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Dreiunddreißigstes Kapitel.
Die Verfolgung durch die Dakoiten.

Eine andre Bande Indier stieg in jenem Momente das Senartal hinauf, indem sie sich auf dem entgegengesetzten Ufer hielt. Es waren gegen vierzehn, nackt wie die andern, ebenso bewaffnet und sicher nicht weniger geschickt, denn sie sprangen mit unglaublicher Sicherheit von einer Klippe zur andern, ohne je ins Wasser zu rutschen.

Es konnten die nicht sein, die Indri und Toby angegriffen hatten, denn, anstatt den Flußlauf hinaufzusteigen, hätten sie absteigen müssen, um den Flüchtlingen den Weg zu versperren.

Wahrscheinlich handelte es sich um die von Sitama angeführte Bande, die, wie der Offizier gesagt hatte, dem Senar entlang geflohen war.

Als sie jene Schüsse hörte, die sich in dem rings von hohen Bergen eingeschlossenen Tale weit fortpflanzen mußten, eilte sie herbei, um der andern Truppe zu Hilfe zu kommen, die die Klippen hinabgestiegen war.

»Ob der Fakir unter ihnen ist?« hatte Indri gefragt, nachdem er sich auf den Boden geworfen hatte, um nicht entdeckt zu werden.

»Wahrscheinlich,« antwortete Toby.

»Ob sie auf dieses Ufer herüberkommen?«

»Ich wünschte es, aber vorläufig scheinen sie keine Absichten zu haben. Ah! … Könnte ich den Fakir sehen! … Wie gern würde ich ihn erschießen! …«

»Jene Leute sind viel zu weit, um sie erkennen zu können, dann halten sie sich auch im Schatten jener Riffe. Was rätst du mir, zu tun, Toby?«

Der Jäger verharrte schweigsam.

»Sprich, Freund,« versetzte Indri. »Hier können wir nicht bleiben, während die andern die Jagd schon fortsetzen.«

»Das ist richtig, die andern sind auch noch da,« sagte Toby zornig. »Wenn es uns gelungen wäre, sie in die Berge zurückzutreiben, würde ich jener Bande folgen und Sitama an einem sicheren Orte erwarten.«

»So wäre wenigstens jede Gefahr für uns beseitigt gewesen.«

Er erhob sich und lauschte.

»Sie scheinen zu kommen,« sagte er. »Fliehen wir, Indri. Sie müssen unsern Rückzug bemerkt haben.«

»Ja, gehen wir zum Elefanten zurück. Dieses Tal droht unsre Gruft zu werden.«

Eiligst zogen sie sich auf dem Pfade zurück, der sich dem Flusse entlang durch das Gebirge schlängelte.

Lebhafte Besorgnis trieb sie vorwärts; sie fürchteten, der Elefant könne von jener Bande angegriffen worden sein, die sie den Fluß hinaufsteigen gesehen hatten.

Gegen Mitternacht erreichten sie nach einem Laufe von etwa fünf Kilometern den äußeren Gang des Senartals.

Dort traten die Berge auseinander, der Fluß verbreiterte sich und floß weniger reißend dahin.

In der Ferne tauchten dichte Bananen- und Tekwälder auf und am Rande einer weiten Ebene erhoben sich die Mauern einer alten, halb zerfallenen Festung.

»Hier wären wir angelangt,« sagte Toby, indem er langsamer lief. »Ich kann nicht mehr.«

»Werden unsre Gefährten dort drinnen sein?« fragte Indri besorgt.

»Ich glaube, ein Licht durch die Risse jener Mauern leuchten zu sehen.«

Da hörten sie das tiefe Trompeten eines Elefanten, dann rief die Stimme des treuen Bhandara:

»Wer da? Antwortet oder ich gebe Feuer! …«

»Weg mit dem Karabiner, mein Freund,« sagte Indri. »Wir sind es.«

»Ihr, Herr! … Endlich! …«

»Seid ihr noch alle da?«

»Alle, ›Sahib‹.«

»Und Dhundia?«

»Wird von Sadras und dem ›Kornak‹ bewacht.«

»Hast du niemand während unsrer Abwesenheit gesehen?«

»Doch, Herr; Leute trieben sich hier an der Festung herum, nach dem ersten Schusse verschwanden sie.«

»Wie viele waren es?« fragte Toby.

»Ich habe sie nicht zählen können, denn sie hielten sich hinter Gestrüpp versteckt.«

»Kann der Elefant seinen Marsch wieder aufnehmen?«

»Nochmals? Er wird müde sein, ›Sahib‹ Toby.«

»Wir müssen dieses Tal unbedingt sofort verlassen und nach Gondwana flüchten, denn Sitama verfolgt uns.«

Bhandara wurde blaß.

»Habt ihr ihn gesehen?« fragte er.

»Wir haben eine seiner Banden zurückgeschlagen,« sagte Indri.

»Welche Hartnäckigkeit jener Mensch besitzt!« murmelte der »Kornak«. »Er wird uns nicht eher in Ruhe lassen, bis wir ihn nicht getötet haben.«

Sie betraten die Festung: es war ein altes, zerfallenes Gebäude, mit einer Ringmauer, die zu nichts mehr nütze war.

»Die könnte uns nicht dienen,« sagte Toby, der sie betrachtete.

»Wärest du hier geblieben?« fragte Indri.

»Ja, wenn diese Festung noch in gutem Zustande gewesen wäre.«

»Und uns belagern lassen?«

»So hätte ich doch die Möglichkeit gehabt, jenem verwünschten Fakir eine Kugel durch den Schädel zu jagen.«

»Hier ist alles verfallen.«

»Das sehe ich, also werden wir Sitama in den Wäldern erwarten. Ich bin sicher, daß er alles daran setzen wird, unsre Flucht nach Sagar zu verhindern.«

»Ja, Toby,« sagte Indri. »Wird es uns gelingen, seinen Fallen zu entgehen?«

»Hoffen wir's, Indri; ich glaube, das Glück war uns bisher immer hold. Warum sollte es von uns ablassen?«

Der Elefant lag neben dem »Kornak« und schnarchte gewaltig, ohne zu ahnen, daß er sich nach jenem beschwerlichen Abstieg von der Hochebene abermals in Marsch setzen müßte.

Dhundia hingegen, immer gebunden, wachte neben dem Feuer, vom kleinen Sadras beobachtet, der ein paar Pistolen auf den Knien hielt.

Der brave Knabe hatte die Augen noch nicht geschlossen, sondern folgte sorgfältig der kleinsten Bewegung des Gefangenen, da er immer befürchtete, er könne ihm entfliehen.

Der »Kornak« wurde geweckt. Man gab ihm zu verstehen, welcher Gefahr sich alle aussetzten, wenn sie noch länger in jener Festung verbleiben würden, die keine Deckung bieten konnte.

»Sihor ist brav und wird noch weiter laufen,« antwortete der Führer. »Das arme Tier, es wird nicht gerade gern seinen Schlaf unterbrechen; trotzdem wird es noch drei Stunden aushalten, aber länger nicht.«

»Das wird genügen,« sagte Toby.

Der Elefant, dem man einen Eimer Wasser über den Kopf goß, wachte auf, erhob sich brummend und bewegte ungeduldig die Ohren. Aber er beruhigte sich bald, als er die Stimme des treuen »Kornak« hörte.

In kaum einer Minute verschlang er ein paar Kilogramm Zucker, leerte einen Kübel Wasser, worein man eine halbe Flasche »Gin« gegossen hatte, und trat dann, nachdem alle auf seinen kräftigen Rücken gestiegen waren, aus der Festung heraus, indem er mit der Schulter ein Stück Mauer einriß.

Er brummte und schnaubte, indem er seinen gewaltigen Kopf schüttelte, um seine schlechte Laune zu zeigen. Kaum war er jedoch im Freien und atmete die frische Nachtbrise, so setzte er sich in Galopp, indem er den Wäldern zulief, die sich an dem rechten Ufer des Senar entlangzogen.

Kein Mensch war gesehen worden, weder vor der Festung, noch an den Flußufern. Man konnte also hoffen, daß niemand Zeuge ihres Aufbruches gewesen war.

Trotzdem fühlte sich Toby und besonders Bhandara nicht sicher, denn sie kannten die erstaunliche Geschicklichkeit des Fakirs, mit der er Fährten fand und verfolgte.

Sie waren überzeugt, daß jener Schurke früher oder später die Spuren des Elefanten finden würde

Das Tal wurde inzwischen immer breiter und wegbarer. Der Abstieg ging sanfter von statten, zeitweise kamen Ebenen, dicht mit hohem Gras und riesigen Bambus bestanden, oft 18 Meter hoch, mit ihren gewaltigen Büschen, die im Winde wogten.

Der Elefant, immer vom »Kornak« angefeuert, der ihn streichelte und mit sanften Worten antrieb, hatte sich entschlossen in jenes Gras geworfen, das ihm bis zur Brust reichte, indem er Pfauenschwärme und weiße Turteltauben aufjagte.

Er lief dem Walde zu, der sich dunkel am Horizont hinzog, wo er Früchte und zarte Blätter in Menge finden konnte.

Der Morgen dämmerte herauf, als er die ersten Bäume erreichte, gewaltige »Banian« mit ihrem dichten Blätterdach und aberhundert Stämmen.

Mit der breiten, mächtigen Brust brach er sich Bahn, indem er links und rechts Äste niederschlug. Nachdem er etwa sechshundert Meter eingedrungen war, blieb er plötzlich stehen, bewegte Ohren und Rüssel und trompetete gewaltig.

»Er ist müde und weigert sich, weiter zu laufen,« sagte der »Kornak« zu Toby.

»Wieviel glaubst du, daß er seit dem letzten Aufenthalt durchlaufen hat?« fragte dieser.

»Etwa sechs Meilen, ›Sahib‹.«

»Dann können wir ihm 2-3 Stunden Ruhe gönnen. Wird das genügen?«

»Ja, wenn er reichlich Futter findet.«

»Steigen wir ab,« sagte Indri. »Vorläufig haben wir keine Überraschungen von Sitama zu befürchten.«

Als Dhundia, der während jenes zweiten Marsches weder Augen noch Mund geöffnet hatte, jene Worte hörte, die unwillkürlich dem Ex-Favoriten entschlüpft waren, zuckte er zusammen.

»Sitama!« sagte er, indem er Indri anblickte. »Ah! Er lebt noch! …«

»Und du Kanaille hoffst, daß er dich befreien wird, nicht wahr?« fragte Toby.

Dhundia bereute, daß er diese Worte ausgesprochen hatte und biß sich auf die Lippen. Dann aber sah er den Jäger frech an und sagte:

»Sitama wird mich wenigstens rächen.«

»Er ist nicht so nahe, wie du glaubst.«

»Trotzdem wird er euch einholen.«

»Und uns töten?«

»Wenigstens sein möglichstes dazu tun,« antwortete Dhundia mit einem tückischen Lächeln.

»Du wirst uns nicht fallen sehen, das sagt dir Toby, der Tigerjäger; denn beim ersten Angriff seitens jener Schufte zersprenge ich dir den Kopf mit einem Pistolenschusse.«

»Das werdet Ihr nicht wagen.«

»Und wer hindert mich daran?«

»Nur der ›Guicowar‹ hat das Recht, mich zu strafen.«

»Und ich, als einer der Fürsten von Baroda,« sagte Indri. »Und da Toby mein Freund ist, gebe ich ihm von heute ab die Vollmacht dazu.«

»Und Parvati wird mich rächen, falls es Sitama nicht vermag.«

»Das werden wir sehen,« antwortete Indri ironisch. »Ich glaube jedoch, daß auch Parvati herzlich wenig für dich tun kann; ich möchte jedenfalls nicht in seiner Haut stecken.«

»Und ich …«

»Schweig, oder ich lasse dir einen Knebel anlegen,« sagte Toby drohend. »Wir haben genug von deinem Geschwätz.«

Dhundia, der wußte, daß mit dem Ex-Sergeanten nicht zu spaßen war, sagte nichts mehr und ließ sich zur Erde tragen, wo Bhandara und der »Kornak« schon ein kleines Dach aus Bananenblättern hergerichtet hatten, die von einigen ineinander geschlungenen Ästen gehalten wurden.

Sie frühstückten, aßen Orangen und Bananen dazu und legten sich dann, müde und überzeugt, nicht gestört zu werden, auf ein frisches Blätterlager, neben den kleinen Sadras, der schon eingeschlafen war.

Bhandara jedoch band Dhundia Arme und Beine, übergab ihn dem »Kornak« zur Bewachung, nahm einen Karabiner und warf sich unter die Bäume.

Der brave und treue Diener des Favoriten war absolut nicht beruhigt und wollte sich mit eignen Augen überzeugen, ob seinen Herrn und den Gefährten keine Gefahr bedrohe.

Er wußte, daß der Fakir nicht von seinem Plane locker lassen würde, sich des berühmten Diamanten zu bemächtigen und außerdem seinen Verbündeten aus den Händen seiner Feinde zu befrein. Also war er überzeugt, ihn mit seinen Gaunern jeden Augenblick ankommen zu sehen.

»Wenn wir es am wenigsten erwarten, wird Sitama über uns herfallen,« hatte sich der »Kornak« gesagt. »Versuchen wir also, ihm zuvorzukommen.«

Die Wälder boten für ihn keine Geheimnisse und er konnte sie durchqueren, ohne sich zu verirren, ohne mehr Geräusch als eine Schlange zu machen.

Er warf sich mitten ins dichte Gebüsch, wo die Sonne nicht durchdringen konnte, und begann rasch zu laufen, indem er mit unglaublicher Geschicklichkeit Wurzeln und tiefe Äste vermied.

Begegnete er dürren Blätterschichten, so klammerte er sich an Schlingpflanzen an und schwang sich wie ein Affe darüber hinweg, um das verräterische Rauschen zu vermeiden.

So war er etwa einen Kilometer vorgedrungen, als ein Knacken an seine Ohren schlug, was sich sofort wiederholte.

Er warf sich augenblicklich zu Boden, versteckte sich unter die gewaltigen Bananenblätter und lud lautlos den Karabiner.

»Ob jene Schurken schon angekommen sind?« fragte er sich. »Wenn das so ist, müssen sie wie die Pferde galoppiert sein, um einem Elefanten so dicht zu folgen.«

Er lauschte, indem er den Atem zurückhielt, und hörte abermals einen Ast knacken.

»Es kann auch ein Tiger oder Panther sein,« murmelte er. »Seien wir auf der Hut, sie sind wie Sitama und seine Banditen zu fürchten.«

Er legte das Ohr an den Boden, erhob dann den Kopf und blickte unruhig umher.

»Zwei Leute kommen näher,« sagte er. »Ob es die Kundschafter der Bande sind?«

Lautlos schlich er sich aus dem Gestrüpp, zog sich aber sofort zurück und ließ sich wieder auf den Boden fallen.

Zwei Indier liefen langsam durch den Wald und bückten sich öfter, als wenn sie Fährten suchten.

Sie waren völlig nackt, schweißbedeckt, trugen schmutzige, struppige Bärte und keuchten, als wenn sie tüchtig gelaufen wären. Auf dem Kopf trug der eine eine gelbe Mütze, der andere eine rote, mit einer kleinen, blaugemalten Schlange. In der Linken hielten sie die Flinte, in der Rechten ein »Jatagan«, das ihnen dazu diente, Äste und Wurzeln zu durchschneiden, die ihren Weg versperrten.

»Das sind Leute von Sitama,« murmelte Bhandara. »Wenn ich sie töten würde?«

Die beiden Indier waren höchstens 20 Schritte vor ihm stehen geblieben und setzten sich eben auf eine riesige Banianwurzel.

»Halten wir einen Augenblick inne,« hatte jener mit der gelben Mütze gesagt. »Wir sind schon auf rechtem Wege.«

»Ob der Elefant sie oder andere trägt?« hatte der andere gefragt.

»Sitama sagte mir, daß sie Pannah auf einem Elefanten verlassen haben, den ihnen der Radscha schenkte.«

»Wie hat er das erfahren können?«

»Die Schutzleute sagten es ihm, die ihm zur Flucht verhalfen,« antwortete der Indier mit der gelben Mütze.

»Wenn die andern nicht bald nachkommen, werden sie uns entfliehen. Wer kann einem Dickhäuter lange folgen?«

»Der Favorit des ›Guicowar‹ wird irgendwo Rast gemacht haben. Er kann sein Tier nicht zu sehr antreiben. Ich möchte wetten, daß sie uns nahe sind.«

»Woher weißt du das?« fragte der Indier mit der gelben Mütze.

»Ich rieche Rauch.«

»Diese Spürnase!«

»Bagandi täuscht sich nie.«

»Kehren wir um?«

»Im Gegenteil, wir dringen vor, bis wir das Lager des Favoriten entdeckt haben. Könnten wir sie alle überraschen! Der ›Kohinoor‹ käme sicher nie in die Hände des ›Guicowar‹ von Baroda.«

»Schufte,« murmelte Bhandara. »Wir werden euch überraschen. Ich werde eher am Lager sein und euch einen Hinterhalt legen, den ihr nicht vermeiden könnt.«

Den Gedanken, auf sie zu feuern, hatte er aufgegeben. Obwohl er ein guter Schütze war, fürchtete er, die Karabinerkugel könne an einem Aste abprallen, und er hatte nur einen Schuß.

Auch wenn er einen getroffen hätte, so konnte der andre sofort antworten.

»Benachrichtigen wir ›Sahib‹ Toby und den Herrn,« sagte er. »Wir werden sie auch so fangen.«

Eben wollte er sich aus dem Gebüsch entfernen, als er wenige Schritte vor sich eine Brillenschlange zusammengeringelt sah, die ihn mit ihren schillernden Augen anstarrte.

»Das fehlte gerade noch!« murmelte Bhandara schaudernd. »Wenn sie auf mich springt, bin ich verloren!«

Die Schlange schien aber keine feindlichen Absichten zu hegen. Sie begnügte sich damit, den armen »Kornak« anzublicken, als wenn sie ihn verhexen wollte, und züngelte blitzschnell mit der gespaltenen Zunge.

Bhandara schwitzte Blut: vor und hinter ihm drohte der Tod, ohne Möglichkeit, ihm entgehen zu können.

Wenn das Reptil vorschnellte und er sich zu verteidigen suchte, wären die beiden Indier durch das Geräusch wieder angelockt worden und hätten ihn getötet oder wenigstens gefangen genommen.

Jene Todesangst dauerte zwei Minuten, lang wie zwei Stunden für den unglücklichen »Kornak«, dann löste das giftige Reptil die Ringe und verschwand hinter einem Gebüsch.

»Das war eine Folter, die ich nicht einmal Sitama wünsche,« murmelte der »Kornak«, indem er sich die Stirn abtrocknete. »Ich glaubte schon die Zähne der Cobra in meinem Fleisch und ihr Gift durch meinen Körper laufen zu fühlen.«

Er wandte sich um, sah aber die beiden Indier nicht mehr.

»Sie haben sich entfernt und suchen die Spuren des Elefanten,« dachte er. »Versuchen wir, ihnen zuvorzukommen und lassen wir uns nicht überraschen.«

Er durchquerte schnell den Flecken, indem er nach dem Gebüsch blickte, aus Angst, die furchtbare Cobra wieder auftauchen zu sehen, und raste dann durch den Wald, indem er sich fern von dem Pfad hielt, den der Elefant geöffnet hatte und dem die beiden Banditen folgen mußten.

Nach zwanzig Minuten erreichte er, noch aufgeregt von der gemachten Begegnung, keuchend das Lager.

Der Elefant schlief, ebenso Indri, Toby und Sadras. Der »Kornak« stand wachend vor Dhundia, der sich schlafend stellte.

»Was gibt's Neues?« fragte der »Kornak«, als er Bhandara erregt ankommen sah. »Du scheinst erschrocken zu sein.«

»Wir müssen fort von hier.«

»Abermals?«

»Sie haben unsre Spuren entdeckt.«

»Der Elefant wird sich nicht so schnell erheben. Er hat Ruhe nötig.«

»Versuche es.«

»Ich will sehen.«

Bhandara sprang unter das kleine Dach, weckte Indri und Toby und benachrichtigte sie über die beiden Kundschafter Sitamas.

»Jener Fakir ist grausamer als ein Tiger!« rief Toby. »Will er uns denn keinen Moment in Ruhe lassen?«

»Wir werden nicht ruhig schlafen, bis wir ihn nicht getötet haben, oder er uns den ›Kohinoor‹ geraubt hat,« sagte Indri.

»Sahib,« sagte plötzlich der »Kornak«, indem er näher kam. »Der Elefant weigert sich, aufzustehen. Ich wage nicht, zu Mißhandlungen Zuflucht zu nehmen.«

»Das wußte ich,« sagte Indri. »Unmögliches kann man nicht verlangen.«

»Aber wir können doch nicht hier bleiben, mitten im Walde,« sagte Toby. »Es wäre besser gewesen, wenn wir in der Festung Rast gemacht hätten.«

»Es ist eine andere Ruine hier in der Nähe,« sagte der »Kornak« »Eine antike Pagode.«

»Wird sie uns dienen können?« fragte Indri.

»Die Ringmauer ist eingestürzt, das Innere muß aber noch in gutem Zustande sein.«

»Besichtigen wir sie,« sagte Toby.

»Und der Elefant?«

»Wenn er seinen ›Kornak‹ nicht mehr sieht und die ersten Flintenschüsse hört, wird er uns nachkommen,« sagte Bhandara.

»Nehmen wir den ›Lichtberg‹, unsre Rupien, Waffen und Lebensmittel und vorwärts,« kommandierte Toby. »Vielleicht sind die Dakoiten jetzt schon im Walde und haben die Kundschafter eingeholt.«

Sie leerten die »Hauda«, beluden sich mit ihrem Inhalt, indem sie vor allem die Munition nicht vergaßen, entfesselten Dhundias Beine und entflohen durch den Wald, vom »Kornak« geführt.

Als der Elefant seinen Führer gehen sah, trompetete er und folgte ihm dann, obwohl fortgesetzt brummend.

Toby, der die Waffen trug, bildete die Nachhut, um den kleinen Trupp zu beschützen.


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