Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Bevor die Geschichte der Kirchenversammlung von Lyon erzählt werden kann, muß von den Mongolen, dem lateinischen Kaiserthume, dem heiligen Lande und den Chowaresmiern die Rede seyn, weil die Angelegenheiten dieser Staaten und Völker ebenfalls mehr oder weniger ein Gegenstand der Berathung wurden.
I) Durch die Schlachten bei Liegnitz und an der Donau waren die Mongolen zwar von Deutschlands Gränzen zurückgewiesen und durch den Tod ihres Großkhans Oktai zum Theil auch aus Ungern abgerufen worden: allein noch immer blieben sie den europäischen Christenstaaten gefährlich, trugen zu den Unfällen des heiligen Landes bei, und veranlaßten die gerechte Furcht, daß man keinen Augenblick vor neuen Überfällen ihrer Horden sicher sey. Deshalb forderte der Kaiser zu ernsten Maaßregeln auf, und Innocenz bewilligte jedem wider sie fechtenden Krieger die Vorrechte anderer KreuzfahrerPetr. Vin. I, 11. Rayn. zu 1243, §. 36; zu 1244, §. 1. Corner 892. Guil. Nang. 349. Ramnus. 226.. Gleichzeitig schickte er Bettelmönche ab, um den Khan zum Christenthume zu bekehren. Statt dessen erklärte dieser: »Gott habe ihm und den seinen aufgetragen, die verderbtesten Völker auszurotten. Der Papst 144 1240 solle kommen und sich ihm, bei Vermeidung des Krieges, als Herrn der Erde unterwerfen; der Kaiser solle seine Länder überantworten und eine Stelle am mongolischen Hofe erhalten.« Scherzend sagte Kaiser Friedrich bei dieser Veranlassung: »er wisse gut mit Vögeln Bescheid und passe zum Falkenwärter des Khans.«
Das Schicksal jener Bettelmönche war, obgleich sie ihren Zweck nicht erreichten, doch günstiger, als das einiger griechischen und syrischen Mönche, welche mit heiligen Kreuzen, Wachslichtern und Weihwasser ebenfalls zu mongolischen Scharen gingen und ihnen ähnliche Anträge machten, aber sogleich auf Befehl eines Anführers verbrannt wurden, weil er ihnen, wie er mit frevelhaftem Spotte hinzufügte, keine größere Gnade erzeigen könne, als wenn er sie eiligst ihrem Gott übersendeAlberic. 567 zu 1238..
II) Das lateinische Kaiserthum hatte zwar, durch die breite Niederdonau und das Gebirge Hämus geschützt, nichts von den Anfällen der Mongolen gelitten; befand sich aber dennoch in der jämmerlichsten LageSiehe Band III, S. 388–391 und Band IV, S. 5.. Die Schwierigkeit, welche Balduin II im Jahre 1238 fand, Kreuzfahrer nach Konstantinopel zu führen, erhöhte mittelbar die Noth so sehr, daß ohne den Beistand der Venetianer und des Fürsten von Achaia und Morea, Gottfrieds von Villeharduin, das ganze Reich wohl eine Beute des Vatatzes und des Bulgaren Asan geworden wäreGuil. Nang. zu 1239. Histor. suscept. coronae spineae Jesu Christi 409. Du Fresne IV, 11-20. Vie de S. Louis mscr. in Bern No. 191, fol. 7.. Selbst das Kostbarste, was man besaß, nämlich einen Theil des heiligen Kreuzes, das Eisen der heiligen Lanze, den Schwamm der mit Essig war getränkt worden, und die Dornenkrone Jesu Christi verpfändete man jetzt an die Venetianer; und Ludwig IX welcher viel frömmer war, als diese, zahlte ihnen nicht bloß den Pfandschilling zurück, sondern gab außerdem noch große 145 Summen an Kaiser Balduin, um den eigenthümlichen Besitz jener Heiligthümer zu erhalten. Mit den höchsten Feierlichkeiten wurden sie in Paris eingeholt und an geweihten Stellen niedergelegt. Jene Gelder reichten aber so wenig als päpstliche Aufforderungen hin, zahlreiche Mannschaft für die Rettung des lateinischen Kaiserthums in Bewegung zu setzen; ja viele äußerten: die Meinung, daß man Palästina nicht anders, als durch Hülfe jenes Reichs sichern könne, sey falsch, und die dadurch herbeigeführte Zerstreuung der abendländischen Kräfte sey strafwürdig. Erst nachdem Balduin im Frühjahre 1239 manche seiner erblichen und Lehns-Besitzungen verkauft oder verpfändet hatteMiraei op. dipl. I, 513, Urk. 99., konnte er eine etwas zahlreichere Begleitung werben, und durch Ungern und Bulgarien nach Konstantinopel ziehen. Er wurde daselbst im December 1239 gekrönt.
Noch mehr als die neuen Ankömmlinge und der Beistand der Kumanen, würden dem Kaiser die zwischen Vatatzes und den übrigen Komnenen ausgebrochenen Zwistigkeiten genützt haben; wenn nicht in seinem eigenen Reiche gleich verderbliche Fehden zwischen Griechen und Lateinern, zwischen fränkischen Edeln und der römisch-katholischen Geistlichkeit ausgebrochen wärenConcil. XIV, 14. Reg. Honor. III, Jahr VI. Urk. 273. Der Fürst von Achaia wurde gebannt, weil er den Rechten der Geistlichkeit zu nahe trat, und so geschah es öfter.. Dem angeblichen Staate fehlte ein Volk, und bald sah man ihn nochmals so auf die Hauptstadt beschränkt, daß nur die Kühnern sich vor die Thore wagten, und die Besorgteren, aus Furcht vor einer Belagerung davonsegelten! Der Sultan Kaikosru von Ikonium, dessen Beistand Balduin gegen Vatatzes suchte, willigte zwar zu großer Freude in ein Angriffs- und Vertheidigungs-BündnißEpist. Bald. in Duchesne V, 424, zu 1243. Deguign. II, 367., konnte sich indeß selbst der Mongolen kaum erwehren und fügte eine Bedingung hinzu, über 146 welche Balduin der Königinn Blanka von Frankreich folgendes schrieb: »Sultan Kaikosru, der Sohn einer christlichen Griechinn, verlangt eine unserer Verwandten zur Gemahlinn, welche aber ihre Kirche, Priester, Religionsübung u. s. w. ungestört behalten soll. Auch will er nach abgeschlossener Heirath alle Christen seines Reichs dem Patriarchen von Konstantinopel unterwerfen, und macht sogar Hoffnung, er werde sich selbst bekehren. Wir bitten euch daher, daß ihr unsere Schwester Elisabeth und ihren Mann Odo von Montaigu beweget, eine von ihren Töchtern für den Sultan hieher zu senden.« Ehe jedoch dieser ernstliche oder täuschende Vorschlag ausgeführt wurde, mußte Balduin, von der allerhöchsten Noth bedrängt, zu Friedrich II nach Italien eilen, welcher auch durch seinen Einfluß bei Vatatzes, dem lateinischen Kaiserthume auf ein Jahr lang Frieden verschaffteRayn. zu 1243, §. 45; 1244, §. 15.. Vergeblich suchte der dankbare Balduin hierauf seinerseits den Papst zur Aussöhnung mit Friedrich zu vermögen, und begab sich jetzt nach Lyon, in der Hoffnung, daß die Kirchenversammlung etwas Erhebliches für die katholische Kirche in Griechenland, mittelbar also auch für ihn thun werde.
III) Nicht minder bedurfte Palästina der nachdrücklichsten Hülfe. Kaum hatte Kaiser Friedrich jenes Land verlassen, als sich die Barone, wie wir sahen, den Anordnungen seines Statthalters widersetzten und laute Beschwerden beim Papste erhoben. Weil dieser jedoch damals mit dem Kaiser in freundlichen Verhältnissen stand, so vermittelte er einen Frieden und wies die Barone zum Gehorsam an. Hiemit waren diese sehr unzufrieden, behaupteten, daß ihre Gesandten die ihnen ertheilte Vollmacht überschritten hätten, und stellten mancherlei Gründe für ihre abweichende Ansicht auf; welche, gleich den beigefügten Geschenken, wohl weniger Eindruck auf den Papst gemacht hätten, wenn er nicht um diese Zeit mit dem Kaiser aus andern Gründen in 147 neuen Streit gerathen wäre. Gregors Erklärung, er habe jenem Frieden nur in der Voraussetzung beigestimmt, daß die Vollmacht der Gesandten dafür gelautet habeGuil. Tyr. 715, 718. Sanut. 215. Rayn. zu 1235, §. 42. Math. Par. 351., schloß mittelbar eine Aufhebung des Festgestellten in sich; auch kam es in Palästina sogleich zu neuen Fehden, und der kaiserliche Marschall Richard Filangieri wurde bald außer Stand gesetzt, die Ansprüche seines Herrn mit Nachdrucke geltend zu machenRegest. Fr. II, 326.. Die meisten sahen in jeder Ausübung der königlichen Macht nicht bloß etwas Entbehrliches, sondern eine unerträgliche Beschränkung ihrer eigenen Freiheit; und wenn an die Stelle jenes äußeren Mittelpunkts nur innere Einheit getreten wäre, so ließe sich jene Ansicht, wenn auch nicht rechtfertigen, doch entschuldigen. Allein jeder Baron, jeder Orden, jeder Prälat behielt nur seinen eigenen, nie den gemeinsamen Vortheil im Auge; und dieser Mangel an Kraft, Würde und Einheit der Gesinnung zersplitterte und zerstörte die ohnehin schwache Kriegsmacht fast ganz. Die Patriarchen stritten sich über die Gränzen ihrer SprengelReg. Greg. IX, J. VIII, Urk. 166., während ihnen ein Theil nach dem andern durch die Muhamedaner unzugänglich gemacht wurde; die großen Orden verloren durch Wechselneid alle Haltung, und durch Sittenlosigkeit und Üppigkeit der mannigfachsten Art, auch die Achtung der christlichen WeltRayn. zu 1237, §. 31–33.. An Kirchenordnung und Kirchenzucht kehrten sie sich gar nicht mehr, und es wurde Regel, daß Johanniter und Templer zu entgegengesetzten Parteien gehörten, nachdem sie die von beiden gleichmäßig gehaßten deutschen Ritter verdrängt hatten.
Bei diesen Verhältnissen wäre (da Gregors Aufforderungen zu einem neuen KreuzzugeRayn. zu 1235, §. 49. Gregors Aufforderung an 22 deutsche Fürsten bei Schöpfl. hist. Zar. Bad. V, 197. ohne allen erheblichen Erfolg 148 blieben) das ganze Morgenland schon in diesen Jahren verloren gegangen, wenn nicht auch unter den Nachkommen Saladins und Adels böser Zwist fortgedauert hätte. Und als 1236 David von Aleppo, 1237 Aschraf von Damaskus und im März 1238 Kamel von Ägypten starbAbulfeda, Marai, z. d. J., schienen sich die auswärtigen Angelegenheiten für die Christen noch günstiger zu gestalten. Insbesondere war Kamel, der treue Freund Kaiser Friedrichs II, ein Fürst von hohem Sinn und großer Thätigkeit, der Ägypten durch Maaßregeln und Verbesserungen aller Art erstaunlich hob, und über Staatsangelegenheiten nie der Wissenschaft und der Gelehrten vergaßAlberic. 570. Schreiben des Großmeisters der Tempelherrn. Deguign. Einleit. 500.. Sein unfähiger und unwissender Sohn Adel Abubekr wurde hingegen nach anderthalb Jahren abgesetzt, und Saleh, der jüngere Bruder, als Beherrscher Ägyptens anerkannt. Ungeachtet dieser, die Saracenen schwächenden Ereignisse, glaubten die morgenländischen Christen, sie müßten sich bis zur Ankunft abendländischer Hülfe ruhig verhalten; und hiezu eröffnete sich unerwartet eine günstige Aussicht.
Im August 1239 nahmen das Kreuz der König Theobald von Navarra, die Grafen von Champagne, Bretagne, Nevers, Bar, Montfort u. a. m.Alberic. 572. Guil. Tyr. 720. Rich. S. Germ. 1043. Math. Par. 347.. Bei Lyon, dem allgemeinen Versammlungsorte, empfingen sie aber zu ihrem Erstaunen eine Bulle des Papstes, welche sich aus dessen Zwist mit dem Kaiser gründete und befahl, daß alle in ihre Heimath zurückkehren, oder bei Verlust aller kirchlichen Vergünstigungen, bis zum nächsten Frühjahre warten sollten. Höflicher schrieb der Kaiser, zeigte, warum er jetzt unmöglich selbst am Kreuzzuge Theil nehmen könne, und warnte vor vereinzelten und übereilten Unternehmungen. Die 149 {1239} Kreuzfahrer aber sprachen: »hat uns der Papst nicht seit langer Zeit, Jahr und Tag und Ort des Aufbruchs bestimmt? Und jetzt, nachdem wir Waffen, Lebensmittel und alles Nöthige angeschafft, unser Habe und Gut verpfändet oder verkauft, von unsern Freunden Abschied genommen, unsere Überkunft verkündigt und einen Theil des Weges schon zurückgelegt haben, jetzt ändert unser angeblicher Führer und Hirte plötzlich seine Sprache und verhindert den heiligen Zug!« Diese von allen ausgesprochenen Vorwürfe konnten indeß ihre betrübte Lage nicht bessern, oder sie zu einem gemeinsamen Entschlusse bringen. Manche kehrten um, andere zogen nach Marseille, noch andere nach Brundusium oder nach Sicilien. Die letzten unterstützte der Kaiser und erlaubte ihnen Wein, Lebensmittel und andere Bedürfnisse aufzukaufenReg. Frid. II, 313 widerlegt die Beschuldigung des Math. Par. 350: daß der Kaiser ihnen keine Lebensmittel u. dgl. habe verabfolgen lassen.. Nach ihrer Ankunft in Syrien brachen die Pilger, seiner und der Tempelherren Warnung uneingedenk, den Waffenstillstand und zogen in übermäßigem Selbstvertrauen und in vereinzelten Abtheilungen von Joppe nach Askalon. Hier wurden sie von den durch Kundschafter wohl unterrichteten Türken am 13ten November 1239 überfallen, geschlagen, viele getödtet, und die Grafen von Bar, von Montfort und mehre andere gefangenGuil. Nang. 334. Vie de S. Louis msc. No. 191, fol. 8. Reg. Frid. 324. Baluz. misc. I, 229.. Die Templer und ein Theil der Pilger verbündeten sich hierauf mit dem Sultane von Damaskus gegen den Sultan von ÄgyptenIperius 720. Salisb. chr. zu 1239. Fundgruben V, 152.; die Johanniter und die übrigen Pilger aber mit dem letzten Sultan, gegen den ersten. Jerusalem fiel nach eilfjährigem Besitze wieder in die Hände der Türken, und nur den Thurm Davids vertheidigten kaiserliche Söldner gegen die feindliche Übermacht. In dieser Noth erneuerte Alisia von Cypern, 150 {1239} die Tochter der ehemaligen Königinn Isabelle, ihre Ansprüche auf das jerusalemische Reich, und heirathete den Grafen Rudolf von Soissons, welchem die Barone auch die Verwaltung, jedoch mit Vorbehalt der Rechte Konrads IV übertrugen. Aber bald sah der Graf ein, daß er nur ganz nichtige Ansprüche erworben habe und jeder, unbekümmert um ihn, thue was er wolleDandolo 352. Guil. Tyr. 724. Sanut. 216. Math. Par. 367.; deshalb verließ er sein Weib und sein nirgends wirklich vorhandenes Reich, und kehrte in seine Heimath zurück.
Ein Jahr nach dem Könige von Navarra, im Herbste 1240, landete Graf Richard von Kornwall, reichlich mit Geld und Mannschaft versehen, in Syrien. Weil es ihm aber unmöglich wurde, die großen Orden zu versöhnen, so mußte er es für ein Glück halten, daß der von andern Seiten auch bedrängte Sultan von Ägypten einen Waffenstillstand bewilligteMath. Par. 384, 390. Wickes zu 1240. Alberic. 577. Waverl. ann. u. Trivet zu 1241., wonach Jerusalem und manche andere am Pilgerwege liegende Orte zurückgegeben, die meisten christlichen Gefangenen aus der Haft befreit, und dem Grafen Zeit gelassen wurde Askalon ungestört zu befestigen. Diese Stadt übergab er vor seiner Abreise nicht einem der beiden Orden, sondern den Bevollmächtigten des Kaisers; welche indeß hiedurch wenig gewannen, weil Balian von Ibelym und Philipp von Montfort sie bald nachher aus Askalon vertrieben. So schwächten sich die Christen untereinander, bis alle unerwartet durch eine neue furchtbare Gefahr aufgeschreckt wurden.
Die ChowaresmierDeguign. II, 613., welche nach dem Tode ihres Sultans Dschelaleddin aufs neue durch die Mongolen bedrängt wurden, zogen mit Weibern, Kindern und Heerden nach dem vordern Asien, und wurden vom ägyptischen Sultane Saleh, welcher bemerkte, daß die Christen sich immer mehr an seinen Gegner den Sultan Ismael von Damaskus 151 {1244} anschlossen, durch Geschenke und Versprechungen zum Kriege wider beide vermocht. Unaufgehalten drangen sie, ihren Weg durch die ärgsten Verwüstungen bezeichnend, bis Jerusalem vorMemor. Reg. 1113. Guil. Nang. gest.392, u. Chron. zu 1244. Vincent. spec. XXXI, 1. Salisb. chr. zu 1244. Guil. Tyr. 728. Math. Par. 420, 428. Sanut. 209, 217., eroberten am 17ten September 1244 die Stadt, raubten alle Güter, plünderten die Auferstehungskirche, zerstörten das heilige Grab, öffneten die Königsgräber und warfen die Gebeine ins FeuerIbn Alatsyr 550. Die Christen waren damals im Besitze des Tempels. Ebend. 549.. Wer nicht als Sklave oder Sklavinn brauchbar erschien, ward ohne Mitleid niedergehauen, wobei die Frevler der Unglücklichen noch spotteten, indem sie sprachen: »es ist billig, daß das Blut derer vergossen werde, welche hier so oft Wein zu Ehren eines Gottes vergießen, der am Kreuze gehangen hat.« – Zu spät vereinigten sich die Christen bei Gaza mit den Sultanen Ismael von Damaskus und Ibrahim von Emesa. Der vorsichtigere Rath, man solle eine Schlacht mit den der Zahl nach überlegenen Feinden vermeiden und abwarten, daß der Hunger sie zum Rückzuge zwinge, wurde verworfen: am 18ten Oktober 1244 (um die Zeit, wo Innocenz IV von Genua nach Lyon reisete) kam es zu einer Schlacht, in welcher die Verbündeten gänzlich besiegt und angeblich 312 Templer, 325 Johanniter, ja an 16,000 christliche und muhamedanische Krieger getödtet wurdenMath. Paris 461, 468, 471, 473. Barthol. ann. Petr. Vin. I, 28. Rayn. zu 1244, §. 1.. Nur dreiunddreißig Templer, sechsundzwanzig Johanniter und drei deutsche Ritter entkamen; beide Großmeister, der Erzbischof von Tyrus, der Bischof von Rama und viele der ausgezeichnetsten Edeln gehörten zu den Erschlagenen. Den Gefangenen, welche nach Ägypten gebracht wurden, warf der Sultan vor: »sie hätten den Waffenstillstand treulos 152 {1244} gebrochen, treulos gehandelt gegen ihren Kaiser, ihre Gelübde übertreten und an dem, wechselseitige Liebe gebietenden, Evangelium gefrevelt. Nur das Vorwort ihres Herrn, des Kaisers, den er ehre und liebe, könne ihn geneigt machen auf ihre Wünsche Rücksicht zu nehmen.« – Ein solches Vorwort mochten und konnten aber die Ritter wohl nicht erhaltenSalimbeni 341.; sie mußten wahrscheinlich, gleich den übrigen Gefangenen, schwere Arbeiten verrichten, bei Festungsbauen helfen und sich täglich mit drei kleinen Broten begnügen. Doch erlaubte der Sultan, daß Minoriten nach Ägypten kamen, die Unglücklichen so viel als möglich aus abendländischen Beiträgen unterstützten, und durch Lehren und Ermahnungen trösteten. Manche zogen indeß den kürzern Weg, ihre äußere Lage zu verbessern, vor und nahmen den muhamedanischen Glauben an.
Während dies Elend die südlichen Besitzungen der Christen traf, verlangten die auch hieher vorgedrungenen Mongolen von dem Fürsten von Antiochien: er solle alles vorhandene Gold und Silber aushändigen, alle Burgen und die Mauern aller Städte niederreißen, und 3000 Jungfrauen abliefernMath. Par. 438.. Ehe aber diese Forderungen erfüllt, oder mit Nachdruck verweigert werden konnten, kehrten die mit Gewalt von Ägypten abgehaltenen Chowaresmier zurück, und verwüsteten nochmals Palästina und Syrien, bis sie durch die Folgen ihrer eigenen Frevel gezwungen wurden sich aufzulösen und zu zerstreuenWiderstand, Hunger, Krankheit u. s. w. wirkten so, daß sie allmählich ganz verschwinden. Haithou c. 15.. 153