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Charmium.
Erbebend Donner-schlag! Der Marck und Bein durchfähret!
Das Hertz in kaltes Eiß / das Aug' in Stein verkehret:
Daß das gefrohrne Blutt der Adern Brunn verschützt /
Und di erstarrte Thrän' im eignen Quell' ersitzt!
Wo fällt di Göttin hin? der Abgott unsrer Seele?
Sinck't ihr Karfunckel-Schein der Augen in di Höle?
Umb: daß er Sonn' und Lieb' alldar erwecken mag?
Wil ihrer Glider Schnee di Nacht verkehr'n in Tag?
Wil ihr benelckter Mund im Grabe Blumen sämen?
Des Abgrunds finstre Kluft ein Paradis beschämen?
So geh't Egipten-Land der Ost-Welt Lust-Haus ein /
Und dessen Himmel wird itzt eine Helle sein!
Iras.
Ja mehr als eine Hell / mehr / als ein Nest der Tiger!
Was starrn / was zittern wir? wolln wir dem grimmen Siger /
In Schwerd und Klauen falln? schau' unsre Fürstin an!
Di lehr't uns / wi man Feind und Fässel pochen kan.
Hat nicht di Königin di Bahn uns schon gebrochen?
Und durch den kurtzen Todt unsterblich Lob versprochen?
Da uns sonst nichts als Schimpf und Marter ist bestellt /
Da ein' itzt unter uns ins Keisers Hände fällt.
Zu dem laß uns den Feind uns noch das Leben lassen;
Wi bald wird ohne dis nicht dieser Leib erblassen?
Sol nun des Lebens-Spann' uns di Geburt entzihn
Des Nachruhms / der mit uns kan tausend Jahre blüh'n?
Nein / trautste Charmium! wer rühmlich nach wil setzen /
Muß nicht di Haut zu zart / das Blutt zu theuer schätzen.
Es bringet schlechten RuhmEs bringet schlechten Ruhm. Tacit. de mor. Germ. c. 14. Pigrum quinimo & iners videtur sudore acquirere, quod sangvine possis parare. verdienen durch viel Schweiß /
Dis / was ein Tropffen Blutt stracks zu erwerben weiß.
Di Ewigkeit / di wir durch keine treue Dienste
Bis auf den Tag erlangt / krig't Iras zum gewienste /
Wenn si ihr sterbend nur gleich als zur Ader läßt.
Wird / ohne diese That wer Charmium gewest /
Wo Iras hat gelebt / di Nachwelt ichtwas wissen?
Auf Schwester! es muß auch uns Glider dis verschlissen /
Was unser Haupt verschleust; dis stechen / was si stach.
Es sticht. Ich sterbe! folg' auch also rühmlich nach.Ich sterbe! folg' auch also rühmlich nach. Als sich Cleopatra entleibet / sind ihr diese zwei auch also nachgefolgt / und ist Iras schon todt bei den Füssen; Charmium aber halbtodt und schon fallende von den Römern angetroffen worden. Plutarch. all. loc. p. m. 463.
Charmium.
Solch sterben bringet Ruhm / dis Leben Schmach und Bürde /
Sol / di di erst an Treu di ander war an Würde /
Hier / nun durch Todt und Blutt man umb den Sigs-Krantz kämpft /
Di letzt am Reyen sein? di Flamme wird gedämpft /
Durch Rauch; der Tugend-Glantz durch Thränen-schwangre Wehmuth.
Wir haben ohne dis durch all zu tieffe Dehmuth /
Durch di man hat den Feind das Unthier zähmen wolln /
Viel unsers Ruhm's verspielt / den wir itzt hertzhaft solln
Ersetzen durch den Todt. Jedoch für allen dingen /
Laßt uns Cleopatrens ertheilten heisch vollbringen:
Und ihrer Leiche thun di letzte Todten-Pflicht.
Da nun das Werck so sehr an viel Gepränge nicht /
Als in der Hold beruht / wil ich zum Liebes-Zeichen /
Der Todten zum Ade di Hand-voll Blumen reichen.
Denn weil uns Glück und Zeit mehr Mittel nicht verleihn /
Muß meiner Thränen Saltz in-des der Balsam sein.
Mein sterbend Augen-Licht zur Todten-Fackel dienen.
Nur muttig! Charmium / nun ist der Tag erschienen /
Da man Feind / Noth und Todt großmüttig pochen kan.
Auf! sätze Stahl und Dolch behertzt den Brüsten an!
Des Antonius / der Cleopatra, der Iras todte Leichen. Cornel. Gallus. Etliche Hauptleuthe des Keisers. Charmium.
Gallus.
Halt Stahl und Stos zu rück!
Charmium. Ihr seit zu späte kommen:
Schaut: wie das Blutt schon spritzt!
Gallus. Was habt ihr vorgenommen?
Welch rasen ficht euch an? daß ihr Gift / Mord und Schwerdt /
Da euch der Feind doch schon't / auf eure Glider kehrt?
Charmium.
Gift / Mord und Schwerd sind uns erleidlicher / als Ketten.
Gallus.
Als Ketten? auch der Todt sol euch vom Schimpf nicht retten.
Ihr selbst befleckt di Seel' / ihr selbst verstellt den Leib.
Ist dieser bluttge Wurm / dis ungeheure Weib /
Di schöne Charmium?
Charmium. Ja! schöner als ihr meinet;
In dem itzt unser Ruhm schon nebst den Sternen scheinet.
Weil di standhaffte Treu' auch in der Grufft besteht.
Gallus.
Schaut! wie der Wurm sich krümmt! si rechelt / si vergeht.
Di vier Leichen. Augustus. Proculejus. C. Gallus. Arius. die Trabanten. zwei Psylli.
Augustus.
Was macht si? lebt si noch? ach! ist si schon verblichen?
Ist ihr bestürtzter Geist schon aus der Welt entwichen?
Eilt! rettet! lauft lauft! eilt! bringt Stärckungs-Säft herbey /
Fühl't / ob der Puls noch schlägt / und wo di Wunde sey.
Gallus.
Herr / es ist weder Puls noch Wund' an ihr zuspüren.
Augustus.
Es kan der Unfall doch / nicht von der Luft herrühren.
Durchforscht den kalten Leib von Gliede bis zum Glied.
Proculejus.
Sucht / ob man weder Dolch / noch Gift / noch Messer sih't /
Augustus.
Entblößet Arm und Brust an der erblasten Leichen.
Gallus.
Man siht am Arme zwar zwei kleine Feuer-Zeichen /
Doch zeucht so schlechter Fleck wol nicht den Todt nach sich.
Arius.
Ach Leider! zu gewis. Es ist ein Schlangen-Stich.
Augustus.
Bringt Schlangen-Pulver her / bringt Scorpionen-Oele /
Ist Bezoar nicht dar?
Arius. Der Keiser der erwähle /
Di Aegeln alles Gifts di PsyllerDie Aegeln alles Gift's di Psyllen. Psylli sind Völcker im innern Lybien gewesen / der Garamanten Nachbarn / von Psyllo einem Könige also genennt. Diese haben eine Schlangen-tödtende Krafft und verjagenden Geruch bey sich gehabt: also daß sie auch di neugebornen Kinder den giftigsten Schlangen vorgeworffen / umb hierdurch ihrer Weiber Keuschheit / und ob dis auch ihre wahrhaffte Kinder wären / zuversuchen. Plin. lib. 7. c. 2. Ja es meldet Xiphilin. ex Dion. lib. 51. p. 63. 64. daß di Schlangen gar von dieser Völcker Kleidern verletzt worden / und ob di Schlangen sie zwar gestochen / habe es doch nichts geschadet. Uber dis haben sie auch aus denen vergifteten Menschen alles Gifft aussaugen können / wenn sie nur nicht schon todt gewest. Dahero auch Augustus bey der Cleopatra diese / aber vergebens / gebrauchst. Sveton. in Octav. c. 17. Massen auch Plutarch. im Leben Catonis erzehlt: daß dieser als er durch Lybien gereist / Psyllos mit sich geführt / theils di Schlangen-Stiche zu heilen / theils di Schlangen durch ihren Gesang einzuschläffen. Von dieser Artzney schreibt Cornel. Celsus in V. denckwürdig: Psyllos non habere scientiam adversus venenum praecipuam, sed audaciam usu ipso confirmatam, qua vulnera exugunt: namque venenum serpentis non gustu, sed in vulnere nocet: ergo quisquis exemplum Psylli secutus exuerit, & ipse tutus erit, & tutum hominem praestabit. zur Artznei.
Augustus.
Laufft rettet / bringt alsbald di ersten uns herbei.
Proculejus.
Legt ihr von Mithridat ein Pflaster auf das Hertze /
Eh' ihr ohnmächtiger Geist gar aus dem Leibe stertze.
Augustus.
Nam di verdammte Wach' ihr also fleissig war?
Arius.
Da fern ein Leben nur im Hertzen noch ist dar /
Wird durch der Psyller Hülff' unfehlbar Rath gefunden.
Proculejus.
Wol! si sind dar.
Augustus. Stracks saugt das Gift ihr aus den Wunden.
Gallus.
Schaut / welch ein grüner Jescht sich für dem Munde setzt /
Welch kalter Todten-Schweiß di Stirn' und Schläffe nätzt.
Wi schwillt der Arm / da si di Schlang hat hingestochen.
Arius.
Es scheint: ob wehren ihr di Augen schon gebrochen.
Augustus.
Spart Kunst und Arbeit nicht für einen reichen Lohn.
Da ihr ihr helffen könnt ist Gold und Freiheit schon /
Euch reichlich ausgesetzt.
Psyller. Herr / es ist nur vergebens.
Ihr todter Leib hat mehr kein Füncklein eines Lebens.
Das schnelle Gifft hat stracks ihr zartes Hertz ersteckt /
So bald der Schlangen-Zahn das warme Blutt befleckt.
Augustus.
Ihr Götter / di ihr uns mit so viel Lorbern schmücket /
Di ihr das grosse Rom mit so viel Sieg anblicket /
Di ihr der Feinde Stahl als schwirrend Glas erschellt /
Di ihr den Phrat und Nil weit nach der Tiber stellt /
Warumb wolt ihr nicht auch uns diesen Ruhm noch gönnen:
Daß wir dis Weib nach Rom zum Schauspiel führen können?
Ja unser halber Sieg / der Römer gantzer Trost /
Fällt itzt ins Wasser hin! Welch Wurm ist so erboost /
Welch Panther so ergrimmt: daß er di eignen Klauen /
Eh er sich fesseln läßt / pflägt in sein Fleisch zu hauen?
Welch Grimm / Cleopatra / welch wütten kam dich an?
Daß du so mördrisch dir / uns hast so weh gethan?
Solln itzt di Leichen uns nur unser Sigs-Fest zieren?
Last uns gleich aus Metall ihr güldnes-Bild auf-führen:
Di todten Bilder sind kein überwunden Feind /
Di nur der Rache Lust umbsonst zuschimpffen meint.
Jedoch / was sinnen wir auf Schimpf der edlen Frauen /
Di wir auch itzt schon todt verwundernd müssen schauen?
Es zeuget ihr Magnet der Schönheit itzt noch an:
Daß Caesar härter nicht als folgend Stahl sein kan /
Das Marc-Anton hier hat gezwungen scheitern müssen.
Des Mohnden Circkel kan den Helden-Geist nicht schlüssen:
Der frembder Fässel Schmach durch eignes Blutt abnetzt /
Und einer Spanne Ruhm für tausend Jahre sätzt.Und einer Spanne Ruhm für tausend Jahre schätzt. Also redet denckwürdig der grosse Spanische Feld-Hauptmann Consalvus beim Guicciardini im 6. Buche der Welschen Geschichte auf dem 169sten Blate / seine Obersten / welche gegen Capua für den Frantzosen zu weichen riethen / an: Desiderare più tosto d'havere al presente la sua sepoltura un palmo di terreno più avanti, che col ritirarsi à dietro poche braccia allungare la vita cento anni. Er wolte lieber eine Spanne-lang Erde besser hervor begraben sein / als durch zurückweichung etliche Ellen lang sein Leben auf hundert Jahr verlängern.
Was wil Augustus denn di Ruhms-entseelten Glider
Auf's Schau-Gerüste stelln? Rom werffe ja darnider /
Ihr Bild aus Ertzt und Stein und glattem Helffen-Bein:
Cleopatra wird stehn / wenn Rom nicht Rom wird sein.
Vielmehr laßt uns itzt selbst ihr BildVielmehr lasst uns itzt selbst ihr Bild. Daß Augustus im Triumph zu Rom der Cleopatra Bild / an dessen Arme eine Schlange anbieß / habe vortragen lassen / berichtet Plutarch. in Vit. Anton. p. 464. Worvon Propertius: Brachia spectavi fixis admorsa Colubris. stelln Rom für Augen /
So / wi di Schlangen ihr di edle Seel' aussaugen;
Wi ihr behertzter Todt des Lebens Fleck' abwäscht /
Und ihr verspritztes Blutt der Römer Zorn-Glutt läscht.
Daß Proculei als bald des Lägers Häupter lehre;
Daß es kein Bildnüs nicht Cleopatrens versehre:Daß es kein Bildnüs nicht Cleopatrens versehre. Eben daselbst meldet Plutarch. daß des Antonii Bildnüsse zwar abgeworffen / Cleopatrens aber nicht versehret worden / welches ihr Freund Archibius vom Keiser für tausent Talent zuwege bracht.
Man laß' ihr Heiligthum der Sonnen-Pfeiler stehn /
Di Ehren-Pforten nicht vorsätzlich untergehn;
Und Gallus / der den Nil zur Land-Vogtey sol habenGallus der den Nil zur Landvogtey sol haben. Als Augustus Egypten eingenommen / wolte er keinen Raths-Herren / sondern nur einen gemeinen Römischen Edelmann nemlich Cornelium Gallum zum Landvogte setzen / welcher Praefectus oder Augustalis genennet ward; damit wenn etwan ein Raths-Herr sie allzuscharff regierte / sie nicht auf Neuerung des Regiments dächten. Massen er auch verordnete: daß kein Römer ohne sein ausdrückliches Verlaub in Egypten zihen dörffte. Dio im 51. Buche. Tacit. lib. 1. hist. c. 1. & lib. 12. Annal. 60. Welcher auch lib. 2. Annal. c. 59. erzehlet: Tiberius cultu habituque; Germanici lenibus verbis perstricto, acerrime increpuit, quod contra instituta Augusti, non sponte Principis Alexandriam introisset. Nam Augustus inter alia dominationis arcana, vetitis, nisi permissu, ingredi Senatoribus, aut Equitibus Romanis inlustribus, seposuit Aegyptum: ne fame urgeret Italiam, quisquis eam Provinciam claustraque; Terrae ac maris, quamvis levi praesidio adversum ingentes Exercitus insedisset. Dieser Gallus aber ist von dieser neuen Ehre allzuhoffärtig worden / also: daß er auch vom Augusto übel geredet / ihm selbst Seulen an allen Orthen Egypten-Landes aufgerichtet / und seine Thaten an di Pyramiden anzuschreiben befohlen. Worauff er hernach von seinem Freunde Largo verklagt vom Römischen Rath aller Würde und Reichthumbs entsätzet worden / nach welchem er sich selbst umbbracht. Xiphilin. ex Dion. lib. 53. p. 71. Sveton. in Octav. c. 66. /
Sol si nebst dem Anton aufs prächtigste begraben.Sol sie nebst dem Anton aufs prächtigste begraben. Sveton. in Octav. c. 17. p. m. 67. meldet hiervon: Ambobus cornmunem sepulturae honorem tribuit, ac tumulum ab ipsis inchoatum perfici jussit. Uber dis meldet Plutarchus d. 1. p. 464. Daß er nicht allein den Antonium und Cleopatram prächtig und Königlich / sondern auch di Charmium und Iras ehrlich begraben lassen.
Auch weil dis Paar durch Treu und Sterben Ruhm leg't ein /
Solln si nichts minder wol nebst ihr beerdigt sein.
Damit was neues auch zu Rom gesehen werde /
Schiff't auf di Kriges-Flott' Egiptens Wasser-Pferde /
Nebst Nilus OchsenSchif't auf di Krieges-Flott' Egyptens Wasser-Pferde nebst Nilus Ochsen. Hiervon meldet Xiphilin. lib. 51. p. 65. καὶ Και̃σαρ μὲν επὶ τούτοις εορτὰς η̃γεν εφ' ημέρας συχνάς καὶ ίππος ποτάμος καὶ ρινόκερως τότε πρω̃τον εισήχθησαν εις τὸ θέατρον. Der Keyser begieng wegen seiner glückseligen Verrichtungen viel Tage feyerlich; in welchen das Wasser-Pferd und das Thier Rhinoceros zum erstenmal auf den Schauplatz kommen. Dieses letztere Thier / so von Festo ein Egyptischer Ochse genennet wird / hat ein klein Horn auf der Stirne / ein starckes aber auf der Nase / mit welchem es wider den Elephanten stets kämpfet. Franz. in histor. Animal. part. 1. cap. 11. ein. Man theile Beuth und Geld.
Di helffte werd' alsbald dem Heere zugestellt /
Di ander ist bestimmt zu den gemeinen Schätzen /
Durch das vertheilte KornDurch das vertheilte Korn. Eben dis meldet Sveton. in Octav. c. 41. und Tacit. l. 1. Annal. cap. 2. von Augusto: militem donis, populum annona, cunctos dulcedine otii pellexit. wolln wir das Volck ergätzen.
Augustus ist vergnügt wenn ihm der Ruhm verbleibt:
Daß er dem grossen Rom Egipten einverleibt.