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Wir hatten die uns befreundeten Schoschonen besucht und waren von ihrem Häuptling und einigen hervorragenden Kriegern bis an die Mündung des Gooseberry Creek in den Bighorn River begleitet worden. Hier mußten die Schoschonen umkehren, weil damals jenseits des Bighorn das Gebiet der Upsarokas, der Krähenindianer, begann, mit denen sie in Todfeindschaft lebten. Als sie sich von uns getrennt hatten, setzten wir unseren Ritt zwischen dem No Wood Creek und No Water Creek in östlicher Richtung fort, weil wir über die Bighorn Mountains nach dem Powder River und dann nach den Black Hills wollten.
Unsere kleine Gesellschaft bestand aus vier Personen: Winnetou, dem lustigen Dick Hammerdull, seinem wortkargen Freund Pitt Holbers und mir.
Schon infolge des schwierigen Geländes war unser Weg durchaus nicht bequem. Vor allem bot er uns wegen der Indianer noch größere Schwierigkeiten, die sich unter Umständen sogar in ernste Gefahren umwandeln konnten. Nördlich der Richtung, in der wir ritten, hatten die uns feindlich gesinnten Upsarokas ihre Jagdgebiete, und bis in die südlich von uns gelegenen Rattlesnake Range Klapperschlangenberge waren die Sioux Sprich: suh-Ogellallahs vorgedrungen, unsere alten Gegner, die einen unversöhnlichen Haß gegen uns hegten, obgleich wir ihnen niemals eine unmittelbare Veranlassung dazu gegeben hatten. Wir befanden uns also zwischen zwei Völkerschaften, mit denen wir jede Begegnung möglichst zu vermeiden hatten. Das Gefährliche unserer Lage wurde noch dadurch erhöht, daß beide sich unaufhörlich in der blutigsten Weise befehdeten. Gerade daß die Sioux-Ogellallahs bis nach den Rattlesnakebergen vorgerückt waren, mußte uns zur äußersten Vorsicht mahnen, weil sie diese Wanderung höchstwahrscheinlich in feindlicher Absicht gegen die Upsarokas unternommen hatten. Wenn sie den Angriff während unserer Anwesenheit ausführten, konnten wir leicht zwischen die scharfen Schneiden einer Schere kommen und dabei »ausgelöscht« werden.
Noch hatten wir uns nicht weit vom Bighorn River entfernt, als wir an einen Bach kamen, der sein Wasser diesem Fluß zuführte.
Wir folgten ihm eine Strecke und gelangten an eine Stelle, auf der etwa fünfzig Meter im Durchmesser das Gras niedergetreten war.
»Was ist das?« fragte Dick Hammerdull. »Das sieht ja aus wie ein verlassener Lagerplatz! Meinst du nicht auch, Pitt Holbers, altes Coon Abkürzung von Racoon = Waschbär?«
»Wenn du denkst, daß jemand hier gelagert hat, so habe ich nichts dagegen, lieber Dick.«
»Ja, das denke ich allerdings. Wir müssen absteigen, um diese Spuren genau zu betrachten. Vielleicht erfahren wir auf diese Weise, was für Leute hier gewesen sind.«
Während die beiden diese Worte gewechselt hatten, waren Winnetou und ich von den Pferden herunter, um den Platz zu untersuchen. Dick und Pitt halfen uns dabei. Unsere Bemühungen waren lange Zeit vergeblich, bis Winnetou uns durch ein lautes »Uff!« darauf aufmerksam machte, daß er etwas gefunden hatte. Wir gingen hin zu ihm. Er deutete auf den Boden.
Es war nur ein kleines, scheinbar unbedeutendes Merkmal, das wir da sahen, nämlich ein Tropfen blaue Fettfarbe.
Aber dieser unscheinbare Tropfen sagte ihm und mir, was wir wissen wollten.
»Blaue Farbe, hm!« brummte Dick Hammerdull. »Es sind also Rote hier gewesen, die sich mit den Kriegsfarben bemalt haben. Eine Farbe allein genügt aber nicht, uns zu verraten, zu welchem Stamm sie gehören.«
»Nicht?« fragte ich. »Es gibt dunkle, mittlere und helle Kriegsfarben. Dunkel sind schwarz und blau, mittel: grün und rot, hell: weiß und gelb. Als dunkel nehmen nur die Upsarokas dieses tiefe Blau. Also wissen wir, daß Krieger von diesem Stamm hier gelagert haben.«
»Well! Das ist richtig. Bin doch ein dummer Kerl, daß mir das nicht eingefallen ist. Meinst du nicht auch, Pitt Holbers, altes Coon?«
»Jeder Mensch muß sich selbst am besten kennen, und wenn du dich für dumm hältst, so fällt es mir gar nicht ein, dir unrecht zu geben, lieber Dick«, antwortete der lange Pitt.
»Oho! So war es nicht gemeint! Ich habe nicht weniger Grütze im Kopf als du; das magst du dir merken. Der Mensch kann doch nicht allwissend sein: nicht wahr, Mr. Shatterhand?«
Ich erklärte:
»Allwissend freilich nicht; aber hier war es nicht schwer, den richtigen Schluß zu ziehen, und von einer guten Schlußfolgerung kann im ›Wilden Westen‹ das Leben abhängen.«
»Zugegeben! Wir wissen also nun, wer die Roten waren, aber weiter nichts.«
»Wirklich nichts, mein alter Hammerdull?«
Er schüttelte den Kopf und sah Winnetou fragend an. Dieser liebte das Sprechen nicht und überließ es mir, fortzufahren:
»Zunächst haben wir es nicht bloß mit einigen Kundschaftern, sondern mit einer ganzen Kriegsschar zu tun, deren Zahl, wenn ich den Platz hier berechne, sich auf ungefähr zweihundert beläuft. Die Stelle, wo sie die Pferde gehabt haben, werden wir hier in der Nähe finden. Ihre Reitspur von und zu dem Lagerplatz ist nicht mehr zu sehen, weil sich da das Gras inzwischen wieder aufgerichtet hat. Hier am Ruheort selbst liegt es noch, und ich schließe daraus, daß die Upsarokas nicht in der letzten, sondern in der vorigen Nacht hier gerastet haben. Weil ihre Jagdgebiete im Norden liegen, sind sie von dorther gekommen und somit südwärts geritten, natürlich, um die Ogellallahs zu überfallen. Sie sind seit gestern früh von hier fort. Wir haben sie also nicht zu fürchten; dafür müssen wir uns vor den Sioux in acht nehmen.«
»Warum vor diesen? Woher wißt Ihr das?« fragte der Dicke.
»Der Lagerplatz sagt es mir. Es gibt keine einzige Aschenstelle hier; die Upsarokas haben also kein Feuer gebrannt. Sie müssen es demnach für möglich gehalten haben, daß die Sioux hierherkommen. Diese Vermutung haben ihnen die Kundschafter gebracht, die jeder Häuptling aussendet, bevor er einen Kriegszug beginnt. Von den Rattlesnakebergen zu den Upsarokas gibt es zwei Wege, nämlich entweder hier am Fluß abwärts oder drüben an den Bergen hin. Hier am Fluß ist die Gegend offener, also gefährlicher; der andere Weg ist zwar beschwerlicher, aber sicherer; ich bin überzeugt, daß die Sioux den zweiten einschlagen, wenn sie überhaupt nordwärts wollen. Die Upsarokas befinden sich nicht auf dem richtigen Pfad; es steht zu erwarten, daß sie, wenn sie nach den Rattlesnakebergen kommen, die Sioux dort nicht mehr vorfinden, weil diese drüben entlang der Berge nordwärts geritten sind, um die unbeschützten Lager der Upsarokas zu überfallen. Wir haben von hier bis zu den Bighornbergen sehr vorsichtig zu sein. Das alles schließe ich aus der Beschaffenheit dieses Lagerplatzes. Glaubt Ihr nun noch immer, daß wir nichts wissen?«
»Hm, hm! Ja, Eure Augen und meine Augen, das ist doch ein Unterschied –«
Er wurde von Winnetou unterbrochen, der ein Stück am Bach hingegangen war, jetzt wiederkam und zu ihm sagte:
»Man soll nicht allein Augen, sondern auch Gedanken haben. Mein Bruder Shatterhand hat recht. Ich habe den Platz der Pferde gefunden; es sind wohl zweihundert Stück gewesen. Wenn die Ogellallahs klug sind, kommen sie längs der Berge herauf. Wir wollen uns beeilen, diese noch vor Abend zu erreichen.«
Wir stiegen wieder auf und ritten weiter, viel schneller als vorher.
Das war am Vormittag, und wir waren bis gegen Abend unterwegs, als wir auf eine von Norden kommende Spur von zwei Pferden trafen. Dies geschah in einer Gegend, in der zahlreiche einzeln stehende Büsche zwar nicht die Bewegung hemmten, uns aber die Fernsicht unmöglich machten. Die Fährte war frisch, höchstens vier oder fünf Stunden alt. Weiter gab sie uns nichts zu lesen. Wir hatten keinen Grund, uns länger mit ihr zu beschäftigen und verzichteten darauf, ihr zu folgen. Eben wollten wir weiterreiten, als zwischen zwei Sträuchern plötzlich eine Indianerin zu Pferd erschien. Sie erschrak bei unserem Anblick, wendete um und verschwand.
Was wollte eine Squaw hier? Das mußten wir wissen! Winnetou, der Schnellentschlossene, flog auf seinem Pferd hinter ihr her. Wir konnten ruhig halten bleiben; denn es war der Frau ganz unmöglich, dem Häuptling der Apatschen zu entkommen. Schon nach zwei Minuten kam er, ihr Tier am Zügel führend, mit ihr zurück. Als er uns erreichte, forderte er mich durch einen Blick auf, mit ihr zu sprechen.
Die Squaw konnte nicht viel über dreißig Jahre alt sein. Sie saß nach Männerart stolz und aufrecht im Sattel. Sie war sauber gekleidet und verriet durch keine Miene, daß sie Angst vor uns hatte. Jedenfalls war sie allein, sonst hätte der Apatsche sich anders verhalten; darum fragte ich nicht nach ihrer Begleitung, sondern sagte:
»Es ist seltsam, daß eine Squaw sich ohne Schutz so weit von ihrem Lager entfernt. Wodurch wurde meine rote Schwester gezwungen, dies zu tun? Will sie mir ihren Namen sagen?«
Ihr Auge leuchtete stolz auf, als sie antwortete:
»Warum spricht mein weißer Bruder von Schutz? Kann es nicht auch eine Squaw geben, die sich nicht fürchtet? Ich sehe drei Bleichgesichter und nur einen roten Mann. Glauben die Bleichgesichter an den heiligen Erretter, der des großen Geistes Sohn ist?«
»Ja.«
»Ihr seid Christen, und in euren Augen lebt die Ehrlichkeit. Ihr gleicht nicht anderen Bleichgesichtern, die auf der Zunge die Güte, aber im Herzen den Haß und den Betrug tragen; ich traue euch. Ich bin Uinorintscha ota, die Squaw von Wamduschka sapa Schwarze Schlange, dem Häuptling der Upsarokas.«
Uinorintscha ota heißt »viel Frauen«, ein Name, der darauf schließen ließ, daß sie bei ihrem Mann in ungewöhnlicher Achtung stand.
Ich fragte:
»Du vertraust uns, weil wir Christen sind, und hast den Sohn des großen Geistes unseren Erretter genannt. Hat dir vielleicht ein Puteh wakon Missionar von ihm erzählt?«
»Mir nicht; aber die Mutter meiner Mutter war die Squaw eines Kriegers der Mandans und liebte die Schwester eines weißen Puteh Wakon, von der sie das Gebet erlernte; sie betete auch mit ihrer Tochter, und diese, meine Mutter, erzählte mir alles, was sie von Wakantanka tschihintku Gottes Sohn wußte, und betete mit mir.«
»Tust du das auch jetzt noch?«
»Ich bete mit meinen beiden Knaben. Aber der Häuptling darf es nicht hören; denn er haßt die Bleichgesichter, die unter dem Vorgeben, uns das Gebet zu bringen, nur das Verderben in unsere Wigwams tragen.«
»Er scheint dich sehr liebzuhaben. Darum reitest du ihm wohl nach?«
Sie stutzte, besann sich kurze Zeit und erwiderte dann:
»Wie kommt das Bleichgesicht auf den Gedanken, daß ich ihm folge, daß er sich also nicht daheim im Lager befindet?«
»Ich weiß, daß er mit einer Schar von Kriegern von dort aufgebrochen ist, um die Sioux-Ogellallahs zu überfallen. Er ist drüben am Fluß aufwärts geritten. Meine rote Schwester befindet sich also, falls sie zu ihm will, auf falschem Weg.«
»Sagst du die Wahrheit?«
»Ja; wir wissen es genau. Wenn du in dieser Richtung weiterreitest, wirst du wahrscheinlich auf Ogellallahs treffen. Ich warne dich!«
Jetzt verwandelte sich der Ausdruck des Erstaunens auf ihrem Gesicht in Schrecken, und sie erkundigte sich hastig:
»Haben die Sioux die Rattlesnakeberge verlassen? Werden sie hier abwärts kommen?«
»Ich vermute es.«
»Kennst du sie? Seid ihr Freunde von ihnen?«
»Wir sind Freunde aller roten und weißen Menschen. Aber die Sioux erkennen das nicht an; sie hassen uns. Du bist erschrocken. Du betrachtest mich forschend. Hast du einen Wunsch? Ich will dir sagen, wer wir sind; dann wirst du Vertrauen zu uns haben. Dieser rote Krieger neben dir ist Winnetou, der große Häuptling der Apatschen, und ich bin – –«
»– Old Shatterhand?« fiel sie mir in die Rede. »Wo Winnetou ist, da befindet sich auch Old Shatterhand. Sag mir, ob du dieses Bleichgesicht bist!«
»Ich bin es.«
»Uff! Ihr seid Feinde meines Stammes. Ich aber habe nichts von euch zu fürchten. Denn Winnetou und Old Shatterhand, diese beiden berühmten Krieger, sind zu stolz, sich an einer Squaw zu vergreifen.«
»Du irrst. Wir sind nicht Feinde der Upsarokas; wir wünschen Frieden mit allen Menschen, auch mit euch.«
»Aber unsere Krieger haben euch vor einigen Monden bis an den Schlangenfluß verfolgt, um euch zu töten.«
»Das ist richtig. Und doch hatten wir ihnen nichts getan. Sie irrten sich in uns, und wir verzeihen ihnen. Hoffentlich finden wir bei dir mehr Vertrauen als bei ihnen.«
Ihr Auge ruhte angstvoll auf der Spur, der sie gefolgt war. Sie kämpfte eine Weile mit sich und sagte dann in entschlossenem Ton:
»Ja, ich will euch trauen; denn meine Sorge ist groß. Ich bin eine Squaw und weiß nicht, wie ich meine Knaben retten kann. Winnetou und Old Shatterhand werden sich nicht dadurch an den Kriegern der Upsarokas rächen, daß sie mich belügen und meine Söhne in den Tod reiten lassen.«
»So bist du nicht dem Häuptling, sondern deinen Knaben nachgeritten? Befinden sie sich in Gefahr?«
»In der größten, wenn es wahr ist, daß die Sioux-Ogellallahs hier vorüberkommen werden. Uff! Uff! Mein Mund sollte das Geheimnis dieses Kriegszugs nicht erwähnen, und doch muß ich davon sprechen, wenn ich meine Söhne retten will. Die Krieger der Upsarokas erfuhren, daß die Feinde gekommen seien, uns anzugreifen. Wamduschka sapa sandte Kundschafter aus und brach nach deren Rückkehr mit zweimal hundert Männern auf, um den Sioux zuvorzukommen. Ich hörte von ihm, daß er den Weg einschlagen wollte, auf dem ich mich jetzt befinde.«
»So hat er unterwegs aus irgendeinem Grund seinen Plan geändert. Sind ihm etwa deine Söhne heimlich nachgeritten?«
»Mein großer weißer Bruder hat es erraten.«
»Wie alt sind sie? Besitzen sie schon Namen?«
»Sie zählen erst vierzehn und fünfzehn Winter Jahre; aber in ihren Herzen wohnt der Mut, und ihre Seelen sehnen sich danach, schon jetzt unter die Krieger aufgenommen zu werden. Deshalb sind sie dem Häuptling einen Tag nach seinem Aufbruch gefolgt. Als ich des Morgens erwachte, waren sie fort. Ihre Pferde fehlten. Ich suchte und fand ihre Spur, die mir ihr Vorhaben verriet.«
»Warum bist du selbst ihnen gefolgt? Warum hast du keinen Mann gesandt?«
»Weil der Häuptling im Zorn die Unerbittlichkeit des grauen Bären besitzt. Vor seinem Grimm über ihren Ungehorsam kann kein Krieger, sondern nur ich sie retten. Ich habe ein Stück Fleisch zum Essen mitgenommen und mich aufs Pferd geworfen, ohne die Zeit zu verlieren, die von den Bleichgesichtern eine Minute genannt wird. Bis hierher bin ich auf ihrer Spur geblieben und habe fortwährend zum großen Manitu und zu seinem Sohn gebetet, ich möchte sie noch heute einholen. Nun treffe ich Winnetou und Old Shatterhand, um zu hören, daß meine Söhne nicht dem Vater nachgeeilt, sondern den Feinden entgegengeritten sind. Ich muß fort, ich muß ihnen folgen. Vielleicht gelingt es mir noch, sie zu warnen.«
Sie ritt, von ihrer Angst getrieben, weiter. Ein Blick zwischen Winnetou und mir genügte, uns zu verständigen. Wir folgten der Squaw. Ich trieb mein Pferd an die Seite des ihrigen und sagte:
»Wenn meine Vermutung richtig ist, daß deine Söhne auf die Sioux-Ogellallahs treffen werden, so kannst du allein sie nicht retten. Eine Squaw bringt das nicht fertig. Dazu gehören Krieger. Kehre also um und reite heim! Wir werden an deiner Stelle der Spur folgen und uns der Knaben annehmen.«
»Uff!« antwortete sie. »Eine Mutter sollte nichts zur Rettung ihrer Kinder tun können? Hat Old Shatterhand noch nie eine Mutter gesehen, die ihre Kinder liebt?«
»Gut! Ich will dich also nicht auffordern, umzukehren. Aber ich bitte dich, uns an deiner Stelle handeln zu lassen. Du würdest ihnen keine Hilfe bringen, sondern nur dich selbst auch dem Verderben überliefern. Ich wiederhole das, obgleich du es nicht glauben willst.«
»So ist es wirklich wahr, daß Winnetou und Old Shatterhand mit mir reiten wollen?«
»Ja.«
»Aber die Ogellallahs werden euch am Marterpfahl töten, wenn ihr ihnen in die Hände fallt.«
»Sie haben das schon oft tun wollen, haben es aber doch nicht fertiggebracht.«
»Ihr wagt dennoch euer Leben. Für zwei Knaben eines Stammes, dessen Krieger euch töten wollten! Meine Brüder mögen mich verlassen und ihren früheren Weg fortsetzen.«
»Das tun wir nicht. Deine Kinder befinden sich in Gefahr, und dir droht auch der Tod. Wir begleiten dich.«
»Uff! Es trifft also doch zu, was die Mutter meiner Mutter stets behauptet hat: daß ein Christ, wenn er wirklich und von Herzen an den Sohn des guten Manitu glaubt, sogar sein Leben wagt, um das seines Feindes zu retten. Nicht wahr, das ist die Liebe, die dort oben wohnt, wo die Sterne stehen?«
»Es ist die Liebe, die vom Himmel kommt und im Herzen jedes guten Menschen wohnt, auch in dem deinigen. Denn du bist ja bereit, für deine Kinder in den Tod zu gehen.«
»Mein weißer Bruder sagt Worte der Wahrheit; das fühle ich in meinem Innern. Wenn ich wieder bete, werde ich auch für ihn beten. Jetzt kann ich es nicht, denn meine Seele kennt nichts als nur die Angst um meine Söhne. Glaubst du, daß sie noch zu retten sind?«
»Ja. Es ist ja noch gar nicht gewiß, daß sie den Sioux in die Hände fallen; und selbst wenn dies geschieht, hoffe ich zuversichtlich, daß wir sie befreien werden.«
Während ich mit der Indianerin sprach, hatte Winnetou sich an unsere Spitze gesetzt. Hammerdull und Holbers ritten hinter ihr und mir. Ich hörte, wie der Dicke zu dem Langen äußerte:
»Wer hätte an so etwas gedacht? Erst geben wir uns alle Mühe, den Sioux auszuweichen und nun reiten wir ihnen gerade in die Zähne. Was meinst du dazu, Pitt Holbers, altes Coon?«
»Da meint man nichts, sondern man reitet mit.«
»Ob man mitreitet oder nicht, das ist ganz gleich, nur ausschließen darf man sich nicht davon. Doch halt, was ist mit Winnetou?«
Der voranreitende Apatsche hielt nämlich in diesem Augenblick sein Pferd an und gab uns einen Wink, die unsrigen auch zu zügeln. Dann stieg er ab. Ich tat dasselbe und ging zu ihm hin.
Wir befanden uns an einem ausgedehnten Gebüsch, hinter dem eine kleine, offene Prärie lag. Sie war nicht ganz eine halbe englische Meile breit und stieß jenseits an einen Wald, an dessen Rand wir eine bedeutende Schar von Reitern erblickten, die soeben von ihren Pferden gestiegen waren, um Lager zu machen. Es war allerdings auch gerade die Zeit dazu, denn die Sonne hatte sich schon so tief niedergesenkt, daß sie in kurzer Zeit verschwinden mußte.
Das waren die Sioux-Ogellallahs. Was wir vermutet hatten, war also eingetroffen.
Die Squaw, Holbers und Hammerdull stiegen auch von ihren Tieren. Hammerdull sagte in seiner drollig zuversichtlichen Weise:
»Da haben wir sie ja! Das sind gewiß auch zweihundert Mann. Wir werden sie erschrecken, wenn wir über sie hinwegstolpern. Wir machen uns doch an sie, Mr. Shatterhand, was?«
»Natürlich«, erwiderte ich. »Wir müssen ihnen doch die beiden Knaben abnehmen.«
Da fragte die Squaw rasch:
»Mein weißer Bruder glaubt also, diese Krieger haben meine Söhne wirklich ergriffen?«
»Ganz gewiß. Sie befinden sich ja auf der Spur deiner Kinder und würden wohl nicht gerade auf der Spur Lager machen, wenn sie nicht diejenigen gefangen hätten, von denen diese Fährte stammt. Sie fühlen sich vollständig sicher, und es fällt ihnen nicht ein, zu denken, daß noch jemand denselben Stapfen folgen könnte. Hätten sie ihren Weg nur noch bis hierher verfolgt, so wären wir ihnen zwar noch schnell ausgewichen, aber sie hätten die Hufeindrücke unserer Pferde entdeckt.«
»Und denkt Old Shatterhand, daß wir die Gefangenen befreien können?«
»Ich hoffe es! Nur Geduld! Wir können nicht eher von hier fort, als bis es dunkel geworden ist.«
Wir banden die Pferde an und setzten uns nieder. Die Frau konnte nicht stillsitzen; sie rückte unruhig hin und her, was sehr begreiflich war. Aber wenn sie sich später im Augenblick der Entscheidung auch nicht besser zu beherrschen vermochte, so mußte man sie unter Aufsicht nehmen.
Hammerdull freute sich auf das zu erwartende Abenteuer.
Er rieb sich vergnügt die Hände und sagte:
»Hoffentlich, Mr. Shatterhand, habt Ihr Euch nicht vorgenommen, wieder, wie gewöhnlich, den Streich allein auszuführen. Ich will auch dabei sein. Ich möchte nicht immer bloß den Zuschauer machen.«
»Wie wir die Befreiung ins Werk setzen, das kommt ganz darauf an, in welcher Lage sich die Gefangenen befinden«, antwortete ich.
»Die Lage geht mich gar nichts an. Ob es eine Lage gibt, oder ob es keine gibt, das ist ganz gleich, wenn sie uns nur günstig ist. Frei müssen die beiden jungen Upsarokas werden. Meinst du nicht auch, Pitt Holbers, altes Coon?«
»Hm, wenn du denkst, lieber Dick; ich habe nichts dagegen«, entgegnete der lange Pitt.
Winnetou lag lang ausgestreckt im Gras und hörte schweigend zu. Sein männlich schönes, bronzenes Gesicht blieb völlig unbewegt. Es war seine Art, nie ein Wort über eine Angelegenheit zu verlieren, in der nur die Tat zu sprechen hatte. Von ihm hatte im geeigneten Augenblick ein einziger kurzer Wink mehr Bedeutung als tausend Worte, die ein anderer vorher sprach.
Die Zeit verging. Es wurde dunkel und dann finstere Nacht. Der Himmel hatte sich bewölkt, und nur hier und da blinkte einmal ein Stern auf, um gleich wieder zu verschwinden.
Nun war es Zeit für uns. Wir brachen auf und ritten über die Prärie, doch nicht etwa in gerader Linie hinüber zu den Sioux; wir richteten es vielmehr so ein, daß wir den Waldrand so weit abseits von ihnen erreichten, daß sie uns nicht hören und noch viel weniger sehen konnten. Wie sicher sie sich fühlten, zeigten uns die hohen, hellen Feuer, die sie entfacht hatten. Sie hielten es nicht einmal für nötig, diese Feuer in irgendeiner Weise zu verdecken. Wir banden unsere Pferde wieder an, dann sagte ich zu Hammerdull und Holbers:
»Ich gehe jetzt mit Winnetou auf Erkundung. Wir lassen unsere Gewehre hier bei euch, und ihr entfernt euch auf keinen Fall von dieser Stelle, bevor wir zurückkehren.«
»Darf ich denn nicht mit?« fragte Dick mißmutig.
»Ihr würdet jetzt überflüssig sein. Später werdet Ihr wahrscheinlich noch genug zu tun bekommen.«
»Well; darauf will ich mich verlassen.«
»Und sorgt vor allen Dingen dafür, daß die Squaw hier bleibt. Gebt ja nicht zu, daß sie uns folgt. Es könnte keine größere Dummheit geschehen.«
Wir gingen. Indem wir dicht am Waldrand hinschlichen, näherten wir uns dem Lager der Ogellallahs so weit, daß wir die uns zunächst sitzenden Gestalten deutlich erkennen konnten. Dann war es Zeit, den Rest des Weges unter den Bäumen zurückzulegen. Auf diese Weise konnten wir uns unbemerkt im Saum des Gehölzes verstecken, wo wir die Ogellallahs nahe vor uns liegen hatten.
Von außen her war nicht an sie heranzukommen, weil die Roten ihre Pferde in einem Halbkreis um das Lager angepflockt hatten, und diese Tiere pflegen die Annäherung eines Weißen durch Schnauben zu verraten. Es brannten mehrere Feuer; man konnte fast jedes Gesicht deutlich erkennen. Wir waren neugierig auf den Anführer der Truppe; denn wir kannten alle hervorragenden Häuptlinge und Krieger dieser Sioux. Wir sahen aber außer lauter jungen Leuten nur einen alten Indsman, der zwar im Ruf der Klugheit stand und darum bei Beratungen hinzugezogen wurde, aber nur ein Unterhäuptling war. Er hieß Tantschan Honska Langer Leib. Er saß an einem der Feuer allein mit einem Mann, der unsere Aufmerksamkeit besonders auf sich zog, denn er war ein Weißer. Von untersetzter, starkknochiger Gestalt, hatte er einen wahren Stierkopf auf dem Nacken sitzen; seine breiten, roh zugehackten Gesichtszüge verrieten heimtückische List und Gewissenlosigkeit. Wer er war, das wußten wir nicht; wir hatten ihn noch nie gesehen. Neben ihm lag ein ranzenartig zusammengenähtes graues Wolfsfell, aus dessen zugebundener Öffnung einige mehr als fingerstarke Stäbe hervorragten. Dieses Feld wurde zuweilen von innen bewegt; es schien irgendein lebendiges Tier darin zu stecken. Auf der anderen Seite des Feuers lagen die beiden Upsarokaknaben, die wir suchten; sie waren so fest gebunden, daß sie kaum ein Glied regen konnten. Die Sioux aßen. Sie hatten einen Büffel geschossen, dessen Fleisch sie übers Feuer hielten, um es leicht anzubraten und dann zu verzehren.
Daß Langer Leib mit dem Weißen allein an einem Feuer saß, ließ vermuten, daß sie beide die Truppe befehligten. Wie kam dieses fremde Bleichgesicht dazu, die Sioux hierher nach dem Bighorn River zu führen? Hatte er eine Rache gegen die Upsarokas? Waren die Ogellallahs von ihm durch Versprechungen veranlaßt worden, ihm bei Ausführung seiner Pläne beizustehen? Das fragte ich mich, und Winnetou hatte jedenfalls dieselben Gedanken.
Wir krochen, um womöglich etwas zu erlauschen, dem betreffenden Feuer so nahe, wie das Gelände es uns erlaubte; hinter einem Beerenstrauch liegend, konnten wir den ganzen Lagerplatz überblicken. Ich nahm an, daß die beiden Anführer mit den zwei Gefangenen noch nicht viel gesprochen hatten. Es war wohl während des Ritts hierher keine passende Gelegenheit dazu gewesen. Die Richtigkeit dieser Voraussetzung sollte sich sofort zeigen. Als nämlich der Weiße mit Essen fertig war, wischte er sich das Messer an seinem Ärmel ab und sagte zu Tantschan Honska:
»Jetzt wird es Zeit, diese Upsarokabrut vorzunehmen. Hat mein roter Bruder etwas dagegen?«
Der Sioux knurrte etwas, was offenbar »nein« bedeuten sollte, und so gab der Weiße einem Indianer den Befehl, die Fesseln der Gefangenen zu lockern. Sie wurden in sitzende Stellung aufgerichtet. Dann sagte der Weiße zu ihnen:
»Also ihr seid die Söhne des Hundes, der sich Wamduschka sapa, die Schwarze Schlange, nennt. Weiter habe ich noch nichts von euch erfahren. Kennt ihr mich?«
»Ja«, antwortete der ältere Knabe, indem er dem Sprecher furchtlos ins Auge blickte.
»Nun, wer bin ich?«
»Du bist Folder, der frühere Agent der roten Männer. Du hast sie betrogen und bist deshalb vom weißen Vater in Washington Präsident der Vereinigten Staaten bestraft worden. Dann wurdest du ein Pferdedieb und Mörder. Unser Vater, der berühmte Häuptling der Upsarokas, erwischte dich, als du ihm fünf Pferde gestohlen hattest. Darauf steht der Tod. Da aber Uinorintscha ota, unsere Mutter, Mitleid mit dir hatte und für dich bat, tötete er dich nicht, sondern ließ dich nur schlagen und jagte dich dann fort.«
Das war ja ein ganzes Sündenverzeichnis, das der Knabe seinem Feind mutig vorhielt! Nun wußten wir, wer dieser Weiße war. Wir hatten gar wohl von dem berüchtigten Indianeragenten Folder gehört, von dem die Roten in einer solchen Weise betrogen und übervorteilt worden waren, daß sich die Behörde der Sache endlich einmal hatte annehmen müssen. Er wurde abgesetzt und mit mehreren Jahren Gefängnis bestraft.
Diesen Gauner sahen wir also jetzt vor uns! Nun war es uns klar, daß er die Ogellallahs zu einem Zug gegen die Upsarokas beredet hatte, um sich für die damals erhaltenen Hiebe zu rächen. Er grinste die Knaben höhnisch an:
»Wie laut so junge Hunde, die ihr seid, doch schon bellen können! Ich werde euch aber die Schnauzen verschließen. Ja, euer Vater, der räudige Kerl, hat mich jämmerlich prügeln lassen. Ich habe damals einen himmelhohen und höllentiefen Schwur getan, mich zu rächen, und jetzt bin ich gekommen, diesen Schwur wahrzumachen. Ihr sollt mir jeden Tropfen Blut, den ihr mir damals herausgeschlagen habt, bezahlen. Beim Teufel, ich hätte nicht gehofft, schon jetzt Gelegenheit zu haben, mit meiner Rache anzufangen, schon jetzt zwei Upsarokas zu fangen, und noch dazu die Söhne des Häuptlings. Das ist ein Glück, dessen ich mich würdig zeigen werde. Was habt ihr Ratten denn hier in dieser Gegend zu suchen? Warum habt ihr euch so weit von eurem Lager entfernt?«
»Wir haben noch keine Namen; deshalb zogen wir aus, um in der Einsamkeit zu fasten und den großen Geist um unsere Medizinen zu befragen.«
Das war eine Antwort, wie sie klüger nicht gegeben werden konnte. Der Häuptlingssohn war trotz seiner Jugend ein kluger Bursche. Er verriet nicht, daß sein Vater auf einem Kriegszug gegen die Sioux unterwegs war. Folder war so unvorsichtig, ihm vollen Glauben zu schenken. Er feixte:
»Ihr braucht den großen Geist nicht zu fragen; eure Medizinen kenne ich schon. Ich werde sie euch zeigen.«
Er knüpfte den Riemen, der seinen Fellranzen verschloß, auf und zog langsam einen der Stäbe heraus. Ich sah zu meinem Erstaunen, daß eine große Klapperschlange daran hing.
Er hielt den Stock mit der wütend züngelnden Schlange empor und lachte:
»Das werden eure Medizinen sein; sie stecken da im Wolfsfell. Als wir jetzt in den Rattlesnake Mountains waren, kam ich an einen Ort, wo diese Bestien ein Meeting abzuhalten schienen; denn sie waren da in Menge beisammen. Da euer Vater Schwarze Schlange heißt, kam mir sogleich der Gedanke, dies sei ein Fingerzeig für die Ausführung meiner Rache. Ich fing ein halbes Dutzend dieser Tierchen und nahm sie mit, um die Schwarze Schlange mit Weib und Kindern durch Schlangengift in die ewigen Jagdgründe zu befördern. Ein großartiger Gedanke, wie ihn noch kein Westmann jemals gehabt hat. Darum freut es mich, daß ihr so zuvorkommend gewesen seid, euch schon heute bei mir einzustellen. Ich werde die jungen Upsarokaschlangen mit diesen Klapperschlangen zusammenbinden und meine Augen an den Bissen weiden, gegen die ihr euch nicht wehren könnt. Das wird morgen früh geschehen, sobald es Tag geworden ist. Oder ist es euch vielleicht lieber, wenn ich es schon jetzt tue?«
Er stand auf und hielt den Knaben die züngelnde Schlange so nahe, daß der verderbliche Biß jeden Augenblick erfolgen konnte. Da raschelte es nahe bei uns im Gebüsch, und eine weibliche Stimme rief im Ton des Entsetzens:
»Halt! Tu es nicht, tu es nicht! Ich beschwöre dich beim großen Geist, laß sie leben, und töte lieber mich!«
Eine Indianerin sprang hinaus und auf das Feuer zu. Es war Uinorintscha ota, die Häuptlingsfrau. Die Sorge um ihre Kinder war zu mächtig in ihr gewesen. Sie hatte sich von Hammerdull und Holbers nicht halten lassen und war herbeigeschlichen. Ohne uns zu sehen und von uns bemerkt zu werden, war sie unsere Nachbarin gewesen und hatte die Drohungen Folders gehört. Jetzt lag sie draußen bei ihren Söhnen auf den Knien, liebkoste sie und rief und bat:
»Gebt sie frei; laßt sie los! Bindet mich, lieber mich mit den Schlangen zusammen! Sie dürfen nicht gebissen werden! Ich will an ihrer Stelle sterben!«
Es läßt sich denken, daß das plötzliche Erscheinen der Squaw großes Aufsehen erregte. Die Sioux sprangen auf und drängten sich herbei. Folder, der die Frau kannte, rief halb erstaunt und halb erfreut:
»All devils! Das ist ja Uinorintscha ota, die fromme Frau des Upsarokahäuptlings! Sag sofort, Weib, wie du hier in diese Gegend kommst!«
»Ich bin meinen Söhnen nachgeeilt, weil sie fortgeritten sind, ohne mich zu fragen«, antwortete sie.
»Wer hat dich begleitet?«
»Niemand.«
»Weiß dein Mann, wo du bist?«
»Nein.«
»Bist du geritten? Wo hast du dein Pferd?«
»Als ich eure Feuer sah, habe ich es draußen auf der Prärie stehenlassen und mich herbeigeschlichen.«
»Verteufelte Geschichte! Das kann uns den ganzen schönen Plan verderben. Erst die Knaben fort und dann die Squaw fort. Die Schwarze Schlange wird natürlich nach ihnen suchen lassen. Wenn wir von einem solchen Späher vor der Zeit entdeckt werden, ist alles verraten. Wir müssen dreifach vorsichtig sein. Bindet die Squaw!«
»Ja, bindet mich!« bat sie. »Aber laßt dafür meine Kinder frei!«
»Weib, bist du verrückt? Du kommst mir gerade recht; denn ich habe sechs Schlangen, für jede Person zwei. Ich will mich an der Freude ergötzen, die du über deine roten Bengel haben wirst, wenn sie sich mit den Rattlesnakes um die Wette winden. Also bindet sie! Dann werde ich sie noch weiter ausfragen.«
Er schob den Stab mit der Schlange in den Ledersack zurück. Dabei sagte Tantschan Honska zu ihm:
»Mein weißer Bruder mag mir erlauben, Späher auszusenden!«
»Warum? Wohin?«
»Die Squaw kann uns belogen haben, als sie sagte, sie sei allein. Sie hat im Wald gesteckt und uns belauscht. Wir müssen den Wald und den ganzen Umkreis des Lagers absuchen, um zu erfahren, ob sie die Wahrheit gesprochen hat.«
»Ja, das müssen wir allerdings. Es wäre verteufelt, wenn wir von hier fort müßten, denn gerade hier gibt es eine Stelle, wie ich sie gar nicht besser für mein Schauspiel finden kann. Ich kenne hier eine tiefe, weite Cache Verborgene Grube zum Verstecken erbeuteter Häute und Felle., die ich früher selbst mitgegraben habe: dahinein wollte ich diese drei Roten mit den Schlangen werfen. Also sucht! Ich hoffe, daß niemand zu finden ist.«
Jetzt war es höchste Zeit für Winnetou und mich, uns zu entfernen. Wir huschten erst ein Stück zurück, tiefer in den Wald hinein, und eilten dann nach der Stelle, an der Hammerdull und Holbers auf uns warteten. Diese beiden empfingen uns in großer Verlegenheit, denn sie glaubten, von uns ausgescholten zu werden.
»Wir sind nicht schuld«, versicherte der Dicke. »Die Squaw hat uns nicht gefragt, hat kein Wort gesprochen. Sie sprang plötzlich auf und war fort. Habt ihr sie nicht gesehen? Sie muß euch nachgelaufen sein.«
»Sie ist gefangen«, erwiderte ich. »Steigt schnell auf; wir müssen fort!«
Wir nahmen natürlich das Pferd der Squaw mit. Die Sioux glaubten, sie habe es auf der Prärie stehenlassen: von da konnte es sich verlaufen haben. Wenn es fehlte, war dies kein Grund zum Verdacht. Wohl eine halbe Meile weit entfernten wir uns und hielten erst an, als wir überzeugt waren, daß die Nachforschungen der Ogellallahs sich nicht bis zu uns ausdehnen würden. Als wir uns an dem neuen Lagerplatz ausgestreckt hatten, fragte ich den Apatschen:
»Wann gehen wir wieder hin?«
»Um Mitternacht«, entgegnete er.
»Das denke ich auch; eher nicht. Wir müssen warten, bis alles schläft.«
Er schwieg eine Weile und stieß dann den Seufzer aus:
»Uff! Das ist nun ein Bleichgesicht, ein – – Christ! Ein Indianer ist ein braver Mensch gegen diese Weißen. Mein Bruder mag nichts zu mir sagen; ich mag kein Wort darüber hören.«
Wie recht hatte er! ...
Ich mußte Hammerdull und Holbers nun erzählen, was wir erlauscht hatten. Als ich damit zu Ende war, sagte Dick:
»Da hat man es wieder einmal: Weiber verderben doch stets den Brei! Darum habe ich nicht geheiratet und werde diesen Fehler auch nie begehen. Was meinst du dazu, Pitt Holbers, altes Coon?«
»Das machst du, wie du willst«, lachte der Gefragte in seiner trockenen Weise.
»Ob ich will oder nicht, das bleibt sich gleich. Ich mache es eben nicht. Was hat sie nun davon? Hat sie ihre Kinder gerettet? Mit Klapperschlangen zusammengebunden zu werden! Es schüttelt mich! Das lassen wir nicht geschehen, und wenn es uns das Leben kosten sollte. Aber, Mr. Shatterhand, wie werden wir es anfangen, sie zu befreien?«
»Das wird sich finden, wenn wir hinkommen«, antwortete ich. »Jetzt wollen wir schlafen, denn während der Nacht wird es wohl keine Ruhe geben.«
Wir versuchten zwar einzuschlafen, aber es gelang nicht, und so machten wir uns um Mitternacht auf den Weg, nachdem wir die Pferde festgebunden hatten. Mit der größten Vorsicht schlichen wir uns an, mußten aber bald zu unserer Überraschung sehen, daß diese Mühe vergeblich gewesen war – – – die Sioux waren nicht mehr da.
Wo waren sie hin? Auf den verlassenen Feuerstätten lagen noch einige halbverbrannte, dürre Äste. Wir zündeten sie wieder an, um sie als Fackeln zu benutzen und mit ihrer Hilfe nach Spuren zu suchen. Da fanden wir, daß die Roten über die Prärie hinüber waren. Sie hatten also ihren Kriegszug fortgesetzt.
»Uff!« sagte Winnetou. »Die Squaw hat wahrscheinlich in ihrer Angst verraten, daß wir hier sind. Sie hat den Sioux mit uns gedroht und ihnen gesagt, wir würden sie und ihre Kinder retten. Daher sind die roten Krieger schnell fort, damit wir den Überfall auf die Upsarokas nicht vereiteln können. Wir reiten ihnen rasch nach. Wenn wir auch ihre Fährte während der Nacht nicht sehen können, so werden wir sie bei Tagesanbruch schon finden.«
Ich war einverstanden. Wir bestiegen unsere Pferde, um auf demselben Weg zurückzueilen, den wir gekommen waren.
Da wir die Gegend kannten, machte uns dies trotz der Dunkelheit wenig Schwierigkeiten.
Wir ritten schneller, als die Sioux reiten konnten, denen das Gelände fremd war. Sie waren wahrscheinlich erst kurz vor uns aufgebrochen. So durften wir hoffen, sie in nicht zu langer Zeit einzuholen.
Es dauerte nicht lange, so kamen wir an den Ort, wo wir mit der Squaw zusammengetroffen waren. Von da an war auch uns die Gegend nicht mehr bekannt. – Aber schon nach zwei Uhr lichtete sich der Himmel, und wir durften die Pferde ausgreifen lassen. Kurze Zeit später war der Erdboden zu erkennen. Das gab uns die Möglichkeit, nach der Fährte zu suchen. Hammerdull und Holbers ritten geradeaus; ich wendete mich nach rechts, Winnetou nach links. In zehn Minuten wollten wir wieder zusammentreffen. Ich fand nichts. Aber als ich wieder zu den drei anderen stieß, hatte der Apatsche die Spuren entdeckt. Vorsichtig folgten wir der Fährte, denn sie war noch keine Viertelstunde alt.
Die Gegend war bergig geworden. – Wir kamen durch einen Wald, dann gelangten wir an einen ebenen Streifen, der vor uns offen, rechts mit Büschen besetzt war. Die Sioux befanden sich zur Zeit auf diesem Streifen, und da er eine ansteigende Lehne bildete, konnten wir jeden einzelnen Reiter unterscheiden. Sie ritten auf eine steile Höhe zu, die von lichten, breitgipfeligen Bäumen bestanden war. Über diese Höhe führte eine Art natürlicher Schneise, ein baumarmer, schmaler Strich, auf den die Roten zulenkten. Indem wir sie abzählten, bemerkten wir zweierlei: etwas Willkommenes und etwas Überraschendes. Das Willkommene war, daß die beiden Anführer allein ritten, und zwar eine bedeutende Strecke hinter den anderen her. Das Überraschende bestand darin, daß die Squaw und ihre Söhne nicht bei dem Trupp waren.
»Die Sioux haben sie nicht mitgenommen, sondern mit den Schlangen in die Cache geworfen«, sagte ich. »Wir müssen schnell wieder zurück! Aber da wir nicht wissen, wo die Cache liegt, muß Folder es uns sagen. Wir nehmen ihn und Tantschan Honska gefangen. Dort auf der Höhe müssen wir ihnen zuvorkommen. Also Galopp da nach den Büschen rechts, damit sie uns nicht sehen!«
Winnetou hatte, wie gewöhnlich, dieselben Gedanken wie ich gehabt. Er flog, ohne meine Worte bis zu Ende anzuhören, voran, und wir folgten ihm, so schnell unsere Pferde laufen konnten. Die Sträucher verschwanden nur so hinter uns.
Als wir den Fuß der Höhe erreichten, waren wir überzeugt, daß die Sioux auf dem offenen Gelände auch noch nicht weiter wären. Wir sprangen von den Pferden. Hammerdull und Holbers sollten die Tiere und unsere Gewehre halten, also zurückbleiben, während Winnetou und ich unter den Bäumen, von den Roten ungesehen, die Höhe zu Fuß zu ersteigen hatten.
Mit langen Schritten und Sprüngen ging es bergan, wobei wir, um ruhiges Blut zu behalten, den Atem sorgfältig einteilten. Auf halber Steilung angekommen, wendeten wir uns mehr nach links, schräg der Schneise zu. Als wir deren Rand erreichten, ritten die Sioux eben vorüber. Wir standen hinter einem mannshohen, breiten Felsenstück.
Nach einer Weile sahen wir die beiden Anführer kommen.
Als sie nahe bei uns waren, flüsterte Winnetou mir zu:
»Du den Weißen, ich den Roten!«
Wir schnellten unhörbar hinter ihnen her. Ein kräftiges Ausholen, ein Sprung, und wir saßen hinter ihnen auf den Pferden. Die eine Hand fest um ihre Kehle, mit der anderen einige Hiebe an ihre Schläfen! Sie glitten, indem wir nachhalfen, bewußtlos von ihren Tieren herab, die wir mit scharfem Ruck zum Stehen brachten.
Nun wickelten wir unsere Lassos auf, banden damit die Gefangenen wie Säcke quer über ihre Pferde fest, nahmen die Tiere bei den Zügeln und führten sie den Berg wieder hinab. Das war alles so schnell und vorsichtig gegangen, daß wohl kaum eine Viertelstunde verstrichen war, als wir wieder bei unseren Gefährten eintrafen.
Nun ging es durch die Büsche zurück, nach dem Wald und dann immer weiter, bis wir sahen, daß die Entführten wieder zu sich kamen. Da hielten wir an. Sie erschraken nicht wenig, als sie bemerkten, daß sie nicht mehr bei ihren Sioux, sondern gefangen waren. Tantschan Honska erkannte uns sofort. Folder wollte mit Grobheiten um sich werfen; da hielt ich ihm den Revolver vor und herrschte ihn an:
»Still, Halunke, sonst schieße ich Euch nieder! Wir wollen die verschwundene Upsarokasquaw und ihre Kinder haben, und Ihr werdet uns die alte Cache zeigen, in der sie stecken. Wenn ihnen die Schlangen nur den geringsten Schaden zugefügt haben, so ist der heutige Tag der letzte Eures Lebens; das schwöre ich, Old Shatterhand.«
»Cache – – –? Schlangen – –?« fragte er, nach einer Ausrede suchend.
»Schweigt, sonst bekommt Ihr die Kugel! Ihr setzt euch jetzt auf die Pferde und werdet da fest angebunden. Dann reiten wir weiter. Wer nur einen Versuch des Widerstrebens macht, ist einen Augenblick später ein toter Mann.«
Auch wenn sie diese Drohungen nicht hätten beachten wollen, wären sie durch den zwingenden Blick, mit dem das Auge des Apatschen auf ihnen haftete, zum widerstandslosen Gehorsam veranlaßt worden. Wir fesselten sie auf ihre Tiere und ritten dann mit ihnen weiter, vermieden aber den bisherigen Weg, um den Sioux die Verfolgung möglichst schwer zu machen. Denn daß diese ihre Führer vermissen, sie suchen und uns dann nacheilen würden, das war zu erwarten. Ihr Ritt nach dem Jagdgebiet der Upsarokas wurde dadurch nicht nur eine Weile aufgeschoben, sondern wahrscheinlich unmöglich gemacht.
Auf dem Rückweg kamen wir rasch vorwärts. Gegen acht Uhr morgens trafen wir auf dem gestrigen Lagerplatz der Ogellallahs wieder ein. Als ich Folder nun aufforderte, uns zu zeigen, wo die Mutter mit ihren Kindern zu finden sei, sagte er mit einem rohen, höhnischen Lachen:
»Ich habe euch noch nie gesehen, aber genug von Winnetou und Old Shatterhand gehört und weiß, daß ihr nie richtet, ohne vollgültige Beweise zu haben. Von euch habe ich nichts zu fürchten, denn ich bin unschuldig. Ich weiß nichts von einer Squaw und von ihren Kindern noch viel weniger.«
»Well. Ein offenes Geständnis hätte Euch genützt. Da Ihr leugnet, habt Ihr keine Gnade zu erwarten. Wir haben gestern dort im Gebüsch gesteckt und alles beobachtet und gehört. Wir werden die Gesuchten sicher finden. Will nicht wenigstens Tantschan Honska aufrichtig sein?«
Der Sioux, an den ich die Frage gerichtet hatte, schüttelte den Kopf und antwortete stolz:
»Tantschan Honska führt nicht mit Weibern und Kindern Krieg. Er wird kein Wort darüber sprechen.«
»Well. So werden wir suchen.«
Es verstand sich von selbst, daß von hier aus nach der Cache Spuren führten. Wir hatten diese Spuren in der Nacht nicht sehen können, sonst wären wir den Sioux nicht nachgeritten, ohne vorher die Grube zu suchen. Jetzt aber brauchten wir nur die Augen aufzutun, um eine Fährte zu entdecken, die erst am Rand des Waldes hin und dann ins Gebüsch hineinführte. Es waren die Spuren menschlicher Füße und zweier Pferde. Die Sioux hatten zwei Krieger mit ihren Pferden hier gelassen, um die Cache bis zur Rückkehr der Schar zu bewachen. Schon wollte ich, während wir den Stapfen folgten, wegen dieser zwei Wachen zur Vorsicht mahnen, als ich die Spitze eines Mokassins hinter einem Baum hervorragen sah.
Ich schnellte hin.
Da stand der ältere der beiden Knaben mit einem Messer in der Hand. Seine Blicke waren voller Zweifel auf mich gerichtet.
»Du bist der Sohn des Häuptlings der Upsarokas«, sagte ich. »Ich bin Old Shatterhand, und da ist Winnetou, der Häuptling der Apatschen. Wo ist deine Mutter, und wo ist dein Bruder?«
»Uff!« rief er erleichtert aus. »Old Shatterhand und Winnetou! Mutter hat uns gesagt, daß ihr uns retten wollt. Sie wird sterben; denn die Schlangen haben sie gebissen. Ich will neues Wundkraut suchen, da die wenigen Pflanzen, die wir fanden, verbraucht sind.«
Die Tränen traten ihm in die Augen.
»Führe uns!« forderte ich ihn auf. »Vielleicht ist noch Hilfe möglich.«
»Nein, Mutter stirbt«, klagte er fast weinend. »Sie zittert am ganzen Leib und schlägt um sich; oft liegt sie schon wie tot; dann erwacht sie wieder, um zu beten. Wo sie gebissen wurde, ist der Körper geschwollen und dunkel gefärbt. Sie wird sterben. Aber ich, ich werde sie rächen! Kommt!«
Er führte uns ungefähr zweihundert Schritte weiter; dann blieb er stehen und sagte:
»Horcht! Sie spricht!«
Wir lauschten und hörten die Stimme der Frau wie aus einer Höhle heraus:
»Machpiya ekta tokedn nitawatschin etschongpi king maka akan hetschen etschongpi nongue Wie dein Wille im Himmel geschieht, so geschehe er auch auf Erden!«
Sie betete das Vaterunser. Wir gingen noch einige Schritt weiter, bogen um eine dichte Baumgruppe und standen dann vor der Cache; sie war vielleicht zweieinhalb Meter tief, eindreiviertel Meter lang und breit und mit Rundhölzern ausgekleidet, um sie vor Feuchtigkeit und Einsturz zu bewahren. Der ebenso aus Hölzern bestehende und mit Moos bekleidete Deckel war abgenommen und lag auf der Seite. Solche Gruben werden von den Jägern und Fallenstellern angelegt, um die erbeuteten Felle bis zur Abholung zu verstecken.
In der Nähe sahen wir zwei Pferde angebunden; zwei Gewehre lehnten dabei, und an zwei Aststrümpfen sahen wir – zwei frische, blutige Kopfhäute hängen.
»Von wem sind diese Skalpe?« fragte ich schnell und verwundert.
»Von den beiden Sioux, die uns bewachten. Ich werde Old Shatterhand und Winnetou alles erzählen«, antwortete der Knabe, während seine Augen stolz aufleuchteten. »Jetzt bitte ich die berühmten Krieger, zuerst nach der Mutter zu sehen.«
Als wir in die Grube schauten, bemerkten wir zuerst eine abgebrochene, junge Fichte, die den Knaben als Leiter diente. Unten lag die Squaw in Krämpfen und schwer mit dem Atem ringend. Bei ihr saß ihr jüngerer Sohn. Er hatte ihren Kopf in seinem Schoß und weinte. Im entgegengesetzten Winkel lagen mehrere Riemen und drei große, ausgewachsene Klapperschlangen. Die Tiere waren tot.
Ich sprang mit Winnetou hinab. Wie wir bei gleichen Veranlassungen stets auch die gleichen Gedanken miteinander hatten, so auch hier. Wir blickten zunächst nicht nach der Frau, sondern nach den Schlangen. Sie waren durch Erwürgen getötet worden. Ihre fast zwei Meter langen Körper zeigten in der Nähe des Kopfes zahlreiche kleine, wie von einer Stopfnadel herrührende Löcher in der Haut. Doch mußte man sehr scharf hinschauen, um sie zu bemerken. Ich nickte dem Apatschen befriedigt zu, und er antwortete mit einem frohen Lächeln. Worte brauchten wir nicht.
Nun wendeten wir uns zu der Frau. Die Krämpfe hatten plötzlich nachgelassen. Sie lag bewußtlos. Wir fanden an ihren Beinen bis zum Knie herauf, an ihren Armen und besonders an den Händen die Spuren von Bissen, deren Umgebung angeschwollen und blau gefärbt war, aber nicht dunkel, wie ihr Sohn gesagt hatte. Sie durfte nicht länger in der Grube bleiben. Wir hoben sie so hoch empor, daß Hammerdull und Holbers sie vollends hinausziehen konnten. Dann stiegen wir mit dem jüngeren Knaben nach. Ich wendete mich zu Folder, der mit Tantschan Honska gefesselt neben der Cache lag:
»Siehst du, Schurke, daß wir dein Geständnis nicht gebraucht haben? Wo sind die anderen drei Schlangen?«
»Ein Sioux hat den Ledersack, in dem sie stecken, auf dem Pferd«, erwiderte er.
»So hast du sie also für den Häuptling der Upsarokas mitgenommen. Aber deine Berechnung war falsch. Die Squaw hat zwar einige Bisse erhalten, wird aber doch nicht sterben, weil die Giftdrüsen der Tiere leer gewesen sind. Die in dem Ledersack eng zusammengedrückten Schlangen haben sich untereinander gebissen, wie wir an ihren Häuten festgestellt haben, so daß der Giftvorrat erschöpft wurde. Deine Lage wird dadurch freilich nicht verbessert, denn du wirst trotzdem als Mörder behandelt werden.«
»Was geht denn Euch das an, was ich mit den Roten habe? Ihr wollt Euch doch nicht etwa als Richter über mich aufspielen? Das müßte ich mir verbitten! Ich verlange, von Euch freigelassen zu werden.«
»Warte das ab, Bursche! Du wirst noch froh sein, wenn wir uns deiner als Richter erbarmen.«
»Das bildet Euch ja nicht ein! Ich würde lieber sterben, als mich unter Euer Urteil stellen.«
»Gut, merke dir das! Wir sind fertig miteinander.«
Da die Mutter noch bewußtlos war, mußten die Knaben uns erzählen, was sich gestern nach unserem Rückzug vom Lauscherposten ereignet hatte. Das war folgendes:
Man hatte nach Begleitern der Squaw gesucht, aber niemand gefunden. Die Frau hatte mit heißer Angst und unablässig um das Leben ihrer Kinder gefleht, doch vergeblich. Sie hatte mit der Rache ihres Mannes gedroht, und als dies nur ein Gelächter Folders zur Folge gehabt hatte, war sie in ihrer Verzweiflung so unvorsichtig gewesen, zu sagen, daß wir in der Nähe seien.
Die Wirkung war sofort eingetreten, aber leider anders, als sie erwartet hatte: ihr Schicksal war dadurch nur beschleunigt worden. Man hatte sie mit ihren Kindern unter dem Schein von Feuerbränden nach der Cache gebracht, hatte die Grube geöffnet und von den Klapperschlangen drei hineingeworfen; dann waren die drei Unglücklichen, an Händen und Füßen gefesselt, hinabgelassen worden. Hierauf war Folder aus Furcht vor uns mit den Sioux aufgebrochen. Er wollte die Upsarokas ausrauben, so viele wie möglich von ihnen töten und ihren Häuptling lebendig hierherbringen, um ihm das gleiche Schicksal zu bereiten wie seinem Weibe und seinen Kindern. Aus diesem Grunde hatte er zur Bewachung der Grube zwei Krieger zurückgelassen. Diese hatten Angst gehabt, von uns entdeckt zu werden, und sich, sobald es Tag geworden war, entfernt, um nach uns zu forschen.
Inzwischen hatte sich in der Grube ein Beispiel selbstlosester, aufopferndster Mutterliebe ereignet, wie es bewundernswerter gar keines geben kann. Die Knaben hatten sich in einer Ecke eng zusammengedrückt und sich aus Furcht vor den Schlangen vollständig reglos verhalten. Die Mutter aber hatte, um ihre Kinder vor dem schrecklichen Tod zu bewahren, den Riemen, der ihre Hände zusammenhielt, mit den Zähnen zernagt und, als sie die Hände freibekam, im Finstern nach den Schlangen gesucht, um sie unschädlich zu machen, was nur dadurch geschehen konnte, daß sie eine nach der anderen erwürgte. Daß sie dabei selbst, und zwar mehrmals gebissen wurde, galt ihr nichts.
Als die dritte Schlange tot war, knotete die Squaw ihren Söhnen mit großer Mühe die Fesseln los. Dann brach sie fröstelnd, schwindelnd und fiebernd zusammen. Kurze Zeit später graute der Tag. Da sich kein Wächter blicken ließ, stieg der eine rote Knabe auf die Schultern des anderen, schwang sich hinaus und brach die erwähnte junge Fichte ab, mit deren Hilfe der Bruder ihm nachfolgte.
Kaum war dies geschehen, so kam der eine Posten zurück. Sie hörten ihn und versteckten sich. Er hatte unsere Spur entdeckt und an ihnen erkannt, daß wir fort waren. Nun fühlte er sich sicher. Er band sein Pferd an, lehnte sein Gewehr an einen Baum und ging zur Grube, um hinabzusehen. Als er nur die Squaw bemerkte, fuhr er erschrocken zurück. Mittlerweile war der ältere Bruder zu dem Baum gehuscht, hatte das Gewehr ergriffen, spannte den Hahn, zielte auf den Sioux und schoß ihn nieder. Hierauf zog er ihm das Messer aus dem Gürtel und schnitt ihm den Skalp herunter. Dann wurde der Tote fortgeschafft und versteckt.
Nun luden die Brüder das Gewehr wieder, um auch den zweiten zu erschießen. Das sollte der Jüngere tun, der auch einen Skalp haben wollte. Der Sioux kam nach einiger Zeit und wurde in den Kopf getroffen, skalpiert und zu dem anderen Toten geschleift. Jetzt waren die jungen Indianer Herren des Platzes und konnten sich um ihre Mutter kümmern. Der eine stieg hinab zu ihr; der andere ging, um das giftverzehrende Schlangenkraut zu suchen. Daß jeder der Knaben einen Skalp erbeutet hatte, das sicherte ihnen nicht nur volle Straflosigkeit von seiten ihres Vaters, sondern machte sie auch zum Eintritt in die Reihen der jungen Krieger würdig. Sie waren sehr stolz darauf; man sah es ihnen an, wie sie vor Freude und Mut strahlten.
Als wir die Hauptsache erfahren hatten, galt es vor allen Dingen, für die Squaw zu sorgen und uns auf die Rückkehr der Sioux vorzubereiten. Wir mußten unbedingt frisches Wundkraut haben. Mir war es, als ob ich einige dieser Pflanzen vorhin draußen am Lagerplatz gesehen hätte. Ich sagte dies Winnetou, und er forderte mich auf, sie ihm zu zeigen. Wir gingen hinaus. Während wir noch danach suchten, stieß der Apatsche ein lautes »Uff!« aus und sprang unter die Bäume. Ich folgte ihm schnell. Wir sahen eine beträchtliche Reiterschar auf uns zukommen. Als sie sich uns so weit genähert hatte, daß wir die Kriegsfarben erkennen konnten, rief Winnetou:
»Das ist Uamduschka sapa mit seinen Upsarokas! Sie halten sich für unsere Feinde. Wir wollen uns den Scherz machen, uns von ihnen umzingeln zu lassen.«
Wir traten also wieder hinaus ins Freie. Kaum erblickten sie uns, so ließen sie ihr Kriegsgeschrei hören, kamen herangejagt und schlossen uns ein.
»Uff, uff!« rief die Schwarze Schlange. »Old Shatterhand und Winnetou! Nehmt diese Hunde fest, damit wir den Marterpfahl mit ihnen zieren!«
Winnetou setzte sich nieder, stieß die Klinge seines Messers in den Rasen und sagte:
»Hier sitzt Winnetou, der Häuptling der Apatschen. Er gräbt das Messer des Krieges in die Erde: es ist Friede!«
Ich setzte mich neben ihn, deutete mit der Hand nach der betreffenden Richtung und forderte die Schwarze Schlange auf:
»Der Häuptling der Upsarokas will die Sioux-Ogellallahs fangen. Er ist auf einem falschen Weg nach den Rattlesnakebergen geritten und wieder umgekehrt, weil er die Spuren der Sioux gefunden hat, die nach seinen Jagdgründen wollen. Er ist diesen Spuren bis hierher gefolgt. Wir wollen ihm die Anführer der Sioux als seine Gefangenen schenken. Wenn er sie haben will, mag er der Spur folgen, die dort links in den Wald hineinführt!«
»Uff!« rief er aus. »Das kann nichts anderes sein als Verrat!«
»Sind Winnetou und Old Shatterhand Verräter? Kann man uns eine einzige Lüge nachweisen? Hier sitzen wir, und zweihundert Upsarokas haben uns umringt. Sie mögen uns töten, wenn es sich herausstellt, daß wir dich betrügen wollen! Du wirst nicht nur finden, was ich sagte, sondern noch viel, viel mehr.«
»Uff! Ich tue, was du gesagt hast, aber wehe euch, wenn deine Worte trügerisch sind! Es werden zweimal hundert Gewehre auf euch gerichtet sein, bis ich wiederkehre.«
Er stieg vom Pferd und ging. Er war zu stolz und zu mutig, Begleitung mitzunehmen. Aber seine Leute hielten ihre Gewehre so, daß wir in die Läufe blicken konnten. Wir waren ohne Sorgen, denn wir kannten den Erfolg seines Ganges.
Es vergingen zehn Minuten und nochmals zehn; da kehrte er zurück. Ein Wink von ihm, und die Gewehre wurden niedergenommen. Er trat zu uns mit den Worten:
»Meine Brüder haben recht gehabt; es ist Friede. Wir hielten Old Shatterhand und Winnetou für unsere Feinde. Sie aber haben bewiesen, daß sie unsere Brüder sind. Denn sie haben ihr Leben für meine Squaw und meine Söhne gewagt, und meine Söhne sind durch sie zu Kriegern geworden; wir werden das Kalumet des Friedens mit ihnen rauchen.«
»Aber jetzt nicht, sondern später«, fiel ich ein. »Die Sioux-Ogellallahs können jeden Augenblick da drüben jenseits der Prärie erscheinen. Sie dürfen euch nicht sehen. Deine Krieger mögen sich im Wald verstecken; dann wird euch der Sieg leicht werden.«
»Uff! Du meinst, daß sie zurückkommen?«
»Ja. Ich sage es, und so wird es geschehen. Sei klug und folge meinem Rat!«
Seine Krieger zogen sich mit ihren Pferden in den Wald zurück, so daß niemand mehr zu erblicken war. Wir aber gingen mit ihm zu seinem Weibe, das er, wie wir bald bemerkten, mit überaus liebevoller Achtung behandelte.
Die Freude, ihn zu sehen und keine Vorwürfe von ihm zu erhalten, wirkte so günstig auf die Frau, daß sie jetzt keine Schmerzen fühlte. Als sie hörte, ein blutiger Kampf stehe bevor, bat sie ihn, es nicht so weit kommen zu lassen; er möge es damit genug sein lassen, daß der Überfall auf sein Lager abgewendet sei. Selbstverständlich unterstützten Winnetou und ich sie dabei kräftig. Wir legten ihm alle Gründe vor, die für unsere friedliche Ansicht sprachen, und es gelang uns schließlich, ihn zu bewegen. Er wollte sich mit Folder, der allerdings dem Tod verfallen war, und mit dem für ihn sehr wichtigen Umstand begnügen, daß seine Söhne Skalpe erbeutet hatten und dadurch trotz ihrer großen Jugend Krieger geworden waren.
Als Tantschan Honska erfuhr, daß er nicht gefangen bleiben und am Marterpfahl sterben, sondern frei sein sollte, wollte er es erst gar nicht glauben. Er wußte, wieviel Upsarokas hinter den Bäumen steckten und kannte die Vortrefflichkeit meines fünfundzwanzigschüssigen Henrystutzens und die Gefährlichkeit von Winnetous Silberbüchse. Also konnte er sich sagen, was eine einzige unerwartete Salve von uns für eine furchtbare Verheerung unter den Sioux anrichten müsse. Und doch wollten wir auf alles, selbst auf die sichere Beute verzichten.
Das war ihm unbegreiflich. Mit um so größerer Bereitwilligkeit ging er darauf ein, seine Schar zum Rückzug aus dieser Gegend zu bewegen.
Gerade waren wir mit ihm einig geworden, als die Sioux am jenseitigen Rand der Prärie erschienen. Wir ließen sie ziemlich nahe kommen. Dann schritt er ihnen entgegen. Sie stutzten und hielten an. Als er sie erreicht hatte, schlossen sie einen Kreis um ihn. Sie hatten wohl nicht erwartet, das zu hören, was er ihnen bekanntgab. Wir sahen, wie sie in große Aufregung kamen.
»Sie können sich nicht in die neue politische Lage finden«, lachte Dick Hammerdull. »Dieser Lange Leib scheint kein gutes Mundwerk zu haben. Wir hätten dich hinüberschicken sollen, Pitt Holbers. Meinst du nicht auch, altes Coon?«
»Mach keine dummen Witze«, antwortete der Lange. »Du weißt ja, daß ich kein Redner bin.«
»Ob du einer bist oder nicht, das ist ganz gleich; denn bekanntlich sind stets diejenigen die besten Redner, die gar nichts sagen. Doch schau, jetzt sind sie endlich fertig. Der Lange Leib kommt wieder her.«
Die Aufregung schien vorüber zu sein, denn die Sioux-Ogellallahs nahmen eine ruhige Haltung an. Ihr Anführer meldete uns:
»Meine Krieger würden den Beschluß nicht gebilligt haben, wenn die Upsarokas allein hier wären. Aber da sie das Zaubergewehr Old Shatterhands kennen, haben sie sich entschlossen, sogleich fortzureiten und nicht wiederzukommen. Darf ich mir mein Pferd nehmen?«
»Ja«, nickte Wamduschka sapa. »Aber wisse, daß ich euch Kundschafter nachsenden werde, die euch beobachten. Erfahre ich von ihnen, daß ihr euer Wort nicht haltet, so rufe ich über fünfmal hundert Krieger zusammen und vernichte euch.«
Der Ogellallah machte eine Bewegung, die sowohl Zustimmung wie auch Hohn bedeuten konnte, und holte sich sein Pferd. Bald darauf verschwand er mit seiner Schar hinter dem Wald. Einige Upsarokas bekamen den Befehl, ihnen nachzureiten, um sie zu beobachten.
Niemand war über diesen Ausgang der Sache so betroffen wie Folder. Er hatte die Ueberzeugung gehegt, es werde zum Kampf kommen und dieser werde ihm die Freiheit wiederbringen. Als er erfuhr, daß es für ihn keine Hoffnung gab und daß er für den Tod am Marterpfahl bestimmt sei, ließ er mich zu sich rufen und bat mich, ihn zu retten. Ich antwortete:
»Ihr habt erklärt, das, was Ihr mit den Roten habt, gehe mich nichts an. Ebenso habt Ihr versichert, daß Ihr lieber sterben als Euch unter mein Urteil stellen würdet. Die Ereignisse, die ich voraussah, sind eingetroffen und mögen ihren Lauf nehmen.«
»Aber, Sir, Ihr könnt doch unmöglich zulassen, daß ein Weißer, ein Christ, von diesen Roten gegen alles Recht hingemordet wird.
»Christ? Nehmt dieses Wort nicht in den Mund! Habt Ihr etwa an Euer Christentum gedacht, als Ihr Tausenden von hungernden und frierenden Indianern die Nahrung und Kleidung unterschlugt? Als sie sich über diesen haarsträubenden Betrug auflehnten, habt Ihr sie einfach niederschießen lassen. Was war die kurze Gefängnisstrafe für solche Missetaten? Nichts! Wamduschka sapa hatte Euch, dem Pferdedieb, das Leben geschenkt, und die Hiebe, die er Euch verabreichen ließ, waren eine Gnade für Euch. Doch genug! Ihr seid ein blutgieriger, gefühlloser und gewissenloser Schuft, der auf kein Erbarmen rechnen darf.«
Da donnerte er derart mit Flüchen und Verwünschungen gegen mich los, daß mich Ekel und Widerwille überschauerten. Ich überließ den Burschen seinem Schicksal.
Hatte ich mich vorher, als wir allein waren, um die Squaw sorgen dürfen, ohne dadurch meiner Kriegerehre Schaden zu tun, so war das jetzt anders. Sie stand nicht mehr unter unserem Schutz, und Ich konnte meine Teilnahme für sie nur dadurch beweisen, daß ich mich nach ihrem Befinden erkundigte. Der Häuptling antwortete:
»Sie liegt jetzt ruhig und schläft. Ich weiß, daß sie bald wieder gesund sein wird; denn wir kennen Pflanzensäfte, die das Schlangengift mit allen seinen Folgen aus dem Körper treiben. Mein weißer Bruder wird sie, sobald wir unsere Wigwams erreicht haben, so munter wie eine Antilope sehen.«
»Meinst du, daß wir euch dorthin begleiten werden?«
»Uff! Wollt ihr das etwa nicht tun? Das würde den berühmten Namen der Upsarokas schänden. Sollen wir von uns sagen lassen, daß Old Shatterhand und Winnetou unsere Gastfreundschaft verachten?«
Er hatte recht, und als ich den Apatschen darüber befragte, willigte er sofort ein, den Wunsch des Häuptlings zu erfüllen.
Der nun folgende Brauch des Rauchens der Friedenspfeife wurde mit großer Feierlichkeit vorgenommen; danach folgte die weniger feierliche Beerdigung der beiden Sioux. Als Grab diente die Cache, in der ihre Opfer hatten sterben und verwesen sollen.
Dann ging es an den Aufbruch. Die Rückkehr mußte der Kranken wegen beschleunigt werden. Es wurde eine Tragbahre für sie hergestellt und zwischen zwei Pferden befestigt. Als wir fortritten, sagte der muntere Hammerdull zu seinem langen Freund:
»Noch gestern mittag gaben wir uns alle Mühe, uns weder von den Upsarokas noch von den Sioux-Ogellallahs sehen zu lassen, und heute – – –? Die einen haben wir ohne Gewalt in den Ruhestand versetzt, und mit den anderen sind wir gar in so dicke Brüderschaft geraten, daß wir mit ihnen ziehen, um ihren Küchenzettel kennenzulernen. So ändern sich die Zeiten! Was sagst du dazu, Pitt Holbers, altes Coon?«
»Ich werde gar nichts sagen, sondern nur kennenlernen «, entgegnete der Gefragte. »Reden ist Silber, Essen ist Gold!«
»Ob Silber oder Gold, das bleibt sich gleich. Ich halte es mit beiden ...«
Die Upsarokas boten, als wir ihre Wigwams erreicht hatten, alles mögliche auf, um uns zu beweisen, daß sie es mit der Pfeife des Friedens ernst und aufrichtig gemeint hatten. Das einzige Ereignis, an dem wir uns nicht beteiligten, war die Hinrichtung Folders am Marterpfahl, Einer der größten Indianerquäler büßte da seine Schandtaten. Dennoch hätte ich Milderung zu erwirken versucht, wenn er mir nicht den Weg durch sein rohes, abstoßendes Verhalten verwehrt hätte.
Die Squaw konnte schon nach einigen Tagen das Zelt verlassen und war nach einer Woche so gesund wie je. Den drei von ihr gewürgten Klapperschlangen waren die Häute abgezogen worden. Die Frau wollte sie als Andenken an jene schreckliche Nacht behalten. Während eines späteren Besuches bei den Upsarokas sah ich, daß sie diese Häute als Schmuck in ihre lang herabfallenden Zöpfe eingeflochten hatte. Noch heute, nach so langer Zeit, denke ich, wenn von Mutterliebe gesprochen wird, an Uinorintscha ota, die Indianerin vom Stamm der Upsarokas. – – –