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65. El Dorado

Wie auf Befehl liefen gleichzeitig aus allen Buchten des Sees buntbewimpelte Kähne und Boote, mit Blumengirlanden geschmückt und mit schön gewachsenen Männern und Frauen besetzt, in den See hinaus, der nun wie mit einem Zauberschlage ein Bild des bewegtesten Lebens bot.

Gleich darauf fuhr ein großes, prächtiges Schiff, mit vergoldeten, geschnitzten Figuren geziert, aus dem Hafen der Goldstadt in den blauen Spiegel hinaus, umtanzt von kleinen dicht bemannten Booten. Zarte rosenrote Segel blähten sich an den schlanken Masten der großen Galeere. Vorn auf dem Verdeck war ein mit Edelsteinen geschmückter silberner Thronsessel errichtet, auf dem ein hochgewachsener, schön gebauter Jüngling mit edlen Gesichtszügen saß, am ganzen Leibe mit flimmerndem Goldstaub bedeckt.

»El Dorado!« rief Friedrich aus. »Allein, wie ist mir? Ich meine, diese Gestalt und dieses Antlitz schon einmal gesehen zu haben. Aber es muß natürlich Täuschung sein; auf die Entfernung lassen sich ja die Gesichtszüge nicht so genau unterscheiden.«

In der Mitte des Sees kamen alle die bunten Gondeln zusammen und boten in ihrer Vereinigung ein prächtiges Schauspiel. Immer noch wurde ihre Zahl vermehrt durch das Hinzukommen der Boote, die einen weiteren Weg zurückzulegen hatten.

Bald drängten sich Hunderte der blumenreichen, sanft schaukelnden Pirogen um das majestätische Schiff in der Mitte. El Dorado erhob sich, und Jungfrauen boten ihm zierlich geflochtene Körbe, bis zum Rande mit Edelsteinen gefüllt, jeder mit einer besonderen Art. Und nun warf der Dorado die kostbaren, blitzenden Steine mit vollen Händen hinab in den See unter dem tausendstimmigen Jubel der Menge. Wie ein Funkenregen sprühten sie hinab, die Diamanten, Rubine, Saphire, Topase, Smaragde, Granaten, Hyazinthen, Berylle, Chrysolithe, Opale, Onyxe, Amethyste, Türkisen und Heliotrope, und zuletzt sprang El Dorado selber vom Schnabel des Schiffes ihnen nach und spülte in den Fluten des Sees den Goldstaub von seinem Leibe ab. Dann schwang er sich an einem Bastseil wieder zu seinem Throne empor, und die Männer und Frauen auf seinem Fahrzeuge stimmten einen feierlichen Sang an, der in Jubeltönen endigte.

Hierauf ruderten die Pirogen sämtlich wieder dahin zurück, woher sie gekommen waren.

Ulrich und Friedrich, ganz versunken in den Anblick des Prachtschiffes des Dorado, besonders die rosigen Segel bewundernd, die wie zarte Blätter der Heiderose, von der Sonne durchschimmert, leuchteten, bemerkten nicht, daß einige der Heimkehrenden, auf die Jünglinge am Ufer weisend, unter lebhaften Gebärden einander von Boot zu Boot etwas zuriefen und dann geradeswegs der Stelle des Ufers zusteuerten, an der die Brüder standen.


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