Gottlieb Konrad Pfeffel
Gedichte
Gottlieb Konrad Pfeffel

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Die Reichsgeschichte der Tiere

(1787)

              Die Tiere lebten viele Jahre
In friedlicher Demokratie.
Doch endlich kamen sie einander in die Haare,
Und ihre Republik versank in Anarchie.
Der Löwe machte sich den innern Streit zu Nutze
Und bot sich ohne Sold dem kleinern Vieh,
Als dem gedrückten Teil, zum Schutze,
Zum Retter seiner Freiheit an.
Er wollte bloß des Volkes Diener heißen
Und brauchte weislich seinen Zahn
Im Anfang nur, die Räuber zu zerreißen.
Als dies die frohen Bürger sahn,
Ernannten sie zum wohlverdienten Lohne
Den Diener feierlich zum Chan,
Versicherten die Würde seinem Sohne
Und gaben ihm die Macht, die Ämter zu verleihn,
Um kräftiger beschützt zu sein.
Nun sprach der neue Fürst in einem andern Tone:
Er gürtete sein Haupt mit einer Eichenkrone,
Enthob Tribut, und wer ihm widerstand,
Fiel als Rebell in seine Pranke.
Der Tiger und der Fuchs, der Wolf, der Elefant
Ergaben sich aus List, und jeder ward zum Danke
Zum königlichen Rat ernannt.
Jetzt halfen sie dem Chan die schwächern Tiere hetzen,
Bekamen ihren Teil an den erpreßten Schätzen,
Und raubten endlich trotz dem Chan.
Ha, rief das arme Volk mit tiefgesenkten Ohren
Und mit geschundner Haut, was haben wir getan! –
Allein der Freiheit Kranz war nun einmal verloren,
Der Löwe war und blieb Tyrann;
Er ließ von jedem Tier sich stolz die Pfote lecken,
Und wer nicht kroch, der mußte sich verstecken.

 


 


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