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Weltenblick durch rauhe Mauerlücke!
Blauer, schweigensfroher Mittagstraum! – –
Ein paar Falter schlagen Gaukelstücke,
Wie allein im weiten Weltenraum.
Hoch auf silberweißem Felsensitze
Thront Natur, die segnend schweigt und denkt.
Tief der See, ins Berggrün eingesenkt,
Wie in reife Freude eine Träne.
(Burg Perseu, 1911.)
Große goldengelbe Kürbisblüten
Und der Mais ein Wald von feinstem Rauschen.
Mag'res Mädchen muß die Schafe hüten,
Wo am Weg sich weiße Winden bauschen.
Junge Schönheit wäscht in Kupferkesseln
Frisches grünes Kraut an breitem Bronnen.
Wilde Locken lachen aller Fesseln,
Sanfte Augen strahlen wie zwei Sonnen.
Voran die Henne, gackernd braun und rot,
Ein wolliges Schaf, zwei Lämmer, dann ein langes
Gefolg von Kindern, abendgoldumloht.
Zuletzt die schöne Mutter, schweren Ganges.
So ging's den steilen feinen Weg herauf.
Ein schwarzes Haus, dem ein Gelock von Reben
Schwer in die Stirn fiel, nahm die Bande auf.
Ein Lachen scholl draus, wie ein Quell von Leben.
Nachmittagsrast im Traubenernteleben.
Ich ging dem Vollklang einer Stimme nach.
Männer und Frauen standen. Einer sprach.
Ich hörte hell: »Der Weinstock und die Reben.«
Weithin schwang Wort um Wort sich durch die Stille,
In der die weite Bergwelt lag. Kein Ton
Als dieser. Und der leise Sang der Grille,
Und in mir eine leuchtende Vision.
Weiß die geschweifte Straße. Und die Mauer
Des Weinhangs steil und gleichfalls weiß wie Schnee,
Der Felsgrat zart. – Tief unter uns ein blauer,
Sehr dunkler langer Saphirstein – der See.
Wie dicke Teppiche, zu schwer zum Heben,
Die Vignen mit der Trauben erstem Duft.
Durchsichtig züngeln aus dem Laub der Reben
Viel goldne Fühler in die feine Luft.
O Herbstesklarheit dieser Welt!
Schneeleuchten auf den Felsenwällen.
Das seiner Frucht beraubte Feld
Liegt voll von gold'nen Kürbisbällen.
Der Maulbeerbaum steht jung belaubt,
Er, der den Frühling nicht genossen,
Weil man des Mailaubs ihn beraubt,
Prangt jetzt voll maienlichter Sprossen.
Wo eine Rose sonnenmüd
Entflattert in die blaue Leere,
Erzog der Purpurfreund, der Süd,
Ihr Purpurkind, die Hagebeere.
Als ob ich eine Seele seh',
Die, was sie auch an Schmerzen litte,
Nur schöner strahlt nach allem Weh,
So strahlt die Wiese nach dem Schnitte.
Des Lebens Notdurft ist herein! –
Was jetzt das Sonnenherz noch spendet
Gilt nur der Freude und dem Wein,
Die jede Stunde mehr vollendet.
1913
War verirrt in fremdem Weinberg heute.
Dämm'rung schlich schon in den Mauerpfaden,
Finst'res Haus hat grausig eingeladen. –
Doch es kam, daß ich mich innig freute!
Tür ging auf, die breites Lichtgold streute.
Auf die schwarzen Stangenbalustraden
Traten große, schöne, schlanke Leute, – –
Eine Schönheit, daß ich fast erschrocken,
Ein Gefühl, als ob mein Leben singe –:
Linienfein umgoldet alle Dinge,
Silbernalte, jugendbraune Locken,
Rote Tücher, große goldne Ringe. –
Und es war, als ob ich unter diesen
Fremden Menschen beste Freunde fände.
Heit're Worte, sich're schöne Hände,
Braune Finger, die den Pfad mir wiesen,
Trauten kurzen Pfad durch's Weingelände.
wie ein Botenvolk vom guten Gotte
Schienen mir die herrlichen Gestalten,
Alle die jungen lachenden und alten!
Lebenstief ging ihr »
felice notte!«
Wie die schönen welschen Worte schallten!
Heimlich singend zog ich durch die Reben,
Froh des Wanderglücks, das mir geflossen
Aus dem düstren Haus voll goldnem Leben,
Das ein banger Ruf mir aufgeschlossen!
Des Bischofs Schleppe trag' ich. – Weihrauchwogen
Im Dom. – Tief glühn der Scheiben bunte Reihn.
Ein Stückchen Bergland schimmert durch den Bogen
Des einen offnen Fensters blau herein. –
Gott, meine Mutter hat mich dir gegeben!
In deinem heil'gen Dienste muß ich stehn. –
Ich hätte gern gegraben in den Reben,
Gern unsre kleine Ernte reifen sehn.
Gott hoch im Himmel, führ' mich in die Tiefen
Des Heils, dem meine Mutter mich geweiht! –
Die Brüder singen jetzt in den Oliven.
Der Fink lebt schmetternd seine Liebeszeit.
Ich trat ins Licht aus dunkler Bergnestgasse.
O Blütenwelt! Ich war wie sonnenblind.
Ein Scharlachtuch lag auf der Kirchterrasse,
Ein blauer Schleier flog weltweit im Wind.
Golden die Höhn. – Der Wildbach rauschte tief.
Ein Bergbraunellschen sang:
Anima mia!
Ein Weib aus steilem, weißen Hause rief
Ihr Kind, das Veilchen pflückte, laut: Maria!