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Eine Legende aus unserer Zeit.
Jeder weiss es, dass der heilige Petrus ein äusserst gutmütiger Herr ist, der, wenn er einmal zur Erde herabsteigt, was des öftern vorkommt, allerwärts den Menschen Wohltaten erweist und ihnen aus der Not hilft, wenn er sie gerade in Bedrängnis betrifft. Freilich geht er dann in seiner Gutherzigkeit auch bisweilen etwas zu weit; sein gutes Herz spielt ihm sozusagen einen Streich, und dann kommt es sogar vor, dass ihn der Herr Christus ganz ernsthaft zurechtweist.
Diesen Schmerz erfuhr er erst vor einiger Zeit wieder einmal.
Er war in Rom gewesen, das er immer von Zeit zu Zeit besucht – schon alte Erinnerungen wegen – und durchwanderte nun noch etwas die Umgebung der ewigen Stadt. Dabei kam er auch in das Städtchen Campostella, das drüben an den Sabiner Bergen liegt. Der Ort war fast menschenleer. Alle waren sie draussen in den Feldern. Der grosse Platz, an dem die Kirche Santa Catena steht, lag ganz verödet da. Das Kirchenportal stand zwar offen, aber niemand ging aus noch ein. Neugierig, zu sehen, ob denn nicht ein einziger ein Gebet in der Kirche verrichte, trat er über die Schwelle des Portals und schaute sich in dem weiten Raume um; aber nirgends gewahrte er jemand. Doch plötzlich vernahm er ein leises Schluchzen; aufmerksam horchte er auf und durchsuchte mit seinen Blicken die Kirche, bis er in einer dunklen Ecke vor einem kleinen Altar eine schwarze Gestalt gewahrte. Der Altar war offenbar ihm selbst geweiht, denn oben in der Nische hatte man eine Nachbildung jener Sankt-Petrus-Statue angebracht, die sich in der Peterskirche zu Rom befindet und dort so allgemeine Verehrung erfährt. Die Statue war ausserdem, wie es schien, neu instand gesetzt; sie glänzte wie echte Bronze, obgleich sie offenbar nur aus Holz geschnitzt war, und der Heiligenschein erstrahlte wie echtes Gold.
Die schwarze Gestalt auf den Stufen des Altars vermochte er anfangs nicht zu erkennen, schliesslich aber, als sich das Auge an das Dämmerlicht gewöhnt hatte, bemerkte er, dass der Betende ein Curato war, wahrscheinlich der Geistliche der Kirche.
Unwillkürlich trat der heilige Petrus hinzu und setzte sich neben den Betenden auf eine Stufe des Altars. So leise er das aber auch tat, der Betende hörte es dennoch und blickte auf. Doch erzeigte sich merkwürdigerweise gar nicht weiter erstaunt, sondern nur freudig überrascht. Er hatte sich so in sein Gebet, das an den heiligen Petrus gerichtet gewesen war, vertieft, dass es ihn gar nicht besonders wundernahm, schliesslich den Heiligen in eigner Person neben sich zu sehen. Es erschien ihm das nur als eine Erfüllung seines Gebets.
»O heiliger Herr,« sagte er, sich tief verneigend, »was für eine Gnade erweist Ihr mir!«
»Ich hörte dich schluchzen,« versetzte der heilige Petrus, »was bedrückt dein Herz? Da ich auf Erden wandelte, habe ich dein Gebet, das du wohl an mich zum Himmel sandtest, nicht vernommen.«
»Wenn Ihr gestattet, heiliger Herr,« erwiderte der Curato, »so trage ich Euch noch einmal vor, was mich bekümmert und unglücklich macht.« Dabei richtete er sich etwas auf, so dass das Tageslicht hell in sein Antlitz fiel. Es zeigte sich hierbei, dass er ein Mann von einigen dreissig Jahren war, mit angenehmen, regelmässigen Zügen. »Ich stamme aus dem Ort,« begann er. »Mein Vater hatte eine hübsche Besitzung – Viehstand und allerlei Weinberge –, und ich hätte das als Erstgeborener erben sollen. Aber da wurde eines Tags meine Mutter schwer krank, und in ihrer Not gelobte sie der heiligen Jungfrau, dass sie, falls diese ihr wieder zur Gesundheit verhülfe, ihren Erstgeborenen der Kirche weihen wolle. Dieses heisse Gebet erhörte die heilige Jungfrau, und ich kam in das Collegio nach Mentosa. Mein Sinn stand freilich mehr auf ein werktätiges Leben als auf die Studien im Collegio, aber ich tat meine Pflicht, und so absolvierte ich meinen Kursus. Darauf war ich einige Zeit im Gebirge als Hilfspfarrer tätig und trug bei kärglichem Leben alle Mühsale des Amtes, bis ich hier in meiner Vaterstadt die Pfarrstelle von Santa Catena erhielt. Aber das schlug mir nicht viel zum guten aus. Meine Familie ging stark zurück, und das wirkte auch ungünstig auf mich. Und dann Er stockte, während er offenbar eine starke Erregung niederkämpfte.
»Und dann?« fragte der heilige Petrus, der bisher aufmerksam zugehört hatte.
»Ach, heiliger Herr!« brach es nun leidenschaftlich aus dem Curato hervor, »Ihr wisst es ja von Euch selbst, dass man auch einmal eine schwache Stunde hat. Ist da die Emilia, die mir zugedacht war, als ich noch des Vaters Hof bekommen sollte – ein glutäugig Weib –, hat jetzt zwar längst den Ferdinando geheiratet von der Rosa magra, aber als sie mich vor einiger Zeit am alten Castello traf – Ach, heiliger Herr, was belästige ich Euch mit so menschlichen Angelegenheiten! Der Klatsch hat die Sache aufgeblasen. Nichts Sündiges habe ich zu bereuen, und was nicht recht sein sollte, das habe ich Euch vorgetragen hier im Gebet. In meines Herzens Drange habe ich auch Eure Statue renovieren und Euern Heiligenschein neu vergolden lassen. Aber so mild und freundlich Ihr, heiliger Herr, nun auch herabschaut auf die Betenden – die Klatschmäuler hören nicht auf, mich durchzuhecheln und mein Ansehen zu schädigen. Und darum komme ich auch nicht vorwärts und bleibe ewig der armselige Curato von Santa Catena. Da wird wohl jetzt der alte Dechant von Santa Maria sterben, und es ist dann die Dechanei zu verwalten – wohl wäre ich an der Reihe; aber es wird gewiss wieder ein andrer ernannt werden, der mehr aus sich machen kann, und über den daher niemand zu klatschen wagt. Ja, wenn ich etwas mehr aus mir machen könnte, wenn ich mir etwas mehr Ansehen geben könnte, wenn ich doch etwas an mir hätte, das mir etwas mehr Würde verliehe! Ach, heiliger Herr!« Er blickte wie verklärt zum heiligen Petrus auf, schlug aber dann die Augen auch gleich wieder nieder und wurde dunkelrot im Gesicht, als überkäme ihn eine grosse Scham.
»Sprich es nur aus, was du eben dachtest,« sagte der heilige Petrus gütig.
»Wenn Ihr es nicht für eine unerhörte Frechheit haltet, heiliger Herr,« brachte der Curato endlich hervor, »für einen Frevel, sondern nur für eine Bitte eines Armen, der im Dienste der Kirche mit der Zeit auch einen weiteren und erspriesslicheren Wirkungskreis haben möchte – \es ist kein Zweifel: wenn ich mich mit mehr Ansehen und Würde umgeben könnte, so würde ich auch bald vorwärtskommen, und dieses erhöhte Ansehen würde mir werden – wenn Ihr, heiliger Herr, einmal die grosse, die wirklich himmlische Güte hättet, mir einige Zeit Euren Heiligenschein zu leihen!«
Unwillkürlich fuhr der heilige Petrus etwas zurück. Er erschrak über das Begehren. Noch Niemals hatte jemand dergleichen von ihm verlangt.
»Was der Heiligenschein tut,« fuhr der Curato, da ihm Petrus seine Bitte doch nicht gleich rundweg abschlug, etwas ermutigt fort, »das habe ich gesehen, als ich Eure Statue erneuern liess. Unscheinbar sahet Ihr aus, als bloss erst die Bronzefarbe aufgetragen war; als aber der Maler den Heiligenschein vergoldet hatte, da war auf einmal eine Glorie über Euch ausgegossen, die Euch nun erst zum Heiligen machte!«
Der heilige Petrus wusste noch immer nicht, was er zu dem Verlangen sagen sollte; schliesslich blickte er in seiner Verlegenheit zu seiner Statue empor, und als er nun sah, wie der neue Heiligenschein so liebevoll-breit um sein Haupt gelegt war, da gewann sein gutes Herz die Oberhand.
»Nun wohl,« hub er an, »du hast mich hier mit einem so prächtigen Heiligenschein geschmückt – da will ich denn auch ausnahmsweise einmal deinem seltsamen Begehren entsprechen; du wirst den heiligen Schmuck ja nicht missbrauchen. Zudem habe ich hier auch nur den kleinen Heiligenschein angetan, den ich immer trage, wenn ich unten auf Erden wandle. Mit dem eigentlichen grossen Heiligenschein zeige ich mich nur oben im Himmel bei besonderen Feierlichkeiten.«
Dabei griff er zu seinem Haupt empor, nahm den Heiligenschein herab und drückte ihn auf den demütig gebeugten Kopf des Curato. Und noch ehe dieser einen Dank zu stammeln vermochte, machte er eine segnende Handbewegung, zog ein Käppchen aus seinem Gewand, setzte es auf und erhob sich. Der überselige Curato konnte eben noch sehen, wie er etwas schwerfällig, fast wie ein unscheinbarer Bettelmönch, dahinging und die Kirche verliess.
Noch mehrere Minuten dauerte es, bis sich der Curato so weit gefasst hatte, dass er sich aufrichten und in die Sakristei hinübergehen konnte; dort aber trat er sofort vor den kleinen Spiegel und gewahrte nun mit Staunen und mit glückseligem Hochgefühl eine schmale mild glänzende Kreislinie, die oben über seinem Haupte schwebte und sein Antlitz wunderbar verklärte. Bisweilen, wenn er scharf hinblickte. kam es ihm vor, als wäre der Reif aus purem Gold, dann wieder schien es, als zöge sich mir so ein magischer Schimmer wie ein goldiger Kreis um sein Haupt, der vielleicht von manchem gar nicht sogleich bemerkt werden würde, der aber doch seine magische Kraft beständig auf jedweden ausüben musste.
Dieses Bewusstsein erfüllte ihn bald vollständig. Unwillkürlich musste er sich recken, die Schultern zurückdrücken und den Kopf stolzer emporhalten. Dabei gewahrte er im Spiegel, dass seine Augen weit heller als sonst leuchteten und einen gewissen siegesfreudigen Glanz ausstrahlten.
Mit elastischen Schritten, wie sie ihm früher niemals eigen gewesen waren, verliess er die Kirche, und nun musste er alsbald zu seiner Überraschung gewahren, dass ihn die Leute viel ehrfürchtiger grüssten, als das bisher der Fall gewesen war; die alte Carmela machte sogar einen tiefen Knix vor ihm, was sie früher niemals getan hatte.
Er erwiderte alle diese Grüsse mit einer würdevollen Herablassung, die stark gegen die schlichte Liebenswürdigkeit abstach, mit der er bisher den Grüssenden gedankt hatte.
Das blieb natürlich nicht unbemerkt. Verwundert blickte man dem stolzen Curato nach, der auf einmal etwas aus sich zu machen suchte.
»Es steht ihm nicht übel,« sagten verschiedene. »Er hat eine ganz hübsche Figur, wenn er etwas mehr auf seinen Gang hält.«
»Und das leuchtende Auge!« fügten die Frauen hinzu. »Es geht einen bis ins Herz, wenn er einen ansieht – ja wahrhaftig, ein schöner Mann!«
Einige wurden rot bis über die Ohren, als sie das sagten.
Nach und nach machte sich eine allgemeine Begeisterung für den Curato geltend; jeder wusste etwas von ihm zu rühmen, während er selbst sich immer vornehmer hielt, nur noch höchst selten in den Kaffeehäusern erschien und sich nie mehr in das Geschwätz über die kleinen Vorfälle des Tages mischte.
Da war es denn ganz natürlich, dass er, als der alte Dechant von Santa Maria starb, zum Dechanatsverweser ernannt wurde und jedermann annahm, er werde dann später auch Dechant werden. Einen besseren konnte man ja gar nicht finden.
So stand es, als eines Tags oben im Himmel der Herr Jesus bei Petrus vorüberkam, der wieder auf seinem alten Platz an der Himmelspforte sass. Er grüsste den Alten freundlich, dann aber blieb er verwundert stehen. »Ei,« hub er endlich an, »du kommst mir so seltsam vor. Du hast dir dein Käppchen so tief in die Stirn gedrückt; ist dir nicht recht?«
Petrus schüttelte den Kopf und schob sein Käppchen etwas zurück; er wusste offenbar nicht, was er sagen sollte.
Aber der Herr Jesus liess sich damit nicht abfertigen. »Ist dir etwas Unangenehmes widerfahren?« forschte er weiter. Doch kaum hatte er das letzte Wort gesprochen, als er betroffen einige Schritte zurücktrat. Dein Heiligenschein fehlt dir ja!« rief er, des höchsten erstaunt.
Da war denn eine Verheimlichung der Sache nicht mehr möglich, und Petrus musste sich bequemen, zu erzählen, wie es gekommen, dass er seinen Heiligenschein auf einige Zeit verborgt habe.
Der Herr Jesus hörte ihm aufmerksam zu, schüttelte aber, als er geendet, mit sehr ernster Miene den Kopf. »Wie konntest du dergleichen tun, mein lieber Alter!« sagte er dann. »Damit verleitest du die Menschen ja geradezu, andre mit einem falschen Schein zu täuschen, sich sozusagen mit fremden Federn zu schmücken, das kommt so schon oft genug bei ihnen vor, und wenn nun auch wir ihnen noch dazu die Hand reichen, dann öffnen wir auf Erden dem Lug und Trug Tür und Tor.«
Petrus blickte ratlos vor sich hin. Es war auch ihm schon der Gedanke gekommen, ob er wohl richtig gehandelt habe. »Ach, Herr! Was machen wir nun?« brachte er beklommen hervor.
»Vor allem müssen wir dem Curato den Heiligenschein wieder abnehmen,« versetzte der Herr Jesus. »Das ist ja etwas hart für den Mann – aber vielleicht kannst du ihn sonst in irgendeiner Weise für den Verlust entschädigen.«
Dabei winkte er einen Engel zu sich heran und beauftragte ihn, ganz leise und unsichtbar auf die Erde hinabzusteigen, dem Curato den Heiligenschein wieder abzunehmen und zum heiligen Petrus hinaufzubringen.
»Sodann aber möchte ich dich doch ernstlich ermahnen,« fuhr der Herr Jesus; wieder zum heiligen Petrus gewendet, fort, künftig bei deinen Besuchen auf Erden mehr auf deiner Hut zu sein, sonst könnten uns auch noch einmal schlimmere Sachen passieren!« Mit einem ziemlich kühlen Grusse ging er weiter.
Der heilige Petrus atmete auf. »So bald sieht mich die Erde nicht wieder, murmelte er vor sich hin.
Unterdessen schwebte der Engel zur Erde hinab und löste ganz leise den Heiligenschein vom Haupte des Curato, ohne dass dieser auch nur eine Ahnung davon hatte. Als dann aber der Engel zum Himmel zurückkehrte, empfand der Curato alsbald eine seltsame, unerklärbare Leere und Ode in und um sich; er kam sich mit einem Male so kläglich, so nichtig vor. Alle Hoffnungsfreudigkeit, alles Hoheitsgefühl war ihm geschwunden. In seiner Trostlosigkeit warf er einen Blick in den Spiegel – sein blasses, von vielen Falten durchzogenes Gesicht blickte ihm entgegen, durch nichts verklärt – ja, wahrhaftig auch ohne den Heiligenschein!
War der denn wirklich nicht mehr zu erblicken? Er drehte den Kopf hin und her – konnte er denn nicht mehr ordentlich sehen, oder hatte er sich in haltlose Phantastereien hineingeträumt, hatte der Heiligenschein wirklich und wahrhaftig einmal ob seinem Haupte geglänzt? Er fasste sich an die Stirn, es wurde ihm schwindlig; er wusste gar nicht mehr, was er denken sollte; nur so viel wusste er, dass er doch immer noch weiter nichts als der armselige Curato von Santa Catena, der ärmsten Kirche von Campostella, war! Zum Dechanatsverweser von Santa Maria hatte man ihn ja ernannt, aber – er kurzsichtiger Narr! – nur die Arbeiten hatte man ihm aufgehalst; der alte Dechant hatte alles in grösster Vernachlässigung und Unordnung hinterlassen. Zum Aufräumen war er eben gut genug. Bei der Wahl des neuen Dechanten werde dann gewiss ein ganz anderer auf der Bildfläche erscheinen als der Curato von Santa Catena.
Er sank wieder ganz so in sich zusammen wie früher. Sein Auge blickte, als er über die Strasse ging, immer nur müde auf den Weg; kaum, dass er diesem oder jenem, der ihn grüsste, einen freundlichen Dank sagte.
Die Frauen blickten ihm verwundert nach; die Männer schüttelten die Köpfe, und die etwas mehr zu wissen und zu verstehen vermeinten, sagten: »Er ist den Dechanatsarbeiten nicht gewachsen; er wird ganz krank von den allerlei höheren Amtsarbeiten – er kann denn doch wohl nicht viel mehr als Messe lesen und die Beichte abhören!«
So kam es denn auch, dass ein andrer, drüben von Pontelli, das Dechanat bekam, ein sehr energischer Herr der ein strenges Regiment führte.
Den Curato wunderte das nicht weiter, er hatte es erwartet; aber es kränkte ihn doch tief, und seitdem ging es beständig mit seiner Gesundheit zurück.
Eines Tages fand man ihn tot im Bett, ein Herzschlag mochte seinem Leben ein Ende gemacht haben.
Die Gemeinde von Santa Catena bestattete ihn in allen Ehren, und der Dechant hielt ihm eine grosse Trauerrede, weil er die Akten der Dechanei in selbstloser Weise so musterhaft in Ordnung gebracht und sich dabei vielleicht überanstrengt habe. Tiefer trauerte ihm jedoch niemand nach.
Nur der heilige Petrus empfand ein schmerzliches Bedauern über das klägliches Ende des armen Curato. Er fühlte, dass er es zum Teil selbstverschuldet habe. Hätte er ihm nicht gestattet, mit dem erborgten Schein sich unberechtigten Hoffnungen hinzugeben, so hätte er sich doch gewiss mit der Zeit mit seiner kleinen Stelle zufrieden gegeben. Er empfing daher den Curato an der Himmelspforte mit besonderer Freundlichkeit »Es ist dir nicht gut gegangen, mein Sohn,« sagte er zu ihm, »ich werde dich darum bei mir behalten, damit du es jetzt besser hast. Ich habe ein Amt für dich. Dort unten auf der Erde gibt es so viele, die es trotz alles mühevollen und ernsten Strebens zu nichts bringen, die sich nicht genug aufblasen, sich nicht genug wichtig machen können, und die dann ruhmlos aus dem Leben gehen, enttäuscht und verbittert. Diese sollst du trösten, wenn sie hier heraufkommen, und Ihnen sagen, dass sie jetzt im Himmel zu dem Ansehen kommen, dessen sie würdig sind.«
Der Curato war überglücklich. »Gewiss, heiliger Herr,« rief er, »das werde ich immerdar freudigen Herzens tun!«
»Ich wusste es; es wird dir ja auch nicht schwer fallen,« sagte Petrus und nickte.
Gleich darauf übernahm der Curato sein Amt, und er versieht es noch heute. Aber leider wird es von Jahr zu Jahr mühevoller, denn die Zahl der Unzufriedenen und Enttäuschten wächst fortwährend und die wenigsten wollen einen Trost annehmen.
Der heilige Petrus ist darüber oft des höchsten ergrimmt und wettert dann gegen den Pessimismus, der an alldem schuld sei; der Curato vermag sich unter diesem aber nichts Rechtes vorzustellen.
»Wenn man nur manchem ehrlich und aufrichtig Strebenden zuzeiten etwas Heiligenschein borgen könnte,« meint er, »damit die Unverschämten, die Ellbogenmenschen nicht mehr die wirklich Tüchtigen so oft beiseite schöben.«
Aber er murmelt das immer nur leise vor sich hin, denn der heilige Petrus darf es beileibe nicht hören.