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Gerichts-Anekdoten

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Wohl überlegte Antwort eines Diebes.

1. Ein Dieb wurde im Zuchthause vom Aktuarius gefragt, weßhalb er hier sei. Der sonst sehr gebildete Dieb antwortete: »Ich bin nur hier, weil mich Mutter Natur mit einem zu sehr um sich greifenden Fassungsvermögen ausgestattet hat.

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2. Als einst ein vorlauter Amtsauditeur im Gericht durch ein fortgesetztes lärmendes Mitsprechen sich sehr despotisch benommen hatte, und einen verklagten Bauer heftig anfuhr, erwiderte der Beklagte unwillig: »Wat hat hei denn hier so seggen? Wat is Hei denn? Punktum, streu Sand upp, is Hei und wider nischt

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Aegyptische Gerechtigkeitspflege.

3. Lane erzählt in seinen Schilderungen des neuen Aegyptens nachstehendes Beispiel von Gerechtigkeitsverwaltung, welches stark an die Erzählung in tausend und eine Nacht erinnert. Ein Mann lieh an eine Frau, gegen Verpfändung einer goldenen Kette, 500 türkische Piaster. – Als die Frau weggegangen war, besah erst der Mann die angeblich goldene Kette näher und fand, daß sie nichts, als Messing war. Voll Verzweiflung ging er zum Polizeiaga und erzählte ihm die Geschichte. Der Aga sagte zu ihm: »Höre, was ich dir sage, nimm Alles, was in deinem Laden ist und schließe ihn ab. Morgen früh, wenn du hingehest und die Thür geöffnet hast: so rufe aus: ach, meine Habe, ach! und die Habe Anderer! und wenn dich Jemand fragt, was dir sei, so erzähle, du habest eine goldene Kette als Pfand angenommen und auch diese sei dir gestohlen.« Der Mann that, wie ihm geboten worden, und bald vernahm auch die betrügerische Frau die Geschichte, ging hin zu ihm und verlangte ihre goldene Kette. Als dieser sie für verloren ausgab, ging sie zum Aga, ihn zu verklagen. Der Aga ließ den Mann rufen und fragte dann die Anklägerin: »Was hast du ihm übergeben?« – »Eine Kette von rothem venetianischen Golde.« – »Frau,« sagte der Aga, ich habe eine solche Kette hier und will sie dir zeigen.« – »Zeigt sie mir,« erwiderte die Frau, »denn ich kenne meine Kette.« – Der Aga knüpfte ein Tuch auf, nahm die Kette heraus und sagte: »Siehe!« Die Frau erkannte die Kette und schlug die Augen nieder. »Erhebe dein Haupt,« fuhr der Aga fort, »und sage, wo sind die 500 Piaster dieses Mannes?« – »Sie sind in meinem Hause.« Der Henker wurde, jedoch ohne sein Schwert, mit nach ihrem Hause gesendet, und bald kam sie mit dem Gelde zurück. Dieses nahm der Mann, der es ihr gegeben, zurück; der Henker aber erhielt den Befehl, die Frau nach dem Nuweyleh (einem großen Platz vor der Citadelle) zu führen und sie dort zu enthaupten, was auch geschah.

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4. Ein unverheiratetes Frauenzimmer, dem man nicht nachsagen konnte, daß sie ungalant sei, führte einen Prozeß in Erbschaftsangelegenheiten. Leider ging dieser Prozeß für sie verloren, und sie mußte noch, ohne Weiteres, die Prozeßkosten bezahlen, wodurch ihre ganze Habe aufging und sie nicht einmal so viel übrig behielt, ihren Rechtsanwalt zu bezahlen, der sie darum anging. »Mein Herr,« so redete sie ihn an, »was kann ich Ihnen für ihre viele Mühe in meiner Angelegenheit anbieten, da mir leider nichts übrig geblieben? Weil ich aber gern dankbar bin, so schenke ich Ihnen mein Herz.« – »Geben Sie das nur meinem Schreiber, dieser bekommt die Sporteln,« erwiderte der Anwalt, und ging brummend weg.

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5. Ein Gauner kaufte sich in einem Laden Seide; stahl indessen bei dieser Gelegenheit eine Rolle Geld. Die Tochter des Kaufmanns war allein gegenwärtig, sah diesen Spitzbubenstreich wohl, fürchtete sich aber, etwas zu sagen. Der Vater des Mädchens kam und sie erzählte ihm das Vorgefallene. Dieser setzte sich sogleich in Bewegung, und es gelang ihm, den Thäter ausfindig zu machen und verhaften zu lassen. Vor dem Criminalrichter erschien das Mädchen und der Beklagte; Letzterer hatte das Mädchen niemals gesehen, wie er zu Protokoll gab, und war nie in dem bezeichneten Laden gewesen. »Liebes Mädchen,« begann der Criminalrichter mit Verstellung, »diese Klage hätte hier nicht angebracht werden sollen; Sie sehen, er ist unschuldig, und man muß Niemanden seine Ehre abschneiden wollen.« Den Gauner kitzelte dies; in dem Augenblicke sagte der Rath: »Nun, lieber Freund, geht in Gottes Namen, Ihr seid frei;« – »aber,« setzte er jovialisch und mit Bedacht hinzu, » wozu habt Ihr in aller Welt die Seide gebraucht!« –

Ach,« lieber Herr Rath, ich habe meinen Mantel damit ausgebessert.«

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6. Zwei Frauen, die eine jung und arm, die andere älter, aber reich, stritten sich um die Mutterschaft eines Kindes, und brachten deßhalb ihre Klage an. Jene hatte nichts, als ihre Versicherung und Thränen, diese ihren Ruf und mehrere Zeugen für sich. Lange schwankte der Richter zwischen seinem Gefühl und einer juristischen Ueberzeugung; endlich durchdrang es ihn wie ein Lichtstrahl. » Säuget euer Kind,« sagte er gelassen zu der ältern Frau, »damit es ruhig wird.« Sie that es, scharf von dem Richter beobachtet; aber das Kind schrie immer fort. – » Nun, so säugt dann ihr es!« wendete sich der Richter zu der jungen Frau, und sie empfing es mit einem Freudengeschrei. Da erkannte der Säugling die wohlbekannte Quelle des Lebens, und zog in langen Zügen, von den Freudenthränen der Mutter benetzt, die süße Labung ein. » Das ist die Mutter!« rief der Richter und die ganze Versammlung wiederholte es. Die Entscheidung läßt sich errathen; die arme Frau ward reichlich beschenkt, die Betrügerin aber, nebst ihren erkauften Zeugen, nach Verdienst bestraft.

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Juristische Kürze.

7. Ein Justizrath hatte die Eigenheit, im Anfange seiner Protokolle, den Gegenstand des Prozesses möglichst genau mit einem einzigen Worte zu bezeichnen, und so fing denn ein Instructions-Protokoll also an: In Sachen N. N. wider N. N. wegen Mistgrubendüngerausräumungsverbindlichkeitserfüllungsmängel u. s. w.

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Tribunal-Anekdote.

8. »Ich schwöre Ihnen, Herr Präsident, daß, wenn Sie es mit mir gnädig machen, ich mich auch als ein ehrlicher Teufel künftig benehmen werde.« Diese Vertheidigungsrede eines des Diebstahls Beschuldigten, machte vor Kurzem in Paris auf die Richter eines Tribunals mehr Eindruck, als die gelehrtste Rede eines bezahlten Defensors, und der Redner ward in eine sehr gelinde Strafe verurtheilt. »Hol' mich der Henker!« rief er im Weggehen aus dem Saale aus, »der Richter ist doch ein wahrhaft braver Mann! Ich muß ihm schon etwas wieder geben.« – und in der That erhielt am Tage darauf der Präsident der Assisen seine Uhr zugeschickt, die ihm ein paar Jahre zuvor gestohlen worden war.

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Die treffende Antwort.

9. Ein sehr kleiner Advocat erschien als Zeuge vor einem englischen Gerichtshofe. Ein Rechtsgelehrter von riesenhafter Größe fragte ihn, weß Standes er sei, und als jener geantwortet hatte, hob er an: »Sie ein Rechtsgelehrter? Ei, ich könnte Sie ja in meine Tasche stecken!« – Das könnten Sie freilich, erwiderte der Andere, und wenn Sie es thun, werden Sie mehr von Rechtsgelehrsamkeit in der Tasche haben, als im Kopfe.

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Der schlechte Rath.

10. Ein junger Mann von vornehmer Familie, jedoch ohne Verdienst und Talent, wurde ohne Aufhören seinem Fürsten empfohlen, damit dieser ihm einen Titel beilegen möchte. Zuletzt ließ dieser sich erbitten und ertheilte ihm den Titel Rath; jedoch blos aus Rücksicht auf den geachteten alten Vater desselben. Als der neugebackene Rath dem Fürsten dafür seinen Dank abgestattet hatte, fragte Jemand den Fürsten, wie ihm der neue Rath gefalle? – »So,« erwiderte dieser, »daß ich täglich singen muß: Auf Gott und nicht auf meinen Rath, will ich mein Glücke bauen!«

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Der Jagdfreund und die beiden Gensd'armen.

11. In Frankreich darf bekanntlich Jedermann jagen, wo und wann er will, wenn er sich einen Schein löset; Gensd'armen achten aber streng auf diejenigen, welche ohne einen solchen Schein dem Jagdvergnügen nachgehen. Zwei Gensd'armen streiften letzthin in der Nähe von Valenciennes im Felde umher, endlich erblickten sie einen Mann mit einer Flinte. Sogleich liefen sie schnell auf denselben zu; der Jäger schien zu fliehen. Nach einer Viertelstunde waren sie so nahe an ihn gekommen, daß sie ihn zu ergreifen hoffen konnten; in diesem Augenblicke kletterte aber der Mann schnell auf einen Baum. »Kommen Sie herunter!« riefen ihm die Gensd'armen zu; aber er antwortete nicht, sie droheten, nicht von der Stelle zu weichen, bis er herunter komme; er aber zog ganz ruhig ein Frühstück aus der Jagdtasche und fing an zu essen. Das war den Gensd'armen zu arg, und einer versuchte, auf den Baum auch zu klettern, was der Obersitzende nicht hinderte. »Im Namen des Gesetzes, Ihren Jagdschein,« polterte der Gensd'arm, indem er den Jäger anfaßte. Dieser reichte ruhig den Schein hin. »Er ist ja in Ordnung.« – »Freilich,« antwortete der Jäger. »Warum liefen Sie so schnell davon?« – »Habe ich Ihnen gesagt, daß Sie mir folgen sollen?« – »Warum kletterten Sie auf den Baum?« – »Ich pflege hier zu frühstücken und habe Sie nicht aufgefordert, auch herauf zu kommen.« – »Warum sagten Sie aber dies Alles nicht vorher? – »Ich pflege nicht eher zu antworten, bis man mich fragt.«

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Ein lustiger Streich, welcher einem Präsidenten zu Paris gespielt worden ist.

12. Zur Zeit, wo die Präsidenten noch auf Eseln ritten, war es, wo der König von Frankreich einen bedeutungsvollen Prozeß verlor. Der König gab sein Mißvergnügen dem Präsidenten zu erkennen. Der Präsident antwortete hierauf, daß sein Gewissen bei einer offenbar ungerechten Sache ihm nicht erlaubt habe, anders zu handeln.

Ein Liebling des Königs, der dabei mit interessirt war, brannte vor Begierde, den Präsidenten in des Königs Gegenwart lächerlich zu machen. Dieser aber vermied sorgfältig, vor dem Könige zu erscheinen, obgleich er mehre Male von ihm eingeladen wurde. Jetzt wurde, auf Betrieb des Lieblings, ein Esel der Art abgerichtet, daß er dem Schall des Posthorns folgte und sich, wenn er's hörte, jedesmal in Galopp setzte.

Als der Präsident eines Tages nach dem Parlamentshofe reiten wollte, gab der Liebling des Königs seinem Herrn von dem Spiele Nachricht, welches er nun mit dem Präsidenten vornehmen würde, daß derselbe nämlich wider seinen Willen vor dem Könige erscheinen solle. Er bat zugleich, der Wache vor dem Thore des Louvre zu befehlen, den Präsidenten auf seinem Esel in den Schloßhof hereinzulassen, und daß der König ihn auf dem Balkon erwarten sollte, um sich über diesen lächerlichen Einzug zu belustigen. Hierauf wurde der abgerichtete Esel einem Lakai gegeben, welcher beordert war, sich mit dem Lakai des Präsidenten in ein Spiel einzulassen, während daß er seines Herrn Esel im Hofe halten würde. – Dieser Lakai bekam zugleich hinlängliches Geld zu verspielen, um den Lakai des Präsidenten durch den Gewinn auf dem Spiele eifrig zu erhalten. Unterdessen mußten zwei Andere den Esel des Präsidenten unvermerkt abzäumen und den Zaum und Sattel auf den abgerichteten Esel legen.

Als der Präsident herauskam, hielt ihm sein Lakai denselben hin. Der Herr, in der Meinung, daß es der seinige sei, setzte sich darauf. Sofort ritt ein bestellter Postillon in vollem Blasen vorbei. Der Esel, auf welchem der Präsident saß, folgte im vollen Galopp, ohne daß er aufzuhalten war, und der Postillon kam, nebst dem Herrn Präsidenten hinter sich, im Louvre an, wo der König, welcher mit vielen Damen und Herren am Fenster stand, vor Lachen bersten wollte.

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Zwei Sachwalter und ein Fuhrmann.

13. Zwei Sachwalter begegneten einem Fuhrmanne auf der Landstraße. Sie wollten ihn zum Besten haben und fragten, warum sein Vorderpferd so dick und die übrigen Pferde so mager wären?

Der Fuhrmann, welcher wußte, wer sie waren, antwortete: »Weil mein Vorderpferd der Advokat und die übrigen seine Clienten sind.«

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