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Die Zeit genug hatten, die vorigen Kapitel zu lesen, werden, wenn sie es nicht vergessen haben, wissen, dass der Pfarrer von Domfront in einer der Sänften sass, deren vier an Zahl zufällig in einem kleinen Dorfe zusammen kamen; man weiss ja, vier Sänften können eher zu einander kommen als vier Berge. Dieser Pfarrer hatte in der Schenke der Schauspielerinnen logiert und die Ärzte von Mans wegen seiner Steinkrankheit um Rat gefragt, welche Herren ihm auch in zierlichstem Latein sagten, dass er den Stein hätte, eine Sache, die der arme Mann nur zu wohl wusste. Er reiste also, nachdem er noch andere Geschäfte erledigt hatte, eines Morgens gegen neun Uhr aus der Schenke ab, um zu seinem geistlichen Amte zurückzukehren. Eine junge Nichte begleitete ihn, als Jungfrau gekleidet (ob mit Recht oder nicht) und setzte sich vorn in die Sänfte, zu Füssen des guten Manns, der ziemlich kurz und dick war. Ein Bauer namens Wilhelm führte das Vorderpferd beim Zügel, dies auf ausdrücklichen Befehl des Pfarrers, aus Furcht, das Pferd möge stolpern. Der Bediente des Pfarrers trieb das Hinterpferd, das sehr störrisch war, so dass Julian, der Bediente, es öfters in den Hintern stechen musste. Der messingene Nachttopf des Pfarrers, der wie Gold glänzte, weil er in der Schenke gescheuert worden war, baumelte an der rechten Seite der Sänfte, und dies zierte diese Seite vorzüglich, da auf der linken nur ein Hutfutteral aus Pappdeckel hing; das hatte der Pfarrer vom Pariser Boten für einen Edelmann, der bei Domfront wohnte, mitgenommen. Anderthalb Stunden von der Stadt ging die Sänfte durch einen Hohlweg, welcher mit mauerdicken Hecken umgeben war, als auf einmal drei Reiter und zwei Fussgänger das ehrwürdige Gefährt anhielten. Der eine, der das Oberhaupt der Strassenräuber zu sein schien, sagte mit fürchterlicher Stimme: »Der erste der sich nur regt, soll erschossen werden!« und hielt dem Wilhelm, der die Sänfte führte, zwei Finger weit von der Nase eine Pistole hin. Ein anderer tat dasselbe an Julian, und einer der Fussgänger legte auf die Nichte des Pfarrers an, welch letzterer ganz ruhig in seiner Sänfte schlief und von der Gefahr nichts ahnte, in der alle schwebten. Die bösen Kerle trieben die Sänfte schneller vorwärts als die schwachen Pferde dazu Lust hatten; und keiner redete ein Wort. Die Nichte des Pfarrers war mehr tot als lebendig, Wilhelm und Julian heulten, ohne zu wagen, den Mund aufzutun, wegen der fürchterlichen Pistolen, nur der Pfarrer schlief immer ruhig weiter. Einer der Reiter sonderte sich ab und ritt im schärfsten Galopp voraus. Inzwischen kam die Sänfte in ein Gehölz, bei dessen Eingang das Vorderpferd stolperte, entweder aus Furcht oder aus Bosheit, weil man es so stark antrieb, und darüber erwachte der Pfarrer und die Nichte fiel aus der Sänfte heraus auf des Pferdes Hinterteil. Der Pfarrer rief nun nach Julian, der aber nicht antwortete, er rief seiner Nichte, die sich ebenfalls nicht getraute den Mund aufzutun, und der Bauer war eben so harthörig wie die andern. Da wurde der Pfarrer allen Ernstes zornig, ja man behauptete sogar, dass er fluchte, doch dies ist von einem Pfarrer nicht zu glauben. Seine Nichte hatte sich vom Hinterteil des Pferdes wieder aufgerichtet und ihren Platz eingenommen ohne sich zu getrauen den Pfarrer anzusehen; das Pferd hatte sich mutig aufgerichtet und trabte rascher vorwärts, ungeachtet der Pfarrer immer halt! halt! schrie. Sein Schreien feuerte es nur noch mehr an, und darüber schrie der Pfarrer noch stärker; bald rief er Julian, bald Wilhelm und noch öfter seiner Nichte, deren Namen er den Zusatz: verdammtes Luder gab. Sie hätte jetzt reden können, denn der Reiter, der ihr vorher Stillschweigen geboten hatte, war zu den andern Berittenen getrabt, die etwa fünfzig Schritt voraus waren; doch die Furcht vor der Flinte machte sie taub und unempfindlich gegen das Schimpfen ihres Onkels, der jetzt zu heulen anfing und nach Räuber und Mörder schrie, als er so diesen halsstarrigen Ungehorsam sah. Die beiden Reiter, die voraus geritten waren und von dem andern zurück geholt wurden, kamen an die Sänfte heran, und der eine fragte den Wilhelm mit Gebrüll: »Wer ist der Narr, der da drinnen so schreit?« – »Ach, Herr, Sie wissen es besser als ich«, antwortete Wilhelm. Der Reiter schlug ihm seine Pistole um die Ohren, hielt sie der Nichte vor und befahl ihr, sich zu entlarven und zu sagen, wer sie wären. Der Pfarrer, der von seiner Sänfte aus alles sah, und der mit einem benachbarten Edelmanne namens Laune einen Prozess hatte, glaubte es wäre dieser Nachbar und er wolle ihn ermorden. Er schrie also: »Herr von Laune, wenn Sie mich umbringen, fordere ich Sie vor den Richterstuhl des Herrn! Ich bin ein geweihter und würdiger Priester und Sie sollen wie ein Hexenmeister exkommuniziert werden.« Unterdessen nahm seine Nichte ihre Larve ab, und zeigte dem Reiter ein erschrockenes, ihm ganz unbekanntes Gesicht. Dies tat eine Wirkung, die man nicht erwartet hatte, denn dieser zornige Kerl schoss seine Pistole auf das Vorderpferd ab und eine andere Pistole, die er im Sattel hatte, schoss er einem der Fussgänger gerade vor den Kopf und sagte: »So muss man es denen machen, die einem falsch berichten.« Nun verdoppelte sich das Schreien des Pfarrers und seines Gefolges. Er verlangte zu beichten; Julian und Wilhelm knieten nieder und seine Nichte setzte sich neben ihn. Jene aber, die ihnen diese Furcht eingejagt hatten, waren schon längst auf und davon und so geschwind die Pferde sie tragen konnten, und liessen den erschossenen Genossen als Unterpfand zurück. Julian und Wilhelm erhoben sich endlich und sagten dem Pfarrer, dass die Reiter weg wären. Man musste nun das Hinterpferd ausspannen, damit die Sänfte nicht nach vorn hing, und Wilhelm wurde in das nächste Dorf geschickt, ein anderes Pferd zu holen. Der Pfarrer wusste nicht, was über die Angelegenheit zu denken und konnte nicht begreifen, warum die Kerle ihn verlassen hatten ohne ihn zu bestehlen, und warum der Reiter einen seiner eigenen Leute erschossen hatte. Doch darüber betrübte er sich weniger als über sein totes Pferd, das vermutlich nie etwas mit diesem tollen Menschen zu tun gehabt hatte. Er glaubte noch immer, dass es Herr von Laune gewesen wäre, der ihn hätte ermorden wollen. Seine Nichte behauptete zwar, es wäre nicht der Herr von Laune gewesen, den sie gut kenne, aber der Pfarrer wollte, dass er es sein sollte, damit er ihm einen grossen Kriminalprozess machen könne; dabei verliess er sich auf gemietete Zeugen, die er in Goron zu finden hoffte, wo er Verwandte hatte. Während sie sich noch so stritten, sah Julian einige Reiter herankommen und fing sofort an zu laufen was er konnte. Die Nichte, welche Julian laufen sah und vermutete, er habe alle Ursache dazu, lief ebenfalls fort, wodurch der Pfarrer alle Fassung verlor, weil er nicht wusste, was das bedeute. Endlich sah auch er die Reiter, denn sie kamen geradewegs auf ihn zu. Es waren etwa neun bis zehn Berittene, in deren Mitte man einen Menschen auf ein Pferd gebunden sah, der ausschaute als sollte er gehängt werden. Der Pfarrer fing an zu beten und empfahl sich und das Pferd das ihm übrig geblieben war, dem Himmel. Aber er beruhigte sich und staunte sehr, als er den la Rappinière und einige seiner Leute erkannte. La Rappinière fragte ihn, was er da mache, und ob er den Menschen getötet hätte, den er neben dem toten Pferd liegen sah. Der Pfarrer erzählte was ihm begegnet war und behauptete, es wäre Herr von Laune der ihn hätte umbringen wollen, was la Rappinière alles weitläufig aufschrieb. Einer der Flurschützen ritt nach dem nächsten Dorf, um den Toten wegbringen zu lassen, und kam mit der Nichte und Julian, die Wilhelm mit einem Pferde unterwegs angetroffen hatten, wieder zurück. Der Pfarrer aber kehrte ohne weiteren Unfall nach Domfront zurück, wo er, so lange er lebt, seine Entführung erzählen wird. Das tote Pferd wurde entweder von Wölfen oder Hunden gefressen, der tote Mensch ich weiss nicht wo begraben, la Rappinière, Destin, la Rancune, Olive und die Polizisten kehrten mit ihrem Gefangenen nach Mans zurück. Dies war der Erfolg von la Rappinières und der Komödianten Jagd, die statt eines Hasen einen Menschen heimbrachten.
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