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II. Theil


Erstes Kapitel.

Von den gräulichen Schandbildern derer Protestirenden uf die Kaiserliche Majestät, item: wie ich im Kretscham eine große Fahr bestanden und zum Müller Strauchmann in Bohrschnitz gekommen.

In währendem ich also heimkehrete, ward das Kriegsgeschrei im ganzen Teutschland immer größer. Ueberall in katholischen Städten, Flecken und Dörfern wurde das hochwürdigste Gut, auch die Reliquien der Heiligen ausgesetzt, Prozessionen gehalten und Gott angerufen, die Ketzerbrut mit Stumpf und Stiel zu vertilgen.

Hergegen feierten die Protestirenden auch nicht. Schimpfeten auf den falschen Kaiser: daß er erstlich gesaget und überall in Truck ausgehen lassen »sie thäten ihme Gewalt und Unrecht, daß sie ihme zumutheten, er wölle Gottes Wort verletzen, und Land und Städte, Baur und Bürger tödten, morden und umbringen, anerwogen er nur die Fürsten züchtigen wölle, so Kirchen und Klöster ihres Gefallens gebrochen und an sich gebracht, also Richter in ihrer eigenen Sach gewest.«

Denn nunmehro, da es klar und offenbarlich, daß er sich mit dem höllischen Antichrist in Rom verbunden, wär er ein Lügner und Verräther der lieben teutschen Nation, und Niemand nicht ihme Gehorsam schuldig. Ja, wer ihm beistünde, thäte so viel, als wenn er den frommen Dr. Luther umbrächte. Darum hatten die Pfaffen Lutheri Bildniß mit einem Heiligenschein auf der Canzel, hieltens dem Volke für, und vermahneten es, dem Pabst und Kaiser zu fluchen. Denn hätte Lutherus gefluchet, könnten und müßten sie alle ihme nachfluchen; so würds gewiß helfen. Selbiger sage aber: »Ich Luther kann nicht beten, ich muß dabei fluchen. Soll ich sagen: geheiliget werde dein Name, muß ich dabei sagen: verflucht, verdammt, geschändet müssen werden Papisten Name und Aller, die deinen Namen lästern. Soll ich sagen: dein Reich komme; so muß ich dabei sagen: verflucht, verdammt, verstöret müsse werden das Pabstthum, sammt allen Reichen, die deinem Reich zuwider sind. Soll ich sagen: dein Wille geschehe; so muß ich dabei sagen: verflucht, verdammt, geschändet und zu nichte müssen werden alle Gedanken und Anschläge der Papisten. Wahrlich so bete ich alle Tag mündlich und mit dem Herzen, ohne Unterlaß, und mit mir Alle, die an Christum gläuben, und fühle auch wohl, daß es erhöret wird.« In der Schrift wider den Meuchler zu Dresden, Joh. Cochläum. Altenb. Ausg. Tom. V. fol. 566. b. In der That wurde Luthers Bild mit einem Heiligenschein versehen, überall nach seinem Tode verkauft. Ich kann jedoch das betreffende Citat augenblicklich nicht wieder auffinden.

So habe dieser fromme Mann, den sie allhie sähen (zeiget auf das Bilde) alle Tage gefluchet, ergo müßten sie jetzt auch alle Tage fluchen; so würden sie ebenmäßig fühlen, daß es erhöret würd, und die leidigen Satanskinder Pabst und Kaiser, müßten noch heuer in den höllischen Abgrund versinken, gestalt der Herr Christus selbsten sage: wo zween unter Euch eins werden auf Erden, warum es ist, das sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Matth, am 18.

* * *

Hatten auch allerlei Pasquilla und Schandbilder uf die Kaiserliche Majestät gemacht, so wir an vielen Orten an den Straßenecken angekleibt funden, als den berupften teutschen Aar, item wie der Pabst mit Gunst zu melden, den Kaiser Carolum aus seinem Hintern zur Welt brachte; S. Scheerer Bücher und Traktätlein Thl. II. S. 54. und wird man balde hören, wie gräulichen selbige Bilder gewest. Denn um eines zu melden; als wir in einem sächsischen Flecken ankämen, wurden wir schon von Fernen einen großen Hauf Volks entwahr, so sich mit gräulichem Rumore, Kreischen und Wiehern umb ein Bilde drängete, das hoch am Thore für aller Augen dahinge. Dadrunter aber stunde ein Kerl mit einer langen Gerten und explicirete dasselbe mit lauter Stimmen. So waren wir denn auch näher kommen und mußten vor dem dichten Menschenschwarm die Pferde anhalten. War in Wahrheit auch wieder ein Schandbild, und stellte selbiges die große babylonische H… für, in einem so unverschämten Anzuge, daß ich mich geniere, es weiters zu erzählen; rings herum aber allerlei hohe Potentaten, die mit Krone und Scepter vor ihr uf die Knien lagen und des Weibes Gunst und Buhlschaft zu erlangen begehreten. Ueber dergleichen schändliche Bilder beschwert sich der Kaiser in der Achterklärung des Churfürsten von Sachsen und des Landgrafen von Hessen. S. Sleidanus Lib. XVII.
Ueber das Bild des Antichrists siehe Scheerer a. a. O. S. 270. München 1614.

Nachdem nu endlich nach langem Zischen das Gelächter fürüber, hobe der Kerl mit der Gerten wiederum an, das Bilde zu expliciren:

Hier könne männiglich die große babylonische H… sehen, so nichts anders, denn das Pabstthum zu Rom selbsten, wie schon Lutherus seliger es betituliret und St. Johannes in seiner geheimen Offenbarung es genugsam abkonterfeiet. Die 7 Hügel, worüber das Weibsbilde säße, wären die 7 Hügel, worauf Rom erbauet; könne die werthe Versammlung auch uf die 7 Sakramente, oder Excremente der babylonischen H… deuten, je nach Belieben.

Hube nu alles Volk wiederum an aus voller Kehlen zu lachen, inwährendem der Kerl mit seinem Weibe mit geller Stimmen ein Versch an das Weibsbild sunge, daß das Gelächter und Gekreische nit wollte abnehmen.

Nachdem es nu endlich wieder stille worden, explicirte der Kerl weiters: Allhier sähen sie die papistischen Fürsten, so um die Gunst des Weibes buhlten; der große Bengel aber, der so unflätig das Maul ufrisse, wäre der Kaiser selbsten; konnten ihn auch erkennen an der teutschen Kaiserkrone und sei abgemahlet wie er leibt und lebt: mit gählem Haupthaar und blauen Augen. Ob sie wohl wüßten, was der Kaiser wölle? Und hiermit hub er wieder mit seinem schmierigen Weibe aus heiserer Kehlen an einen Versch zu singen, der so unflätig, daß mir für Schaam und Zorn das Geblüte ins Gesicht stiege, drehte darum den Hengst um und ritte mit Claus durch eine ander Gasse in die Heerberge, inwährendem wir das Gekreische und Gelächter des unflätigen Pöfels bis weit in die Stadt hinein vernahmen.

Nachdem wir nu unsre Pferde in den Stall gebracht, gingen wir in die Wirthsstuben, um unser Mittagbrod zu verzehren, anerwogen wir vom langen Ritte hungrig worden, und waren wir beede noch ganz einsam; dauerte aber kaumb bei einer halben Stunden, als ein groß Hauf Volks mit starkem Rumore in die Stube kam und möchte der Wirth ihnen ein Faß guten Biers anschrooten; hätten sich die Kehle ganz heiser gelachet, und hie huben sie wiederum an aus einem Halse zu lachen.

So wunderte sich denn mein Wirth, was ihnen gar so lustiges begegnet, worauf sie ihm von dem Bilde erzähleten, und ob er es noch nit gesehen?

Als das die Wirthin hörete, schriee sie als laut sie konnte: das muß ich sehen, das muß ich sehen! und rannte zur Thür hinaus. Aber ihr Eheliebster brüllte ihr nach: Vieke, erst Bier, das Bier her! aber Vieke hörte und sah nichts mehr und war schon über Flur und Gasse. Da mußte sich denn der dicke Wirth fluchend in den Keller kullern, und währete auch nit lange, als die Tonne herfürkam.

Nachdem sich nu Alle aus der Tonnen gezapfet und die Kerle mit ihren Pudeln uf dem Kopfe sich gesatzet, käme der Handel von dem Bilde wieder ufs Tapete. Und möge man sagen, was man wölle; – hätten schon viel Bilder uf den Kaiser und die Papisten gesehen, aber das heutige und die lustigen Versche dazu, sei zum Todtlachen und: wie der Kaiser sich ärgern würd, wenn ers in Erfahrung zöge! Ihm geschehe aber Recht also, denn warum er sich mit dem Pabste in Rom verbunden. Lutherus seliger hätt ihn schon genungsam erkannt und vor ihm gewarnet, auch Gott gebeten, uns von ihm zu erlösen. Schlußrede wider 2 Kaiserliche Mandate. Jena Thl. II. S. 432. Gelts Gott! vielleicht würds nit mehr lange dauern, daß sein Regiment zu End!

Da hube ein ältlicher Mann in einem graumengelirten Barte, so bis dahin stille an eim Tisch gesessen, an: Mit Vergunst, ihr werthen Gäst; mich bedünket es mit dem Bilde doch zu stark und ungeziemlich wider die Kaiserliche Majestät; ist er auch immer papistisch gesonnen, so ziemet es sich uns doch nit wider ihn zu lästern, anerwogen er bis heutige Stund unser Kaiser und wir ihme unterthänig und gehorsam zu sein, pflichtschuldig und verbunden sind. Solch lästerliche Bilder sollten mit Nichten geduldet werden! Da hätte nu Einer hören sollen, welch ein Lärm sich ob dieser vernünftigen Red erhobe, und was er wolle? Sei doch nit klüger als Lutherus selber! denn er, Lutherus selbsten, habe schon vordem, als der Kaiser sich doch noch nit zur Unterdrückunge des reinen Evangelii mit dem Pabste verbunden, schon prophezeiet und erkläret: daß der Kaiser selbsten in der hh. Schrift gemeint sei, wie er mit dem babylonischen Weibsbilde buhle. Was Lutherus geschrieben und hätt in Truck ausgehen lassen, könne doch wohl mit Rechten gemahlet werden, Luther in der 2ten Vorrede zur geheimen Offenbarung. insonderheit jetzo, wo die Offenbarung St. Johannis klärlich in Erfüllung ginge?

Respect hin, Respect her; hätten an ihrem Landesherrn genung, dem sie Treu und Respect hielten, brauchten keinen abgöttischen Kaiser!

Als sie noch so schwätzeten öffnete sich die Thür und trate ein Reitersmann mit seim Küraß ins Zimmer, hätt uf seim Harnisch eine gehle Zindel, unter dem Arm aber trug er einen Ballen Scripta. Nachdem er sich vom Besten hatte einschenken lassen, ging er schielende an mir fürüber und satzte sich uns genüber mit seim Humpen an einen Tisch. Nach einem gewaltigen Zuge, wischte er sich erstlich das Maul ab und sähe sich mit fürnehmer Mienen rings in der Schenkstuben um, inwährendem ihn Alles mit offnen Mäulern anglotzete. Endlich da Alles still worden, finge mein Landsknecht an: hätt allhier wohl eine lustige Gesellschaft verstöret; brauchten seinethalben sich nit irretiren lassen; er sei kein Kaiserlicher Söldner, besondern käme aus dem Feldläger von Ingelstädt, um vor die Schmalkaldischen Landsknecht zu werben. Als das meine Kerls höreten, kriegten sie wieder ihre Farbe, rucketen ihm näher und möge er ihnen doch erzählen, wie die Sach der Lutherischen anjetzo stünd. Wie sie ständ? schlecht stünds und hättens die Lutherischen ja selbsten nit anders han wollen. Warum sie nit einig wären! hätten den Fuchs (vermeinete den Kaiser) fangen mögen bei Ingelstädt, aber weil die schmalkaldischen Kriegsobristen sich entzweiet, hätt er guten Wind gerochen und sich aus dem Bau gemachet. Ja, ja liebe Gesellen! unsere evangelische Sach stehet anjetzo gar böse; wann wir uns nit Alle einmüthiglich vor unseren allerheiligsten Glauben erheben, ists aus, wir werden wieder papistisch, oder wer nit will, wird thürstiglichen von dem grimmen Kaiser, der nu böser als der Pabst selbsten, vertilget werden. – Als er solches gesprochen, rucketen Alle ihm noch näher und fragten in Aengsten, wie so, wie mag solches geschehen? So wisset denn, explicirete mein Landsknecht weiters: der Kaiser hat allbereits den Churfürsten von Sachsen, unsern gnädigen Herrn, und Landgrafen Philipp von Hessen in die Reichsacht erkläret, hat grimmiglich allbereits viele Städte der Schmalkaldischen ausgepuffet und gebrandschatzet, ja und was das Schlimmste: der Pfalzgraf Friedrich und der Herzog von Würtemberg haben sich ihm, wie verlautet, ergeben; Summa: unsre Sach lieget darnieder; mit dem theuren Evangelio ists aus! Aber Donnerwetter, sind wir nit selbsten Schuld! warum sitzet das Volk geruhlich daheim, warum stehet es nit auf bis uf den letzten Mann? ja, wenn man ihme würd Haus und Hof nehmen, da würden sie sich schon ufmachen, aber nu, wo das theure Evangelium ihnen soll geraubet werden, thun sie, als scheerete es sie Nichtes! Hätt verhofft, allhier was Rechtschaffenes an Landsknechten zu werben, aber prost Mahlzeit! Schimpfen könnten sie genug uf Kaiser und Pabst, hätten Mäuler wie die Ochsen, aber Herzen wie die Hasen. Aber wachte! ihr werdet schon die rothe Blutsuppe müssen ausfressen, die ihr euch selbsten eingebrocket; wann ihr jetzo nit ufstehet, ists zu spät! Von allen Seiten kommt dem Kaiser Hilf; der Pabst in Rom schicket ihm 10,000 Mann, ebenmäßig 10,000 Teufel, von Spanien her zeucht der thürstigliche Alba. Alles wimmelt und woget von Kriegsschaaren, so wider uns ufbrechen, Summa: die Sonne wird in Deutschland von allem Volk verfinstert; Morden, Sengen, Brennen wird wieder losgehen, das Evangelium wird unterdrücket, und das Pabstthum wieder ufgerichtet werden; unser theuer Land in einen Blutsee verwandelt werden, daß sich die Wolken am Himmel drinnen abspiegeln. Seien auch schon gräuliche Zeichen am Himmel gesehen, feurige Kriegsheere, die durch einander gewoget, bis letzlich Alles wie in einen großen Blutsee verschwommen. Ja, entsatzet euch! uns steht Alles bevor; nu ists die höchste Zeit mit Macht ufzustehen. Alles was Waffen tragen kann, Männer und Weiber müssen sich rüsten, nu gilts nit blos dem heil. Evangelio allein, besondern eurem Hab und Gut, eurem Weib und Kind, eurem eignen Leben! Darum haben denn auch unser gnädiger Herr und der Landgraf Philipp überall ihre Werbofficierer ausgeschicket und die Gottesmänner zu Wittenberg haben die große Fahr und Bedrängniß unsres allerheiligsten Glaubens nunmehro in alle Welt ausgeposaunet, entbinden Euch alles Eids und Gehorsams wider den Kaiser, beschwören Euch bei Eurer Seelen Seeligkeit Euch einmüthiglich wider den höllischen Endechrist zu erheben; und damit Ihrs gläubet und Niemand nit Bedenken träget, so sehet allhier, was die hl. Gottesmänner haben in Truck ausgehen lassen.

Mit diesen Worten stunde der Werbefeldweibel von seiner Bank uf und langete aus dem Bündel Scripta, so er uf den Tisch geleget, die Traktätlein herfür und: nu möchten sie ihm die Thranlampe näher rucken, daß er ihnen möge fürlesen. Nun passet uf! Allhier ist die Acht und Aberachterklärung und der Bannfluch des allmächtigen Gottes selbsten über den Kaiser Carolum, von dem ehrwerdigen Dr. Major in Truck gegeben. Diese Achterklärung der göttlichen Majestät wider Kaiser Carolum hab ich so eben dem gestrengen Bürgermeister allhier zugebracht, daß sie uf Befehl der Fürsten und der Wittenbergischen Gottesmänner überall öffentlich soll angeschlagen werden, und seien auch bereits reitende Boten abgeschicket uf die nächsten Ortschaften, ebenmäßig zur Publication. Hier ist ferner: Justus Mennius Traktätlein über die Nothwehr, woraus herfürgehet, daß man anjetzo füglichen Recht und Freiheit hat, die Faust an das Schwert zu legen, und endlich: hier ist Lutheri Warnung an die teutsche Nation, ufs Neue in Truck gegeben, damit männiglich wisse, wie Lutherus selber bei sothanen Dingen den Ufstand wider den thürstiglichen Kaiser selbsten gut geheißen und gebilliget. Was wollet Ihr nu, daß ich Euch fürlese? Da schrie nu der ganze Hauf, inwährendem sie nach ihren Humpen langeten: Lutheri Büchlein, aus Lutheri Büchlein! Hier hab ichs; so merket denn: werd Euch blos, weil es dürft zu langwierig sein, die offenbaren Stellen fürlesen, die roth angestrichen sind. Les' ich zum Ersten wider die katholischen Fürsten, was Lutherus ihnen geprophezeihet: Wohlan denn, weil ihr denn Ursach seid solchen Gotteszorns, wird es ohne Zweifel auch über Euch ausgehen, wo Ihr Euch noch nit mit der Zeit bessert. Die Zeichen am Himmel und Wunder auf Erden gelten Euch lieben Herrn; keins Guts deuten sie an; denn das sollt Ihr wissen lieben Herrn, Gott schaffts also, daß man nicht kann noch will, noch soll dulden (hört Ihrs!) die Länge eurer Wütherei. Ihr müßt anders werden und Gottes Wort weichen; thut Ihrs nit auf freundlich willige Weis', so müßt Ihrs thun durch gewaltige und verderbliche Unweis'. Thuns die Bauern nit, müssens And're thun, und weiters: Gott wird andre erwecken! Luthers Werke Jenaer Ausgabe Thl. III. S. 119. Die erwähnten Schriften von Mennius und Monner stehen bei Hortleder 2tes Buch Cap. 29. 30. S. 132 ff. Die Erklärung Luthers von der Nothwehr, herausgegeben von Bugenhagen und Melanchthon, finden sich Hortleder 2. Buch 28. Kap. Hört Ihrs? wir müssen druf gehen, denn diese Madensäcke von Fürsten wollen sich nit bekehren, drum komme der Zorn jetzt über sie!

Ja, der Zorn komm über sie, Gottes Element schänd sie, diese papistischen Fürsten!

Stille, stille Gesellen, daß ich weiter lese; Lutherus meldet: passet uf, nu kommts. Also auch, wenn der Pabst wider das Evangelium will Krieg anfahen, soll man allenthalben zulaufen und ihm Widerstand thun, wie einem wüthenden, ungeheuren, besessenen Thier, und soll man nit achten: ob er gleich bei sich hab und ihm helfen streiten Könige und Fürsten oder auch der Kaiser selbsten. Luther in seiner Schlußrede auf das Jahr 1539. Jen. A. Thl. VII. S. 393.

So schrie nu der ganze Hauf: Es ist genung, es ist genung! Nieder mit dem Pabst und Kaiser, nu ist's offenbar, wir müssen wider ihn! lasset uns Sturm läuten!

Stille Gesellen! Ihr sollet dem Kaiser keinen Schoß mehr geben, seiet ledig aller Abgaben und Lasten.

Hurrah, Wirthin ein neu Faß!

Leset, leset, was saget er?

Höret was er sagt: Der Türken Regiment ist feiner und besser denn unser, und soll man der Kaiserlichen Majestät weder mit Geld noch mit Volk wider den Türken beistehen. Wider zwei kaiserliche Mandat. Thl. II. F. 432. wortlich: Am Ende bitt ich alle lieben Christen helfen Gott bitten, daß wir ja nicht folgen wider die Türken zu ziehen oder zu geben (Kriegssteuern) sintemal der Türke 10 mal klüger und frömmer als unsere Fürsten. Ist nu aber der Kaiser nit schlimmer denn der Türk? Brauchen darum um so weniger anjetzo dem Kaiser Schoß zahlen; seien ledig aller Abgaben und Lasten!

Da sahe und hörete das Volk Nichts mehr. Ein neu Faß, ein neu Faß! Juchhe, wir versaufen des Kaisers Zoll, gehen morgen nit aufs Rathhaus! und hiermit sprungen sie über Tisch und Bänke und rannten mit ihren Humpen nach der neuen Tonnen. Juchhe, wir versaufen des Kaisers Zoll, han kein Kaiser mehr! Da sprunge nu gleich ein junger Bengel uf den Tisch, schwenkete den Becher und schriee: Lasset uns einen Trinkspruch machen! Ja, brülleten sie: ein Trinkspruch! und als nu Alle sich eingezapfet und der Rumor bezischet, räusperte sich der junge Bengel und sunge nach der zückenden Leberweis folgenden Trinkspruch:

Lutheri Lahr soll fortbestahn.
Des Pabstes Lahr zum Teufel gähn,
Der Kaiser fahr hinunter itzt,
Mit sammt dem höll'schen Endechrist!

So brullete nu gleich der ganze Hauf ihm nach:

Der Kaiser fahr hinunter itzt.
Mit sammt dem höllischen Endechrist!

und hiermit satzeten sie ihre Becher an den Hals, soffen und stampften prustende die leeren Becher uf den Tisch.

Da hatten nu Alle ausgesoffen bis auf mich und Claus. Verhoffete, sie würdens unter dem vielen Volk nit entwahr werden; aber mein Landsknecht, der uns genüber saße, hatt's gesehen. Werthe Gäste, hube er an, ich glaubte allhier blos lutherische Leut zu finden, aber wie ich sehe, scheinet es auch noch papistische unter uns zu han; Alle haben ausgetrunken, bis auf diesen Junker und seinen Knecht. Heda! wer seid Ihr, seiet Ihr lutherisch, oder warum trinket Ihr nit?

Da verspürete ich nu gleich, daß das Ding nit gut würd' ablaufen und bliese meim Claus zu: Mach, daß du hinauskommst und die Pferde sattelst; that aber, als ob ichs nit gehört, was er gesagt. Doch da stunde mein Landsknecht uf und träte an meinen Tisch, inwährendem alles Volk uf die Beine sprung und einen dichten Knäuel um mich zoge; warum trinket Ihr nicht?

Was gehet das Euch an? Ob ich trink, ob nicht, da gewinnet weder, noch verlieret der Kaiser und Pabst dadurch; ich mein ihr Leut, ufs Saufen kommts nit an, besondern ufs Handeln!

Ja, aber ich sölle gleich saufen, damit sie sähen, ob ich lutherisch wär oder ein papistischer und kaiserlicher Spion. Da stiege mir schon alles Geblüt in die Höhe, hielte aber dennoch an mich und sprach mit geruhlicher Stimmen: wann ich ein Spion wär, müßt ich ein tummer Narr sein, so ich nit tränk, da ich so wohlfeilen Kaufs könnte davon kommen; nu aber wisset: ich bin kein Spion, besondern ein adlicher Junker und was ich gesagt hab, hab ich gesagt; »Ufs Saufen kommts nit an, besondern ufs Handeln.«

Es ist ein Papiste, ein Papiste, lasset ihn saufen! Da bezischete mein Landsknecht das Volk, so an mich heran wollte, inwährendem ich aber auch schon vom Leder gezogen hatte. Lasset abe, wir wollen ihn fahen mit seiner eignen Red.

Wohlan denn! Ihr sprechet ufs Saufen kommt's nit an, besondern ufs Handeln und das ist keine tumme Red! Wie ich sehe, tragt Ihr annoch keinen Zindel, weder einen gehlen noch einen rothen Die Schmalkaldischen trugen als Feldzeichen einen gelben, die Kaiserlichen einen rothen Zindel. S. Sastrows Leben, herausgegeben von Mohnike. Greifswald 1824. Thl. II. S. 13. und seiet also ein noch freier Mann; – so frag ich Euch: ob Ihr denn mit zu meinem Fähnlein stoßen und Kriegsdienst wider den Kaiser nehmen wollt? Wenn Ihrs zusaget, so seiet Ihr ein rechtschaffener Mann; und wollen wir noch Eins uf Eure Gesundheit trinken, (schrieen Alle dazwischen: ja, ja!) wenn aber nicht, und Ihr weder trinken noch handeln möget, so seiet Ihr in Wahrheit ein Kaiserlicher Spion und wir drehen Euch allhier das Gesichte nach hinten. Frag Euch also: wollet Ihr mit mir ziehen wider den Kaiser oder nicht? Da stunde ich kerzengrade uf und sprach: so wisset denn, ich bin katholisch und diene der Kaiserlichen Majestät, der die verfluchte Lahr des aufrührerischen Mönches sich anschicket zu vertilgen. Wer mir nahe kommt, der ist ein Kind des Todes! und hiermit ließe ich schwirrende mein Schwert über den Tisch sausen, daß Alle sich ducketen und scheue zurückewichen.

Aber indem flogen von hinten über die Köpfe der Umständer wohl an die 20 bis 30 Becher und Schemmelbeine prasselnde und krachende einher, so daß es mir ganz schwarz für den Augen ward; sähe noch gerade, daß der Landsknecht nach seinem Schwerte griff, um auf mich einzudringen. So wollt ich denn nu gerade uf den Landsknecht ausholen, als derselbe plötzlich schreiende und blutende zurücke fuhr und sein Schwert fallen ließe, wasmaßen ihm ein Schemmelbein, so mir gegolten, unversehens ins Gesichte gefahren. Aber im selben Augenblick bückte sich auch schon Einer nach dem Schwerte, und inwährendem ich ihn niederstoße, packet ein Kerl, so unter den Tisch gekrochen, mich unten beim rechten Beine; schwankete und wankete, könnt ihn mit dem Schwert nicht erreichen, und schon hebet er mich mit Macht und wär haarbreits gefallen, als plötzlich es rabenfinster in der Stube wird und es schreit: Hager, es ist gesattelt! Da stoße ich in meiner Todesangst den linken Fuß mit dem eisernen Sporen nach dem, so mich umklammert, worauf mit grauenvollem Schreie es mich fahren lässet, ich zwar der Länge nach unter den Tisch falle, aber gleich wider uf die Beine springe, schreie: Claus, Claus geschwinde heraußer! und siehe da, gewinne glücklich die Stubenthür, Claus hinter drein, und wischen wir über den tunklen Hausflur uf den Hof, schwingen uns uf die Pferd und sprengen im sausenden Galopp von dannen.

So mußten wir nu unterwegs aller Orten gewahr werden, waserlei Gräuel die Lutherischen an unsrer hl. Religion ausübten und hätt' ich nit dir Briefschaften vor den Kaiser bei mir gehabt, hätt' ich in Wahrheit mich ufgemacht, solch schändlich Handthierunge zu rächen. Kreuze und die lieben Bilder der Heiligen, funden wir an den meisten Orten abgehauen; ja mich entsatzets noch, so ich daran denke; an einem Galgen hatten diese schandbaren Buben das Bild des hl. Bonifacii ufgehenket, nit achtende, daß dieser heilige Mann ihnen doch zuerst das Christenthum gebracht. Ritten zitternde den Berg hinan und hoben das Bilde aus der Schlingen, und alldieweilen wir nit wußten, wohin es thun, um es vor Verunehrunge zu schützen, legten wir es unter eine Brucken und bedeckten es mit abgefallenem Laubwerk. Pfui, über diese Lotterbuben! Nu wurd aber unsere Reis' immer fährlicher und mußten wir kreuz und quer reuten, balde uns verborgen halten, balde nur des Nachts reuten, denn an allen Orten fast hörten wir Sturm läuten, oftermalen begegneten uns auch viel Buben und Knechte, so sich wollten anwerben lassen und hatten wir uns darum auch gehle Zindel besorget, damit sie uns nit vor Kaiserliche hielten. Hörten auch allerlei tunkle Gerücht von einer großen Victoria der Schmalkaldischen und daß die Heerhaufen allbereits in der Umgegend stünden; Summa: unsre Sach wurd fast bedenklich.

So kämen wir dann gen Leisnick, als wir von fernen ein groß Glockengeläute und dazwischen ein dumpf Getose und Gesumse vernahmen, flaggeten auch allerhand Fahnen, balde mit der Inschrift V. D. M. J. AE., D. i. verbum Dei manet in aeternum. Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit. balde wie der Wind ginge, mit dem churfürstlichen Wappenbilde aus den Thürmen. Judicirete demnach, daß es doch möcht wahr sein mit der Victoria, und hielts unter sothanen Umständen vors Beste, nicht in die Stadt zu reuten. Währete nit lange, inwährendem wir noch beriethen, wohin wir ziehen sollten, als ein Bauer des Wegs kame und ob wir auch in die Stadt wöllten? würd heut wegen der großen Victoria bei Rochlitz frei Bier geschenket, und ob wir auch dabei gewest, als der Markgraf sei fangen worden? Der Sieg der Schmalkaldischen bei Rochlitz, wo der Markgraf Albrecht von Brandenburg gefangen wurde.

Ob dieser Red erschrack ich nit wenig, thät aber, als ob wir Alles schon wußten und auf Kundschaft wären, und ob er nit wisse, wo die nächsten Fähnlein stünden? So hörten wir denn, daß im nächsten Dorf ein Reiterschwaden des Churfürsten eingeritten und auch in den benachbarten Ortschaften Quartier bestellt seien. Ließen darob den Bauer seines Wegs ziehen und ritten einen Feldweg abseits in den Wald, ob wir etwan die Feinde umreiten möchten. Hätt' ich die Brief nit gehabt, wär ich mitten durch sie gezogen. – Nu war aber die Nacht bereits hereingebrochen und die Pferd wollten schon nit recht vorwärts, ritten darum buscheinwärts, alldorten zu übernächtigen. So mochten wir etwan bei einer halben Stunde gezogen sein, als wir einen schmookigen Geruch wahrnahmen, der aus der Heiden seitwärts uns entgegenqualmte; ließe daher meinen Claus absitzen und befahle ihm, sich näher zu schleichende und durch das Buschwerk zu lugen, was es wäre? Währete auch nit lange, so kam er wieder und hätte er nur in der Dämmerung verspüren können, daß ein Weibsbilde mit einem Kindlein an eim Feuer gesessen; hätte immer vor sich hingemümmelt, so er nit recht verstehen können, glaube aber, daß sie den Rosenkranz gebetet, anerwogen er mehrmals das Wörtlein Ave Maria vernommen. Gottlob! das wird Eine der Unsren sein! stiegen vom Pferde und führten sie an der Leinen dem Feuer zu. So sprunge denn nu mein Weibsbilde zitternde mit dem Angstrufe Jesus Maria! von ihrem Fichtenblock, worauf sie saße, auf und wollte mit ihrem Kindlein waldein rennen, als ich ihr nachrufe: Ave Maria! fürcht dich nit, wir seien katholisch!

Wie sie das hörete, bliebe sie zwar in der Entfernung stehen, sank aber vor uns uf die Kniee und hielte uns das schreiende Kindlein entgegen. Herzer Gott! wer Ihr auch sein möget, erbarmet Euch mein und des armen Würmleins!

So beschwichtigte ich sie denn nu, und wären wir katholische Leut, so armen elenden Weibsen nichts thäten; und warum sie sich denn fürchte? Da kame sie denn nu langsam näher zitternde und bebende und kauerte sich mit ihrem Säugling am Feuer, uns genüber nieder; aber sie konnt vor Furcht noch nit reden, trauete uns noch nit, bis ich denn auch meinen Rosenkranz herfürlangete. Siehst du, daß wir nit lügen; welcherlei der Lutherschen verachtet nit dies herrliche Gebete? Wie kommst du hierher und was machst du in der Heiden? So hobe denn das Weib ihre Augen gen Himmel, druckete das Kindlein an ihr Herze und kriegte ihren Muth wieder und sprach: ach lieber Herr, da Ihr katholisch seid, will ichs Euch erzählen. Ihr wisset, wie die katholische Sach anjetzo schlecht stehet. Kaum war die Botschaft von der Victoria des Churfürsten in unser Dorf kommen, als die Evangelischen, so sich bis dahin annoch ziemlich geruhlich aus Forcht vor dem Kaiser verhalten, mit eim Male sich wider die katholischen Wirthe erhoben. Und war ich noch nichts davon gewahr worden, und am Sonntäge in das Hochamt gangen. Bin mir nichts Böses vermuthen, aber wie erschreck ich: als ich heimkomme, treibet unsers lutherschen Nachbar sein Fritze unsre drei Kühe an mir fürüber, schnoberten mich noch an und sahen sich brummende nach mir um. Junge, wo willt du mit meinen Kühen hin? Aber der Junge griff lachete und knallte mit seiner Peitschen in die Kühe, und trabte mit ihnen von dannen. Eile ich denn in unsre Behausung. O Gott was sich ich! Stehet unser lutherischer Nachbar über der Truhen, so er mit einem Beile aufgebrochen, und als er meiner ansichtig wird, lachete er höhnisch in die Höhe und: was ich hier wölle?

Was willt du hier, wo ist mein Mann, was habt Ihr allhier zu schaffen? Aber mein Kerl lachet übermalen und sölle ich machen, daß ich aus dem Dorf käm, anjetzo gehör Alles den Lutherschen, und wenn ich noch lange widerspenstig, wölle er mir was brauchen; langet mir mein Kindlein aus der Wiegen und: nu mache und packe dich!

Aber wo ist mein Mann, wo ist mein Mann? schrie ich, als laut ich konnte; da vernehme ich von der Scheuer her ein Weheklagen und Gejammer, renne hinunter und o wehe! lieget mein Mann blutende und röchelnde uf der Tennen.

Hätte sich zur Wehre setzen wollen, als der Nachbar ihm die Kühe genommen, worauf er ihn so elendiglich gehauen, daß er kaumb auf allen Vieren kriechen könne. Aber inwährendem kommet der Nachbar wieder über den Hof in die Scheuer geloffen, schwunge das Beil in der Faust, und wann wir nit gleich macheten, daß wir hinauskämen, schlüge er uns bede todt. So schleppte ich denn meinen Mann zum Schöppen, ihm unsre gerechte Sach fürzubringen, verhoffende: er würd uns zu dem Unsrigen verhelfen. Aber da kämen wir übel an; und söllten wir uns anderweitig ein Obdach suchen, könne uns nit helfen. Das papistische Gesind müsse numehro vertrieben werden, damit das reine Wort und die Lutherschen in Ruhe verblieben. Und könnten wir annoch froh sein, so fort zu kommen; denn mit Nähestem kämen die lutherschen Kriegsknecht, und möcht alsdann leichtlich in Erfüllung gehen, was schon Lutherus seliger angerathen: dem papistischen Gesindlein die Zunge aus dem Halse hinten heraus reißen zu lassen und an den Galgen nageln. Luther wörtlich in seinem Buche: Das Pabstthum vom Teufel gestiftet. Jen. A. Thl. VIII. F. 243.

Aber es wär doch unser Eigenthum, woraus wir vertrieben? Ei was, Eigenthum! hätte Lutherus den Fürsten erlaubt, denen Bischöfen und Mönchen ihr Land und Besitz zu nehmen, könntens die lutherschen Inwohner auch den Papisten. Ein sehr naheliegender Schluß, den das Volk machte, woher denn auch dergleichen Beraubungen nichts Ungewöhnliches. S. Arnolds unparth. Kirch- und Ketzen Historie.

Aber wohin wir denn söllten? und könne mein Mann ja kaum kriechen! – Das scheere ihn nit. Zeuchet zum Pabstesel nach Italien gen Ostia, daselbsten ist ein Wässerlein Mare tyrrhenum genennet, ein köstlich Heilbad vor alle papistische Seuch, Jen. A. Thl. VIII. F. 266. und hiermit schlüge er lachende die Thüre für unsrer Nase zu. So haben wir denn Nichts gerettet und seien allhier in den Wald gekrochen, und sind schon sider vorgestern allhier unter freiem Himmel übernächtiget; haben noch kein Krume Brods gessen, und will mein arm Würmblein fast verschmachten! sprachs und fing heimlich für großem Hunger an zu schluchzen.

So vertröstete ich denn das Weibsbilde und gäbe ihr einen Wecken, so ich annoch bei mir, und wo denn aber ihr Mann, daß er nit bei ihr?

Ihr Mann wäre, nachdem er wieder sich ein wing verschnaufet, nach der Mühle, so im Wald belegen, gegangen, zu sehende: ob der Müller, Strauchmann geheißen, so ansonsten vor sie gemahlen, sich etwan ihrer erbarmen würd, und müsse er bald wieder da sein.

Da verhoffeten wir denn auch in der Mühlen übernachten zu können, satzten uns unterdessen zum Feuer und warteten der Ankunft des Mannes.

Währete auch nit lange, so kam er in Wahrheit, aber gar kopfhängende zurücke, und kriegte er einen fast steifen Schreck, als er uns beede bei seinem Weibe gewahrte, wurd indessen bald anthulich, als sie ihm zubliese: es seien kath. Ritter und suchen ebenmäßig eine Heerberge. Ja sprach er, lieben Herrn, mit der Nachtheerberge siehts übel aus, da der Müller es verredet, anerwogen er, wanns offenbar würd, selber leichtlich könne vor einen Papisten gehalten und aus der Mühlen vertrieben werden, angesehen schon Etliche daruf ein Augenmerk hätten; holete aber ein Stück Brods herfür, so ihm der Müller verehret, vor sich und sein Weib.

Aber hier war nu nit lange Rath zu holen; die Nacht brach herein und wars auch nit sicher wegen der Wülfe; drum sprich ich: frisch auf! wir reuten zur Mühl; wird uns schon heerbergen.

Thaten also, als ob beede, Mann und Weib unsre Gefangene, nahmen sie in die Mitt' und gingen, die Pferd an der Leinen, der Mühlen zu.

Als wir nu uf den Hof kamen, fanden wir die Hausporten allbereits verschlossen, klopfeten; aber Niemand wollt sich hören lassen, nur ein Hündlein belferte auf dem Ern drinnen. So ginge ich denn und pochte ans Fenster, und sölle er ufmachen, wären Kriegsleut, so Nachtquartier vor sich und zween Gefangene begehrten. Da käme denn mein Meister Müller mit seiner Kappen in der Hand heraußer, entschuldigte sich und möchten wir schon eintreten, hätt vermeinet, es sei Gesindlein, so sich jetzt aller Orten herumtriebe und die Gutheit der Leut oftermalen mit schnödem Undank und Diebstahl lohneten; führte uns also in sein Stüblein, schien sich zwar zu verwundern, als er uns in Gesellschaft der beeden armen Eheleut sahe, sagte aber Nichts, und ließe uns uf unser Begehr warme Nachtkost zubereiten. Endlich wars fertig und hatte mein Claus schon eine Schweinsklaue zwischen den Zähnen, als ich scheldig werde und ob er unterwegs des Betens vergessen? Da merkete denn der Müller wohl, daß wir katholisch wären, angesehen, bei den Lutherschen das Tischgebete gar sehr abhanden kommen und ich wahrscheinlichen auch in Gedanken das Kreuz gemachet. Hatte bis dahin ohne ein Wort zu reden, grämlichen am Kamin gesessen, als er plötzlichen anhebet: Ich merk', Ihr seiet katholische Leut; gehöret Ihr nit zum Kriegsheer des Churfürsten?

Da erschrak ich nu zwar von wegen meiner Unfürsichtigkeit, aber da es nu doch einmal heraußer, wollt ichs auch nit verreden und spräche: nein, wir seien katholisch; aber was frägst du darnach? Da platzte mein Müller mit einem Mal herfür, als hätt' seine Mühl frisch Wasser gekriegt, fluchete und lästerte uf die Lutherschen, hätten ihm heut zween Pferd genommen; diese schandbaren Buben! und hätt' er schon zu seiner Frauen gesagt: er werd' wieder katholisch, wenn der Kaiser nur erst wieder Oberwasser gewonnen. Wie wir aber hierher kämen, anerwogen Alles voll Kriegsvolk läg, so wie er vernommen, morgen gen Meißen ufbrechen sollte; denn die Landsknecht, so ihm die Pferd gestohlen, hätten gesprochen, daß der Kaiser von Böheimb im Anzug wär, und nit mehr weit von der Grenzen, und könnt es wohl nächsten Tags schon zur Feldschlacht kommen. Meine Pferd müssen auch mit! nu ich wollt, daß Einer diese Hallunken herunter puffere! ich achte, meine Pferd kommen wieder, anerwogen sie den Weg von Meißen her, wohl an 100 mal gemachet.

Das war mir angenehm zu hören, daß er den Weg gen Meißen kenne, fragte ihn daher, wie wir möchten am sichersten vor den Feinden zur Heerstraßen des Kaisers gelangen. So wurd er denn ein Weil hinterdenklich, bis er endlich sprach: das ist ein übel Ding ihr Herrn; am besten wärs zwar, so ihr balde über den Fluß könntet! aber die Brucken sollen bereits aller Orten abgebrochen sein.

So reuten wir hindurch; unsre Pferd müssen schwimmen! Nein, nein, das gehet nit, das Wasser ist sehr hoch und reißend; und zur Fährten, wo Ihr noch möchtet durchkommen, ist's zu weit. Reutet nur allhier im Walde den Fußsteig entlang, immerfort euch an dem Elbufer haltende, so möget ihr wohl, wenn ihr tapfer streichen lasset, einen Fürsprung gewinnen und um Mitternacht gen Meißen kommen; dorten werdet ihr wohl schon selbsten hören, wo der Kaiser stehet. Aber dann müsset ihr balde ufsitzen.

So säumeten wir denn auch nit lange; und nachdem wir unsre Zech bezahlet und ein gutes Wort vor den armen Mann mit seinem Weib eingeleget, die er denn auch uf den Heuboden schickete, ritten wir mit bester Danksagung abe.



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