François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Siebtes Kapitel

Panurgs fernerer Handel mit Zinshahn

»Mein Freund, Herr Nachbar«, antwortete der Kaufmann, »meine Hammel sind nur für Könige und Fürsten. Ihr Fleisch ist so auserlesen saftig, zart und delikat, daß es ein wahrer Balsam ist. Auch bring' ich sie aus einem Land, wo, Gott verzeih mir's, die Schweine nichts als Muskatnüsse fressen, die Säue im Kindbett (mit Erlaubnis der Herrn) mit eitel Pommeranzenblüte gefüttert werden.« – »Doch«, sprach Panurg, »verkauft mir einen; und ich zahl' ihn Euch königlich, auf Bauernwort. Wie teuer?« – »Mein Freund, Herr Nachbar«, antwortete der Kaufmann, »es sind die leiblichen Enkel desjenigen, der Phrixus und Helle weiland durchs Hellespontische Meer trug.« – »Blitz!« rief Panurg, »Ihr seid am End gar ein Studierter?«

»Was ich sagen wollt'«, sprach der Kaufmann, »überall wo meine Hammel aufs Feld hinbrunzen, wächst das Korn so hoch, als wenn der liebe Gott es selbst getan hätte, und weder Mist noch Jauche braucht's da. Ja noch mehr: aus ihrem Harn ziehn die Destillierer den allerbesten Salpeter der Welt. Mit ihrem Mist, wenn ich so sagen darf, kurieren die Ärzte bei uns zu Haus über achtundsiebzig Krankheitsarten! Wo denkt Ihr hin, Herr Freund und Nachbar? Und wie hoch sie mich zu stehen kommen.«

»Hoch hin, hoch her«, versetzte Panurg, »es gilt schon; nur verkauft mir einen für gute Zahlung.« – »Mein Freund, Herr Nachbar«, sprach der Kaufmann, »bedenkt ein wenig, was für Wunder der Natur in diesem Vieh, wie Ihr's da seht, verborgen sind, und in einem Glied, das Ihr wohl gar für unnütz hieltet. Nehmt nur die Hörner da, stampft sie ein wenig mit einem eisernen Stößel oder mit einem Feuerbock; vergrabt sie dann im Sonnenschein, wohin Ihr wollt, und begießt sie fleißig: in wenig Monden habt Ihr den schönsten Spargel der Welt! Sagt an, wo habt Ihr Herren Hahnreis in Euern Hörnern wohl solche Tugend und Wunderkraft?«

»Nur sacht«, antwortete Panurg, »und macht ein End.« – »Und wie erst«, fuhr der Kaufmann fort, »mein Freund, Herr Nachbar, werd ich Euch die innern Teile nach Würden preisen! Den Bug, die Schlägel, die Keulen, die Fettseite, Brust, Leber, Milz, Kutteln, Blase, womit man Ballen spielt, die Rippen, den Kopf, daraus man, mit ein wenig Schwefel, den wunderkräftigen Absud kocht, um hartleibige Jagdhunde abzuführen?«

»Ei Quark, Quark!« fiel der Schiffspatron dem Kaufmann in das Wort, »dies heißt zu lang um den Brei herumgelaufen! Wenn du willst, verkaufs ihm, oder halt ihn nicht länger zum Narren.« – »Ich will's«, antwortete der Kaufmann, »Euch zulieb. Doch soll er drei Pfund fürs Stück bezahlen, und hat die Wahl frei.« – »Dies ist sehr teuer«, sprach Panurg. »Bei mir zu Haus krieg' ich wohl fünf bis sechs für das Geld. Seht wohl zu, ob's nicht zu viel ist! Denn Ihr wäret der erste auch nicht von meinen Bekannten, der, weil er allzu jählings reich und feist werden wollte, hinterrücks in Armut fiel, ja wohl mitunter den Hals brach.« – »Daß dich Gotts Marter schänd!« schrie hier der Kaufmann, »grober Bauer, Narr, der du bist; beim heiligen Nastuch der Veronika, der kleinste Hammel von denen da ist viermal mehr wert als der beste bei dir zu Haus.«

»Großwürdigster«, antwortete Panurg, »Ihr erhitzt Euch in Euerm Zorn, soviel ich seh und spüren kann. Wohlan, nehmt hin, hier ist das Geld.« – Nachdem Panurg den Kaufmann bezahlt hatte, erkor er aus der ganzen Herde einen schönen und großen Hammel und trug ihn schreiend und blökend davon, daß all die andern ihn blöken hörten und gleichfalls wieder blökend zusahn, wohin man ihren Kamerad trage. Unterdessen sprach der Kaufmann zu seinen Hirten: »Ei, wie schlau der Kunde gewählt hat! Er versteht sich mein Treu darauf, der Hurensohn. Bei meiner Seel, gerade den dachte ich dem Herrn von Cancale zu. Der ist nie froher und aufgeräumter, als wenn er euch eine Hammelkeule in der linken Hand fein leicht und maulrecht schwenken kann wie eine Ballpritsche; gebt ihm dazu ein scharfes Messer, und Gott weiß, wie er alsdann losschleckert.«


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