Magnus Gottfried Lichtwer
Fabeln
Magnus Gottfried Lichtwer

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Der Mond und der Comet.

            Die Zeit verbarg des Tages Schein,
Die Nacht schwang ihre feuchten Flügel
Schon über die bethauten Hügel,
Und schlummerte den Erdkreis ein;
Ihr Schatten wich dem Sternenlichte,
Der Mond streckt' sein verhüllt' Gesichte
Mit silberfarb'nen Hörnern an.
Nicht weit von ihm stand ein Comete,
Der seinen Schweif in schiefer Bahn
Nach dem bestirnten Süden drehte. –

    Weißt Du auch, Nachbar, sprach der Mond,
Wie schrecklich von Dir auf der Erde
Von manchem Volk geredet werde,
Das ihr verdunkelt Rund bewohnt?
Man sagt, Du sey'st ein Unglücksbote,
Der Hunger, Pest und Würgen drohte,
Dein Anblick schreckt, was sterblich ist;
Ja, es besorgt der Mensch nicht selten,
Wenn Du am Himmel sichtbar bist,
Den nahen Umsturz aller Welten.

    Wie, ich? o Mond! wo denkst Du hin?
Rief der erstaunende Comete,
Ich sey ein Pest- und Kriegsprophete?
Weiß denn die Erde, daß ich bin?
Ja! fiel die Antwort. Alle Schritte,
Die Du gethan, und alle Tritte,
Die Du noch thun sollst, sind bestimmt.
Man hat das Maß von Deinem Gange,
Und wenn Dein Strahl den Rückweg nimmt,
Weiß man es auf der Erde lange.

    So wissen, fiel der Schwanzstern ein,
Vermuthlich auch die Erdenleute
Die zwischen uns gesetzte Weite,
Wie kann ich ihnen schrecklich seyn?
Warum nicht? sagte der Planete,
Man hat gemerkt, wenn ein Comete
Sich unserm Erdenball genaht,
Daß Theurung, Seuchen, Krieg entstunden,
Und da es Niemand andrer that,
Ward der Comete Schuld befunden.

Wahr ist's, man hört genug von Pest,
Von Theurung und von Kriegsgetümmel,
Wenn auch Dein Stern im obern Himmel
Der Erde sich nicht sehen läßt.
Hier wurde der Comet entrüstet:
O, wenn Ihr meinen Ursprung wüßtet,
Verleumdrisches Geschlecht, sprach er,
Was mögt Ihr Euch für Fallen graben!
Da nicht einmal die Sterne mehr
Vor Euch am Himmel Friede haben!


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