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Mutter (spöttisch): Wenn wir noch so einen Liebhaber finden, Musarion, wie dieser Chäreas ist, so können wir weniger nicht tun, als daß wir der Venus Pandemos eine weiße Ziege, der Urania und der in den Gärten jeder eine junge Kuh opfern und die PlutodoteiraDie Reichtumgeberin, ein Beiwort, das (nach Tib. Hemsterhuys' Bemerkung) in einem der Orphischen Hymnen der Eleusinischen Ceres gegeben wird. über und über mit Blumenkränzen umhängen; wir wären auf immer die glücklichsten Leute in der ganzen Welt. Das mußt du mir doch selbst gestehen, daß es ein freigebiger junger Herr ist! Wenn er, seitdem du ihn kennst, auch nur mit einem armen Doppelbatzen hervorgerückt wäre! Nur ein Halstuch oder ein Paar Schuhe oder ein Pomadetöpfchen wenigstens! Aber nichts! Nichts als Entschuldigungen und Versprechungen und weit hinausgeschobene Hoffnungen, und das ewige »Wenn mein Vater – wenn ich Herr von meinen Erbgütern sein werde – dann ist alles dein«. Sagst du nicht, er habe dir mit einem Eide versprochen, daß er dich sogar heiraten wolle?
Musarion: Ja, Mutter, das hat er mir bei den GöttinnenCeres und Proserpine. und bei der PoliasMinerva Polias, d. i. Schutzgöttin der Stadt Athen. geschworen!
Mutter: Und du bist eine Närrin und glaubst ihm? Und darum gabst du ihm neulich, als er keinen Heller hatte, um das Kränzchen, das er geben mußte, zu bezahlen, ohne mein Vorwissen deinen Ring vom Finger? Der ist nun verkauft und durch die Gurgel gejagt! Und wo sind die zwei jonischen Halsketten hingekommen, deren jede zwei Dariken wogDer Darik war eine in Griechenland, Kleinasien, Syrien und Persien gewöhnliche Goldmünze, die ihren Namen von Darius Hystapis' Sohn hatte, der sie zuerst schlagen ließ. In der Folge ließen auch die mazedonischen, syrischen und andere Könige Münzen von gleichem Werte schlagen, die z. B. Philippei, Alexandrei usw. oder, nach unserer Art zu reden, Philippd'or, Alexanderd'or, aber gewöhnlich auch Dariken hießen, so wie man bei uns alle Fünftalerstücke, es mögen nun wirkliche alte Louis oder Friedrichsd'or, Augustd'or, Carld'or usw. sein, im gemeinsamen Leben Louisd'or zu nennen pflegt. Der Darik wog an Golde von 23 Karat fein zwei Drachmen und galt bei den Griechen (vermöge des bei ihnen eingeführten Verhältnisses des Goldes zum Silber) 20 Silberdrachmen. Eduard Bernard, de Mensur, et ponder. antiquis p. 171. Otho Sperling, de nummis non cusis, cap 21. Diesem nach hätten die beiden Halsketten der Musarion zusammen nicht mehr als zwei Lot gewogen, und ihr größter Wert müßte in der Feinheit und Zierlichkeit der Fasson bestanden haben., womit dich der Schiffsherr Praxias beschenkt hatte und die er expreß für dich zu Ephesus hatte machen lassen? Die sind auch fort! Denn freilich brauchte der holde Chäreas Geld, um sein Kontingent zu einem großen Schmause den jungen Herren seines Alters zu erlegen. Um wie viele Schleier und Unterröcke er dich schon gebracht hat, daran mag ich gar nicht denken. Wahrhaftig, der Mensch ist ein rechter Schatz, den wir gefunden haben!
Musarion: Aber dafür ist er schön und hat noch ein glattes Kinn und sagt mir mit heißen Tränen, daß er mich liebe, und ist der Dinomache und des Areopagiten Laches einziger Sohn und verspricht, mich zu heiraten, und wir haben die größten Hoffnungen von ihm, sobald der Alte die Augen zumacht.
Mutter: Wenn wir also ein Paar Pantoffeln nötig haben und der Schuster acht Groschen verlangt, so wollen wir ihm sagen: Geld haben wir zwar nicht, aber Hoffnungen in Menge; nimm dir etliche davon an Zahlungs Statt! Den Bäcker fertigen wir künftig auf die nämliche Art ab; und will der Hausherr seinen Mietzins haben, so sagen wir ihm: Gedulde dich nur, bis der alte Laches tot ist, nach der Hochzeit wollen wir dich richtig bezahlen. Schämst du dich nicht in dein Herz hinein, daß du die einzige unter allen Hetären bist, die keine Ohrringe, kein Halsband, nicht einmal eine tarentinische Schemise hat?Ein weibliches Kleidungsstück von einem sehr feinen, durchsichtigen Zeug, das zu Tarent fabriziert wurde. Was es eigentlich für eine Form hatte, ist unbekannt; ich habe also proprio marte eine Schemise daraus gemacht, weil ich vermute, daß es wohl der sogenannte leinene Nebel des Petronius sein könnte.
Musarion: Sind sie darum etwa glücklicher und schöner als ich?
Mutter: So sind sie wenigstens klüger und verstehen ihr Handwerk. Sie lassen sich nicht mit glatten Wörtchen abspeisen und glauben nicht an die Schwüre, die solchen jungen Windbeuteln scharenweise auf den Lippen sitzen. Aber du bist eine treue, zärtliche Seele und lebst einzig für deinen lieben Chäreas! Wie traktiertest du neulich den jungen akamanischen Weinbauer, den sein Vater mit einem Fuder Wein in die Stadt zu Markte geschickt hatte? Der hatte doch auch noch keinen Bart, aber einen desto gespickteren Beutel; und so einen Kundsmann, der dir von seinem gelösten Gelde zwei brave Minen anbot, weisest du verächtlich ab und letzest dich dafür mit deinem Adonis Chäreas!
Musarion: Ich hätte ihn also sitzenlassen und dem boxenden Bauernlümmel die Zeit vertreiben sollen? Das wäre ein feiner Tausch!
Mutter: Nu, nu! Er ist freilich nur ein Bauernjunge und riecht nicht zum besten. Das möchte dir noch hingehen. Aber was hattest du gegen den Antipho, des Menekrates Sohn, einzuwenden, der eine Mine geben wollte? Der ist doch ein so feiner junger Herr aus der Stadt als Chäreas immer? Warum wurde auch der abgewiesen?
Musarion: Chäreas drohte, uns alle beide umzubringen, wenn er mich jemals bei ihm antreffen würde.
Mutter: So? Sind dergleichen Drohungen etwa was Ungewöhnliches? Um deswillen sollst du also ohne Liebhaber bleiben und so keusch leben wie eine Priesterin der Ceres? Wofür wärst du denn eine Hetäre? Doch nichts weiter davon! Die HaloaEin Fest der Ceres. fangen heute an; was hat er dir zum Fest für ein Präsent gemacht?
Musarion: Der arme Schelm hat nichts, Mutter, was sollt' er mir geben können?
Mutter: Es ist also der einzige, der kein Mittel ausfindig machen kann, Geld von seinem Vater zu erwischen? Hat er keinen Sklaven, der dem Alten was vorlügen konnte? Oder warum begehrt er nicht was von seiner Mutter? Könnt' er ihr nicht drohen, er wolle auf und davon gehen und Soldat werden, wenn sie ihm nichts gebe? Aber da sitzt er mit den Händen im Schoß und zehrt uns auf, gibt selbst nichts und will doch nicht leiden, daß wir von anderen, die so gerne gäben, etwas annehmen! Aber du solltest klüger sein, Musarion! Meinst du denn, du werdest immer achtzehn Jahre alt bleiben? Oder bildest du dir ein, Chäreas, wenn er einst selber reich ist und seine Mutter ihm eine Braut mit vielen Tausenden aufgefunden hat, werde gesinnt bleiben wie jetzt? Denkst du, er werde sich seiner Tränen und Küsse und Eidschwüre erinnern, wenn er eine Mitgift von fünf baren Talenten auf dem Tisch liegen sieht?
Musarion: Das wird er ganz gewiß! Und ein Beweis davon ist, daß er nicht bereits eine Frau genommen, sondern es seiner Familie, die ihn beinahe mit Gewalt dazu nötigen wollte, rein abgeschlagen hat.
Mutter: Ich wünsche, daß er dich nicht hintergeht! Aber du wirst noch an mich denken, Musarion!