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Anerkannt durch Verdienst ringsher in den Städten Achajas
War des Tiresias Ruhm, und groß der Name des Sehers.
Pentheus, Sohn des Echion, entehrt' ihn einzig von allen,
Stets ein Götterverächter; des schicksalredenden Greises
Lacht' er; die Dunkelheit selbst, und das Leid des genommenen Lichtes,
Schmähet' er. Jener bewegte die silberhaarigen Schläfen,
Und: Wie wärest du glücklich, wenn du auch, sprach er, des Lichtes
Würdest beraubt, damit du die bacchische Feier nicht sähest!
Schon wird nahen der Tag, schon ahnet mir, daß er nicht fern sei,
Da das neue Geschlecht der Semele, Liber, hierher kommt.
Wenn du den nicht würdig mit Tempeldienste verehrest;
Klein zerstückt und gestreut in die Gegenden, wirst du die Wälder
Röten mit Blut, und die Mutter zugleich und die Schwester der Mutter.
Solches geschieht: nicht wirst du die Gottheit würdig verehren.
Daß nur zu viel ich gesehn in der Dunkelheit, klagest du künftig.
Als er solches geredet, verjagt ihn der Sohn des Echion.
Treu ist der Reden Erfolg, und zum Ausgang eilt die Verkündung.
Liber erscheint; und es brausen von Festgeheul die Gefilde.
Aufruhr schwärmt; und zu Männern gesellete Mütter und Schnüre,
Niedrige drängen und Hohe zur neuankommenden Feier.
Welcherlei Wut, Mars' Enkel, o Schlangengeborene, rührt euch
So wie ein Donner den Geist? ruft Pentheus. Mögen denn Erze,
Schlagend an Erz, so viel, und das krummgehörnete Schallrohr?
Oder der magische Trug? daß euch, die das kriegende Schwert nie,
Noch die Trompete geschreckt, noch zuckende Waffen des Heeres,
Weiblicher Stimmen Geschrei, und vom Wein aufgärender Wahnsinn,
Und unmännlicher Schwarm, und die nichtige Trommel besieget?
Staun' ich um euch, ihr Greise, die fern ihr gekommen durch Meerflut,
Und hier Tyros gebaut, hier flüchtige Götter gesiedelt;
Daß unkriegrisches Volk sie erobere? oder um euch dort,
Jünglinge, näher an Frische mir selbst; ihr, denen die Rüstung
Für den umwundenen Stab, und der Helm anstand für den Laubkranz?
Seid mir doch eingedenk, aus welcherlei Stamm ihr erwuchset!
Nehmt von jenem den Mut, der allein so viele getötet,
Eurem Ahn, dem Drachen! Für Teich und quellenden Sprudel
Starb er; o sieget doch ihr in Verteidigung eueres Ruhmes!
Tapfere gab er dem Tode; vertreibt ihr jetzo die Feigen,
Daß den geerbeten Glanz ihr zurückruft! Gönnte der Stadt nicht
Lange zu stehn das Geschick; o donnerten wider die Mauern
Männer und Schleudergerät, und rasselte Eisen und Flamme!
Elend wären wir dann, doch schuldlos; und wir beklagten
Nicht ein verhehletes Los; unbeschämt entflösse die Träne.
Nun soll ein Knab' uns Thebe, ein Waffenloser, erobern?
Denn nicht freuet der Krieg, noch Wehr, noch streitbare Rosse;
Sondern das Haar mit Myrrhen getränkt, und weiche Bekränzung,
Purpur, und buntes Gewand, durchwirkt mit funkelndem Golde?
Ha! mir soll er sogleich, wenn ihr nur scheidet, bekennen
Seinen erlogenen Dienst, und den angenommenen Vater!
Hatt' Akrisius Mut, zu verachten die eitele Gottheit,
Und dem kommenden Gott die argolischen Tore zu schließen;
Aber den Pentheus schreckt, mit der sämtlichen Thebe, der Fremdling?
Gehet mir rasch (so gebeut er den Dienenden), geht, und den Führer
Her in Banden geschleppt! ungesäumt den Befehl mir vollendet!
Ihn straft Kadmus der Ahn, ihn Athamas, ihn der Verwandten
Übrige Schar laut tadelnd, und mühn sich umsonst, ihn zu hemmen.
Bitterer macht die Ermahnung, und heftiger schwillt und empört sich
Ihm die gehaltene Wut; und die Linderung selber ereifert.
Also, wo nichts in dem Fall ihn hinderte, sah ich den Gießbach
Sanfter hinab von der Höhe mit linderem Rauschen gerollet;
Doch wo Gebälk abhielt und vorgebaueter Felsdamm,
Schaumiger dort aufbrausend, vom Zwang noch zorniger, stürzt' er.
Schau', nun kehren sie blutig zurück. Wo Bacchus denn bleibe?
Fragt ihr Herr. Den Bacchus, erwidern sie, sahen wir nirgend.
Diesen Begleiter indes und Mitgenossen des Dienstes
Nahmen wir. Hier empfah' ihn, die Händ' auf den Rücken gefesselt,
Der dem gefeierten Gott aus dem Volk der Tyrrhener gefolgt war.
Pentheus schauete diesen mit furchtbaren Augen des Grimmes;
Und obgleich er die Strafe nur kaum aufschob: O Verruchter,
Rief er, dem Tode bestimmt, und anderen warnendes Beispiel!
Sage, wie heißt dein Nam', und der Eltern Nam', und der Heimat?
Warum folgst du dem Zuge der neuaufkommenden Feier?
Furchtlos jener darauf. Mein Nam' ist, sprach er, Acötes;
Heimat Mäonia mir; von niedrigem Volke die Eltern.
Nicht ein Feld, zu bestellen mit kräftigen Farren, ererbt' ich,
Auch nicht wollige Schafe noch Rinderherden vom Vater.
Dürftig war er auch selbst: mit Schnur und hakiger Angel
Täuscht' er, und zog mit dem Rohre die hüpfenden Fisch' an das Ufer.
Ihm war Hab' und Vermögen die Kunst; er lehrte die Kunst mir:
Nimm, was ich habe, mein Sohn, des Betriebs Nachfolger und Erbe,
Sprach er, o nimm mein Alles; und nichts verließ er mir sterbend,
Außer die Flut; das nenn' ich allein mein väterlich Erbteil.
Bald darauf, nicht immer an einerlei Klippen zu haften,
Lernt' ich hinzu, das Steuer mit lenkender Rechte dem Fahrzeug'
Umzudrehn; auch das Regengestirn der olenischen Ziege,
Samt Plejad' und Hyad', und die leuchtende Bärin, bemerkt' ich;
Auch die Häuser der Wind', und wohlanlandbare Hafen.
Als ich gen Delos einmal hinsteuere, land' ich an Ceia,
Mit rechtzeitigem Ruder heran die Gestade mir ziehend.
Leicht entsprang ich dem Bord und betrat den gefeuchteten Meersand.
Schon war vergangen die Nacht; und sobald errötend Aurora
Schimmerte, steh' ich auf, und erinnere, frisches Gewässer
Einzutragen, und zeige den Weg, der führe zum Sprudel.
Selbst ersteig' ich den Hügel, und was die Luft mir verheiße,
Schau' ich umher; dann ruf' ich die Schar, und kehre zum Schiff um.
Heda, wir sind's! antwortet des Schiffsvolks erster, Opheltes;
Und den vermeineten Raub, den er fand im leeren Gefilde,
Führet er längs dem Gestade, den jungfrauähnlichen Knaben.
Jener, der wie betäubt von Wein und Schlummer einherwankt,
Folget ihm kaum. Ich betrachte den Schmuck und den Gang und das Antlitz;
Nichts, in der ganzen Gestalt dem Sterblichen Ähnliches sah ich.
Und ich erkannt' es, und sprach zu den Meinigen: Welcherlei Gottheit
Jenen bewohn', ist dunkel; doch Gottheit wohnet in jenem!
Wer du auch bist, sei gnädig, und gibt uns Segen zur Arbeit!
Woll' auch diesen verzeihn! – Für uns nicht brauchst du zu beten!
Ruft mir Diktys darauf, der gewandt wie keiner die höchsten
Rahen erklomm, und gewandt am ergriffenen Taue herabglitt.
Libys lobet das Wort, und des Vorschiffs Hüter Melanthus;
Auch Alcimedon lobt; und der mit Gesange den Rudern
Maß den geordneten Schlag, der Mutanreizer, Epopeus;
Alle die anderen auch: so blendet sie gierige Raubsucht!
Nein! daß die heilige Last die Bark' uns beschädige, ruf' ich,
Das soll nimmer geschehn! hier trag' ich selber die Obmacht!
Und ich streb' entgegen am Eingang. Wütender tobt noch
Lykabas, frech vor allen, der ausgejagt in Verbannung
Floh aus der thuskischen Stadt, zur Strafe des gräßlichen Mordes.
Mich Abwehrenden packt er mit nerviger Faust an der Gurgel,
Würgend, und hätte vom Bord in das Meer mich gestoßen, wofern nicht
Hangen ich blieb, auch betäubt wie ich war, an dem Seile mich haltend.
Beifall lacht der frevelnde Schwarm. Jetzt hebet sich Bacchus
(Denn kein anderer war's), als ob vom Geschrei sich der Schlummer
Lösete, und nach dem Rausch in die Brust umkehrte Besinnung:
Welch ein Lärm? Was, ruft er, geschieht? Wie, saget mir, Schiffer,
Wie doch kam ich hierher? und wohin mich zu bringen gedenkt ihr?
Sei nicht bange, mein Sohn, sprach Prorcus. Nenne den Hafen,
Den zu erreichen du strebst, wir setzen dich dort an das Ufer.
Steurt, antwortete Liber, den Lauf des Schiffes gen Naxos.
Dort gehör' ich zu Haus; auch findet ihr gute Bewirtung.
Trughaft schwören sie das, bei dem Meer und allen Gewalten.
Und ich spanne gemahnt dem bebilderten Schiffe die Segel.
Rechts war Naxos entfernt. Da ich rechtshin stelle die Leinwand:
Was, o Rasender, machst du? wie plagt dich, Acötes, der Wahnsinn?
Schreit ein jeder daher. Links wende dich! winken die meisten
Mir durch Blick' und Gebärd', und zischeln ins Ohr mir die andern.
Staunend der Tat: So empfang' ein anderer jetzo die Lenkung!
Rief ich, und zog mich zurück vom Dienste der Kunst und des Frevels.
Alle schelten und schmähn, und umher rauscht dumpfes Gemurmel.
Aber Äthalion ruft: Fürwahr, ganz trägest du einer
Unser gemeinsames Wohl! und der Höhnende tritt an das Steuer,
Mein Geschäft zu versehn, und abwärts lenkt er von Naxos.
Siehe, der täuschende Gott, als ob er nun den Betrug erst
Ahnete, schaut von der Wölbung des Hinterverdecks in die Meerflut.
Und dem Weinenden gleich: Nicht dort die Gestade verhießt ihr,
Ruft er, Genossen des Schiffs; nicht dort zu landen begehrt' ich.
Was Strafwürdiges tat ich an euch? Was habt ihr des Ruhmes,
Wenn mich Knaben ihr Jünglinge täuscht, mich einen so viele?
Längst schon floß mir die Träne. Des Weinenden lachen die Frevler
All, und drängen die Woge mit schnell geschwungenen Rudern.
Bei ihm selber nunmehr (denn nicht ein anderer Gott ist
Näher denn er) beschwör' ich, so wahr ist meine Verkündung,
Als sie den Schein des Wahren verläßt. Unbewegt in den Wogen
Stand nicht anders das Schiff, als ständ' es auf trockenem Werfte.
Voll Verwunderung schwingen sie rasch die Ruder, und rollen
Schleunig die Segel herab, um mit doppelter Kraft zu enteilen.
Efeugerank umstrickt in verschlungenen Knoten die Ruder
Kriechend umher, und streift mit doldigen Blumen die Segel.
Selbst die Stirn' in den Kranz vollbeeriger Trauben gehüllet,
Schwingt er den grünenden Schaft mit zierlich gewundenem Weinlaub.
Rings umruhn ihn Tiger, und nichtige Schatten der Lüchse,
Auch graunvolle Gestalten der buntgesprenkelten Pardel.
Wild nun sprangen die Männer empor; ob es wirkte der Wahnsinn,
Oder die Angst. Und Medon zuerst trägt dunkelnde Flossen
Am hinsinkenden Leib', und krümmt den gewölbeten Rückgrat.
Ihm ruft Lykabas zu: In was für Wundergestalt doch
Wandelst du dich? Breit zog sich des Redenden Maul mit geschweifter
Schnauze herum, und Schuppen gewann die erhärtende Haut ihm.
Libys, mit Macht andrängend die fest anstehenden Ruder,
Schaut, wie in kürzeren Raum einlaufen die Händ', und wie Hände
Jene nicht mehr, nein, schon Floßfittiche können genannt sein.
Einer der Arm' ausstreckend, umwickelte Seile zu lösen,
Sieht sich der Arme beraubt; mit gestümmeltem Rumpfe sich buckelnd,
Springt er hinab in die Wog'; und es läuft zur Sichel der Schwanz aus,
Mit dem gehalbeten Monde sich krumm einschmiegen die Hörner.
Ringsum heben sie Sprüng', und taun mit besprengendem Tropfen,
Tauchen hinab in die Flut, und tauchen empor zu der Fläche,
Walzen und drehn, wie im Tanze, sich wild, und die üppigen Leiber
Tummeln sie, hoch aufblasend das Meer aus offenen Nüstern.
Und von Zwanzigen eben, denn soviel führte die Barke,
War ich übrig allein. Da ich bang' und erkaltet vor Schrecken
Zittere, kaum bei mir selbst, erweckt mich der Gott durch den Zuspruch:
Schütt' aus dem Herzen die Furcht, und halt' auf Dia. Gelandet
Zünd' ich Opferaltäre, dem bacchischen Dienste mich weihend.
Willig liehn wir das Ohr, sprach Pentheus, deinem gedehnten
Umschweif, daß durch Verweilung der Zorn die Kräfte verlöre.
Rasch ihn hinweg, ihr Diener, gerafft! mit den gräßlichsten Foltern
Quält ihm den Leib, und sendet zur stygischen Nacht ihn hinunter!
Stracks wird von dannen geschleppt, und gesperrt, der Tyrrhener Acötes,
In ein gediegnes Verschloß. Und indem des befohlenen Todes
Schreckliches Martergerät sie bereiten, Eisen und Flamme,
Schlossen von selbst die Pforten sich auf, und entsanken den Armen,
Also verkündet der Ruf, von selbst ungelöset die Fesseln.
Dennoch beharrt der Tyrann. Nicht heißt er gehen; er selber
Wandelt dahin, wo, gewählt zur heiligen Feier, Cythäron
Laut vom Gesang aufschwoll, und dem schwärmenden Ruf der Bacchanten
So wie ein feuriges Roß, wann aus hallendem Erze der Kriegsruf
Schmetterte, mutvoll braust, und begieriger strebt in die Feldschlacht:
So ward Pentheus erregt, da langes Geheul durch den Äther
Rollt'; und der gellende Hall, der daherklang, schürte den Zorn auf.
Fast um die Mitte des Bergs, in dem Kreis' umgürtender Wälder,
Ist, von Bäumen entblößt, ein rings durchsehbares Blachfeld.
Als er das Heilige dort mit entweihenden Augen betrachtet,
Schaut ihn zuerst, wird zuerst von des Wahnsinns Trieben erreget,
Schwingt den verletzenden Thyrsus zuerst auf Pentheus die Mutter.
Kommt doch, Io! ruft diese, heran kommt beid', ihr Geschwister!
Jenen gewaltigen Eber, der uns die Gefilde durchschweifet,
Stürzt ihn, den Eber, in Blut! Hin rennen sie all auf den einen,
Tobend im Schwarm; und alles vereinet sich, alles verfolgt ihn,
Der schon zagt, schon Worte geminderter Heftigkeit redet,
Schon sich selber verdammt, schon selbst das Vergehen bekennet.
Rette mich! rief er, verwundet: Autonoe, Schwester der Mutter,
Rette mich doch! dir rühre das Herz der Schatten Aktäons!
Doch nichts weiß von Aktäon ihr Herz; und des Flehenden Rechte
Riß sie hinweg; und die andre verstümmelte Ino entraffend.
Nicht kann Arme nunmehr der Elende strecken zur Mutter;
Sondern den Rumpf nur zeigend, entblößt der zerstreueten Glieder,
Schaue doch, ruft er, o Mutter! Es schaut und heulet Agaue,
Schwingt im Taumel den Hals, und bewegt durch die Lüfte das Haupthaar;
Und das entrissene Haupt mit blutigen Fingern umfassend,
Schreit sie: Io! ihr Gespielen, der Sieg ist unser, ist unser!
Schnell, wie die Blätter des Baums, die gestreift durch herbstliche Kälte,
Kaum an dem Stiel noch haften, der Wind abreißet vom Wipfel,
Wurden die Glieder des Manns von frevelnden Händen zerrissen. |