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Zweiundzwanzigstes Kapitel.

In dem ich ein Komödiant werde, dann ein Poet und Liebhaber der Nonnen, deren Eigenheiten zierlich aufgedeckt werden.

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In einem Wirtshaus traf ich eine Gesellschaft Komödianten, die nach Toledo gingen. Sie führten drei Karren mit sich, und Gott wollte, daß sich unter der Gesellschaft einer befand, der mein Kamerad gewesen war auf der Universität zu Alcala. Er hatte das Studieren aufgegeben und sich auf dieses Handwerk gelegt. Ich sagte ihm, was mich dränge, dahin zu gehen und die Residenz zu verlassen; aber kaum erkannte mich der Mensch, als er sich wegen des Degenhiebs vor mir per signum crucis zu segnen begann. Endlich erwies er mir die Freundschaft, für mein Geld von den übrigen einen Platz zu erhalten, um mit ihnen zu gehn.

Wir reisten bunt untereinander, Männer und Weiber, und eine unter diesen, die Tänzerin, die auch Königinnen und ernste Rollen in der Komödie machte, schien mir eine muntre Fliege. Es traf sich, daß ihr Mann an meiner Seite war, und ich, ohne zu wissen, mit wem ich sprach, hingerissen von Liebesbegierde, sie zu genießen, sagte zu ihm: »Auf welche Weise könnte man wohl dieses Frauenzimmer sprechen, um mit ihr zwanzig Scudos durchzubringen? Sie scheint mir sehr schön.« – »Mir kommt es nicht wohl zu, dies zu sagen, denn ich bin ihr Mann,« erwiderte der Mensch, »noch darüber zu verhandeln; aber, ohne Eifersucht, denn ich kenne keine, man kann mit ihr wohl irgend ein Stück Geld vertun; denn solch ein zartes Fleisch gibt es auf der Erde nicht, auch kein so kurzweiliges Gemüt.« – Und indem er dies gesagt hatte, sprang er vom Wagen und ging zu einem andern, wie es schien, um mir Platz zu machen, sie zu sprechen. Die Antwort des Manns gefiel mir wohl, und ich kam dahin zu bemerken, daß man von solchen sagen kann: sie haben Weiber, als hätten sie keine; indem man den Sinn boshaft verdreht. Ich benutzte die Gelegenheit, und sie fragte mich, wohin ich ginge, und einiges über mein Vermögen und Leben. Kurz, wir verschoben nach vielen Worten die Taten bis Toledo und waren sehr vergnügt auf dem Weg.

Zufällig fing ich an, ein Stück aus der Komödie des St. Alexius herzusagen, dessen ich mich aus meinem Knabenalter erinnerte, und führte es dergestalt aus, daß ich in ihnen das Verlangen, mich zu besitzen, erregte. Und als sie durch das, was ich meinem Freund, der bei der Gesellschaft war, erzählt hatte, meine Unglücksfälle und Widerwärtigkeiten erfuhren, fragte er mich, ob ich zu ihrer Gesellschaft treten wolle. Er pries mir das Komödiantenleben so sehr, daß ich mich, da ich Unterstützung nötig hatte und da mir das Frauchen so hübsch schien, auf zwei Jahre bei dem Direktor engagierte. Ich setzte ihm eine Schrift auf, bei ihm zu bleiben, und er gab mir Kostgeld und bestimmte mir meine Vorstellungen; und so kamen wir nach Toledo. Man gab mir drei bis vier Vorspiele und Väterrollen zu studieren, die ich meiner Stimme anpaßte. Ich wendete auf alles viele Sorgfalt und sprach das erste Vorspiel in dem Ort. Es handelte von einem Schiff (wovon sie alle handeln), das zertrümmert und ohne Mundvorrat war; ich sagte unter anderm: dies ist der Hafen; nannte die Zuhörer Senat, bat um Verzeihung wegen der Fehler und um Ruhe und trat ab. Ich erhielt ein lautes Vivat und kurz, ich gefiel auf der Bühne.

Wir gaben eine Komödie von einem unsrer Schauspieler, und ich wunderte mich, daß sie auch Dichter wären; denn ich glaubte, daß nur sehr gelehrte und weise Männer dies sein könnten und nicht so gänzlich ungelehrte Leute. Aber schon ist es dahin gekommen, daß es keinen Schauspieldirektor giebt, der nicht Komödien schriebe, und keinen Schauspieler, der nicht seine Posse von Mauren und Christen machte. Ich erinnre mich im Gegenteil, daß es keine andern Komödien gab als die vom guten Lope de Vega Lope de Vega, einer der berühmtesten spanischen dramatischen Schriftsteller, wurde 1562 geboren und starb 1635. Er war ein sehr fruchtbarer Dichter, denn man hat allein 295 Schauspiele von ihm gesammelt. Er soll 400 geistliche und 1800 weltliche Schauspiele verfertigt haben, außer einer zahllosen Menge andrer Gedichte. und von Ramon. Roc Ramon, geboren zu St. Clement um 1586, war ein ausgezeichneter Schauspieler und verfertigte viele mit Beifall aufgenommnen Stücke. Er ließ keins davon drucken, weil er meinte, der Reiz eines Schauspiels, den es bei der Aufführung habe, gehe größtenteils beim Lesen verloren. Das Jahr seines Todes ist nicht bekannt. Kurz, die Komödie wurde den ersten Tag aufgeführt, und es verstand sie niemand; am zweiten fingen wir sie wieder an, und Gott wollte, daß sie mit einer Schlacht anhob und daß ich bewaffnet und mit einem Schild auftrat; denn wäre dies nicht der Fall gewesen, so würde ich ohnfehlbar durch faule Quitten, Kohlstrünke und Melonen umgekommen sein. Einen solchen Sturm hat man noch nicht gesehn; aber die Komödie verdiente ihn auch; denn sie brachte einen König der Normandie in einem Einsiedlerkleid ohne allen Zweck zum Vorschein und ließ zwei Lakaien auftreten, um lachen zu machen, und bei der Entwicklung des Knotens gab es nichts weiter, als daß alle sich heirateten, und damit aus. Kurz, wir bekamen unsern verdienten Lohn.

Wir behandelten den Kameraden Poeten übel, und ich sagte zu ihm, er möchte bedenken, daß wir noch so durchgekommen wären und durch Erfahrung klug werden. Er sagte mir, daß nichts sein wäre an der Komödie, sondern daß er aus einer Stelle von diesem und einer andern von jenem Stücke seinen Bettlermantel zusammengeflickt hätte und daß der Fehler nur in dem schlechten Zusammenflicken bestanden hätte. Er gestand mir, daß die Komödianten, die Komödien machten, alle zum Wiederersatz verbunden wären; denn sie benutzten alles das, was sie einmal aufgeführt hätten, und dies wäre sehr leicht, und nur der Vorteil, dreihundert oder vierhundert Reale zu ziehen, brächte sie in solche Gefahr. Sodann, wenn sie durch die Städte zögen und ihnen dieser und jener Komödien vorläse, so nähmen sie sie, um sie durchzusehn, und bestöhlen sie, und nach Hinzusetzung einer Albernheit und Wegnehmung von etwas Gutem sagten sie, daß sie ihr Werk wären. Und er entdeckte mir, daß es niemals einen Komödianten gegeben habe, der auch nur eine Stanze auf eine andre Art zu machen imstande wäre.

Die Einrichtung schien mir nicht übel, und ich bekenne, daß ich geneigt dazu war, weil ich einige Anlage zur Poesie in mir fand, und um so mehr, da ich schon Bekanntschaft mit einigen Dichtern gemacht und den Garcilaso Garcilaso de la Vega, genannt der Fürst der spanischen Dichter, wurde 1503 zu Toledo geboren und starb 1536 zu Nizza. Er schrieb Eklogen, Episteln, Oden, Lieder und Sonette. gelesen hatte. Und so beschloß ich, mich auf die Kunst zu legen, und damit sowie mit der Schauspielerin und dem Aufführen von Schauspielen brachte ich mein Leben hin. Nachdem ein Monat verstrichen war, seit wir in Toledo waren, hatte ich viele gute Komödien gemacht und auch den vergangnen Fehler verbessert, so daß ich dadurch schon einen Namen erlangt hatte, und es dahin gekommen war, daß man mich Alonsete nannte; denn ich hatte gesagt, ich hieße Alonso. Mit einem andern Namen nannte man mich den Fürchterlichen, weil dies eine Figur war, die ich mit großem Beifall der Musketiere und des gemeinen Pöbels vorgestellt hatte. Ich besaß schon drei Paar Kleider, und Schauspieldirektoren suchten mich der Gesellschaft abwendig zu machen. Ich sprach schon als ein Verständiger von der Komödie, bekrittelte die berühmten Komiker, tadelte das Mienenspiel des Pinedo Francisco Pinedo, geboren 1596 und gestorben 1654 zu Valladolid, war einer der berühmtesten Komiker der Spanier., gab der natürlichen Ruhe des Sanchez Nicolas Sanchez, geboren zu Salamanca, starb 1685 zu Madrid in hohem Alter. Er war einer der vorzüglichsten Schauspieler. meinen Beifall, nannte den Morales Balthasar Morales, geboren zu Malaga 1600, gestorben 1666. Er war von vornehmer Geburt und widmete sich aus Liebe zu einer Schauspielerin dem Theater. Er galt für den ersten Schauspieler seiner Zeit. mittelmäßig, und man bat mich um meine Meinung über die Ausschmückung der Theater und um Entwürfe zu den Dekorationen. Wenn einer kam, eine Komödie vorzulesen, war ich der, der sie anhörte.

Kurz, aufgemuntert durch diesen Beifall, versuchte ich mich zuerst als Dichter in einer kleinen Romanze, und bald darauf dichtete ich ein Zwischenspiel, und es gefiel nicht übel. Ich wagte mich an eine Komödie, und damit sie nicht des Göttlichen entbehre, machte ich sie auf unsre Frau vom Rosenkranz. Sie begann mit Schalmein, hatte ihre Seelen aus dem Fegefeuer und ihre Teufel, die damals im Gebrauch waren, mit ihrem bu, bu! beim Abgang und ri, ri! beim Auftreten. Außerordentlich gefiel in dem Ort der Name Satan in den Strophen und daß sogleich davon gehandelt wurde, wie er vom Himmel gefallen ist und ähnliches. Kurz, meine Komödie gefiel sehr wohl.

Ich hatte nicht Hände genug zum Arbeiten, denn Verliebte liefen zu mir, einige nach Liedern auf Augenbrauen, andre auf Augen; der auf Hände und jener nach einer kurzen Romanze auf Haare. Für jede Sorte hatte ich einen bestimmten Preis, obwohl ich, da es mehrere Buden gab, sehr wohlfeil war, damit man zu der meinigen kommen möchte. Mit geistlichen Liedern diente ich den Küstern und Almosensammlerinnen für die Nonnen; die Blinden unterhielten mich durch bloße Gebete zu acht Realen für ein jedes, und ich erinnre mich, daß ich damals das vom Gerechten Richter machte, erhaben und wohlklingend, so daß es zu Gebärden Anlaß gab. Für einen Blinden schrieb ich die berühmten Verse, die er unter seinem Namen herausgab, die anfangen:

Mutter des Worts, des menschlichen,
Tochter des göttlichen Vaters,
Gieb mir Gnade, jungfräuliche, usw.

Ich war der erste, der es einführte, die Koplas, gleich den Predigten, zuerst mit Gnädigkeit und darauf mit Herrlichkeit zu endigen in folgender Stanze eines Gefangnen zu Tetuan:

Wir bitten es sonder Trüglichkeit,
Vom hohen König ohne Unfehlbarkeit,
Da er sieht unsre Beharrlichkeit,
Daß er uns geben woll sein Gnädigkeit,
Und hernach dort die Herrlichkeit. Amen.

Ich hatte einen sehr günstigen Wind bei dieser Fahrt und war reich und glücklich, so daß ich schon darnach strebte, Direktor zu werden. Meine Wohnung hatte ich sehr gut ausgeschmückt; denn ich war, um wohlfeile Tapeten zu erhalten, auf einen Kunstgriff des Teufels gefallen, und er bestand darin, Teppiche aus den Schenken zu kaufen und sie aufzuhängen. Sie kosteten mich fünfundzwanzig bis dreißig Reale, und es war mehr an ihnen zu sehn als an allen, die der König besitzt; denn durch sie sah man hindurch, wegen der Löcher, die sie hatten, und durch jene sieht man nichts.

Es begegnete mir eines Tags der artigste Vorfall von der Welt, den, obwohl er mir zur Schande gereicht, ich dennoch erzählen muß. Ich zog mich in meiner Wohnung an den Tagen, wo ich Komödien schrieb, auf den Dachboden zurück, und daselbst blieb ich und aß auch da. Ein Mädchen kam dann mit dem Essen zu mir herauf und ließ es mir daselbst stehn. Ich hatte die Gewohnheit, zu schreiben, indem ich dazu laut rezitierte als wenn ich auf der Bühne stände. Nun stiftete es der Teufel an, daß in der Stunde und in dem Augenblick, als das Mädchen die Treppe heraufstieg, die eng und finster war, mit den Schüsseln und dem Topfe, ich gerade bei der Stelle einer Jagd war und ein lautes Geschrei erhob, indem ich meine Komödie dichtete, und rief:

»Fleuch den Bären, fleuch den Bären,
Der in Stücken mich zerrissen
Und nun kommt, dich zu verzehren!«

Das Mädchen, das eine Galicierin Die Provinz Galicien liefert Spanien viele Dienstmädchen, die gerade nicht für die pfiffigsten gehalten werden. war, meinte, als sie rufen hörte »kommt, dich zu verzehren« und »mich zerrissen«, daß es Wahrheit wäre und daß ich sie warnen wollte. Sie fängt an zu fliehen, und bei der Bestürzung tritt sie auf ihren Rock und rollt die ganze Treppe hinab, wirft den Topf hin, zerbricht die Schüsseln und läuft, ein Geschrei erhebend, auf die Gasse, indem sie ruft: »Es bringt ein Bär einen Menschen um.« Und so geschwind ich auch herzulief, so stand doch die ganze Nachbarschaft um mich her und fragte nach dem Bären, und obschon ich ihnen erzählte, daß es eine Dummheit des Mädchens gewesen wäre, denn es sei nichts andres als was ich aus einer Komödie gesprochen hätte, wollten sie es doch nicht glauben. Ich bekam an diesem Tag nichts zu essen, meine Kameraden erfuhren es, und das Märchen wurde in der ganzen Stadt gefeiert. Dergleichen Dinge begegneten mir viele, während ich in der Hantierung eines Dichters beharrte, und ich kam nicht aus der schlechten Lage heraus.

Es ereignete sich, daß man meinen Direktor (denn an den hält man sich immer), da man erfahren hatte, daß es ihm in Toledo gut gegangen sei, wegen ich weiß nicht welcher Schulden auspfändete und ihn ins Gefängnis warf, wodurch die ganze Gesellschaft aufgelöst wurde und ein jeder seine Straße zog. Obgleich die Kameraden mich zu andern Gesellschaften führen wollten, so dachte ich doch, wenn ich die Wahrheit sagen soll, da ich zu einem ähnlichen Gewerbe keine Neigung fühlte und der Zutritt zu ihm bloß aus Not geschehn war, und da ich mich bei Geld und wohlgekleidet sah, an nichts als mich lustig zu machen.

Ich nahm Abschied von allen, sie gingen weg, und ich, der ich das schlechte Leben zu verlassen beflissen war, indem ich nicht mehr Komödiant sein wollte, verfiel darauf, wenn es Euer Gnaden nicht übel deuten wollen, ein Liebhaber der Gitter sowie der Weiberhauben zu werden, oder, um deutlicher zu reden, ein Nachfolger des Antichrists, was dasselbe ist als ein Buhler der Nonnen. Ich bekam Veranlassung darauf zu verfallen, als ich hörte, daß eine Nonne eine wahre Göttin Venus wäre, auf deren Bestellung ich viele geistliche Liederchen gemacht und die mich liebgewonnen hatte bei einem Auto Ein Auto, eigentlich Auto sacremental, ist ein geistliches Schauspiel, in dem sinnbildliche Personen, Engel, Heilige usw. vorgestellt werden. am Fronleichnamfest, wo sie mich St. Johannes den Evangelisten hatte vorstellen sehn. Das Mädchen behandelte mich mit Auszeichnung und hatte mir gesagt, es tue ihr nur leid, daß ich ein Komödiant wäre; denn ich hatte vorgegeben, ich sei der Sohn eines vornehmen Kavaliers, und dies erregte ihr Mitleid. Endlich entschloß ich mich, ihr folgenden Brief zu schreiben:

»Mehr um Euer Gnaden gefällig zu sein als um das zu tun, was meine Pflicht war, habe ich die Gesellschaft verlassen; denn für mich ist eine jede, ohne die Ihrige, Einsamkeit. Nun werde ich der Ihrige um so mehr sein als ich mir selbst mehr angehöre. Melden Sie mir, wann Sprechstunde sein wird, und lassen Sie mich zugleich wissen, wann ich das Vergnügen haben kann usw.«

Die Aufwärterin der Nonnen überreichte das Billett. Man kann sich die übergroße Freude der Nonne nicht vorstellen als sie meinen neuen Stand erfuhr. Sie antwortete mir folgendermaßen:

Antwort.

Über Ihre glücklichen Ereignisse erwarte ich eher Glückwünsche als ich sie erteile, und ich würde mich darüber betrüben, wenn ich nicht wüßte, daß mein Wunsch und Ihr Vorteil völlig eins ist. Wir können sagen, daß Sie zu sich selbst zurückgekehrt sind, und es bleibt nun nichts mehr zu wünschen übrig, als Beständigkeit, die sich mit der messen möge, die ich haben werde. Daß wir uns in der Sprechstunde sehn können, bezweifle ich für heute. Aber unterlassen es Euer Gnaden nicht, zur Vesper zu kommen; denn da werden wir uns sehn und dann auch auf der Galerie. Vielleicht werde ich auch der Abtissin eine Nase drehn können. Gott befohlen!«

Der Brief gefiel mir; denn das Weib hatte in der Tat einen guten Verstand und war schön. Ich aß und zog das Kleid an, in dem ich die Liebhaber in der Komödie zu machen pflegte. Ich begab mich sogleich in die Kirche, betete, und dann fing ich an, alle Maschen und Löcher des Gitters mit den Augen zu durchlaufen, um zu sehn, ob sie erschiene, als ich mit Gott und zur guten Stunde (wiewohl es mehr mit dem Teufel und zur bösen Stunde war) das alte Zeichen höre. Ich fange an zu husten, und ein Husten vom Henker greift sogleich um sich. Wir ahmten Katarrhe nach, und es schien als hätte man Pfeffer in die Kirche gestreut. Endlich, da ich vom Husten ermüdet war, zeigt sich mir eine hustende Alte am Gitter, und ich erblicke mein Unglück. Denn es ist ein sehr gefährliches Zeichen in den Klöstern, weil, wie es Zeichen bei den Jungen, so Gewohnheit bei den Alten ist, und es gibt Männer, die es für das Locken einer Nachtigall halten, und es erscheint eine Nachteule.

Ich blieb eine lange Weile in der Kirche, bis man die Vesper anfing. Ich hörte sie ganz; denn deshalb nennt man die Liebhaber der Nonnen feierliche Verliebte, weil sie die Vesper aushalten. Sie halten aber auch die Vesper des Vergnügens aus und kommen nie heraus; denn der Tag der Lust erscheint ihnen niemals. Man wird es nicht glauben, wie viele paar Vespern ich hörte. Mein Hals maß zwei Ellen mehr als er hatte, da ich den Liebeshandel begann, vom bloßen Ausstrecken, um zu sehn. Ich war ein Bekannter des Küsters und des Chorknaben und stand sehr gut beim Vikar, der ein launiger Mann war. Er ging so steif, daß es schien als ob er Bratspieße frühstücke und Lanzen äße.

Ich besuchte die Klostergalerie, und obwohl es ein ziemlich großer Raum war, so war es doch nötig, um zwölf Uhr hinzuschicken, um einen Platz zu belegen, wie bei einer neuen Komödie. Es wimmelte von Andächtigen. Kurz, ich stellte mich hin, wo ich konnte, und man konnte wohl hingehn, um als Raritäten die verschiednen Stellungen der Liebhaber zu sehn. Der blickte auf, ohne die Augen zu bewegen; jener, die eine Hand auf den Degen gestützt und in der andern den Rosenkranz, stand da wie ein steinernes Bild auf einem Grabmahl; ein andrer, die Hände erhoben und die Arme ausgestreckt, glich einem Seraph; dieser, den Mund weiter geöffnet als ein Bettelweib, zeigte, ohne ein Wort zu sprechen, seiner Geliebten die Eingeweide durch seinen Hals; ein andrer, an die Mauer angeklebt, wurde den Mauersteinen zur Last und schien sich mit der Ecke zu messen; jener spazierte auf und ab, gleich als ob man ihn seines Gangs wegen lieben sollte wie einen Maulesel; noch ein andrer, mit einem Briefchen in der Hand, schien wie ein Jäger mit dem Fleisch seinen Falken zu locken.

Die Eifersüchtigen bildeten eine andre Truppe. Von diesen standen einige im Kreis beisammen, lachten und sahen zu jenen auf; andre lasen Gedichte und zeigten sie jenen; dieser, um ihren Ärger zu erregen, lustwandelte auf der Galerie mit einem Frauenzimmer an der Hand, und jener sprach mit einer abgeschickten Magd, die ihm eine Botschaft brachte. So ging es unten auf unsrer Seite, aber oben, wo die Nonnen waren, gab es ebenfalls sehenswerte Dinge; denn ihre Galerie war ein Türmchen voll Schießscharten und eine Wand mit durchbrochner Arbeit, so daß sie einer Streusandbüchse glich, auch wohl einem Riechtopf. Alle Löcher waren besetzt mit Visieraugen. Hier sah man ein Frikassee von Händen und Füßen; an jenem Ort gab es Sonnabendgerichte, Sonnabendgerichte, carne de sabado, auch grosura genannt, besteht aus Köpfen und Füßen und den Eingeweiden der Tiere, die am Sonnabend kraft einer päpstlichen Bulle gegessen werden dürfen. Köpfe und Zungen, wiewohl das Gehirn fehlte. Auf einer andern Seite zeigte sich ein Krämerkasten: eine zeigte den Rosenkranz, eine andre schwenkte das Schnupftuch; an einem andern Ort hing ein Handschuh, hier kam ein grünes Band hervor. Einige sprachen etwas laut, andre husteten; und noch andre machten ein Zeichen mit den Hüten, als ob sie Spinnen wegfegten, und machten: Pst.

Im Sommer ist es sehenswert, wie sie sich an der Sonne nicht nur wärmen, sondern auch braten, so daß es eine große Lust ist, die Nonnen so frisch und die Buhler so geröstet zu sehn. Im Winter ereignet es sich wohl, daß bei der Feuchtigkeit einem von uns Kresse und Gestripp auf dem Leib wächst. Es gibt keinen Schnee, der uns entginge, und keinen Regen, der nicht auf uns herabfiele. Und alles dies geschieht am Ende nur, um ein Weib wie einen Heiligenknochen durch das Gitter oder Glasfenster zu sehn. Es ist eben so, wie wenn man sich in einen Staar im Käfig verliebt, wenn man zum Sprechen kommt, oder, wenn geschwiegen wird, wie in einem Porträt. Die Gunstbezeugungen sind bloße Bewegungen, die niemals zur Berührung kommen, und ein Schnalzen mit den Fingern. Sie beugen die Köpfe an die Gitter und richten ihre Liebesworte durch die Schießlöcher; kurz, sie lieben versteckt. Und außerdem sie so leise und geziert sprechen zu sehn, eine Alte zu sehn, die zankt, eine Türhüterin, die befiehlt, und eine Drehfensterwächterin, die lügt, und was das beste ist, zu sehn, wie sie Eifersucht hegen gegen die Fraun außerhalb des Klosters, indem sie sagen, daß nur die ihrige wahre Liebe sei, und dann die verteufelten Veranlassungen, die sie suchen, sie zu beweisen!

Kurz, ich nannte schon die Äbtissin Señora, den Vikar Vater und den Küster Bruder: alles Dinge, die im Verlauf der Zeit ein Verzweifelter erlangt. Aber die Drehfensterhüterinnen durch ihr Abweisen und die Nonnen durch ihr Einladen fingen an, mich zu langweilen. Ich überlegte, wie teuer mir die Hölle zu stehn kam, die andern so wohlfeil und in diesem Leben auf so manchen Schleichwegen zuteil wird. Ich sah, daß ich um kärglichen Gewinn verdammt wurde, und daß ich zur Hölle fuhr, um des bloßen Sinns des Gefühls willen. Wenn ich sprach, pflegte ich den Kopf so sehr an die Gitter zu drücken, damit die andern, die daran standen, mich nicht hörten, daß ich die zwei folgenden Tage lang die Eisenstäbe in die Stirn abgedrückt trug, und ich sprach so leise, daß man mich nicht verstehn konnte, wenn man sich nicht eines Hörrohrs bediente. Niemand sah mich, der nicht sagte: verflucht seist du, du Nonnenjäger! und noch andre schlimmre Dinge.

Alles dies hatte meine Ansicht umgewandelt und mich beinah bestimmt, die Nonne zu verlassen, obschon ich meinen Unterhalt verlöre, und ich entschloß mich dazu am Tage St. Johannis des Evangelisten, weil ich da vollends erkannte, was Nonnen sind. Verlangen aber Euer Gnaden nicht mehr zu wissen, als daß die Geweihten des Täufers alle absichtlich heiser wurden und solche Stimmen hervorbrachten, daß sie, anstatt die Messe zu singen, sie heulten. Sie wuschen sich die Gesichter nicht und zogen alte Kleider an. Und die Verehrer dieser Täuferinnen, um das Fest herabzuwürdigen, brachten Schemel statt der Stühle in die Kirche und viele Schelme ihres Gelichters. Als ich sah, daß die einen von diesem Heiligen, die andern von jenem unanständig sprachen, nahm ich meiner Nonne, unter dem Vorwand, sie auszuwürfeln, für fünfzig Scudos Klosterarbeiten ab, seidne Strümpfe, Ambrabeutelchen und Konfekt, und richtete meinen Weg nach Sevilla, wo ich in einem für mich weiten Feld mein Glück versuchen wollte. Was die Nonne aus Schmerz tat, mehr über das, was ich ihr mitnahm, als über mich selbst, das überlege der fromme Leser.


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