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Öneus in Kalydon brachte des reich gesegneten Jahres
Erstlinge, Frucht der Ceres, und sein Getränk dem Lyäus,
Und palladisches Öl der blondgelockten Minerva.
Dann von den ländlichen kam zu den himmlischen Mächten Opfers
Neiderregende Ehr'; allein nur darbte des Weihrauchs,
Wie man erzählt, der Altar der latoïschen Göttin Diana.
Götter auch rühret der Zorn. Nein, nicht ungestraft sei der Frevel!
Mag man zwar ungeehrt, doch nicht ungerecht mich nennen!
Sprach sie und sandte zur Straf' in die Fruchtgefilde des Öneus
Einen Eber voll Wut. Nicht mächtiger nähret Epirus
Farren im Kraut; in den Auen der Sikuler waten sie kleiner.
Feuer und Blut entfunkelt dem Blick; rauh starret der Nacken;
Aufrecht stehn wie ein Wall, wie ragende Schafte die Borsten.
Siedend mit heißerem Zischen herab um die Räume des Buges
Strömet der Schaum; und es drohen, wie indische Zähne, die Hauer.
Blitz ist der Odem des Munds; es entbrennet das Laub von dem Anhauch.
Bald im Kraute zerstampft er das jugendlich grünende Saatfeld;
Bald die gereiften Gelübde des trostlos weinenden Landmanns
Mäht er, und rafft in der Ähre die Nahrungen. Siehe, die Tenne
Harret umsonst, und umsonst der verheißenen Ernte der Speicher
Rebengerank sinkt nieder, umhängt von lastenden Trauben;
Nieder die Beet' an den Ästen des immer sprossenden Ölbaums.
Gegen die Schaf' auch tobt er; und weder ihr Hirt noch die Hunde
Schützen sie, oder die Rinder der Trotz unbändiger Stiere.
Ringsher flüchtet das Volk; und allein in ummauerten Städten
Wähnen sie sicher zu sein; bis zuletzt Meleagros mit edler
Jünglinge Schar sich gesellt, mutvoll in Begierde des Ruhmes.
Tyndarus' Doppelgeschlecht, ein herrlicher dieser im Faustkampf,
Jener zu Roß; und der ältesten Bark' Anordner Jason;
Auch, der in Eintracht froh mit Pirithous lebete, Theseus;
Auch zween Thestiaden, und Lynkeus, Aphareus' Sprößling,
Idas zur Schnelle zugleich, und der einst jungfräuliche Cäneus;
Auch Leucippus voll Muts und des Wurfspeers Schwinger Akastus;
Dryas, Hippothous auch und Phönix, gezeugt von Amyntor;
Mit dem aktorischen Paar, der von Elis kommenden Phyleus;
Telamon auch und der Vater des göttergleichen Achilles;
Du, mit Pheres' Sehne, hyantischer Held Jolaus,
Rascher Eurytion auch und im Lauf unerreichter Echion;
Auch der Narycier Lelex und Panopeus folgte, mit Hyleus,
Hippasus, trotziger Kraft, und in Waffen des Jünglinges Nestor;
Auch Hippokoons Söhne, gesandt aus der alten Amyklä;
Du, mit Penelopes Schwäher, parrhasischer Held Ancäus;
Amphykos' ahnender Sohn und des Ökleus Sohn, vor der Gattin
Sicher annoch; Atalanta zugleich vom bebüschten Lycäus.
Oben schloß ihr Gewand mit dem Dorn die geglättete Spange;
Kunstlos lag ihr das Haar in den einzelnen Knoten gesammelt.
Links an der Schulter ertönte der elfenbeinene Köcher,
Voll von Geschossen gedrängt; den Bogen auch führte die Linke.
Also prangte der Schmuck; die Gestalt war zu nennen in Wahrheit
Jungfrau'nhaft an dem Knaben und knabenhaft an der Jungfrau.
So wie er sah, so wünschte der kalydonische Kämpfer
Ihre Huld, entgegen dem Gott; und heimliche Flamme
Schöpft' er, und: O glückselig, wem jen' einst würdiget, sprach er,
Gattin zu sein! Nicht mehreres läßt die Zeit und die Scham ihn
Reden; ein größeres Werk voll großer Entscheidungen dränget.
Ein hochstämmiger Wald, wo kein Zeitalter gehauen,
Steigt von dem Blachfeld' auf und schaut in geneigete Felder.
Hierher zogen die Männer zur Jagd; teils spannen sie Netze,
Teils entkuppeln sie Hund' und teils dem getretenen Fußtritt
Spüren sie nach, und verlangen sich Kampf und Gefahr zu erspähen.
Tief war gehöhlet ein Tal, wo hinab sich pflegte zu senken
Strömender Regenerguß: es beherrscht die morastigen Gründe
Zähe Weid' und kolbiges Schilf und die Binse des Sumpfes,
Schwankes Gesproß, und bei schmächtigem Ried hochsaftige Rohre,
Dorther schwingt sich der Eber voll Wut in die Mitte der Feinde.
Ungestüm, wie der Strahl aus prallenden Wolken hervorzuckt.
Unter dem Anlauf stürzt das Gehölz, und geschmetterte Waldung
Kracht; die Jünglinge schrein laut auf, und strecken mit tapfrer
Rechte Geschosse voraus, woran breit schimmert das Eisen.
Fürchterlich rennt er daher und zersprengt die Hunde, wo bellend
Einer ihn hemmt, und verscheucht sie mit seitwärts mähenden Hauern.
Erstlich entflog das Geschoß, von Echions Arme geschwungen,
Eitel dahin und ritzte mit leichter Wunde den Ahorn.
Wenn das folgende nicht zu große Gewalt des Entsenders
Flügelte, hätt' es vielleicht im erzieleten Rücken gehaftet:
Jenseit flog's: so schnellte der Pagasäer Jason.
Hab' ich stets dich, ö Phöbus, verehrt, ruft Ampykos' Sprößling,
Gib mir, unseren Zweck mit sicherem Schusse zu treffen!
Ihm verlieh, was er konnte, der Gott: denn getroffen von ihm ward,
Doch unverwundet der Eber! den Stahl an dem fliegenden Wurfspieß
Hatte Diana entwandt, und es kam der gestümpfete Schaft nur.
Zorniger tobt das Gewild, und wie Blitz aus den Wolken entbrannt es:
Licht ist der funkelnde Blick, und Glut das Schnauben des Rachens.
Wie ein Gestein abflieget, geschnellt von der schlagenden Feder,
Daß es den Turm voll Kämpfer zerschmettre, oder die Mauern:
So im entschiedenen Sturz auf die Jünglinge rennt das Waldschwein.
Rasch den Eupalamos nun und den Pelagon (rechts in dem Halbmond
Fochten sie) streckt' es dahin; die Gefallenen rafften die Freunde.
Nicht Enäsimus aber entfloh den mördlichen Hieben,
Er des Hippokoon Sohn: da in hastiger Angst er den Rücken
Wandte, versagt' ihm die Sehne des abgehauenen Kniebugs.
Bald auch wäre der pylische Held vor Ilions Zeiten
Weggeblüht; doch empor an gestemmter Lanze sich schwingend,
Klettert' er auf das Gezweig des nächst ihm stehenden Baumes,
Wo er aus sicherer Höh' auf den Feind, der ihn schreckte, hinabsah.
Wild, nachdem er die Hauer am Eichenstamme gewetzet,
Ragt der Verderber daher, und keck auf erneuete Waffen
Taucht er dem Othryaden die rüßlichte Schnauz' in die Hüfte.
Aber die Zwillingsbrüder, noch nicht zwei himmlische Sterne,
Schwebeten beide, geführt von schneeweiß schimmernden Rossen,
In hochprangender Schau; und beid' hellblinkende Speere
Schwangen sie, welche die Luft mit erzitterndem Glanze durchbebten.
Blut wär' ihnen geströmt, wenn der Borstige nicht in des Waldes
Schattigem Dunkel sich barg, dem Speer und dem Roß unerreichbar.
Telamon folget ihm nach; und im unvorsichtigen Eifer
Fällt er gerad auf das Antlitz, gehemmt von der Wurzel des Baumes.
Peleus hebt ihn empor; da legt auf die Senn' Atalanta
Einen geflügelten Pfeil und schnellt vom gekrümmeten Bogen.
Unter dem Ohr eindringend dem Untier, streifet den Leib nur
Oben das Rohr, und rötet mit wenigem Blute die Borsten.
Doch nicht sah den Erfolg des eigenen Schusses die Jungfrau
Fröhlicher, als Meleagros: er schaute zuerst, wie man saget,
Und er zeigte zuerst das geschauete Blut den Genossen,
Und: du gewinnst dir, sprach er, der Tapferkeit Ehrenbelohnung.
Schamrot glüht der Männer Gesicht; sie ermahnen sich eifernd,
Höhen den Mut mit Geschrei und werfen Geschoß durcheinander.
Aber es schadet die Menge, den Schwung der geworfenen wirrend.
Seinem Geschick trotzt wütend der Arkaderheld mit der Streitaxt:
Lernet, wie weit vorgehen den weiblichen, Männergeschosse!
Ruft er umher; und weicht, ihr Jünglinge, meinem Beginnen!
Ob auch Latonia selbst mit eigenen Waffen ihn schütze,
Doch der Diana zum Hohn soll meine Hand ihn vertilgen!
Als der Geblähete so großprahlende Worte geredet,
Jetzt die gedoppelte Axt mit beiden Händen erhebend,
Richtet er hoch sich empor auf wägenden Spitzen der Zehen.
Aber den Kühnen ereilt, und, wo leicht dem Tode die Bahn ist,
Mäht in die Weiche des Bauchs ihm die Zwillingshauer das Untier.
Nieder fällt Ancäus; und voll des klumpigen Blutes
Gleiten die Eingeweid' auf die mordgefeuchtete Erde.
Grad jetzt gegen den Feind, Pirithous, Sohn des Ixion,
Wandeltest du, und schwenktest in nervichter Rechte den Jagdspieß.
Fernher rief der Ägid': O geliebterer Teil mir der Seele,
Mehr denn ich selbst mir geliebt, halt ein! Es geziemt, auch von weitem
Tapfer zu sein! Ancäus erlag durch verwegene Kühnheit!
Rief's, und schwang die mit Erz vorblinkende Last der Kornelle.
Aber wie abgewogen und sicher des Zwecks sie einherflog,
Hemmt' ein belaubeter Ast von Jupiters ragender Eiche.
Äsons Sohn auch warf sein Geschoß: das von jenem der Zufall
Auf das Geschick ablenkte des schuldlos bellenden Hundes,
Und in den Bauch eindringend, den Bauch und die Erde durchbohrte.
Wechselnd trifft dem Öniden die Hand: von zween, die er abschoß,
Stand ein Speer im Lande, der andere mitten im Rücken.
Ohne Verzug, da er tobt, da er rings mit dem Leibe sich umdreht,
Nahet der Wund' Urheber, den Feind anreizend zum Grimme,
Und den begegnenden Bug durchstößt er mit schimmerndem Jagdspieß.
Freude bezeigen ihm laut mit günstigem Ruf die Genossen,
Eilen heran, mit der Rechten die siegende Rechte zu fassen;
Und das entsetzliche Wild, das umher auf den Boden gestreckt lag,
Schauen sie all anstaunend; und noch nicht scheint die Berührung
Sicher genug; doch färbt sich ein jeglicher blutig die Waffen.
Selbst nun stemmt er die Fers' auf das gräßliche Haupt des Verderbers,
Und: Empfange die Beut', Arkaderin, meiner Erobrung!
Sprach er, und möge mit dir mein Ruhm mir kommen zur Teilung!
Schnell, was dem Feind' er entzog, die borstige Hülle des Rückens,
Reichet er ihr, und das Haupt, mit gewaltigen Zähnen gewaffnet.
Innige Freud' ist jener zugleich mit der Gabe der Geber.
Neidvoll sahn es die andern, und rings lief dumpfes Gemurmel.
Aber mit lauterer Stimme die Arm' ausstreckend im Haufen:
Niedergelegt! und erschleiche du Weib nicht unseren Anspruch!
Schrein des Thestius Söhne; daß nicht das Vertrauen der Schönheit
Täuschend dir sei, und entfernt dein zärtlicher Gönner sich halte!
Dann entwenden sie ihr das Geschenk, und das Recht des Geschenks ihm.
Nicht ertrug's der mavortische Held; aufbrausend von Unmut:
Lernet, wie weit, so rief er, o Schmälerer fremden Verdienstes,
Taten von Drohungen stehn! und die Brust Plexippus', des Oheims,
Der nichts dessen besorgte, durchgrub er mit frevelem Eisen.
Toxeus, der den Entschluß noch abwägt, und, wie des Bruders
Rache verlangt, so zugleich des Bruders Schicksal befürchtet,
Läßt er nicht lang abwägen; den Stahl, den der vorige Mord noch
Wärmte, wärmt er von neuem mit gleichentsprungenem Blute.
Dank den Unsterblichen trug für den siegenden Sohn in die Tempel,
Als man zurück ihr brachte die Bruderleichen, Althäa.
Heftig zerschlägt sie den Leib, und erfüllt mit Geheule des Jammers
Rings die Stadt; und das goldne Gewand vertauscht sie mit schwarzem.
Aber sobald kund wurde des Mords Urheber, entsank ihr
Aller Gram, von den Tränen zur Lust der Strafe sich wendend.
Dort war ein Scheit, den, als der Geburt entladen Althäa
Ruht', in die Flamme gelegt die dreifach waltenden Schwestern.
Dann mit geschäftigem Daum das Gespinst der Schicksale spinnend,
Sagten sie: Einerlei Zeit sei dem Holze beschert und dir selber,
Neugeborenes Kind. Nach so gesprochenem Segen
Schieden die Göttinnen weg. Den lodernden Brand aus dem Feuer
Raffte die Mutter hervor, und sprengt' ihn mit lauteren Fluten.
Lange bereits lag dieser verwahrt in den innersten Kammern,
Wo der erhaltene dir dein Leben erhielt, o du Jüngling.
Jetzo enttrug ihn die Mutter, und hieß Kienstäbe mit Reisig
Häufen, und sandt' in den Haufen die Macht des verheerenden Feuers.
Viermal strebt sie nunmehr, den Ast in die Flamme zu legen,
Viermal zuckt sie zurück: es streiten sich Mutter und Schwester,
Und zu Verschiedenem ziehn ein Herz zween kämpfende Namen.
Oft erblaßte vor Angst der nahenden Sünde das Antlitz;
Oft durchglühte die Augen der Zorn mit eigener Röte.
Bald dann, ich weiß nicht welcher, entsetzlichen Drohungen Abbild
War ihr Gesicht; bald wieder von Mitleid sprach's und Erbarmung.
Und wann die Tränen versiegt in der dörrenden Flamme des Herzens,
Quollen doch andere Tränen und andere. So wie ein Nachen,
Welchen der Wind, und dem Wind' ankämpfende Strömung dahinrafft,
Doppelte Macht empfindet und schwankt in geteiltem Gehorsam:
Also Thestius' Tochter; durch streitige Regungen irrend,
Legt sie den Zorn umeinander, und weckt den gelegten wieder.
Dennoch beginnt die Schwester das Mutterherz zu besiegen;
Und blutsfreundliche Schatten mit Blut zu besänftigen, übt sie
Grausame Zärtlichkeit aus. Denn sobald das vertilgende Feuer
Loderte: Brenne denn, rief sie, mein Fleisch in den Gluten des Todes!
Und wie in schrecklicher Hand sie das Holz des Jammergeschicks hielt,
Wankte sie unglückselig hinan zu dem Leichenaltare.
Ihr, des grausen Vergelts drei Göttinnen, sprach sie, o wendet,
Eumeniden, den Blick zu unserem Furienopfer!
Untat straf' ich und tu' ich! Der Tod sei mit Tode gesühnet!
Frevel werde zu Frevel gefügt, zu den Leichen die Leiche!
Durch anwachsende Trauer vergehe das Haus des Verbrechens!
Öneus soll, ein Beglückter, des siegenden Sohnes sich freuen?
Kindlos Thestius sein? Anständiger grämet euch beide!
Ihr, o Bruderseelen, der Tief' Ankömmlinge, fühlt nur,
Was ich tue für euch, und empfaht das teuer gekaufte
Totengeschenk, die entartete Frucht des eigenen Schoßes!
Wehe! wo taumel' ich hin? O verzeiht, ihr Brüder, der Mutter!
Mir versagt zum Beginnen die Hand! Wohl hat, ich bekenn' es,
Jener zu sterben verdient; nur des Tods Urheber mißfällt mir!
Ungestraft denn soll er entgehn? und lebend, und Sieger,
Und vom Erfolg' aufschwellend, behauptet er Kalydons Herrschaft?
Weil als winziger Staub ihr liegt, und erkältete Schatten?
Nimmer duld' ich es, nimmer! Der Freveler sterb'; und des Vaters
Hoffnung zerfalle mit ihm, und das Reich, und die Heimat in Trümmer!
Herz der Mutter, wohin? wo zärtliche Bande der Eltern?
Und, die ich ringend ertrug, ihr zehn mühseligen Monden?
Wärest du doch als Kind in der Erstlingsflamme verlodert!
Hätt' ich es nimmer gestört! Ich schuf dir Leben: du selber
Schufst dir den Tod! Nimm jetzo den Lohn hin! und was ich zweimal,
Erst durch Geburt dir verlieh, und bald durch Entreißung des Brandes,
Gib dein Leben zurück, sonst wirf mich ins Grab zu den Brüdern!
Welcher Entschluß! Gern wollt' ich, und kann nicht! Bald vor den Augen
Stehn mir die Brüder in Blut, und des gräßlichen Mordes Erscheinung;
Bald von Zärtlichkeit bricht mir das Herz, und von Muttergefühlen!
Weh mir! ein unglückseliger Sieg! doch sieget, ihr Brüder!
Nur dem verliehenen Trost, und euch, ihr Trautesten, folg' ich
Selber sofort! – So sprach sie; und abgewendet das Antlitz,
Warf sie mit zitternder Rechte den Leichenbrand in die Flammen.
Wahrhaft, oder zum Schein, entwimmerten klagende Seufzer
Jenem Scheit, da ein Raub unwilliger Flammen er brannte.
Unbewußt und entfernt, wird auch Meleagros vom Feuer
Ganz durchglüht; und er fühlt, sein inneres Leben versenge
Heimlicher Brand. Doch hemmt er mit Kraft die gewaltigen Schmerzen.
Daß er indes blutlos unrühmlichem Tode dahinsinkt,
Füllt ihn mit Gram; und er preist des Ancäus glückliche Wunden.
Seinen Vater, den Greis, den Bruder, die zärtlichen Schwestern,
Rufet er, und die Gemahlin, zuletzt mit seufzendem Munde;
Auch die Mutter vielleicht. Es wächst mit der Flamme der Schmerz an,
Und er ermattet mit ihr; zugleich erloschen sie beide,
Und in die wehenden Lüfte verflog allmählich der Atem.
Kalydon sinkt von der Höh'; und Jünglinge trauern und Greise;
Fürsten und Volk wehklagen ihr Leid; und zerrissenen Haares
Schlagen die Brust am Euenos die kalydonischen Mütter.
Haupt und greisendes Haar entstellt mit Staube der Vater,
Hingestreckt auf die Erd', und verwünscht sein säumendes Leben.
Denn die Mutter vollzog, sich bewußt der entsetzlichen Untat,
Strafe mit eigener Hand, in den Leib sich stoßend den Mordstahl.
Nicht, ob ein Gott mir hundert ertönende Munde mit Zungen
Schenkt', und umfassenden Geist, und des Helikons sämtliche Weisheit,
Redet' ich ganz den Jammer der unglückseligen Schwestern.
Reiz nicht achtend, noch Zier, zerbläuen sie nackende Brüste;
Und weil dauert der Leib, wird umschlungen der Leib und geherzet,
Wird er selber geküßt, und geküßt das gebreitete Lager.
Als die Asche zerfiel, da streun sie die Asch' um die Brüste,
Liegen gestreckt am Hügel der Gruft, und umarmen des Marmors
Namenzüg', und betränen die teuersten Namen mit Wehmut.
Satt nun endlich vom Grame des parthaonischen Hauses
Hüllt, bis auf Gorge allein und die Schnur der edlen Alkmene,
Allen Diana den Leib mit dem Wuchs leichthebender Federn,
Streckt an den Armen entlang weitreichende Flügel, und spitzet
Hornig den Mund; es entfliegt die verwandelte Schar in die Lüfte. |