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Degenwert, ein versuchter, gelehrter, verständiger und muthiger Soldat, kamt erstlich auf den Schauplatz, bald nach ihme zween Bauren, als Drewes Kikintlag und Beneke Dudeldey; nach ihnen komt der Korporal Hans Hun mit Drewes seinem Weibe, Göbekke genant; die tanzen miteinander. Inmittelst tritt der ergrimmte Sausewind auf den Platz, und laufen die andern alle davon, ausgenommen Degenwert, mit welchem Sausewind etwas weniges redet, und plötzlich wiederum abtritt; worauf Junker Reinhart komt, welchem Degenwert die fürtrefflichen Eigenschaften des Sausewindes beschreibet und erzählet.
Degenwert. So gehets! Ein Tag folget dem andern, und die liebe Zeit lauft dahin, ehe und bevor wir Menschen es selber recht vernehmen oder glauben können. Ich habe mich schon sechzehen ganzer Jahre beim Kriegeswesen aufgehalten, in welcher Zeit ich manchen sauren, auch wol manchen guten Tag zum End gebracht, viel gesehen, viel gehört und erfahren, bin aber nunmehr des Soldatenlebens so müde, als hätte ichs mit Leffeln gessen; wünsche demnach von Herzen, daß ich einmal möge zur Ruhe kommen und der Süßigkeit des hochverlangten lieben Friedens würklich genießen; zu welches Wiederbringung gleichwol bei dieser Zeit dem schier gar zu Grunde gerichteten, kraftlosen Teutschlande sehr gute Hoffnung wird gemachet; wie denn auch viel hundert tausend Seelen aus innerster Begierde ihrer Herzen täglich darnach seufzen. Ich zwar höre hin und wider darvon murmeln, daß der längest gesuchte Friedenschluß nunmehr gefunden, und ehest offentlich sol ausgerufen, ja der ganzen Welt kund gemachet werden. Mich sol aber zum höhesten wunderen, was doch unser oberster Feldherr, der blutdürstige Mars (mit welchem ich nebenst vielen anderen rittermäßigen Personen neulich aus Frankreich wieder in Teutschland bin angelanget) zu diesem Friedenshandel werde sagen? Ich zwar halte mich versichert, daß er sich über dieser Zeitung zum allerheftigsten entrüsten und seinem alten Gebrauche nach mit Fluchen, Schelten, Donneren, Schreien und Dräuen sich demselbigen äußerst widersetzen werde. Aber, was wird er endlich damit ausrichten? Ich sage, weiniger denn nichts. Eine unaussprechliche Thorheit ist es, dem im Himmel gemachten göttlichen Ratschlusse widerstreben wollen; es muß doch gehen, wie es dem Allerhöhesten wolgefällt, und wünsche ich nochmalen von Herzen, daß wir des hochtheuren güldenen Friedens schon völlig möchten genießen. Es hat sich schon vorgedachter unser General-Feldherr, der kriegesbegierige Mars, aller guten Gunst wie auch stattlicher Beforderung gegen mir erboten. Ich mag aber solcher seiner Beforderung nicht abwarten, habe auch keine Lust, dieselbige anzunehmen; es pfleget oft mislich mit derselbigen herzugehen, und gedeihet dieselbe manchem ehrlichen Manne zu seinem zeitlichen und ewigen Verderben. Ich zwar danke meinem Gott, daß ich in meiner Jugend so viel gelernet, daß ich auch außerhalb Kriegesdienstes ehrlich leben und mich zu andern nützlichen Verrichtungen in wolbestalten Regimentern Regiment, Regierung. rühmlich kan gebrauchen lassen; deswegen ich auch bei Herantretung des lieben güldenen Friedens den mühseligen Kriegsharnisch gänzlich abzulegen und den edlen Schulsack (in welchem, ungeachtet aller Spötter, Großsprecher und Aufschneider Beschimpfung, unaussprechliche Schätze verborgen ligen) wieder herfür zu langen, ganz und gar kein Bedenken trage. Komme nur bald, edler Friede, und erfülle mein Verlangen!
Hie kommen auf den Platz zween Bauren, der einer heißet Drewes Kikintlag, der andere Beneke Dudeldei; dieser spielt auf einer Sackpfeife oder Schalmei, oder Leire, oder was man dergleichen bäurischer Instrumenti eins um besten kan haben, jener aber, nemlich Drewes Kikintlag, singet darein folgendes Liedlein, wobei er zugleich tanzet und springet.
Lied
des ersten Zwischenspiels, welches von den Bauren wird gesungen, gespielet und getanzet.
1.
Juchhei, juchhei, juch, wat geit it lustig to,
Wann ick so wat schlenter
schlenter, schlendre.
Hen nam
hen nam, hin nach dem. Marketenter
Und versupe Hot
Hot, Hut. und Scho,
Dat füllt mi de Panßen
Panßen, Bauch, Magen..
So kan ick braf danßen, ja danßen, ja danßen.
2.
Lustig, lustig, lustig, Benke, leve Broer
Broer, Bruder.
Lat din Ding ins
ins, eins, einmal. klingen!
Kikintlag
Kikintlag, Guck ins Gelage, Guckindiewelt. skal
skal, soll. singen,
Wo he sinen Fenker
Fenker, Fähnrich. schoer
schoer, schor, zum besten hatte.,
As
as, als. he Göbken Wive
Führig
führig, vorhin, früher. wul to live, to live, to live.
3.
Kikint, Kikint, Kikintlag schneet em ein Gatt
schnitt ihm ein Loch.
Achter in den Köller
hinten in den Köller, Wams,
Hei, rep unse Möller
hei, rief unser Müller.,
Drewes, worum deist du dat?
Wo wart he di hüden
Drewes, warum thust du das? Wie wird er dich heute.
Darvor wedder brüden, ja brüden, brüden!
dafür wieder
brüden, brüen, zum besten haben.
4.
Ne du, ne du, ne du Def, dat heft nen Not
Nein du Dieb, das hat keine Not.,
Buren und Soldaten
Dat sünd gode Maten
Bauern und Soldaten, das sind gute Gesellen.,
Dat sünd Kameraten!
Wat? min Fenker ist ein Blot
Wie? mein Fähnrich ist ein (junges) Blut.,
He skal mit mi supen
er soll mit mir saufen.
Edder sik verkrupen, verkrupen, verkrupen
oder sich verkriechen..
Degenwert. Das mag mir wol ein schöner Gesang sein, aus welchem gleichwol zu mutmaßen, daß diese Bauren mit den Soldaten in gar guter Vertraulichkeit leben; ist wol ein großes Wunder, daß bei diesen elenden Krieges-Zeiten die viel geplagte Landleute sich noch so frölich können erzeigen! Ich muß gleichwol ein wenig mit ihnen reden, um zu vernehmen, aus was Ursachen sie sich mit Singen und Spielen so lustig machen? (Er spricht zu den Bauren.) Glück zu, meine Freunde, was habt doch ihr heute gutes getrunken, daß ihr so frölich seyd?
Drewes Kikintlag. Ja, Dank hebbet, geve usk usk, uns. Gott! Wat skulwe skulwe, sollen wir. veele drunken hebben, als wor einen goien Söep Beer goien Söep Beer, guten Trunk Bier. ein Känneken Brannewin unde ein paar Stige Stige, zwanzig. Pipen Tobak, und worümme skul we nich lustig wesen wesen, sein.? He, gy Fründ? it düret jo man use Levedage. Juch, korasie korasie, Courage., herum unde ümme.
Degenwert. Mein Freund, ihr scheinet wol ein lustiger Kompan zu sein; aber saget mir doch, wer hat das schöne Lied gemachet, welches ihr gleich jetzt in die Leire oder Sackpfeife habt gesungen?
Drewes. Wenn gy it jo gerne weten will, Junker, so heft it düsse redlike Kerl, de min Naber und min Vadder Nachbar und Gevatter. is. Beneke Dudeldei, gemaket. Ja, Heer Junker, was dünket uk uk, euch. dar wol bi, kan it nich passeren?
Degenwert. Ja freilich kan es wol passiren; es muß dieser euer Nachbar wol kein gemeiner Mann sein, dieweil er solche treffliche, schöne Lieder weiß zu dichten.
Drewes. Ja, wat skult nich ein braf Kerl wesen? Dat lövet man, Junker, Darmen Darm, Gedärm, übertragen: Einfälle. heft he im Koppe, he is in usem Dorpe use bestellende Lülkenspeler bestellende, bester elender; Drewes will sagen: unser bester Lülkenspeler, Dudelsackspieler., he is use Lyrendreier Lyrendreier, Orgeldreher., he is use Finkenfanger Finkenfanger, Vogelfänger, Witzbold., he is use Putzenmaker Putzenmaker, Possenmacher, Spaßvogel., he is use Vördanzer, he is use Rimer, he is use Limer, he is use Ledermaker Reimer, Leimer, Liedermacher., und wenn die Stadtlüe herut kamet und höret sinen künstigen und kortwiligen Schnack an, und dat he so rimen und limen kan, so seggen se, dat he ok een Paut Paut, Poet. is, dat verstah wi nu hier im Dorpe so even nicht, wat dat vor Tüg Tüg, Zeug. is, man man, nur. dat segge ik ju, Junker, wenn he und sin Mate Peter Loikam to hope im Kroge sitten, so hebbet se vaken vaken, oft. solken Jacht Jacht, Lärm, Gelächter. und drivet sülke Putzen, dat man sik dar tohandes dul mag aver lachen, ja it sind mi Gäste, Junker, sünderlik düsse Kumpen, Beneke, de kan Leder maken, wenn he man wil.
Degenwert. Nun, das muß ich sagen, so viel Künste hätte ich hinter diesem euerem Nachbarn mit keinem Knebelspieße gesuchet; aber saget mir, ihr guten Leute, wie könnet ihr euch doch bei diesen elenden Zeiten, da ihr annoch unter dem schweren Contributions-Joche und so vielen anderen harten Krieges-Bedrückungen sitzet, gleichwol mit Singen und Springen so frölich und lustig erzeigen?
Beneke. Schnik, schnak, schiht, scheet, wat hebben wie usk üm den Krieg to scheren? Krieg hen, Krieg her, wenn wi in uses Krögers Kröger, Krüger, Schenkwirth. Peter Langwammes sinem Huse man frisk wat to supen hebbet, so mag it gahn als it geit, ein Skelm de dar nich alle Dage lustig und goier goier, guter. Dinge mit is.
Degenwert. Ohne allen Zweifel erzeiget ihr lieben Leute euch deswegen so frölich, weil ihr vernommen, welcher Gestalt durch sonderbare göttliche Verleihung, Gnade und Barmherzigkeit dem landverderblichen Kriegeswesen nun bald wird seine Endschaft gegeben, und der güldene Friede dem hochbedrängten Teutschlande ehester Tage herwieder gebracht werden?
Drewes. Wat schnacke gy dar, Munsör? skolt Frede weren? Dat wul jo wol den Düvel hebben! (Er stehet bestürzet.)
Degenwert. Freilich, mein lieber Freund, wird es, ob Gott wil, bald, bald in unserm Teutschlande Friede werden.
Beneke. Dar behöbe usk jo de leeve Gott vör; ja, so möchte wie seggen, dat wi use goien Dage alle hat hadden.
Degenwert. Wie so, mein guter Mann? Wünschet ihr denn nicht von Herzen, daß ihr bald, bald mit dem güldenen Friede müget beseliget, und das ausgemergelte Teutschland dermaleins wiederum erquicket werden? Das komt mir fürwar wunderlich vor!
Beneke. Neen, Junker, dat höre gy jo wol, kwul kwul, ich wollte. leverst, dat ick ein Skelm were, als dat ick dat wünschen skulle, dat it Frede würde.
Drewes. Dat segge ick bim Elemente ok ok, auch., min leeve Beneke-Vadder, welker Düvel wull sik uppet nie van usen Papen und Beamten alle Dage wat wedder scheren unde brüden laten?
Degenwert. Ei, behüte mich der höhester Gott, was höre ich? Wollet ihr elende Leute noch lieber unter den heftigen Kriegespressuren leben, als unter eurer ordentlichen Obrigkeit in gutem Glücke, erwünschtem Friede und stiller Ruhe sitzen?
Drewes. Is dat ok wol Fragens wert, Junker? Gy mötet (mit Vorlöf Vorlöf, Erlaubniß.) ja wol ein dummen Düvel wesen, dat gy dat nicht vorstahn könnet. Im Kriege hebt it de framen Huslüe Huslüe, Hausleute, kleine Bauern. dusendmal beter, als wenn it Frede is, dat sin wi nu eine titlang wol wiß wiß, gewiß. worden.
Degenwert. Habet ihr bessere Sache zu Krieges- als Friedenszeiten? Ich sage noch einmal, daß ich gar nicht verstehe, wie das könte zugehen.
Drewes. Hört, Munsör, wenn gy it nich wetet, so mot ick it ju seggen: Nu it Krieg is, und dat use Ovricheit usk nichts to befehlen heft, de Kriegers usk ok so rechte veel nich mehr to brüen und to scheren fatet fatet, fassen., wenn wie man dem Böversten Böversten, Obersten. und den anderen Affencerders Offizieren. unse Tribuergelder tides genog betalen, so möge wi dohn allent, wat wi wilt; dar möge wi so wol des Söndages unde hillige Dages als des Warkeldages mit Wagen und Pagen Page, Pferd., Ossen und Töten Töte, Kuh. Junges unde Derens Deren, Mädchen. warken unde arbeiden, könt ok alle de Fierdage Fierdage, Feiertage. ane ane, ohne. grote Versümnisse hüpsken in den Krog gahn unde den heelen heel, heil, ganz. Dag lüstig herüm teren teren, zehren, zechen.. Tovören müste wi vaken des Söndages Morgens twe heele Stunde in der Karken sitten, dat enen de Ribben im Live weh deden; nu günne wi usem Kröger Peter Langwams dat Geld, unde supen dar erst een god Oeselken Oeselken, Nößel, kleines Flüssigkeitsmaß. Branwin vör in de Panße, dar kan man denn ein Vatt Vatt, Faß. vul Speck unde Kohl up ut freten, dat einem de Buk davan quäbbelt quäbbelt, schwabbelt, hin und her schwankt, nutat.. Unde wenn wi usk denn glik mit Kannen und Skrifhölteren Skrifhölter, Kerbhölzer. im Kroge dicht wat herümmer kihlet kihlen, keilen, schlagen., dat vaken ein groht Pool Pool, Pfuhl, Lache. Blodes under dem Diske steit, so dröfe wi dar nich stracks Bröke Bröke, Brüche, Strafe. vor geven, alse wi eer Dages eer Dages, früher, ehemals. in Fredens tiden dohn müsten. Use olde Ovricheit heft nu Gott lof so veel Macht nich, dat se eenen lahmen Hund ut den Aven Aven, Ofen. künne locken, unde use Pape heft ok dat Harte Harte, Herz. nicht, dat he usk dat ringeste Wort to wedderen segt, und wat heft he ok veel to seggen? Maket he doch averlank averlank, oft. sülvest rechtschapen lüstig mede, und plegt mannigen leven Dag mit dem Feneker, Schreianten Schreianten, Seriant, Sergeant., Kapperal, der Sülverngarfe Sülverngarde, Sauvegarde., de in usem Dörpe ligt, und wo de Skrubbers Skrubber, Schröpper, Lump. allmehr hetet, bim Marketenter, edder ok bi usem Kröger Lankwams to sitten, unde süpt, dat he Dörnsen Dörnse, Stube. und Kameren vul spiet, all du dusend Kranket kranket, Fluchformel (Krankheit). Junker, wat plegt it dar braf her to gahn, sünnerk wen ick und Beneke Vadder mit siner Lyren so Dag und Nacht lustig mit herdör davet daven, toben. singet und springet.
Degenwert (halb lachend). Wahrlich, ihr guten Leute, wie ich höre, so kans nicht wol fehlen; ihr müsset bei diesen Kriegeszeiten ein recht säuberliches Leben führen.
Beneke. Ick meene man, Junker, wie föhren ein süvrik süvrik, säuberlich. Leven, dat it einem Minsken im Harten mag lüsten. Averst, dat segge ick ju, Vadder Drewes heft it noch nich ins ins, eins, einmal. half vertellet, wo wie dörgaht. O wat plegge wi eine brafe Jacht mit den Wifern unde den Derens to hebben, sünnerken wenn se mit usk im Kroge sittet un latet dat Hänneken üm den Kop gahn, und singet denn: »Lat Talken frie gahn, lat Trinen frie grinen, lat Listen frie krießken.« Ja, so meene ick, spele wi erst Pulter alarm, dat ehnen de Röcke aver den Koppe tohope schlaht, denn so heet it, Stroh vor dat Gatt, Meken dat di, und worüm skul wi ok mit dem Wifertüge nich wat Jagt und Kortwil hebben, man darf dar jo nene Bröke vör geven, plegen uns doch de Soldaten bi unsen Wiferen sülke Putzen ok wol süm tiden süm tiden, zuweilen. to maken?
Degenwert. Ach Gott, wie führet ihr Leute ein Leben! Kaum kan ich es gläuben, daß euch der edle Friede, dessen ihr euch selber so gar unwürdig machet, so bald sol wieder gegeben werden. Aber, meine Freunde, saget mir einmal, woher nehmet ihr doch die Mittel, welche ihr in solcher Leichtfertigkeit und üppigem Leben, mit huren und buben buben, bübisch leben., fressen und saufen verzehret?
Drewes. Wo, gy sünd wol ein rechten dummen Düvel, Junker, dat gy dat nich wetet! Staat dar nene Böme nog im Holte, de wi dal houen und nar nar, nach der. Stadt föhren könet? Ick hebbe vaken in einer Weken Weke, Woche. so vel Holt afhacket und verköft, daer ick een half Jahr die Contributie van geven können. Todeme skulle wi nicht so drade wat stehlen können als de Soldaten? Ja, ja, Munsör, wi hebbet dat Musend Musend, Mausen, Stehlen. ja so fix lehret, als de besten Musketerers, wi dörfet jo man aver lank uppem Passe, in der Buskasie Buskasie, boccage, Gehölz., efte ook im Graven liggen unde luren up upluren, auflauern., wenneer so vörnehme Affencerders, Kooplüde unde anner reisend Volk vöraver tüt tüt, zieht., wanne du Krankt, wo plegge wi dar mank dar mank, dazwischen. to hagelen, dat se bier Sören Söre,?? edder bim Wagen dahl dahl, nieder. ligget, als de Flegen edder Schniggen Fliegen und Schnecken., dar make wi den friske Büte Büte, Beute. unde latet ehnen nicht eenen Faden an ehrem helen Life, unde seht, Hunne und Vösse mötet ok jo wat to freten hebben, unde welker Düvel wetet denn, efte it Buren edder Soldaten dahn hebben? Todem ok, staat dar nicht een hupen Herenhüse, Amtstaven Amtstaven, Amtsstuben, Gerichtshaus. und der geliken Gebüwe leddig, dar men de Finster, Müersteene, Hauensteene, Dehlen, Balken, Iserwark, und wat süß noch nagelfast is, licht utbreken, na der Stadt führen und darsülvest vor half Geld kan vörköpen? O dar hebbe wi Huslüde mannigen stolten Dahler van maket! In Sumniß Summarium, wi möget dohn wat wi wilt, wi möget den Drooß Drooß, Gurgel. bi Tünnen edder bi Küfen vullflöken, wi möget usk schlahn unde hartagen hartagen, an den Haaren ziehen, raufen., dat it man een Lust is, wi möget mit den Wifern unde den Derens nedden unde baven liggen, wi möget nemen, wor wat to krigen is, dar darf uns neen Düvel een Wort van seggen, wenn wi man toseht, dat de Böversten eere Tribuergeld unde wat to freten und wat to supen kriget, so geit it im Krige dusendmal beter her, als do it noch Frede was. Neen, neen, Junker, wil gy unse Fründ wesen, so lask lask, lat usk, laßt uns den nien Frede vanner Näsen.
Beneke. Dat segg ick ok, Vadder Drewes; ick wul leverst, dat se alltomalen de Knüvel Knüvel, Düvel, Teufel. weg halen, de darto helpet, dat it Frede skul werden. Neen, neen, lat it dar men bi bliven, als it all mannig leve Jahr her wesen is; use Oevricheit skul usk, went Frede würde, wol uppet nie wat to brüden und to scheren faten.
Degenwert. O der großen Blindheit, welche euch armseligen Leuten den Verstand so gar hat verfinstert und hinweg genommen, daß ihr auch Lust habet, eure eigene zeitliche, ja auch ewige Wolfahrt mutwilliger Weise zu verhindern! Nun ihr ein weinig Linderung fühlet, indeme ihr unter der Contribution lebet, bei welcher steten Erlegung der Krieg nicht mehr so gar heftig in Teutschland wird geführet, begehret ihr nicht einmal den unermeßlichen Schatz des Friedens zu erlangen, ja ihr wünschet vielmehr unter dem grausamen, verderblichen Kriegeswesen beständig zu verbleiben, und zwar dasselbe einzig und allein darum, daß ihr nur euer gottloses, epicurisches Leben beharrlich fort treiben und euch in allerlei Sünden und Schanden, wie die Säue im Schlamm, wälzen möget. Sind diese nicht schöne Früchtlein des teutschen Krieges zu nennen? Ach Gott, erbarme dich über die große Sicherheit der menschlichen Herzen!
Unterdessen Herr Degenwert also redet, stehen die Bauren und saufen einander aus einer großen hölzernen Kannen lustig zu, trinken auch Tobak bei einer Lunten. Indeme komt ein Soldat oder Korporal heraus springen, führet des Drewes Kikintlags Frau bei der Hand, herzet und küsset sie, hüpfet und tanzet mit ihr herum und machet allerhand seltzame leichtfertige Possen; dieses ersiehet Drewes, der ruft mit lauter Stimme:
Drewes. Wo nu tom Henker, Kappral, wo geit dat to? wo daafe daafen, toben. gy nich anners mit minem Wife? Wet gy nicht, dat se wat godes dohn skal? Mag dat nich ein betken ringer wesen? Ick löve, dat gy dul efte mit sid!
Hans Hohn. Wie nau zum Zeufel, Herr Wirtz, mag ich eure Frau und meine Leibste nicht einmal kützen? dar skal sie nicht von sterben; sol sie ein Kintz haben, wer weiß, wer der Vatzer darzu ist?
Drewes. Vaer to wesen? Dat hap hap', hoffe. ick jo wol, dat ick dat bin; twul süß de Störten Krankheit hebben twul-hebben, es wollte sonst die fallende Sucht haben, es müßte schlimm sein.. Segge du dar men de Warheit van, min leve Göbbeke Wis, bin icker nich Vaer to, unde skal dat Kind ok nich lifhaftichen utsehn als ick doh? he du?
Göbbeke. Wo skult anners utsehn, min harten truten Drewes Vaer, gy sünd jo min rechte echte Gade, unde gy hebbet ok jo wol teinnial mehr als de Kapparal bi mick schlapen, dat weet gy ok jo sülvst wol.
Drewes. Ja, wo skul ick dat nich weten? Darmit isset denn jo nu klar, und dat ik de rechte lifhaftige Vaer tom Kinne bin. Nich so, Munsör Kappral?
Hans Hohn. O ja, mein lieber Herr Wirtz, das Kinz sol eur, die Frau sol mein sein, so wahr ich Hans Hohn heitze; ist das nicht so recht, Wöbbeke, dar seided ihr ja alle beidze mit zufriedzen?
Drewes. Ick weter bal den Düvel van, wol wol, wer. heer een den annern wat brüet; wat dünkter dik hier bi, Beneke Vadder?
Beneke. Schnick, schnack, ick denke, it is jo wol like veel, wem dat Kind to höret, unde, süe dar, Drewes, du drafst den Kapprael jo man to Vadderen bidden, so is he wedder brüet, he mut dick jo noch wol enen halfen Dahler Vaddern-Geld geven.
Hans Hohn. Bei Goß, das is wahr, so bin ich redlich weider gescharen; nu, Drewes, dat geit frisch auf die neue Gefatzerschaft hin; da muß ich mit deiner und meiner Frauen noch einmal aufdansen; ei, Beneke, laze dinen Dudeldei ins klingen, ich muß einmal kradandi spielen: Juch holla, kradandi, kradandi, kradandi!
Hans Hohn tanzet mit Wöbbeken, Beneke spielet darzu, und Drewes singet folgendes Lied, die Kanne immer in die Höhe haltend:
Anderes Lied des ersten Zwischenspiels, welches von den Bauren, wird gespielet, getanzet und gesungen.
1.
So geit it frisk to, so geit it frisk to,
Versup' ick de Föite, so hold ick de Scho.
Hei lustig, krassibi,
De Bütte vul Tibi,
Dit mot ick in mine Pansen begraven,
So kan ick van Harten recht singen und daven
daven, toben, tollen..
Kradandi!
2.
Springt lustig doch fort, springt lustig doch fort,
Spring, Jachim, spring, Tonnies, spring, Simen, spring, Kort,
Spring, Mewes, spring, Benke,
Spring, Göbke, spring, Leenke,
Springt, dat jück de Buuk rechtschapen mocht beven
beven, beben.,
Kradandi, kradandi, so möchte wi leven!
Kradandi!
3.
Nu Pipe dat Wif, nu Pipe dat Wif,
Min fründlike Schwager, so krig ick neen Kif,
Lat flegen, lat ruschen,
Ik mot einmal tuschen.
Kradandi, kradandi.
Indeme der Baur diesen letzten Satz singet, die andere aber frisch darnach tanzen und spielen, da kamt Sausewind heraus, ganz heftig ergrimmet und halb rasend, gibt Feur mit einer Pistolen, worüber die ganze Gesellschaft sehr erschrickt, also, daß der Corporal, Weib und Bauren davon laufen. Herr Degenwert bleibt auf einer Ecken gar alleine stehen, um zu sehen, was der erzürnte Sausewind machen wil, der läuft mit eutblößetem Degen, rufend:
Sausewind. Pfui, pfui, wie verdreußt mich es doch von Grund meiner Seelen, daß mir der leichtfertiger Vogel, der ohnmächtige laus semper laus semper, Kaufmann., der nichtswürdige Junker von der Ellen, so liederlich entwischet ist; ich schwere ihm bei den diamantinen Augen meiner unvergleichlichen Göttinnen Rosemund, daß, wenn ich ihn hätte ertappet, ich wolte ihm die Spitze meines Degens im Herzen abgebrochen, und mit der Pistol den Kopf auf kleine Stücken haben zerschmettert. Ach, allersüßeste Rosemund, wie hastu es doch über dein liebreiches Herz können bringen, einem solchen elenden Bärenhäuter Audienz zu ertheilen? Ach Rosemund! Rosemund!
Degenwert. Glück zu, mein Herr Sausewind, was ist doch dem Herren widerfahren, daß er so gar schelig schelig, schellig, wild, zornig. und unmütig ist?
Sausewind (noch gar erzürnet). Ei, was solte mir widerfahren sein? Ich wolte, daß mich der Herr ungemolestiret ließe; der Kopf steht mir gleich itzt nicht darnach, daß ich mit dem einem oder anderen viel Parlirens solte machen. Zudeme: Tua, quod nihil refert, perconctari desinas, man lasse mich unperturdiret.
Degenwert. Eine schlechte Höflichkeit von einem solchen großen Kavallier, als der Herr sein wil! Wenn ich dasjenige nicht sol wissen, was ihme angelegen, so darf er es ja nur mit gute von sich sagen, und was habe ich auch seines Schnarchens viel nötig? Doch solchen Leuten, die unter dem Hute nicht wol verwahret sind, muß man oft viel Dinges zu gute halten.
Sausewind. Ma foy, Monsieur, wenn ich nicht gleich itzt müste weiter gehen, denjenigen Ehrendieb, der mir meine Seele zu stehlen sich hat unterstanden, mit diesen meinen ritterlichen Armen zu züchtigen, ich wolte ihme bald sagen, was das heiße, einem vaillanten Cavallier etwas zu gute halten, aber mein rechtmäßiger Eifer zwinget mich, den Räuber meines Lebens zu suchen; immittelst adieu, und er versichere sich, daß ich Sausewind heiße. (gehet zornig ab.)
Degenwert. Ist das nicht lächerlich, daß dieser elende Phantast so viel Pochens und Prahlens daher machet, und ist doch das allerverzagteste Geschöpfe, das unter dem Himmel kan gefunden werden! ( Junker Reinbart gehet auf.) Was mag doch dem Leimstängeler Leimstängler, verliebter Narr. dißmal im Kopfe ligen? Ich dörfte schier schweren, daß er aufs Neue wiederüm sei verliebet. Aber, siehe da, sein Kammerad, Junker Reinhart! Wo mag doch der hingedenken? (Er ruft ihm zu:) Wo hinaus, wo hinaus, Junker Reinhart?
Junker Reinhart. Ihme zu dienen, mein hochgeehrter Herr Obrister, ich wolte gerne zu meinem Kameraden Monsieur Sausewind gehen, denn derselbe in einer angelegenen Sache meines Beistandes begehret.
Degenwert. Ja, Monsieur Sausewind? Der ist gleich diese Stunde allhier fürüber gangen; der Kopf war ihme über alle Maße närrisch; er sagte ja von Degenspitzen im Herzen abzubrechen, von Köpfen zu zerschmetteren. Wer nun derselbe eigentlich sein möchte, welchen er dergestalt dräuete zu züchtigen, kan ich noch zur Zeit nicht wissen.
Junker Reinhart. Eben dieser Sache halber gehe ich gleich itzt zu ihme: er hat mich zu seinen Secunden Secunde, Secundant. erfodert, angesehen er bedacht ist, ein großes Unrecht, das man ihme hat erwiesen, zu revengiren.
Degenwert. Wer ist aber derjenige, der ihn so hoch beleidiget, und wodurch ist doch der gute Sausewind so bald in den Harnisch gejagt worden?
Junker Reinhart. Dieses wil ich meinem hochgeehrten H. Obristen kürzlich erzählen: Sausewind hat wiederüm eine neue Liebste, weiß nicht, ob es die sechste oder siebende Rosemund ist; von Geschlechte und Herkommen ist sie eines Altflickers oder Schuplätzers Tochter; in seinem Sinne aber hält er gänzlich dafür, sie sei von lauter Fürsten und Grafen entsprossen; ihre Hantierung ist, daß sie den Schiff- oder Botsleuten die Hemder wäschet und solchem Völklein bisweilen auch sonst andere Liebesdienste erweiset, wiewol er vorgibt, daß sie zu Hause nichts anders thue, als Bücher lesen, Bücher schreiben, Lieder machen, Gedichte aufsetzen; außerhalb Hauses aber fahre sie zu Winterszeiten in Schlitten und Karreten, des Sommers in Luftschiffen auf den anmutigsten Seen und Flüssen spaziren und halte sich weit prächtiger als viele andere reiche und fürnehme Prinzessinnen. In diese gute Wäscherin nun ist unser Ritter sehr heftig verliebet. Es hat sich aber vorgestriges Tages zugetragen, daß, wie er ganz unversehener Weise zu seiner Göttinnen in ihren Keller kommen (denn ihre Wohnstatt hat sie unter eines fürnehmen Bürgers Hause), deroselben unterthänigst aufzuwarten, er einen Ladenjungen bei ihr gefunden, der sie freundlich in den Armen gehalten, und aufs beste er nur gekönt, hat geherzet und geküsset, worüber denn unser Sausewind dergestalt ist entrüstet worden, daß, wenn ihme der Ladenjunge nicht wäre entsprungen, er demselben eine rechtschaffene, gute Ohrfeige hätte zugestellet. Dieweil aber mehrgedachter unser Herr Sausewind unge revengiret nicht zu leben begehret, als hat er vielerwähnten Ladenjungen lassen vor die Klinge foderen, der sich auch resolviret hat, ihme zu kommen; und demnach zu befahren, daß derselbe noch wol etliche mehr von seiner Burs Burs, Genossen. mit sich bringen werde, so hat Herr Sausewind von mir, als seinem itzigen Kammeraden, freundlichst begehret, daß ich ihm eine Secunde geben und mich dieser Sache ernstlich mit wolle annehmen, welches zu thun ich ihm auch gestriges Tages mündlich habe versprochen.
Degenwert. Das habe ich ja leicht können gedenken, daß der Narrenkopf abermal verliebt wäre, und zwar in eine solche, derergleichen er unterschiedliche für diesem gehabt, welche gleichwol in seinem Sinne lauter Prinzessinnen, Gräfinnen oder zum weinigsten Freifräulein müssen heißen, unangesehen sie entweder gar nicht in der Welt zu finden, oder doch zum höhesten nur armselige Waschmägde, Misthämmele und Küchenratzen sind. Wundert mich demnach von euch sehr hoch, Junker Reinhart, daß ihr, der ihr doch sonst fast allenthalben in der Welt, sonderlich aber bei Hofe in gar gutem Ansehende und Ruf seid, euch des Sausewindes seiner groben Narrenpossen möget theilhaft machen, wodurch ihr endlich notwendig nebenst ihm in die äußerste Verachtung müsset geraten.
Junker Reinhart. Ich bekenne es, hochgeneigter H. Obrister, daß die Ehre, welche ich von seiner Conversation habe, schlecht genug ist; daß ich aber gleichwol zu Zeiten mit ihme ümme gehe, thue ich einzig und allein darüm, daß ich nur mir? etwas Lust und Kurzweil mit ihme könne machen. So weiß auch ja mein Herr wol, daß ich ihn nur eine gar kurze Zeit habe gekennet, nemllich diejenige Zeit, so er in Frankreich hat zugebracht, welche sich gleichwol nit einmal drei ganzer Monate beläuft, wiewol er sonst viel von Frankreich pfleget zu prahlen, worinnen er doch kein ganzes Viertel Jahrs hat gelebet, wie er denn auch nicht fünf Worte Französisch recht weiß zu reden.
Degenwert. Wahr ist es, Herr Reinhart, es ist noch nicht so gar lange, daß ihr diesen verliebten Narren habt gekennet; ihr wisset auch noch zur Zeit nicht recht, was hinder ihm stecket; ich aber kenne ihn so gründlich, daß ich mich gänzlich versichert halte, es lebe kein Mensch unter der Sonnen, der seine Beschaffenheiten eigentlicher, als eben ich, könne oder wisse zu beschreiben, denn ich schon über die sechszehen Jahre seine närrische Händel und Verrichtungen habe gesehen und erfahren.
Junker Reinhart. Könte ich die Ehre haben, hochgebietender H. Obrister, etwas weiteren Bericht von vielgedachten unseres Sausewindes fürtreflichen Qualitäten zu vernehmen, solte es mir gar sehr lieb sein, denn ich gerne wissen möchte, ob er denn ein solcher gelehrter, verständiger, geschickter Kavallier sei, als er von sich selber pflegt zu rühmen.
Degenwert. Ich diene euch dieses Falles gerne, mein Herr Reinhart, und berichte euch demnach kürzlich, daß dieser unser Sausewind so voller Eitelkeiten stecket, daß es groß Wunder ist, wie es doch müglich, daß er für seinen eingebildeten Stolz und Ehrgeiz nicht gar von einander berstet. Der hoffärtige Phantast schämet sich seines Herkommens, seiner Eltern und Verwandten, bisweilen verläugnet oder ändert er den Namen seines Geschlechtes, wie er denn einsmalen mit einem Edelmann (seinem Fürgeben nach) beim Trunke Brüderschaft gemachet und alsofort desselbigen Zunamen an sich genommen. Als ihme nun nach der Zeit verweislich ward fürgehalten, er wäre ja von keinem adelichen Geschlecht entsprossen, könte auch nimmermehr beweisen, daß ihm der römische Kaiser den Adel, Schild und Helm hätte gegeben; warum er denn diesen Namen angenommen? gab er ganz ernstlich zur Antwort: dieweil ihn dieser Edelmann für seinen Dutzbruder erkennete, als wolte er sich auch desselben Zunamens hinfüro gebrauchen, und damit er ja den Geck rechtschaffen sehen ließe, so hat er für sich selber ein Wapen erdacht, fast wie jenes Bauren Sohn in Holland, der ihm auch selber ein Wapen gab, welches er in vier Felder hatte abgetheilet und Löwen, Greiffen, Adler und Elephanten hinein gesetzet, ja sogar das güldene Flüß unten daran gehänget, und sich hernach gerühmet, daß es seine eigene Erfindung wäre. Eben also hat es auch unser Herr Sausewind gemachet, indem er aus seinen eigenen Eulen- oder Tauben-Gehirn ein neues Wapen erdichtet und einen offenen Helm darauf zu setzen sich selber erlaubet. Bei diesen unerhörten Eitelkeiten hat er es nicht lassen bewenden, sondern noch ferner fürgeben, er seie auch ein Ritter; hat sich durch öffentlichen Druck in seinen Büchern (welche er von andern auszuschreiben und hernach für seine Arbeit auszugeben, sehr geschicket ist) Equitem strenuum et nobilissimum, einen hochedlen und gestrengen Ritter, selber genennet, kan aber kein Mensch erfahren, wer ihn doch zum Ritter habe geschlagen, ob es etwan der König in China, oder der große Mogul, oder der in Japon gethan habe, denn in der Christenheit weiß traun Niemand von solchem seinem Ritterorden zu sagen, als er allein; wie er sich denn auch selber gar hochmütige Vers und Gedichte zu Ehren pflegt zu machen, und hernach Namen darunter setzet solcher Leute, welche vielleicht niemals in dieser Welt sind gesehen worden.
Junker Reinhart. Ei behüte mich mein Gott, Herr Obrister, was höre ich doch von diesem Grillenfänger wunderliche Händel! Ich habe vermeinet, daß der Kerl vielleicht was sonderliches hätte studieret; aus meines Herren Obristen Relation aber vernehme ich, daß in der Welt kein größer Phantast, als er, sei zu finden.
Degenwert. Dieses ist noch nichtes, was ich euch von ihme habe erzählet; hätte ich Zeit, ihr soltet Wunder über Wunder hören von seinem unaussprechlichen Ehrgeize und selbst eingebildeter Geschicklichkeit, ja auch von seiner Tummkühnheit, angesehen er sich nicht scheuet, anderer gelehrten Leute Arbeit für seine eigene auszugeben; darf wol, wenn ein anderer ehrlicher Mann, aus gewissen, ihme absonderlich bekanten Ursachen, ein Büchlein ohne Vorsetzung seines Namens in offenen Druck herausgibet, seinen, Sausewindes Namen dafür setzen, oder in Kupfer stechen lassen, maßen ich solches mit meinem eigenen kan beweisen. Ferner so rühmet er sich auch unterschiedlicher Sprachen Wissenschaft, und kan nährlich nährlich, kaum. verständlich Teutsch reden, ja, wenn er das Ausschreiben nicht gelernet hätte, so wäre er der elendeste Hümpler Hümpler, Stümper. unter dem Himmel. Was soll ich aber von seinen erdichteten oder im Traume abgebildeten Schäferinnen, in welche er sich fast alle Tage aufs Neue verliebet, viel sagen? Da wäre allein ein ganzes Buch von zu schreiben. Man findet zwar auch unter gelehrten Leuten und berühmten Poeten etliche, welche allerhand erdichtete Namen den Schäferinnen kunstzierlich aufzuführen und deroselben lobwürdige herliche Eigenschaften gar artig zu beschreiben sich haben belieben lassen; aber so närrisch sind sie nicht, daß sie dieselben in der Wahrheit für fürstliche, gräfliche und andere hohen Standes Personen erkennen, oder ausgeben, ja sich öffentlich rühmen solten, daß sie von denselbigen herzinniglich geliebet, mit beweglichen Schreiben ersuchet, und mit herlichen Geschenken würden beseliget. Dieser unser Sausewind aber, aller Hasen Großvater, bildet ihm solche Personen für, die niemals in dieser Welt gewesen, auch in Ewigkeit nicht darein kommen werden. Die eine nennet er Liebewitz, die andere Perlestirn, die dritte Rosemund, und wie die Waschmägde alle mehr heißen; welches man zwar alles könte hingehen lassen, wenn er nur nicht so tummkühne wäre und sich unterstünde die Leute zu überreden, es wären diese Nimfen wahrhaftig lauter hohen Standes Personen, hätten übertrefflich wol studieret, schrieben allerhand anmutige Gedichte (welches zu beglauben er selber bisweilen etwas machet und unter diesen erdichteten Namen lässet heraus kommen.) Sie hielten sich gar prächtig, führen in stattlichen Carreten, hielten ihre Diener, Pagen und Lakeien, wollen aber noch zur Zeit sich niemand anders als ihme alleine zu erkennen geben, demnach sie sich so gar heftig in ihn hätten verliebet. Es sind fürnehme und verständige Leute gewesen, welche, nachdeme sie diesem seinem Vorgeben anfänglich Glauben zugestellet, nach der Hand aber demselbigen ernstlich nachgeforschet, zuletzt klärlich haben befunden, daß alles schändlich von ihme erdichtet und erlogen. Wenn er nun deswegen zur Rede gestellet worden, hat er berichtet, daß die von ihme besagten und gepriesene fürnehme Weibespersonen zwar in der Welt und seine Liebsten gewesen, aber unlängst zu seinem großen Herzleid verstorben wären, womit er denn eine Lügen durch die andere hat abgelegt und zum Theil beschlossen. Sonsten bildet er sich festiglichen ein, sobald nur ein Weibesbild ihn einmal ersiehet, müsse sie sich augenblicklich in ihn verlieben, gestalt er denn mir selber einsmalen hat erzählet, daß er auf einer Reise, welche zu thun er Fürhabens wäre, die Hofstadt einer fürnehmen Fürstinnen (welcher Herr dazumal noch lebete) notwendig auf diesesmal müste vorbei gehen, also, daß er seinen unterthänigsten Gruß bei derselben nicht könte ablegen, dieweil er eigentlich wüste, daß hochgedachte Fürstin gar zu sehr in ihn verliebet wäre. Und als ich ihn ferner befragte: ob er denn mit hochbemeldter Fürstin vor diesem geredet und solcher ihrer Liebe wahrgenommen hätte, gab er mir zur Antwort: daß er zwar noch zur Zeit nicht mit ihr geredet hätte, dieses aber wäre gar gewiß, daß sie ihn einsmalen von ferne im Garten hätte ersehen, da denn diese überaus schöne Fürstinne, nachdem sie von dem Gärtner (von welchem er auch diese Nachricht hätte) verstanden, daß er der Herr Sausewind wäre, gar freundlich hätte gelachet, woraus er bald vermerket, daß sie schon heftig gegen ihn wäre verliebet. Sind mir aber das nicht schöne Possen, dergleichen mir doch fast unzählich von ihme wissend sind? Unlängst hat er gar hoch betheuret, daß ihm zween treffliche Heiraten vorstünden: eine zwar mit einer adelichen Damen, derer Brautschatz sich auf vier Tonnen Goldes beliefe; die andere wäre fürstliches Standes, würde ihme aber nicht viel mehr als nur eine Tonne Goldes zubringen. Jedoch hätte er zu dieser letzten, als einem überaus schönen Fräulein, die beste Lust, wäre ihme auch mehr an dem hohen fürstlichen Ehrenstande als dem gar großen Reichtums gelegen. In Summa, ich solle nun bald sehen (sagte er mir unter die Augen), wie er mit sechs Pferden fahren, einen Haufen Diener und Lakeien halten, ja dermaßen stattlich wolte aufgezogen kommen, daß ich mit Verwunderung würde sagen: ist das unser Herr Sausewind? Denn, sprach er, der eine Fürst begehret, mich für seinen Residenten zu bestellen, der ander wil mich für einen geheimen Rat, der dritte zu seinem Canzler annehmen; weiß bald selber nicht, welchem unter ihnen ich am ersten sol zu Willen werden. Ei, gedachte ich bei mir selbst, du elender Dorfteufel, woltest du fürstliche Personen heiraten, und ist wol keine Kuchen-Magd, die dein begehret; woltest du ein fürstlicher Resident oder Rat werden, und bist nicht tüchtig, der geringste Schulmeister zu sein? Woltest du mit Karreten fahren, Pagen und Lakeien halten, und hast nicht so viel Mittel, daß du einem einzigen Jungen kanst zu fressen geben? Du magst wol der größeste Aufschneider heißen, der im ganzen Römischen Reiche zu finden!
Junker Reinhart. Fürwahr, hochgeehrter Herr Obrister, ich muß mich schier zu Tode verwundern, über dieses Menschen erschröckliche Lügen, am allermeisten aber über seine unverschämte Stirne, daß er verständigen Leuten, die Gehirn im Kopfe haben, solche unglaubliche Sachen, ja rechte Kinderpossen mag fürbringen?
Degenwert. Und eben das ist es auch, das mich so heftig auf ihn verdreußt, worzu noch dieses komt, daß er gelehrte, fürtreffliche und berühmte Leute, ja solche Männer, denen er die Schuhe zu putzen nicht einmal würdig ist, hinter ihrem Rücken verleumderischer Weise schmähet und beschimpfet, welche ihme doch manches mal das Wort geredet, ja zu der Zeit, als er recht natürlich wie ein Bettler und Landstreicher zu ihnen kommen, alle Liebe und Freundschaft haben erwiesen. Ich schwöre es ihm aber bei meiner Ehre, daß, im Falle ich erfahre, daß er redliche Leute hinfüro nur mit dem geringsten Worte, heimlich oder öffentlich, zu schmähen oder zu beschimpfen sich wird unterstehen, ich sein ganzes Leben und die darin geführten unerhörten, mir wol bewusten Händelchen, erschröckliche Lügen und grobe Unwissenheit in einem öffentlichen Buch, der Teutsche Aufschneider genant, der ganzen ehrbaren Welt dergestalt wil kund machen, auch das größeste Theil derselben mit seinen gar vielen und andern eigenhändigen Briefen so klärlich beweisen, daß auch die Kinder auf der Gassen davon sollen zu sagen wissen, und er für einen viel größern Phantasten als der spanische Don Kichote, oder der französische Berger Extravagant, zu teutsch der närrische Schäfer, sol gehalten und durch unser ganzes teutsches Reich ausgerufen werden.
Junker Reinhart. Warlich, mein Herr Obrister, dieses Verfahren wäre auch des ungestreiften Hasen rechter Lohn, und kan ich nicht vorbei, ihm mit dem ehesten einen artigen Possen zu machen, dessen denn mein Herr Obrister genug wird zu lachen haben.
Degenwert. Wolan, Junker Reinhart, thut euer Bestes, es sol mir nicht zuwider sein; Narren muß man mit Kolben lausen; vielleicht möchte der Phantaste klug und zu besseren Gedanken dadurch gebracht werden. Ich muß mich aber hinein machen, um zu sehen, wie doch unser Feldherr Mars seine Sachen ferner anstellen, und was es endlich mit dem Friedensschlusse für einen Ausgang werde nehmen.
Junker Reinhart. Wol, H. Obrister, eben das bin ich auch zu thun gesinnet, und erkenne ich mich verpflichtet, unserem gebietenden Herrn Generalissimo unterthänigst aufzuwarten, wie ich denn auch versichert bin, daß derselbe nach unserer beiderseits Ankunft ein sonderliches Verlangen wird haben und tragen. (Sie gehen beide ab, und wird darauf die Musik, so gut man sie immer kan haben, angestellet.)
Ende der ersten Handlung.
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