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Myrto: Du heiratest also des Schiffers Philo Tochter, Pamphilus, oder hast sie vielmehr schon geheiratet, wie ich höre? Alle die Schwüre, die du mir geschworen, und die Tränen, die du dabei geweint hast, sind also in einem Augenblick verflogen? Dein armes Myrtchen ist vergessen, und dies, da ich schon im achten Monat schwanger von dir gehe? Das ist also alles, was ich von deiner Liebe habe, daß ich einen großen Bauch vor mir hertragen muß und nächstens ein Kind zu stillen habe, was einer Person meines Standes so äußerst lästig ist! Denn daß ich das arme Würmchen aussetzen sollte, dazu kann ich mich nicht entschließenWiewohl es bei den Griechen nicht weniger als bei den Chinesen erlaubt war., am wenigsten, wenn es ein Junge ist; ich will ihn Pamphilus nennen, und er soll der einzige Trost meiner unglücklichen Liebe sein. Er wird dereinst zu dir gehen und dir Vorwürfe machen, daß du so treulos an seiner armen Mutter gehandelt hast! – Übrigens beneide ich deine Jungfer Braut nicht um ihre Schönheit. Ich sah sie neulich mit ihrer Mutter an den Thesmophorin und ließ mir damals wenig davon träumen, daß ich um ihretwillen meinen Pamphilus nicht wieder sehen würde. Indessen tätest du nicht übel, wenn du ihr noch vorher genauer ins Gesicht schautest, eh' der Knoten gemacht ist, wär' es auch nur, um zu sehen, was sie für Augen hat, damit es dich nicht hintendrein verdrieße, daß sie von der schönsten Wasserfarbe sind und gegeneinander schauen. Doch du hast ja den Philo, den Vater deiner Braut, gesehen; da du seine Larve kennst, so wär' es überflüssig, die Tochter erst in Augenschein zu nehmen.
Pamphilus: Wie lange, liebstes Myrtchen, muß ich dich so irre reden und was weiß ich von welchen Schifferstöchtern und eingebildeten Hochzeiten faseln hören? Weiß ich etwa, ob die Braut, mit der du mich beschenkst, schielt oder schön ist? Oder ob Philo von Alopözien (denn der wird wohl gemeint sein?) eine Tochter zu verheiraten hat oder nicht? Er steht nicht einmal gut mit meinem Vater, und es ist noch nicht lange, daß er vor Gericht mit ihm gelegen ist. Er war, wo mir recht ist, meinem Vater tausend Taler schuldig und wollte nicht bezahlen; mein Vater machte die Sache anhängig und hatte viele Mühe, bis er das Geld endlich von ihm herauspreßte; wiewohl nicht alles, wie mein Vater sagt. Wenn ich also je heiraten wollte, so würde ich wohl an meiner Base, der Tochter des Demnas, der in verwichnem Jahre Feldherr war, vorbeigehen und des Schiffers Philo Tochter nehmen? Ich möchte doch wissen, wer dir so einfältiges Zeug in den Kopf gesetzt hat? Oder hast du dir diese Hirngespenster selbst erdacht, damit deine Eifersucht etwas habe, womit sie sich zum Zeitvertreib herumbeißen könne?
Myrto: Du heiratest also nicht, Pamphilus!
Pamphilus: Bist du toll, Myrtchen? Oder hast du zu tief ins Glas geguckt? Gestern ging's doch ziemlich nüchtern her?
Myrto: Mein Mädchen Doris, hier, hat mir dieses Herzleid zubereitet. Ich hatte sie ausgeschickt, um mir einige Bedürfnisse auf meine Niederkunft einzukaufen und der Lucina ein Gelübde für mich zu tun. Da wäre ihr, sagte sie, die LesbiaDie Sklavin einer anderen Hetäre von Myrtos Bekanntschaft. Die Sklaven und Sklavinnen hatten öfters keinen anderen Namen als von dem Orte, woher sie gebürtig waren, als z. B. Lesbia von der Insel Lesbos. Doris von der Landschaft dieses Namens, Lydia von Lydien usw. begegnet und hätte ihr – doch du kannst es ihm selbst erzählen, Doris, was sie dir sagte, wenn du es anders nicht selbst erdichtet hast.
Doris: Ich will des Todes sein, Frau, wenn ich das geringste dazugelogen habe. Wie ich nicht mehr weit vom Rathaus bin, treffe ich auf Lesbien, die mir mit einem höhnischen Lächeln sagt: euer Liebhaber Pamphilus heiratet Philons Tochter. Weil ich es nun nicht glauben wollte, hieß sie mich nur in eure Gasse hineinschauen; ich würde, sagte sie, alles mit Blumenkränzen behangen sehen und Pfeiferinnen und ein Gedränge von Menschen und einen Chor, der den Brautgesang singe.
Pamphilus: Und da hast du hineingeguckt, Doris?
Doris: Das hab' ich, und hab' alles gesehen, wie sie mir's sagte.
Pamphilus: Nun merke ich, was euch irre gemacht hat. Die Lesbierin hat dir nicht ganz die Unwahrheit gesagt, du hast deiner Gebieterin die Wahrheit erzählt, und gleichwohl habt ihr euch vergeblichen Kummer gemacht; denn die Hochzeit ist nicht bei uns. Ich erinnere mich aber nun, was mir meine Mutter gestern sagte, da ich von euch nach Hause kam. Pamphilus, sagte sie, Charmides, ein Jüngling ungefähr von deinem Alter, ist im Begriff, unseres Nachbars Aristänets Tochter zu heiraten. Das nenn' ich einen wackeren und gesetzten jungen Menschen! Wie lange wird dich dein freies Leben noch abhalten, deiner Mutter auch eine solche Freude zu machen? – Ich hörte dies, ohne acht darauf zu geben, und schlief darüber einEr schlief also in seiner Mutter Schlafgemach; ein Zeichen, daß er noch sehr jung und jene schon bei Jahren war. Dergleichen kleine Umständchen geben uns über Sitten und Gebräuche der Griechen Winke, die oft den Abgang genauerer Nachrichten von ihrem häuslichen Leben ersetzen müssen.. Morgens früh ging ich wieder aus und sah noch nichts von dem allen, was Doris hernach gesehen hat. Wenn du mir aber nicht glauben willst, so kann Doris noch einmal gehen und, anstatt in die Gasse zu gucken, die beiden Haustüren anschauen; sie wird bald sehen, daß die mit Blumenkränzen behangene des Nachbars Tür ist.
Myrto: Du hast mir das Leben gerettet, Pamphilus; denn ich würde mich erhängen, wenn ich so etwas erleben müßte.
Pamphilus: Noch geht alles gut; ich müßte ja nicht bei meinen Sinnen sein, um meiner guten Myrto zu vergessen, zumal da sie mich bald zum Vater machen wirdAuch dieser Zug verdient wegen des Kontrastes mit unseren Sitten bemerkt zu werden. .