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Junge Cleopatra.
Herr / Vater / Fürst / und Schutz / wir opfern Thrän und Zehren;
Wir können uns sonst nicht mit andern Waffen wehren;
Wir fallen ihm zu Fuß' / und küssen Knie und Hand;
Er setz' uns nur so bald nicht in den Weisen-Stand.
Alexander.
Er lasse diesen Arm nicht Römisch Eisen tragen.
Ptolomaeus.
Und di Frau-Mutter nicht in's Elend wegverjagen.
Alexander.
Man zihe mir nur auch Helm Tartsch und Harnisch an.
Zu schaun; ob nicht ein Kind auch hertzhafft fechten kan.
Ptolomaeus.
Ich wünsche Stahl und Dolch auf's Keysers Brust zu zücken.
Antonius.
Di Zeit / O Kinder / woll' euch so viel Kräfften schicken /
So viel der Himmel euch mit Tugend hat erfüllt.
Schaut an Cleopatren des Mohnden EbenbildSchau't an Cleopatren des Mohnden Ebenbild. Plutarch. in vit. Anton. p. m. 429. Massen daher auch Sveton. Caligul. c. 26. Di jüngere Cleopatram Selenam nennet. Gleichmäßig schreibet beim Ammian. Marcell. lib. 17. Sapor an den Keiser Constantium: Rex Regum Sapor, particeps siderum, Frater Solis & Lunae Constantio fratri meo salutem plurimam dico. /
Am Alexander strahlt das Conterfect der Sonnen /
Und Ptolomaeus hat dem Nord-Stern' abgewonnen.
Ihr Schutz-Herrn dieses Reichs / ihr Götter laßt geschehn:
Daß diese Sternen ich nicht darf verfinstert sehn.
Princessin / werthes Haupt / verzeihet den Gedancken
Di Feind / und Ehren-sucht auß den gedrungen Schrancken
Der heissen Liebe trieb; Princessin / wir gestehn:
Der Häuchler Irrlicht hieß uns auf den Irrweg gehn;
Jedoch hat sie / mein Licht / sie Isis unsrer ZeitenSie Isis unsrer Zeiten. Wenn Cleopatra sich offentlich sehen ließ / zohe sie den der Isis gewiedmeten Rock an / und redete zu dem Volcke unter dem Namen der neuen Isis. Plutarch. ibid. p. 442. 443. /
Durch ihren Witz vermocht uns auf den Weg zu leiten /
Der zu den Sternen führ't / und nimmer fehlen kan.
Wir bethen wie vorhin di Gottheit an ihr an /
Di Reich und Thron und uns mit tausend Lust bestrahlet.
Wir schweren bei dem Glantz / der See und Erde mahlet /
Bei'm grossen Jupiter / der Zepter nimm't und gibt;
Cleopatra sol sein von uns geehrt / gelibt;
Cleopatra sol uns und unsrer Macht gebitten;
So lang uns Clotho nicht den Faden hat verschnitten.
Wir schlagen kurtz und rund des Keisers Vorschlag aus /
Und wünschen ausser ihr uns selbst in Asch' und Graus
Das Reich im Staub zusehn.
Cleopatra. Des milden Himmels Gütte
Verleihe Glück' und Sieg dem edelsten Gemütte.
Dem das Verhängnüß selbst sich unterwerffen muß!
Wie aber / Fürst und Herr / besigelt er den Schluß?
Antonius.
Schnur-stracks sol Proculej so schlechten Abschied kriegen.
Cleopatra.
Anton kan noch durch was uns Trost / ihm Heil zufügen.
Antonius.
Entdeckt / mein Schatz / wordurch?
Cleopatra. Wenn Artabazes Haupt
Di Untreu uns bezahlt.
Antonius. Gar wol! ihr sey erlaubt
Den abgehaunen Kopf in ihrer Schooß zuschauen.
Stracks / Hauptmann / laß den Kopff dem Artabaz abhauen.
Dis Schauspiel mag zugleich dem Feinde deuten an:
Daß auch Anton noch itzt den Keiser pochen kan.
Cleopatra.
Mein Fürst; es wird dis Haupt der Meder Haupt bewegen;
Für unser Reich und Heil den Harnisch anzulegen;
Der bis auf diesen Tag es hinterzogen hat /
Weil er bißher umbsonst umb dessen Schedel bath:
Der ihn und uns betrog.
Antonius. Last den Verräther leiden!
Wir gehen: umb alsbald di Bothschafft zubescheiden.
Cleopatra allein.
O Strudel-reiches Meer der jammer-vollen Welt!
Di Segel stehn gespann't / di Netze sind gestellt
Uns in den sichern Port / ihn in das Garn zuführen.
Di Lorbern mögen stets di klugen Frauen zieren /
Für welchen Männer-Witz meist muß zuscheitern gehn!
Schaut: auf was Grunde nun di Libes-Ancker stehn /
Di durch Verleumbdungs-Wind schon auf den Trüb-Sand kamen.
Wo sind di Nebel hin / di uns das Licht benahmen?
Di Sonne der Vernunfft vertreibt den eiteln Dunst.
Anton gibt Thron und Kron für einer Frauen Gunst.
Jedoch wo segeln wir? sol Glück' und Zeit verrauchen?
Ein kluger Booßmann muß deß Wetters sich gebrauchen.
Anton ist zwar nunmehr durch unser Hold besig't /
Und durch der Schönheit-Reitz als schlaffend eingewigt.
Kan aber nicht ein West auch bald ein Sturmwind werden?
Ein flatternd Hertze gleicht mit Wanckel-muth den Pferden /
Di ein geschwancker Zaum bald recht- bald linckwerts lenckt.
Der für zwei Stunden ihm di Ehr-sucht eingesenckt /
Kan / eh' Aurora wird di braunen Wellen küssen /
Ihm größre Fantasy in sein Gehirne gissen.
Di Natter / di man gleich mit süsser Milch zeicht groß /
Behält man dennoch nicht recht sicher in der Schooß.
Man muß den giftgen Fleck von den Verleumbdungs-Pfeilen /
Di Wunden des Verdacht's mit solchen Salben heilen:
Daß keine Narbe man / kein Merckmal man nicht schaut.
Denn / dem ist nicht zu trau'n / der gleichfalls uns nicht traut.
Gunst / Libe / Freundschafft gleicht sich zarten Berg-Kristallen /
Di keine Kunst ergäntzt / sind einmal sie zerfallen:
Stillt auch Versöhnung gleich zu weilen Wund und Blutt /
Sie bricht erhitzter auf und schärffet Gall' und Glutt /
Di in dem Hertzen kocht. Man trockne Sumpf und Lachen /
Ein linder Regen wird sie wider wäßricht machen.
Zu dem was ist uns nicht umb Kron und Zepter feil?
Du must Cleopatra / begehrstu Hülff und Heil
An's Keisers Gnaden-Port dein strandend Schiff anlenden
Und haben wir nicht schon des Keisers Hand in Händen?
Dis Sigel / diese Schrifft muß unser Leit-Stern sein.
Anton / durch deinen Todt fahrn wir in Hafen ein.
Wie aber werden wir das Steuer-Ruder lencken?
Geheimes Gifft und Dolch in seine Brust zu sencken /
Führt bösen Klang nach sich / und siht gefährlich aus.
Uns fällt was bessers ein zuretten unser Haus /
Und Ptolomaeus Stul. Anton ist itzt im Liben
Bis auf den höchsten Punct der blinden Brunst getriben /
Di ihn nach unserm Wunsch gar unschwer stürtzen kan
Auf den Verzweiflungs-Fels: wir woll'n uns stellen an:
Als hetten wir uns selbst das Lebens-Garn zerschnitten:
Wird ihn nun Lib und Leid auf einen Sturm umschütten;
So renn't sein schwacher Mast des Lebens Seegel-looß
Auch auf das todten-Meer. Denn ist di Kunst nicht groß /
Der / di den Julius für ihr sah' kniend ligen /
Durch süssen Libes-Reitz den Keiser zubesigen.
Nur Muth! Cleopatra! behertzt und weise sein /
Lägt zu dem Ehren-Thron' in Grund den ersten Stein.
Der Schauplatz verändert sich in den Verhör-Saal.
Proculejus. Archibius.
Proculejus.
So schlägt Anton in Wind des Keisers Gunst und Gütte?
Archibius.
Anton wünscht dem August ein friedlicher Gemütte.
Proculejus.
Beuth ihm der Keyser nicht Vertrag und Frieden an?
Archibius.
Ja Friden! den kein Mensch nicht lobt / noch eingehn kan.
Proculejus.
Sind so viel Länder denn nicht würdig anzunehmen?
Archibius.
Nein! wo viel Länder uns Gefahr und Unglück sämen?
Proculejus.
Was quill't auß unsrer Gunst für Unglück und Gefahr?
Archibius.
Der rechten Götter Zorn / der Libsten Todten-Baar'.
Proculejus.
Ein Weib stirbt für ein Reich nicht ohne Ruhm und Ehre.
Archibius.
Wer Fürsten tödten heist / der führt verdammte Lehre.
Proculejus.
Das oberste Gesätz' ist / eines Reiches Heil.
Archibius.
Gewissen und Gemahl ist euch umb Kronen feil.
Proculejus.
Anton zertrenn't nur selbst Gemahlin und Gewissen.
Archibius.
Der Ehstand wird mit fug nach eurem Recht zerrissen.Der Ehstand wird mit fug nach eurem Recht zerrissen. Aus was liederlichen Ursachen bey den Römern di Ehleuthe sich trennen kunten / ist aus den Römischen Rechten bekand. Der erste ist gewesen Sp. Carvilius Ruga, der in 600. Jahr nach Erbauung Roms sein Weib wegen Unfruchtbarkeit verstossen. C. Sulpitius Gallus, verstieß seine; weil er sie ausserhalb des Hauses mit entblöstem Haupte mit andern redend fand; Q. Antistius Vetus seine / weil sie mit einer gemeinen Freigelassenen heimlich redete; Sempronius Sophus, weil sie ohne sein Vorwissen den Schauspielen zugesehen. Valer. Maxim. lib. 3. c. 6. Ja daß auch ohne alle Ursache divortia geschehen / ist ex l. 9. C. de repud. klar zu sehen. Dieses pflegte gemeiniglich schriftlich zugeschehen mit dieser Art: Res tuas tibi habeto. Worbey denn / als sie aus dem Hause gewiesen ward / ihr die Schlüssel abgenommen worden. Dahero in LI. Xuiralibus: Res suas sibi habeto, claves adimito, foras exigito. Besihe hiervon Dempster. ad Rosin. Antiq. Rom. Paralip. ad lib. 5. cap. 28.
Proculejus.
Beugt euren steiffen Sinn / bequämmt dem Glück' euch doch.
Archibius.
Di Seene springt / wenn man den Bogen spann't zu hoch.
Proculejus.
Spannt dieser hoch / der euch Thron / Kron und Zepter giebet?
Archibius.
Dis aber nim't / was man für Thron und Zepter liebet.
Proculejus.
Gebt Kronen für ein Weib / vertauschet Gold für Stahl.
Archibius.
Wer Treue kiest für Lust / thut keine böse Wahl.
Proculejus.
Der aber / der für Brunst läst Thron und Weißheit fallen.
Archibius.
Gefällt di Kugel doch der Sonnen auch nicht allen.
Proculejus.
Glaubt: daß Cleopatra nicht ohne Flecken sey.
Archibius.
Man mißt dem Mohnden auch der Erde Schatten bey.
Proculejus. Agamemnon. Credis videre te Ilium? Cassandra. & Priamum simul. Agamemnon. Heic Troja non est. Cassandra. Ubi Helena est, Trojam puta. Allwo er unter der Helena des Agamemnons Gemahl die Clytemnestra verstehet / welche in seiner Abwesenheit für Troja mit dem Aegisthus Ehbruch getrieben / und hernach auff sein Anhetzen nebst ihm den Agamemnon bei dem wilkommens-Mahl ermordet. Besihe Senec. in Agamemnone.
Ich seh in Helenen ein neues Troja brennen.Ich seh' in Helenen ein neues Troja brennen. Nemlich an Cleopatren. Hieher gehöret der schöne Orth ex Senec. Agam. Act. 4. v. 789.
Archibius.
Es brenne! weiß man nur des Hectors Ruhm zunennen.
Proculejus.
Es brenn't / wenn Paris Eid / und Eh' und Rechte bricht.
Archibius.
Das Rachschwerdt aber schont den Agamemnon nicht.
Proculejus.
Di Götter werden stets des Keysers Sanfftmuth schonen.
Archibius.
Gewalt sitzt niemals fest auf bluttbespritzten Thronen.
Proculejus.
Welch Purpur ist mit Blutt der Feinde nicht bespritzt?
Archibius.
Wol! aber / daß ihr Pfeil auf Freund' und Bürger spitzt?
Proculejus.
Man schneidet Glider ab / eh man den Leib läst sterben.
Ihr eilet sporn-strichs hin in Abgrund des Verterben.
Der Schönheit gläntzernd Rauch umbwölck't euch das Gesicht:
Daß ihr der Krone Gold / das Demant-helle Licht /
Der Weißheit nicht erblickt. Doch ist der nicht zu klagen /
Der selbst ihm Sand zur Grufft und Holtz zur Glutt hilfft tragen.
Archibius.
Ihr laß't euch unser Heil sehr angelegen sein:
Doch aber glaub't: ihr wigt mit Worten uns nicht ein.
Wißt: daß Anton kein Haar von seiner Meinung weiche.
Er gibt Cleopatren nicht für viel Königreiche /
Nebst der Egypten er nicht fahren lassen kan.
Seh't auch / ihr Römer / uns nicht für so alber an:
Daß wir dem / was ihr uns so scheinbar vormahlt / trauen.
Den man zerreissen wil / dem weist man nicht die Klauen.
Es hat August uns auch di Kunst gespilt zuvor:
Wen man zu stürtzen denckt / den hebt man mehr empor /
Wem man was nehmen wil / muß man mit Gaben bländen.
Am besten man behält dis / was man hat / in Händen.
Und daß man es / weil man noch athmet / steif bewahr.
Eh' man was kostbars tausch' umb doppelte Gefahr.
Proculejus.
Wer voller Thorheit steckt / dem kommt kein Rath zu statten.
Wer schon verzweifeln wil den schröckt auch Laub und Schatten:
Der steckt voll Aberwitz / der all zu klug wil sein.
Ihr sencket Glück und Mast in ofne Strudel ein /
Weil euch von falscher Furcht der blinden Klippen träumet.
Dis Gifft / das ihr auf uns von eurem Munde schäumet /
Spritz't vor / weil euer Hertz voll schwartzer Galle steckt.
Denn der Verdacht besorgt di Laster / di er deckt.
Nein! des Augustus Ruhm muß so geschimpft nicht werden.
Der minste Dunst verstellt di Sonnen dieser Erden.
Ich weiß deß Keisers Mund sagt / was sein Hertze wil.
Archibius.
Der oft zu viel verspricht / hält meisten-theils nicht viel.
Proculejus.
Fahrt hin! nun ihr so gar in Blindheit seit ersoffen.
Archibius.
Ein scharffer Feind läst was / ein glatter gar nichts hoffen.
Proculejus.
Wer Löwen-Klauen hat / bedarf des Fuchs-Balg's nicht.
Mein't ihr: daß eure Stadt der Römer Heer anficht?
Nein sicher! nein! für dem sich beugt der Kreiß der Erden /
Läst Alexandrien ihm nicht zum Meister werden.