig in Thätigkeit gesetzt wird. In einem viel höheren Grade gilt dies natürlich vom Organismus, dessen einzelne Teile zur innigsten lebendigen Einheit verbunden sind. Ein gemeinschaftlich mit anderen, namentlich verwandten Muskelgruppen wirkender Muskel entfaltet einen höheren Grad von Thätigkeit und kann dieselbe länger und besser vertragen, als wenn er isoliert wirken soll.. Die hier spezialisierten Vorschriften mögen daher auch in dieser Beziehung als allgemeine Richtschnur für anderweite derartige Zusammenstellungen betrachtet werden.
Behufs der Erleichterung und der Schnelligkeit des Überblickes bei der Benutzung dieser Vorschriften schien es mir erforderlich, den einzelnen Bewegungen die schon bei ihrer Beschreibung bemerkten Wiederholungszahlen hier nochmals (es ist dies in Parenthese geschehen) beizufügen. Zugleich ersieht man daraus, wo dieser oder jener besondere Heilzweck hin und wieder eine Veränderung der oben angegebenen allgemeinen Norm bedingt.
Das bei einzelnen Bewegungen bemerkte T. deutet die Zeitpunkte an, wo das oben (s. S. 35, Abschnitt 7) im allgemeinen empfohlene Tiefatmen (jedesmal in 6-8 maliger Wiederholung) passend einzuschalten ist.
In betreff derjenigen Vorschriften, welche auf ganz spezielle und örtliche Heilzwecke berechnet sind, und in denen deshalb einige der wesentlichsten Bewegungen mehr als einmal aufgestellt sind (dies ist der Fall bei Vorschrift 1, 4, 5 und 6), ist es ratsam, für die erste Anfangszeit auf das einmalige Durchführen eben dieser Bewegungen sich zu beschränken, bis der Körper und besonders die dabei thätigen Muskeln durch Gewöhnung damit vertrauter geworden sind, also Überreizung nicht mehr zu besorgen steht.
Armrollen Fig. 16 (30, 40, 50).
Achtenbewegung der Hand Fig. 17 (20, 30, 40).
Finger-Beugen und -Strecken Fig. 18 (12, 16, 20). T.
Beinkreisen Fig. 25 (4, 6, 8).
Beinheben seitwärts Fig. 26 (6, 10, 16) [fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
Beinrollen Fig. 27 (40, 50, 60).
Handreiben Fig. 19 (40, 60, 80). In der S. 56 angegebenen modifizierten Weise.
Beinzusammenziehen Fig. 28 (6, 12, 16). T.
Knie-Strecken und -Beugen nach vorn Fig. 29 (6, 8, 10).
Knie-Strecken und -Beugen nach hinten Fig. 30 (10, 12, 16).
Fuss-Strecken und -Beugen Fig. 31 (30, 50, 60).
Niederlassen Fig. 33 (8, 16, 24). T.
Beinwerfen vor - und rückwärts Fig. 42 (8, 16, 24).
Beinwerfen seitwärts Fig. 43 (8, 16, 24).
Trottbewegung Fig. 41 (100, 300, 500«). T.
Niederlassen Fig. 33 (8, 16, 24).
Sollte nach Beendigung dieser Aufgabe die kräftig ableitende Wirkung derselben durch erhöhte Fusswärme u. s. w. in einzelnen Fällen wider Erwarten noch nicht genügend erfolgt sein, so nehme man noch das einfache Mittel des Fussklopfens zu Hilfe. Zu diesem Behufe nimmt man einen kurzen starken Stab oder irgend ein Stück Holz u. dgl. und klopft damit die mit Schuh oder Stiefel bekleideten Fusssohlen abwechselnd so lange, bis das Gefühl eines massigen Brennens derselben sich einstellt. Gegen die zuweilen besonders hartnäckige Kälte der Fusssohlen ist dies das kräftigste und nie fehlschlagende Mittel.
Schulterheben Fig. 3 (30, 40, 50).
Armkreisen Fig. 4 (8, 12, 20).
Armheben seitwärts Fig. 5 (10, 24, 40). T.
Ellbogen zurück Fig. 6. (8, 12, 16).
Hände hinten geschlossen Fig. 7 (8, 12, 16). T.
Armstossen nach aussen Fig. 10 (10, 20, 30).
Armstossen nach oben Fig. 11 (4, 8, 12). T.
Rumpfbeugen seitwärts Fig. 21 (10, 16, 24).
Auseinanderschlagen der Arme Fig. 15 (12, 16, 24). T.
Rumpfkreisen Fig. 23 (6, 10, 16).
Stabkreisen Fig. 34 (8, 20, 30). T.
In denjenigen hierher gehörigen Fällen, wo zwischen beiden Brusthälften ein ungleiches Atmungsverhältnis besteht, tritt an die Stelle des gewöhnlichen gleichseitigen Tiefatmens in jeweiliger Abwechselung das S. 50 unter Fig. 8 dargestellte und beschriebene ungleichseitige Tiefatmen (vgl. dieses).
Bei derjenigen Art von Asthma, welche auf Erschlaffung und Erweiterung der Lungenzellen (Emphysem) beruht (was sich durch die ärztlich-physikalische Untersuchung leicht entdecken lässt), muss beim Tiefatmen – mag es gleich- oder ungleichseitig geschehen – der Accent auf das Ausatmen gelegt werden. Daher sind auch hier alle mit kräftiger Ausatmung verbundenen Gebrauchsarten der Stimmorgane, wie: lautes Sprechen, Deklamieren, Lachen, Singen (besonders das Portamento im Gesange), sehr empfehlenswert.
Rumpfbeugen vor - und rückwärts Fig. 20 (10, 20, 30).
Rumpfbeugen seitwärts Fig. 21 (20, 30, 40).
Stabkreisen Fig. 34 (4, 12, 16). T.
Rumpfwenden Fig. 22 (8, 16, 24).
Knie-Strecken und -Beugen nach vorn Fig. 29 (4, 6, 8).
Rumpfkreisen Fig. 23 (8, 16, 30). T.
* Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30).
Rumpfaufrichten Fig. 24 (4, 8, 12).
Beinheben seitwärts Fig. 26 (6, 10, 16) [fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
* Axthauen Fig. 40 (6, 8, I2). T. [fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (20, 40, 60).
* Knieheben nach vorn Fig. 32 (4, 10, 16).
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (30, 60, 100) T.
* Stabübersteigen Fig. 44 (4, 6, 8) [fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
Trottbewegung auf einem Punkte Fig. 41 (100, 150, 200). T.
Die mit * bezeichneten Bewegungen sind in den Fällen, wo diese Vorschrift während des Gebrauches sehr erregender und erhitzender Trink- und Badekuren angewendet werden soll, auf die Hälfte der angegebenen Wiederholungszahl oder auf ein noch geringeres Mass einzuschränken.
Ein wirksames Unterstützungsmittel zur Belebung der Unterleibsfunktionen ist die Massage. Schreber hatte hier eine Reihe von Vorschriften gegeben, die dem heutigen Stande dieser Frage nicht mehr ganz entsprechen; zudem muss jede Massage immer von sachkundiger Hand ausgeführt werden, daher erscheinen diese Vorschriften hier überflüssig, vielmehr muss für jeden, der sich speziell dafür interessiert, auf die Spezialwerke hingewiesen werden. Hervorgehoben soll hier nur werden, dass es kein mächtigeres Mittel giebt, um einen übermüdeten Muskel wieder leistungsfähig zu machen, einen geschwächten Muskel wieder zu stärken. Die Resorption von entzündlichen Ablagerungen, wie sie nach rheumatischen Affektionen oder nach Verletzungen zurückbleiben, ebenso von solchen, die nach zurückgegangenen Lähmungen teilweise allein die Unbrauchbarkeit des betreffenden Gliedes bedingen, wird durch kein Mittel so schnell bewirkt als durch Massage. Man hat durch sie sogar ein Mittel, indirekt, durch Beförderung der Säftecirkulation und der Blutbewegungen, sowie wohl auch durch direkte Fortleitung mittelst der peripheren Nerven einen günstigen Einfluss auf Gehirn und Rückenmark auszuüben. Wenn es leider auch nicht möglich ist, wie es Schreber noch annahm, wirkliche Erkrankungen dieser Centralorgane auf diesem Wege zu heilen oder auch nur zum Stillstand zu bringen, so werden Schwäche, manchmal auch Reizzustände derselben, wie sie zum Teil gerade die hier in Frage stehenden Erkrankungen, die Neurasthenie und Hysterie mitbedingen, durch Massage günstig beeinflusst. In dem Heilplane der Weir-Mitchel'schen Kur (Ersatz der Bewegung durch Massage), die bei diesen sowohl für die Kranken, als auch für die Angehörigen derselben und auch für den Arzt quälenden Leiden geradezu überraschende Resultate aufweist, ist mit einer der wichtigsten Faktoren die Massage. H.
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (20, 40, 60).
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (20, 40, 60). T.
Rumpfaufrichten Fig. 24 (4, 8, 12).
Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30).
Rumpfkreisen Fig. 23 (8, 12, 16).
Axthauen Fig. 40 (6, 8, 12). T. [fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
Knieheben nach vorn Fig. 32 (6, 12, 20).
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (30, 60, 100).
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (30, 60, 100). T.
Trottbewegung auf einem Punkte Fig. 41 (100, 200, 300).
Rumpfkreisen Fig. 23 (8, 16, 30) mit der S. 59 angegebenen Modifikation.
Bei zu hartem und trockenem Stuhle sind einfache laue, etwas reichliche Wasserklystiere die unschuldigsten, schnellsten und überhaupt empfehlenswertesten Nachhilfsmittel.
Unter Hämorrhoiden versteht man eine Erweiterung der abführenden Blutadern des Mastdarmes. Es ist dieses eine ähnliche Erkrankung, wie sie als sogenannte Krampfadern an den Beinen allgemein bekannt ist. Die Ursachen dieses Leidens können sehr verschieden sein und muss danach selbstverständlich auch die Behandlung sich richten. Man nimmt in vielen Fällen als Veranlassung bei Hämorrhoidalleiden eine erbliche Veranlagung an. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch in diesen Fällen mehr die Art der Diät, der Lebensweise etc. die Ursache bildet, wie sich diese Erkrankung vorzugsweise bei besser Situierten und bei Leuten findet, die eine mehr sitzende Lebensweise führen. Die Erkrankung kommt vor als Folgeerscheinung von Cirkulationsstörungen bei Herz- und Lungenkrankheiten, sowie bei Erkrankungen der Leber und Milz. Zweitens: bei Geschwülsten der Gebärmutter (wozu auch die Schwangerschaft gerechnet werden muss), bei Geschwülsten im Unterleibe überhaupt, sowie auch bei gewissen Lageveränderungen der Gebärmutter. Endlich drittens bei chronischer Stuhlverstopfung durch Druck der Kotmasse, bei chronischen Darmkatarrhen, auch solchen, die durch langen Gebrauch von starken Abführmitteln herbeigeführt sind, und bei stehender oder sitzender Berufsart. Nur bei dieser dritten Gruppe von Erkrankungen sind die obenangeführten gymnastischen Übungen von Erfolg. Es erhellt aber schon aus dem eben Gesagten, dass es dringend notwendig ist, in jedem einzelnen Falle einen Arzt zu befragen.
Früher, und auch Schreber noch folgte dieser Ansicht, hielt man die von Zeit zu Zeit erfolgenden Hämorrhoidalblutungen, die durch Platzen eines Gefässes entstehen, für heilbringend und suchte dieselben zu befördern. Es kann nun nicht geleugnet werden, dass nach solchen Blutungen sich die Kranken häufig erleichtert fühlen; trotzdem sind dieselben womöglich durch die Therapie, wozu eben auch eine planmässige Gymnastik zu rechnen ist, zu beseitigen, weil sie doch immer die Gefahren eines zu grossen Säfteverlustes mit sich bringen. Zudem sind sie eben Symptome einer bestehenden Gefässerkrankung, und man soll womöglich darauf hinarbeiten, letztere zu heilen und damit dann auch die Blutungen zum Verschwinden zu bringen. Ausser der Gymnastik spielt dabei die Diät eine grosse Rolle, die je nach dem Falle bei schwächlichen Individuen eine möglichst kräftigende, bei Vollblütigen eine mehr entziehende sein muss. Gerade bei Hämorrhoidalleiden erweist sich auch die Massage als ein mächtiges Hilfsmittel; natürlich muss dieselbe von sachkundiger Hand ausgeführt werden. Auf die medikamentöse Therapie will ich aus naheliegenden Gründen nicht eingehen, nur soll hier im allgemeinen vor dem Gebrauch von Abführmitteln gewarnt werden, so wohlthätig momentan auch ihr Einfluss auf den Leidenden ist. H.
Schnitterbewegung Fig. 39 (6, 10, 16).
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (20, 30, 50).
Armstossen nach unten Fig. 12 (10, 20, 30). Hier lasse man, insoweit es der Kopf verträgt, den Stoss etwas erschütternd wirken.
Trottbewegung auf einem Punkte Fig. 41 (100, 150, 200). T.
Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30).
Knieheben nach vorn Fig. 32 (4, 8, 12).
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (20, 30, 50).
Stabübersteigen Fig. 44 (4, 6, 8). T. [fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
Beinwerfen seitwärts Fig. 43. (8, 16, 24).
Knieheben nach vorn Fig. 32 (4, 8, 12).
Trottbewegung auf einem Punkte Fig. 41 (150, 200, 300).
Stabübersteigen Fig. 44 (4, 6, 8) [wie oben].
Armkreisen Fig. 4 (8, 12, 20).
Armheben seitwärts Fig. 5 (10, 20, 30).
Ellbögen zurück Fig. 6 (8, 12, 16).
Armstossen nach vorn Fig. 9 (10, 20, 30).
Armstossen nach aussen Fig. 10 (10, 20, 30).
Armstossen nach oben Fig. 11 (4, 8, 12). T.
Axthauen Fig. 40 (6, 12, 20) [Accent auf das Moment der Wiederaufrichtung].
Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30).
Zusammenschlagen der Arme Fig. 14 (8, 12, 16).
Auseinanderschlagen der Arme Fig. 15 (8, 12, 16).
Niederlassen Fig. 33 (8, 16, 24).
Schnitterbewegung Fig. 39 (8, 16, 24). T.
Handreiben Fig. 19 (40, 60, 80).
Axthauen Fig. 40 (6, 12, 20) [wie oben].
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (30, 60, 100).
Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30). T.
In hartnäckigen Fällen dieser Art ist ausserdem empfehlenswert, vor Schlafengehen (also in jedem Falle längere Zeit nach den Bewegungen, die überhaupt nie später als vor dem Abendessen vorzunehmen sind) ein Sitzbad von einer Temperatur zwischen + 10 und 12 °R. und von 6-8minütiger Dauer oder ein einfaches, möglichst lange bei sich zu behaltendes (daher nicht reichliches) Wasserklystier von einer gleichen Temperatur zu nehmen und des Nachts hier ausnahmsweise anstatt der Rückenlage abwechselnde Seitenlage sich zur Gewohnheit zu machen.
Rumpfbeugen vor - und rückwärts Fig. 20 (10, 20, 30).
Armstossen nach hinten Fig. 13 (8, 12, 20).
Rumpfaufrichten Fig. 24 (6, 10, 16).
Schnitterbewegung Fig. 39 (8, 12, 20).
Rumpfwenden Fig. 22 (10, 20, 30).
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (30, 60, 100).
Rumpfaufrichten in seitlicher Richtung. Die Lage ist ähnlich wie bei Fig. 24, nur dass der Rumpf in seitlicher Achtelkreis-Wendung Man macht, angenommen dass man in der Mitte des Zimmers auf dem Rücken liegend sich befindet, mit dem Rumpfe eine solche seitliche Wendung, dass die vordere Rumpffläche der Hohlkehle der Zimmerdecke gerade nach rechts oder resp. links zugekehrt ist, die Wendung also einen halben rechten Winkel austrägt, und mit dem so gewendeten Rumpfe richtet man sich senkrecht bis zur sitzenden Stellung auf. Auf diese Weise entspricht die Bewegung am genauesten der Richtung derjenigen fleischigen und sehnigen Fasern der Bauchmuskeln ( obliquus abdominis externus und internus, und transversus abdominis), von deren Kontraktilitätszustande die Heilung des Bruches (nämlich der hernia inguinalis) abhängt. – Auch gegen Hernia umbilicalis und H. lineae albae ist diese Vorschrift zu empfehlen, nur mit dem Unterschiede, dass dann das Rumpfaufrichten in seitlicher Richtung ausfällt. aufgerichtet wird (4, 6, 8 mal mit jeder Seite). Diese Bewegung ist aber nicht gleich zu Anfang des Verfahrens, sondern erst von da an mit den übrigen zu verbinden, wo das gerade Rumpfaufrichten (Fig. 24) infolge einiger Übung leicht von statten geht.
Folgendes ist dabei genau zu beachten: 1) Man beginne das Verfahren nie, ohne dass es durch eine ärztliche Begutachtung der individuellen Beschaffenheit des Bruches gesichert ist. 2) Während der Bewegungen muss der Bruch durch das Bruchband vollständig zurückgehalten sein. Ein Bruch, der nicht mehr vollständig zurückzubringen ist, verbietet die Anwendung des Verfahrens. 3) Man wende doppelte Achtsamkeit darauf, dass die Bewegungen rein und glatt, ohne alle zuckende Absätze und auch übrigens nach den allgemeinen Regeln ausgeführt werden. 4) Die Bewegungen mache man stets gleichseitig (doppelseitig), wie es die Abbildungen darstellen, auch wenn man es nur mit einem einfachen (einseitigen) Bruchleiden zu thun hat. Denn wo sich einmal ein Bruch gebildet hat, da ist auch fast immer die Disposition zur Entstehung desselben Übels auf der anderen Seite anzunehmen. Daher verlangt die rationelle Heilaufgabe eine gleichmässige Kräftigung beider Seiten der Bauchwandung. 5) Man setze das Verfahren 6-8 Monate ununterbrochen fort. 6) Nach 3 Monaten mache man das progressiv erreichte Mass der Bewegungen täglich zweimal durch. 7) Bei jugendlichem oder wenigstens noch nicht abwärts gehendem Alter und bei massigem Grade des Gebrechens ist stets die Hoffnung auf das Gelingen einer Radikalheilung begründet, jedenfalls wird dieselbe durch eine passende Gymnastik begünstigt. 8) Ist das Ziel erreicht, so sichere man sich gegen Rückfall durch wöchentlich wenigstens zweimalige Fortführung dieses Verfahrens, welches ja überdies auch der allgemeinen Gesundheit zu gute geht. Von da ab kann das Bruchband nach und nach entfernt werden. 9) Bei dem viel seltener vorkommenden Schenkelbruch ( hernia femoralis) und bei der hernia foram. obturat. sind gymnastische Übungen nicht hilfreich bei der Behandlung.
Da Muskellähmungen in ebenso vielfach verschiedener Form und Art, als es die Mannigfaltigkeit der am menschlichen Körper befindlichen Muskeln bedingt, Gegenstand ärztlicher Behandlung sein können, so wird man ein Eingehen in diese speziellen Verhältnisse hier sicher nicht erwarten. Dies liegt weit über der Grenze und der Tendenz dieser Schrift. Ein allgemeiner Anhalt wird für die Individualisierung des ärztlich-gymnastischen Verfahrens in allen vorkommenden Fällen dieser Gattung von Krankheiten genügen. Einen solchen will ich durch die nachstehenden zwei Vorschriften zu geben versuchen, von denen die eine gegen gleichmässige Lähmung der Armmuskeln, die andere gegen die der Beine gerichtet ist. Da, wo bloss einzelne Muskeln oder Muskelgruppen von Lähmung ergriffen sind, wird man die gymnastische Vorschrift so einzurichten haben, dass diejenigen Bewegungen, durch welche eben die erkrankten Muskeln in Thätigkeit versetzt werden, auf Kosten der übrigen (Vervollständigungs-) Bewegungen bis zu einem 3-4fachen Verhältnisse ihrer Wiederholungszahl allmählich gesteigert werden. Dasselbe ist der Fall bei halbseitigen Lähmungen, wo diejenigen entsprechenden Bewegungen, welche überhaupt einseitig ausführbar sind, an der kranken Seite, auf Kosten der gleichartigen Bewegungen an der gesunden Seite in ein gleiches erhöhtes Verhältnis treten. – Wenn heilgymnastische Bewegungen gegen Lähmungen gerichtet sind, so kommt es noch mehr als in allen anderen Fällen darauf an, dass sie mit unverwandter Aufmerksamkeit und mit angespanntester Willenskraft vollzogen werden. Davon hängt die grössere oder geringere Belebung der erloschenen Muskelnervenkraft ab. Bei bereits so hohen Graden von Lähmung, dass gar kein Willenseinfluss mehr stattfindet, also volle Bewegungslosigkeit vorhanden ist, kann man durch Vollführung einiger Bewegungen in passiver Weise (mittelst einer anderen Person) es versuchen, ob man nach und nach dahin gelangen kann, den Übergang zur Aktivität der Bewegungen zu ermöglichen.
Der gegen Muskellähmungen gerichtete Heilzweck wird wesentlich durch gewisse mechanische Manipulationen unterstützt. Diese bestehen, je nachdem die ergriffenen Muskeln in dieser oder jener Weise besser zugänglich und traktabel sind, in einem kräftigen Durchgreifen, Durchkneten, Durchklopfen (mittelst der Handkante) derselben, in Durchstreichungen (mittelst steil aufgesetzter Fingerspitzen) und in sanften Streichungen (mittelst der Handfläche). Letztere werden, entsprechend dem Blutlaufe, stets in der Richtung nach dem Herzen zu vollführt. Ganz geeignet ist es, diese mechanischen Manipulationen den Bewegungen unmittelbar vorangehen zu lassen, wo ihre erweckende, belebende Einwirkung der Aktivität der Bewegungen erwünschten Vorschub leistet. Sie können auch ausserdem täglich noch mehrmals vorgenommen werden, nur darf man es dadurch nicht bis zur Schmerzerregung kommen lassen.
a) Gegen beginnende Lähmung der Arme.
Schulterheben Fig. 3 (30, 40, 50).
Armkreisen Fig. 4 (8, 12, 20).
Armheben seitwärts Fig. 5 (10, 20, 30). T.
Ellbogen zurück Fig. 6 (8, 12, 16).
Hände hinten geschlossen Fig. 7 (8, 12, 16).
Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30).
Armstossen nach vorn Fig. 9 (10, 20, 30).
Armstossen nach aussen Fig. 10 (10, 20, 30). T.
Armstossen nach oben Fig. 11 (4, 8, 12).
Armstossen nach unten Fig. 12 (10, 20, 30).
Armstossen nach hinten Fig. 13 (6, 10, 16). T.
Armrollen Fig. 16 (30, 40, 50).
Achtenbewegung der Hand Fig. 17 (20, 30, 40).
Finger-Beugen und -Strecken Fig. 18 (16, 24, 40).
Handreiben Fig. 19 (50, 80, 100). T.
b) Gegen beginnende Lähmung der Beine.
Beinkreisen Fig. 25 (4, 6, 8).
Beinheben seitwärts Fig. 26 (6, 10, 16) [fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
* Beinrollen Fig. 27 (20, 30, 40).
Beinzusammenziehen Fig. 28 (4, 6, 8). T.
* Knie-Strecken und -Beugen nach vorn Fig. 29 (6, 8, 10).
Knie-Strecken und -Beugen nach hinten Fig. 30 (10, 12, 16).
* Fuss-Strecken und -Beugen Fig. 31 (20, 40, 60).
Niederlassen Fig. 33 (8, 16, 24). T.
Rumpfaufrichten Fig. 24 (4, 6, 8).
Schnitterbewegung Fig. 39 (10, 20, 30).
Axthauen Fig. 40 (8, 16, 24) [Accent auf die Wiederaufrichtung. Fällt beim weiblichen Geschlechte aus].
Trottbewegung auf einem Punkte Fig. 41 (100, 200, 300).
Beinwerfen vor - und rückwärts Fig. 42 (8, 16, 24).
* Beinwerfen seitwärts Fig. 43 (8, 16, 24). T.
In Fällen, wo die Sicherheit des Stehens erschwert ist, können zur Erleichterung die mit * bezeichneten Bewegungen auch in liegender Körperstellung bei mässig erhobenem Beine ausgeführt werden.
Für die meisten an Lähmung Leidenden wird es ratsam sein, eine solche oder ähnliche Tagesaufgabe, wenigstens in der Anfangszeit, nur mit längeren Erholungspausen oder auf verschiedene Tageszeiten eingeteilt, durchzuführen, auch den Wiederholungszahlen der einzelnen Bewegungen nach Befinden Absatzpausen einzuschalten. Man hat sich in solchen Fällen ganz besonders vor jeder Überreizung der in Thätigkeit gesetzten Nerven und Muskeln zu hüten, die von einem ungestümen Verfahren die Folge sein würde.
a) Für den erwachsenen männlichen Körper. Der hier aufgestellte Bewegungscyklus, in seinem progressiv erreichten 3. Grade vorschriftsmässig ausgeführt, nimmt ungefähr ½ Stunde in Anspruch und ist, abgesehen von dem Vorzuge der Allseitigkeit, schon an Gesamt summe der dabei entwickelten Muskelthätigkeit einem 4-5 stündigen Gehen gleichzuachten, aber wegen Abwechselung der Muskelthätigkeit dennoch weniger angreifend, den Gesundheitszweck der Bewegung in aller Beziehung besser erfüllend – folglich auch ein wichtiger Zeitgewinn. Um der Sache auch eine gemütlich ansprechende Seite zu verleihen, ist passende gesellschaftliche Vereinigung recht empfehlenswert.
Armkreisen Fig. 4 (8, 12, 20).
Armstossen nach vorn Fig. 9 (10, 20, 30).
Armstossen nach aussen Fig. 10 (10, 20 30).
Armstossen nach oben Fig. 11 (4, 8, 12). T.
Rumpfkreisen Fig. 23 (8, 16, 30).
Handreiben Fig. 19 (40, 60, 80).
Rumpfaufrichten Fig. 24 (4, 8, 12).
Beinheben seitwärts Fig. 26 (6, 10, 16). T.
Beinzusammenziehen Fig. 28 (4, 6, 8).
Fuss-Strecken und -Beugen Fig. 31 (20, 30, 40).
Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30).
Knieheben nach vorn Fig. 32 (4, 8, 12). T.
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (30, 60, 100).
Niederlassen Fig. 33 (8, 16, 24).
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (30, 60, 100). T.
Axthauen Fig. 40 (6, 12, 20).
Trottbewegung auf einem Punkte. Fig. 41 (100, 200, 300).
Schnitterbewegung Fig. 39 (8, 16, 24). T.
Beinwerfen vor - und rückwärts Fig. 42 (8, 16, 24).
Beinwerfen seitwärts Fig. 43 (8, 16, 24).
b) Für den erwachsenen weiblichen Körper. Dem weiblichen Geschlechte ist eine geregelte Muskelthätigkeit am dringendsten notwendig auf jener Altersstufe, wo die Monatsperiode verschwindet, die manchen Mangel und Fehler der Lebensweise ausglich. Die meisten Leiden und Gefahren dieser Übergangsperiode werden dadurch auf die naturgemässeste Weise abgewendet, und ein glückliches Alter eingeleitet.
Armkreisen Fig. 4 (4, 6, 10).
Armheben seitwärts Fig. 5 (5, 10, 15).
Hände hinten geschlossen Fig. 7 (4, 6, 8).
* Rumpfbeugen vor - und rückwärts Fig. 20 (5, 10, 15).
Armstossen nach vorn Fig. 9 (5, 10, 15).
Armstossen nach aussen Fig. 10 (5, 10, 15). T.
* Rumpfbeugen seitwärts Fig. 21 (10, 15, 20).
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (15, 30, 50).
Knie-Strecken und -Beugen nach vorn Fig. 29 (3, 4, 5).
Knie-Strecken und -Beugen nach hinten Fig. 30 (5,6,8).
* Rumpfwenden Fig. 22 (5, 10, 15).
* Sägebewegung Fig. 38 (5, 10, 15).
* Beinzusammenziehen Fig. 28 (2, 3, 4).
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (15, 30, 50).
Fuss-Strecken und -Beugen Fig. 31 (10, 15, 20). T.
* Schnitterbewegung Fig. 39 (4, 8, 12).
* Niederlassen Fig. 33 (4, 8, 12).
Die mit * bezeichneten Bewegungen fallen an den Tagen der weiblichen Monatsperiode aus.
c) Für Personen über 60 Jahre beiderlei Geschlechtes. Auch das Alter bedarf allseitiger Bewegung. Nur derjenige pflegt, d. h. erhält sich seine Bewegungskräfte (mithin einen Hauptfaktor des ganzen Lebensprozesses), der dieselben in angemessener Weise übt. Es ist ein Irrtum, wenn alte Personen sich durch möglichst viel Ruhe zu konservieren glauben. Zwar dürfen sie, mit dem kräftigen Alter verglichen, nicht mehr ganz dieselben strapaziösen Anforderungen an ihren Körper stellen und bedürfen auch längerer Erholungspausen. Aber dennoch ist ein entsprechender Grad regelmässiger und allseitiger Bewegung, zuweilen auch eine etwas vermehrte Leistung (etwa allwöchentlich einmal eine stärkere, etwa doppelte Summe der gewöhnlichen Tagesaufgabe), die Bedingung für das Hinausschieben des rückgängigen Lebens und des Lebensendes. Ja, der verjüngende Einfluss derselben ist hier am allermeisten nötig, da die Neigung zu Trägheit und Stockung der allgemeinen Lebensfunktionen begreiflich am grössten ist. Die Lebensgeschichten aller sehr alt gewordenen Menschen beweisen dies deutlich. (Man beachte nur insbesondere das unter Regel 8 u. 9 S. 37 Gesagte.)
Armkreisen Fig. 4 (4, 6, 10).
Beinkreisen Fig. 25 (2, 3, 4).
Zusammenschlagen der Arme Fig. 14 (4, 6, 8).
Auseinanderschlagen der Arme Fig. 15 (4, 6, 8). T.
Rumpfbeugen vor - und rückwärts Fig. 20 (5, 10, 15).
Handreiben Fig. 19 (20, 30, 40).
Beinrollen Fig. 27 (10, 15, 20). T.
Armstossen nach aussen Fig. 10 (5, 10, 15).
Armstossen nach unten Fig. 12 (5, 10, 15).
Armstossen nach hinten Fig. 13 (3, 5, 8). T.
Niederlassen Fig. 33 (4, 8, 12).
Armwerfen vor - und rückwärts Fig. 36 (15, 30, 50).
Rumpfbeugen seitwärts Fig. 21 (10, 15, 20). T.
Sägebewegung Fig. 38 (5, 10, 15).
Armwerfen seitwärts Fig. 37 (15, 30, 50).
Trottbewegung auf einem Punkte Fig. 41 (50, 100, 150) T. Als ein Verfahren, welches wesentlich dazu beiträgt, die ungestörte Gesundheit, körperliche Rüstigkeit und mithin auch selbst die Lebensdauer mindestens 10-20 Jahre länger, als ausserdem, sich zu erhalten, dürfte das folgende im allgemeinen empfehlenswert sein. Man mache täglich (im hohen Alter wöchentlich drei-, zweimal), am besten früh bald nach dem Aufstehen, zunächst eine Kaltwasserabreibung, bei einer Zimmertemperatur von nicht unter + 14° R. Man stellt sich zu diesem Behufe in ein flaches, tellerförmiges Fass, welches nur etwa einen Zoll hoch Wasser von frischer, den individuellen Verhältnissen entsprechender Temperatur (nicht unter + 12 und nicht über + 15° R.) zu enthalten braucht. Hierein taucht man ein grosses, schärpenähnlich zusammengelegtes grobwollenes Tuch, ringt es ein wenig aus und überreibt damit, am Kopfe beginnend, die ganze Körperoberfläche. So verbindet sich am zweckmässigsten Waschung und Reibung in einem schnell abgemachten Akte. Abgetrocknet, wird die ganze Körperoberfläche mit einer durchknetenden und an den knochigen Partien (auch den Kopf nicht ausgenommen) durchklopfenden Manipulation behandelt. Nach soweit nötig erfolgter Ankleidung vollführt man nun den auserwählten Cyklus der Zimmergymnastik. Die belebende und erquickende Einwirkung eines solchen Verfahrens, das jedem Lebensalter zusagt, wird jeden, der einmal einen Versuch damit gemacht hat, von selbst zu weiterer Fortsetzung auffordern.
Vom 4.-5. Lebensjahre an können die Kinder im allgemeinen als reif zur regelmässigen Vornahme dieser Bewegungen erachtet werden. Insbesondere dürfte es auch für Erziehungsinstitute Bei dieser Gelegenheit drängt es mich, vom ärztlichen Standpunkte aus den Schuldirektoren einen wohlgemeinten Rat ans Herz zu legen. Die bei dem Schulunterrichte unserer Zeit so dringend notwendige Rücksicht auf körperliche Haltung, Ausbildung und allgemeine Gesundheit der Kinder führt uns nämlich auf die überhaupt festzuhaltende Regel: dass kein Kind länger als höchstens zwei Stunden ununterbrochen sitzend und geistig beschäftigt bleiben sollte. Anhaltendes, durch keine körperliche Abwechselung (denn schon der Wechsel der Situation ist Erholung) unterbrochenes und bis über den Eintritt der Rückenermüdung hinaus fortgeführtes Sitzen ist bei Kindern unter anderem eine der häufigsten Ursachen von Formfehlern des Rückgrates und Beckens, mithin namentlich für die Zukunft der Mädchen von dem verderblichsten Einflusse. Sodann ist überhaupt die ununterbrochene geistige Anspannung für die Kinder offenbar erschöpfend. Die gewöhnliche Ausfüllung der 10 minütigen oder viertelstündigen Zwischenpausen in den Schulen kann die hier gemeinten Gesundheitsrücksichten keineswegs erfüllen. Nur eine dazwischen fallende ausgleichende Körperthätigkeit kann diesem Bedürfnisse entsprechen. Ich meine daher, es würde mit den Verhältnissen und dem Gesamtzwecke der Schulen am besten vereinbar sein, wenn bei mehr als zweistündigem Unterrichte jedesmal nach der zweiten Stunde die viertelstündige Zwischenpause zur Vornahme einiger solcher planmässig und mit Abwechselung aus jener Liste auszuhebender Bewegungen bestimmt würde, möge dies in inneren oder in äusseren Schulräumen geschehen. Jeder der ohnedies fungierenden Lehrer würde, auch ohne sonst mit der Gymnastik vertraut zu sein, danach die einfache Leitung, an Stelle der gewöhnlichen Inspektion, übernehmen können. Nur nach einer solchen auffrischenden Unterbrechung wird man unbedenklich zur Fortsetzung des dann in jeder Beziehung gedeihlicheren Unterrichtes schreiten können., Spielschulen, Kindergärten u. s. w. recht empfehlenswert sein, dergleichen Massregeln unter die Zahl der planmässigen Beschäftigungen aufzunehmen. Werden derartige systematische Bewegungen über den ganzen Zeitraum der Kinderjahre fortgeführt, so kann es als genügend gelten, wenn die Aufgabe durchschnittlich etwa zweimal wöchentlich erfüllt, und ein Teil derselben ausserdem an solchen Tagen eingeschaltet wird, wo es den Kindern an sonstiger hinlänglicher Körperbewegung fehlt.
Will man bei Kindern der richtigen Ausführung dieser Bewegungen sich versichert halten, so ist es stets notwendig, dass eine erwachsene Person (Vater, Mutter, Lehrer oder Gouvernante) entweder selbst die Bewegungen vorbildlich mit durchmacht oder dieselben wenigstens unter unmittelbarer Leitung von den Kindern ausführen lässt In einem Familienkreise können wöchentlich ein paar Abendstündchen zu nutzreicher Unterhaltung für alle gar nicht besser verwendet werden.. Ausserdem mangelt den Kindern auf die Dauer der nötige Ernst, die Sache schläfert bald ein oder verliert sich in nutzlosen Schlendrian. Es ist Sache des Erziehungsaktes, den Sinn der Kinder dafür immer neu zu beleben und rege zu erhalten, denn nur, wenn die Bewegungen mit ganzer Willenskraft ausgeführt werden, ist ihr voller Nutzen zu erlangen. Man achte auch darauf, dass die Kinder gleich von Anfang an in der Gewohnheit befestigt werden, die Bewegungen vollkommen gleichseitig auszuführen, d. h. also, dass mit der rechten wie linken Körperseite die Bewegungen gewissenhaft genau in derselben Häufigkeit und mit demselben Spannungsgrade der Muskeln vorgenommen werden, wofür das beobachtende Auge bald und leicht einen sicheren Massstab gewinnt. Fast alle Menschen sind mehr oder weniger einseitig gewöhnt und schonen daher die schwächere Seite, wo es geht, oft ohne es zu wissen. Es ist dies ein Mangel der körperlichen Ausbildung, der bei Kindern eine einflussreiche Bedeutung hat, weil bei dem noch bevorstehenden Wachstume dadurch leicht die erste Veranlassung zu mancherlei Gebrechen und Anomalien der späteren körperlichen Ausbildung gegeben wird. Die alleinige Ausnahme von dieser Regel bilden die Fälle, wo die Ungleichseitigkeit der Bewegungen durch einen schon vorhandenen Bildungsfehler bedingt wird. Hier sind die (orthopädisch-) gymnastischen Bewegungen aber auch nur auf Grund besonderer ärztlicher, genau individualisierter Angabe vorzunehmen.
Bei Mädchen fallen die mit * bezeichneten Bewegungen aus.
Kopfkreisen Fig. 1 (5, 10, 15).
Kopfwenden Fig. 2 (3, 4, 5).
Armkreisen Fig. 4 (4, 6, 10).
Armheben seitwärts Fig. 5 (5, 10, 15).
Ellbogen zurück Fig. 6 (4, 6, 8).
Hände hinten geschlossen Fig. 7 (4, 6, 8). T.
Armstossen nach vorn Fig. 9 (5, 10, 15).
Armstossen nach aussen Fig. 10 (5, 10, 15).
Armstossen nach oben Fig. 11 (2, 4, 6).
Armstossen nach unten Fig. 12 (5, 10, 15).
Armstossen nach hinten Fig. 13 (3, 5, 8). T.
Beinkreisen Fig. 25 (2, 3, 4).
* Beinheben seitwärts Fig. 26 (3, 5, 8).
Zusammenschlagen der Arme Fig. 14 (4, 6, 8).
Auseinanderschlagen der Arme Fig. 15 (4, 6, 8). T.
Rumpfbeugen vor - und rückwärts Fig. 20 (5, 10, 15).
Rumpfbeugen seitwärts Fig. 21 (10, 15, 20).
Armrollen Fig. 16 (15, 20, 25).
Achtenbewegung der Hand Fig. 17 (10, 15, 20).
Finger-Beugen und -Strecken Fig. 18 (6, 8, 10).
Beinrollen Fig. 27 (10, 15, 20).
Beinzusammenziehen Fig. 28 (2, 3, 4). T.
Rumpfwenden Fig. 22 (5, 10, 15).
Knie-Strecken und -Beugen nach vorn Fig. 29 (3, 4, 5).
Knie-Strecken und -Beugen nach hinten Fig. 30 (5, 6, 8).
Fuss-Strecken und -Beugen Fig. 31 (10, 15, 20).
* Knieheben nach vorn Fig. 32 (2, 4, 6). T.
Rumpfaufrichten Fig. 24 (2, 4, 6).
Schnitterbewegung Fig. 39 (4, 8, 12).
* Axthauen Fig. 40 (3, 6, 10).
Niederlassen Fig. 33 (4, 8, 12).
Stabkreisen Fig. 34 (2, 6, 8).
Gehen mit durchgestecktem Stabe Fig. 35 (5, 8, 10 Minuten lang).
Da der Körper während der ganzen Periode des Wachstums noch nicht die auf einen langen Zeitraum ausdauernde Muskelkraft des reifen Alters besitzt, daher nach kräftigen Bewegungen auch ein grösseres Bedürfnis nach Ruhepausen hat, so ist es auch jedesmal nach Beendung dieser Bewegungen, die dadurch für den Körper doppelt gedeihlich werden, angemessen, die Kinder etwa eine Viertelstunde lang auf irgend einer geraden Fläche in der Rückenlage ruhen zu lassen. Wenn man die Rücksicht auf Haltung und Wuchs des kindlichen Körpers möglichst erfüllen will, so ist dieselbe Massregel insbesondere auch dann zu empfehlen, wenn die Kinder zu anhaltendem Aufrechtsitzen, wie in den Schulen, genötigt sind. Gönnt man, bei mehrstündigem Sitzen, dazwischen eine kleine Ruhepause (wenigstens durch Anlehnen des Rückens), so kann man dafür um so nachdrücklicher eine straffe Rückenhaltung während des Freisitzens von den Kindern verlangen. Ausserdem verlangt man etwas Unmögliches.
Bei jeder einzelnen Bewegung ist die Art der Ausführbarkeit durch s (sitzend) und l. (liegend) näher bezeichnet.
Kopfkreisen Fig. 1 (10, 20, 30) s.
Kopfwenden Fig. 2 (6, 8, 10) s.
Schulterheben Fig. 3 (30, 40, 50) s.
Armkreisen Fig. 4 (8, 12, 20) s.
Armheben seitwärts Fig. 5 (10, 20, 30) s.
Ellbögen zurück Fig. 6 (8, 12, 16) s.
Tief atmen s. S. 35 Abschnitt 7 und Fig. 8 S. 50 s.
Armstossen nach vorn Fig. 9 (10, 20, 30) s. und l.
Armstossen nach aussen Fig. 10 (10, 20, 30) s. und l.
Armstossen nach oben Fig. 11 (4, 8, 12) s.
Zusammenschlagen der Arme Fig. 14 (8, 12, 16) s. und l.
Auseinanderschlagen der Arme Fig. 15 (8, 12, 16) s. und l.
Armrollen Fig. 16 (30, 40, 50) s. und l.
Achtenbewegung der Hand Fig. 17 (20, 30, 40) s. und l.
Finger-Beugen und -Strecken Fig. 18 (12, 16, 20) s. und l.
Handreiben Fig. 19 (40, 60, 80) s. und l.
Rumpfbeugen vor - und rückwärts Fig. 20 (10, 20, 30) s.
Rumpfbeugen seitwärts Fig. 21 (20, 30, 40) s.
Rumpfwenden Fig. 22 (10, 20, 30) s. und l.
Rumpfaufrichten Fig. 24 (4, 8, 12) l.
Beinrollen Fig. 27 (20, 30, 40) s. und l. mit mässig erhobenem Beine.
Beinzusammenziehen Fig. 28 (4, 6, 8) s. und l. mit frei erhobenen Beinen.
Knie-Strecken und -Beugen nach vorn Fig. 29 (6, 8, 10) s. mit rechtwinklig, l. mit nur einige Zoll erhobenem Beine.
Fuss-Strecken und -Beugen Fig. 31 (20, 30, 40) s. und l. mit mässig erhobenem Beine.
Knieheben nach vorn Fig. 32 (4, 8, 12) s. und l.
Stabkreisen Fig. 34 (4, 12, 16) s.
Sägebewegung Fig. 38 (10, 20, 30) s.
Schnitterbewegung Fig. 39 (8, 16, 24) s.
Beinwerfen seitwärts Fig. 43 (8, 16, 24) l. mit ein wenig gehobenem Beine.
Rückenwälzen Fig. 45 (30, 40, 50) l.
Um die Wirkung der in sitzender oder liegender Körperstellung ausgeführten Bewegungen richtig zu beurteilen, muss man dabei bedenken, dass die mit Ausführung derselben Bewegungen in stehender Stellung verbundene gleichzeitige Thätigkeit der Rücken- oder Bein- und Fussmuskeln hier bei gewissen Bewegungen mehr oder weniger wegfällt.