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NAch dem wir von den dingen gehandelt haben / folgen jetzund die worte; wie es der natur auch gemeße ist. Denn es muß ein Mensch jhm erstlich etwas in seinem gemüte fassen / hernach das was er gefast hat außreden. Die worte bestehen in dreyerley; inn der elegantz oder ziehrligkeit / in der composition oder zusammensetzung / vnd in der dignitet vnd ansehen.
Die ziehrligkeit erfodert das die worte reine vnd deutlich sein. Damit wir aber reine reden mögen / sollen wir vns befleissen deme welches wir Hochdeutsch nennen besten vermögens nach zue kommen / vnd nicht derer örter sprache / wo falsch geredet wird / in vnsere schrifften vermischen: als da sind / es geschach / für / es geschahe / er sach / für / er sahe; sie han / für sie haben vnd anderes mehr: welches dem reime auch bißweilen außhelffen sol; als:
Der darff nicht sorgen für den spot / Der einen schaden kriegen hot. |
So stehet es auch zum hefftigsten vnsauber / wenn allerley Lateinische / Frantzösische / Spanische vnnd Welsche wörter in den text vnserer rede geflicket werden; als wenn ich wolte sagen:
Nemt an die courtoisie, vnd die deuotion, Die euch ein cheualier, madonna, thut erzeigen; Ein' handvol von fauor petirt er nur zue lohn / Vnd bleibet ewer Knecht vnd seruiteur gantz eigen. |
Wie seltzam diese nun klinget / so ist nichts desto weniger die thorheit innerhalb kurtzen Jahren so eingeriessen / das ein jeder der nur drey oder vier außländische wörter / die er zum offtern nicht verstehet / erwuscht hat / bey aller gelegenheit sich bemühet dieselben herauß zue werffen / Da doch die Lateiner eine solche abschew vor dergleichen getragen / das in jhren versen auch fast kein griechisch wort gefunden wird / das zwar gantz griechisch ist. Dann Juuenalis setzet inn einem orte ζωὴ καὶ ψυχὴ eben dieselben auß zue lachen / die sich in jhren buhlereyen mit griechischen wörtern behelffen: in dem andern orte aber thut er es darumb / das er die schändliche sünde / daran Christen auch nicht gedencken sollen / lateinisch auß zuesprechen abschew treget: wiewol er sonsten kein blat für das maul nimpt. Was aber die nomina propria oder eigentlichen namen der Götter / Männer vnd Weiber vnd dergleichen betrifft / dürffen wir nach art der Lateiner vnd Griechen jhre casus nicht in acht nemen / sondern sollen sie so viel möglich auff vnsere endung bringen. Als / ich mag künlich nach der Deutschen gebrauche sagen:
Der schnelle plitz / des Jupiters geschoß /
vnd nicht / des Jovis. Item / der Venus pfeile / nicht veneris. Wie es denn auch die Römer mit den griechischen wörtern machen. Die Frantzosen gleichfals. Bartaß in seinem Buche / dem er den titel die Herrligkeit gegeben:
Vn grand Gymnosophiste, vn Druyde, vn Brachman.
Item die Hollender. Als Heinsius:
van daer is zij gegaen By Thetis haer vrindin / en sprack Neptunus aen. |
Doch können wir anfanges / weil es in vieler ohren noch etwas harte lautet / etliche lateinische endungen noch gebrauchen / biß wir in die gewonheit kommen sind. Als wenn ich der Erinnen / die Stobeus anzeucht / verß geben wolte.
Χαι̃ρέ μοι Ρώμα θυγάτηρ Αρηος,
mag ich wol setzen:
O Rom / des Martis kind / sey sehr gegrüßt von mir; denn im fall ich spreche / O Rom / du kind des Mars / möchte es vielen zue anfange seltzam vorkommen.
Die diphthongi oder doppeltlautenden Buchstaben / weil sie bey vns nicht vblich / dürffen nur mit dem selblautenden buchstaben geschrieben werden / dessen thon sie haben; als Enéas / Eschylus / Mecenas &c.
Newe wörter / welches gemeiniglich epitheta, derer wir bald gedencken werden / vnd von andern wörtern zuesammen gesetzt sindt / zue erdencken / ist Poeten nicht allein erlaubet / sondern macht auch den getichten / wenn es mässig geschiehet / eine sonderliche anmutigkeit. Als wenn ich die nacht oder die Music eine arbeittrösterinn / eine kummerwenderinn / die Bellona mit einem dreyfachen worte kriegs=blut=dürstig / vnd so fortan nenne. Item den Nortwind einen wolckentreiber / einen felssen stürmer vnd meer auffreitzer: wie jhn Ronsardt (denn die Frantzosen nechst den Griechen hierinnen meister sind) im 202. Sonnet seines andern buches der Buhlersachen heisset:
Fier Aquilon horreur de la Scythie, Le chasse-nue, & l'esbransle-rocher, L'irrite-mer. |
Welches auß dem Ouidio genommen ist.
Apta mihi vis est, hac tristia nubila pello, Hac freta concutio, nodosaque robora verto. |
Solches stehet auch an seinem orte bey den Lateinern nicht vbel; als da Catullus saget in seinem vberauß schönen getichte vom Atys:
Vbi cerua syluicultrix, vbi aper nemoriuagus Vnd Publius Syrus von dem storche:
Pietaticultrix, gracilipes, crotalistria, Auis exulhiemis. |
In welchen erfindungen Joseph Scaliger zue vnserer zeit meines bedünckens alle andere / auch die alten selber / vbertroffen.
Darbey aber vns Deutschen diß zue mercken ist / das das nomen verbale, als treiber / stürmer / auffreitzer / &c. allzeit / wie bey den Lateinern / muß hinten gesetzt werden; wie der der Frantzosen gebrauch / derer sprache es nicht anders mit sich bringt. So Heinsius in dem Lobgetichte des Weingottes / welches er auch zum theil von dem Ronsardt entlehnet:
Nacht=looper / Heupe=soon / Hooch=schreeuwer / Groote=springer/ Goet=geuer / Minne=vrient / Hooft=breker / Leeuwen=dwinger / Hert=vanger / Herßen=dief / Tong=binder / Schudde=bol / Geest=roerder / Waggel=voet / Staet=kruijßer / Altijet=vol. |
Vnd nach meiner verdolmetschung:
Nacht=leuffer / Hüffte=sohn / Hoch=schreyer / Lüfften=springer / Guet=geber / Liebes=freundt / Haupt=brecher / Löwen=zwinger / Hertz=fänger / Hertzen=dieb / Mund=binder / Sinnen=toll / Geist=rhürer / wackel=fuß / Stadt=kreischer / Allzeit=voll. |
Wie denn auch sonsten die epitheta bey vns gar ein vbel außsehen haben / wenn sie hinter jhr substantiuum gesetzet werden / als: Das mündlein roth / der Weltkreiß rund / die hände fein; für: das rothe mündlein / der runde weltkreiß / die feinen hände / &c. wiewol bey vnsern reimenmachern nichts gemeiner ist.
So bringen auch die Frantzosen newe Verba herfür / welche / wenn sie mit bescheidenheit gesetzet werden / nicht vnartig sind. Als Ronsardt brauchet in einer Elegie an die Caßandra / das wort Petrarquiser, das ist / wie Petrarcha buhlerisch reden brauchen:
Apprendre l'art de bien Petrarquiser.
Vnd ich habe es jhm mit einem anderen worte nachgethan / da ich die Leyer anrede:
Jetzt solt du billich mehr als wol O meine lust / Pindarisiren. |
Ich darff aber darumb nicht bald auß dem Frantzösischen sagen: approchiren, marchiren; oder auß dem Lateine: dubitiren, seruiren; gaudiren, wie zwar die zue thun pflegen / die eher jhre Muttersprache verterben / als das sie nicht wollen sehen laßen / das sie auch was frembdes gelernet haben.
Wie nun wegen reinligkeit der reden frembde wörter vnnd dergleichen mußen vermieden werden; so muß man auch der deutligkeit halben sich für alle dem hüten / was vnsere worte tunckel vnd vnverstendtlich macht. Als wann ich sagen wollte: Das weib das thier ergrieff. Hier were zue zweiffeln / ob das weib vom thiere / oder das thier vom weibe were ergrieffen worden: welches die Griechen eine αμφιβολίαν nennen.
Der πλεονασμὸς, da etwas vbriges gesaget wird / verstellet auch die rede zue weilen nicht wenig. Als wann ich spreche:
Ein schwartzes Kind das nicht war weiß;
weil es sich wol ohne diß verstehet. So wie Pansa sagete: Das Kind were von der Mutter zehen monat im leibe getragen worden: fragete Cicero: ob andere weiber die kinder im rocke trügen. Doch hilfft bißweilen das was vbrig hinzue gesetzet wird auch zu auffmutzung der rede. So saget Virgilius:
Vocemque his auribus hausi.
Mit meinen ohren hab' ich es vernommen;
zue mehrer bestetigung deßen das er erzehlet.
Die αναστροφὴ oder verkehrung der worte stehet bey vns sehr garstig / als: Den sieg die Venus kriegt; für: Die Venus kriegt den sieg. Item: Sich selig dieser schätzen mag; für: Dieser mag sich selig schätzen. Vnnd so offte dergleichen gefunden wird / ist es eine gewiße anzeigung / das die worte in den verß gezwungen vnd gedrungen sein.