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»Herüben« und »drüben« pflegten die Bewohner der beiden Könighäuser zu sagen, wenn sie von einander in Bausch und Bogen sprachen. Die Freunde und Nachbarn freilich konnten damit ihr Auslangen nicht finden und nannten den einen König den »Ascher-Bernard«, den andern »Richter-Friedl«. Diese Beinamen waren ihnen von den Vätern überkommen. Der Bernard König brannte keine Pottasche mehr und sein 20 Nachbar von drüben übte keine dörfliche Gerichtsbarkeit aus. Dagegen war der Vater des ersten ein Ascher mit Fug und Recht gewesen, da er auf seinen Zünderplänen das Holz der Wälder verbrannt und aus den Rückständen die Pottasche gesotten hatte. Als aber mit der Zeit die Gutsherrschaft eine bessere Verwertung ihrer schlanken Fichten und Tannen ausgefunden hatte, nahm das Brennen und Sieden ein Ende und der Ascher, den die kleine Bauernwirtschaft nicht voll beschäftigen konnte, wurde nebenbei ein Holzhändler. Manch Führlein Scheiter zogen seine Kühe nach dem nahen Markte Gablonz, der im Neißetal drüben wie ein auseinandergefallener Maulwurfshaufen dalag und dessen Schindeldächer er tagaus, tagein vor Augen hatte, wenn er aus den Fenstern sah. Sein Sohn Bernard König war der Ascher-Bernard und ist das bei den Leuten von Friedrichswald seine Lebtage lang geblieben. Auch er betrieb den Holzhandel nebenbei, fuhrwerkte aber bereits mit einem Pferde, und man fing an, die Hüte vor ihm zu rücken, ohne daß der Mann in seinem kargen Haushalte auch nur das geringste verändert zu haben schien. Dafür nannte man ihn einen Heimlichen und er ging durch die geübte Zurückhaltung dem Neide nicht aus dem Wege. Gewisse Zungen behaupteten zudem, es gehe bei der Erstehung der Waldlose, die er zur Abholzung überkam, nicht immer mit rechten Dingen zu. 21
»Warum sollte er auch nicht? An der grünen Kuh melkt so mancher.«
Und es waren keine schlechten Menschen, die so redeten. Sie drückten nur das im Volke wurzelnde Gefühl aus, dem Walde gegenüber sei alles erlaubt: ein Daseinsrest aus jenen Tagen, da Wald, Weide und Wasser noch Gemeingut war.
Auch der Richter-Friedl war kein Richter und das Jurament, das Zeichen damaliger Dorfgerichtsbarkeit, herbergte längst beim Kretschamwirt, der nun fast ebenso alt war, als sein Vorgänger, der alte König. Der hatte nach kinderloser, erster Ehe seine junge Magd geheiratet und die Fremde als Herrin auf den Richterhof gesetzt. Da diese aber pflichtschuldig mit einem Leibeserben aufwarten konnte und brav wirtschaftete, konnte nichts dagegen eingewendet werden, umsomehr, als sie dem Richterhofe auch ihre eigenen Verwandten aus der Turnauer Gegend vom Leibe zu halten wußte. Der Gatte starb bald. Er hatte festgesetzt, daß seinem Eheweibe, so lange dieses eine Wittib verbleibe, die Nutznießung des Hofes bis zur Großjährigkeit ihres Sohnes zustehe und damit gut abgeschlossen. Wenn auch das Richteramt in ein anderes Haus übersiedeln mußte, so war doch der Vorteil der energischen Witwe so an den Besitz gebunden worden, daß dieser vor dem Niedergange bewahrt blieb. 22
Sie war noch immer ein aufrechtes Weib, als bereits ihr Sohn Friedrich das Anwesen übernommen hatte. Das bewies sie klar, als der in Geldnöte geraten war und ihre Hilfe suchte.
»Nicht einen Kreuzer bekommst du von meinem Ersparten, so lange ich lebe,« hatte sie gesagt, aber darauf hinzugefügt:
»Ich will dir anders helfen.«
Darauf war sie in ihre Heimat gegangen und kehrte nach wochenlanger Abwesenheit mit einem übelaussehenden Manne zurück, den sie für einen Verwandten ausgab. Dann wurde hinter den Ahornen ein Bauwerk aufgeführt mit hohem Dache, aus dessen geöffnetem First die Balken hervorgabelten und ihrerseits ein kleines Schutzdächlein trugen. Des öfteren sah man die Hütte rauchen, und der kleine, mürrische Fremde ging ab und zu und hatte Rußflecke an Gesicht und Händen. Er brannte ein farbiges Kompositionsglas, für das der Friedl willige Abnehmer unter den Händlern in Liebenau fand.
Mählich schwärzte sich das Dach der Hütte und blickte nicht mehr hell zwischen den Baumästen hervor. Die Leute im Dorf hörten auf, von der Neuigkeit zu reden, aber das Goldbrünnlein, das die alte Richterin aus ihrer Heimat hergeleitet, sickerte fort und gab dem Bauer die Mittel, nach seinem Gutdünken zu leben. 23
»Er hat das Herrische von seiner Mutter,« sagten die Leute.
Und nun gibt es wieder Kinder in den Könighäusern. Sie sind nicht härter daran, als die andern Jungen und Mädchen im Dorf, vor deren Geburt keine drohenden Anzeichen gesehen wurden, und zahnen und laufen weder später, noch werden sie öfter vom Friesel oder den Masern befallen, als die andre junge Dorfbrut. Aber gleichviel; es schütteln doch die Eingeweihten – und deren gibt es nun viele – ihre Köpfe, ahnen kommendes Unheil und wären fast imstande, solches herbeizuwünschen, damit ihr Vorhersehen sich glänzend bestätigen möge. Als aber die Jahre immer so kommen und gehen, ohne daß ihnen die kleinste Genugtuung wird, verliert sich auch das und man räumt den Büblein nunmehr das Recht ein, unbeargwohnt ihre ersten Höslein zerreißen zu dürfen.
Und die Mütter? Die eine läutet mit ihrem Lachen jede Sorge vom Hof. Es liegt viel Leichtsinn darin und Torheit, in den fröhlichen Kadenzen, und die alte Richterin lauscht wohl mißvergnügt dem unermüdlichen Glöcklein; denn sie hat schärfere Ohren, als der Bauer, scharfe Ohren, die in den Menschen hinein hören und dort nur die Schellen der leeren Augenblicksseele vernehmen, wo jener eheliches Behagen und inneres Genügen empfindet. Aber sie ist klug und schweigt, weiß 24 im stillen zu wirken und durch ihr Dasein zu ergänzen, was der Frau ihres Sohnes abgeht. Dafür wird sie von derselben gehaßt und auch deshalb, weil es der Bäuerin doch mitunter das Lachen verschlägt, wenn dieser gelassene Blick ihr begegnet. Sie weiß das, kümmert sich aber in ihrer ruhigen Sicherheit nicht darum. Man kann es ihr ja nicht fühlen lassen; die Hoffnung auf das Erbe hält derlei Gelüste der Schwiegertochter stets nieder.
Die andere Mutter ist eine jener starken Dulderseelen in hinfälligem Leibe. Wenn Dulden Kraft wäre, dieses Weib könnte Berge türmen. Nicht, daß die Menschen um sie rücksichtslos geartet sind und danach trachten, ihren Willen zu beugen. Sie hat vom Bauer noch kein ungutes Wort gehört und empfindet es peinlich, daß er ihr die eigene Sorge fast immer verschweigt. Sie will nicht so geschont sein; erfährt sie doch nachträglich oft, daß er seiner Schwester auch das Ungemach wissen ließ. Sie will ihm das sagen, will ihn bitten, auch mit dem Unguten zu ihr zu kommen; aber wenn die Frau gewahrt, wie seine Seele gleichsam ein Feierkleid anlegt, bevor sie zu ihr sich wendet; wenn alle Fühlfäden des Weibes empfinden, daß sein Besitz das einzige, scheu gehegte Glück des Mannes ist: dann vermag die Gute es wieder nicht und schilt sich selbst, daß sie ihm nicht sein kann, was sie doch so sehnlich zu sein wünscht. 25
Eine Schar Kinder ist in dem kleinen Weberhäuschen gewesen. Der Älteste war bei den Grenadieren, den Jüngsten hatte sie noch auf dem Rücken herumgeschleppt, bis auch er seine Glieder gebrauchen konnte und von ihr ging. Die Brüder stießen den Kleinen herum und höhnten ihn wohl, aber er hielt doch zu ihnen, als ob das so sein müßte. Sie hatte diesen ersten Undank als etwas Selbstverständliches hingenommen, etwa wie die dürftige Nahrung daheim, oder die viele Arbeit. Es war eben ihr Unglück, unter sieben Geschwistern das einzige Mädchen zu sein, und wenn die Eltern auch den Jungen bei der Arbeit nichts schenkten, so fand sich für diese doch eher ein freier Augenblick, als für das zarte Mädchen mit dem blassen, schüchternen Gesichtchen, das der Mutter an die Hand gehen mußte oft bis zur äußersten Grenze der Erschöpfung. Sie war zufrieden dabei, weil sie es anders nicht kannte, und bei den Nachbarskindern war es auch so, und Vater und Mutter liebten sie in ihrer Art, das wußte sie ja. Wenn sie etwa an den Sonntagsnachmittagen in ihrem Kattunkleidchen durch die Dorfstraße wandeln durfte, oder mit den Genossinnen auf den Kirchhof, und dann mit den Mädchen untergefaßt nach Hause zog, und das Nelkensträußlein an der Brust duftete so recht herzlich, und es war nirgends das Klappern und Schlagen eines Webstuhles in den Häusern, dann war 26 der Anspruchslosen ein fröhlicher Tag beschieden gewesen.
Ist das Leben rauh, so zieht ein jedes zarte Gefühl sich ins Innere und verkrümmelt sich nicht tagaus, tagein als ungeachtete Scheidemünze. Um so gewaltiger bricht es dann wohl hervor, wenn die geängstigte Seele plötzlich vor einem Neuen, Ungewissen, jenseits des gewohnten Alltagslebens Stehenden sich befindet. Das war ihr geschehen, als sie dem Manne hatte folgen sollen.
Ein Fremder war ihr nachgegangen, als sie die harmlose Sonntagsfreude genoß. Er hatte die Erschrockene mitten unter den Gefährtinnen mit leichtem Scherz angeredet und gefragt, ob sie ihm nicht das schöne Sträußlein schenken wolle. Dabei hatte er sie angeschaut, wie es sonst noch niemand getan, und es war ihr wie ein Fürchten gekommen, daß sie die kichernden Gefährtinnen nicht schnell genug weiterziehen konnte. Das kleine Erlebnis tat genug, um sie die Woche lang zu ängstigen. Aber ihr furchtsames Mädchenherz sollte auch dann nicht zur Ruhe kommen; denn am nächsten Sonntag war der Mann wieder da mit etlichen andern, und es war eigentlich kein Mann, sondern ein gesetzt aussehender Bursch von einigen Zwanzigen. Er hielt sich diesmal und auch in der Folge mehr zurück. Als er aber eines Sonntags nicht da war, und sie allein die wenigen Schritte 27 heimging, kam er ihr vor dem Elternhause entgegen und grüßte so freundlich, und sah sie wieder so merkwürdig an, wie zuvor. Ob sie die Blumen weggeworfen hatte, als sie enteilte, oder ob die ihr entfallen waren, wußte sie nicht mehr zu sagen. Er aber hatte das Sträußchen ganz gewiß aufgehoben und fortgetragen, denn sie fand am andern Morgen keine Spur mehr von dem.
Dann war die Hochzeit und das Abschiednehmen von daheim, und den Gespielinnen war es so leid, daß sie in das schreckliche Gebirge mußte, wo es nichts gab, als Wald und Steine, und ein halbes Jahr Winter dazu.
Sie hatte es oft gesehen, das Gebirge. Wenn man die geringe Anhöhe hinter dem Dorfe hinanstieg, dann sah man die dunklen Wuchten sich dehnen, so weit der Blick reichen mochte, und wenn auch zu Häupten noch die Sonne schien, so war über den blauschattigen Kammwäldern drüben schon die Last der grauen Wolkengebilde, die den Regen herübersendeten und die Sommergewitter und Herbstschauer und das Schneegestöber des Winters.
Nun sollte sie dorthin, und die Abneigung gegen die vermeintliche Einöde warf ein goldiges Netz von Schönheit über die heimatlichen Hügel, wie nie vorher ihren Augen vergönnt gewesen war. Mit einer fast krankhaften Begierde nahm sie die Stätten und 28 die Menschen der so verklärten Heimat in ihr Gemüt, und immer öfter flog die trostsuchende Seele des jungen Weibes nach rückwärts, je mehr der Bergwall drüben dem jungen Paare entgegenrückte. So hatte sie auch nichts davon bemerkt, daß die dunkle Wand sich endlich gliederte, und erst als die beiden in einem ansteigenden Tale dahinfuhren, von dessen oberem Ende ein Kirchturm herschaute, blickte sie überrascht auf.
Ihr Mann hatte sie gewähren lassen. Jetzt deutete er nach der Berglehne, die hinter dem spitzen Glockenturm anstieg und sagte:
»Dort sind die Könighäuser und das mit den leuchtenden Fenstern ist unseres. In einer guten Stunde sind wir oben.«
Sie gewahrte das Haus, in dessen Scheiben die Lichter der Abendsonne brannten und der freundlich-helle Anblick nahm einen Teil ihrer Schwermut hinweg. Hatte sie wirklich geglaubt, in diesen Bergen hause nur die Trübheit und der Sturm und der Regen? Die Überraschte schämte sich fast und diese Stimmung kam dem Einzuge in ihre neue Heimat zu gute.
Der Glanz der Fenster war schon an der nächsten Wegbiegung erloschen, aber das welke Laub des großen Ahornes leuchtete wie eitel Gold herunter und blieb der Leitstern für ihre voraufeilenden Blicke. Wie sie endlich die Holzklinke des Ascherhofes gehen hörte, 29 war ihr der Ton ein vertrauter, und sie brauchte nur die Augen zu schließen, um sich vor dem väterlichen Hause zu wähnen. Und der ungewohnte Heuduft und der Stallgeruch im Hausflur machten die Eintretende schwindeln, und sie hätte beinahe geweint über den großen Blumenstrauß, den ihr die alte Magd überreichte. An jenem Abende war sie fast glücklich.
Nachher ist es wohl anders gekommen.
In den letzten Herbsttagen lernte sie die Gegend kennen. Da waren überall in den Wiesen die grauen Steine, und selbst in den Äckern gab es deren, oder sie waren nur notdürftig aus ihnen entfernt. Dazwischen standen starre Fichten, die der von allen Seiten herandrängende Wald gleichsam vor sich schob, und das Schönste waren noch die roten Korallenbüschel der Ebereschenbeeren, die aber bald von seltsamen, großen, scheuen Vögeln geplündert und verwüstet wurden. Hier war eben alles herber, strenger, als in ihrer Heimat, allwo die verschiedenfarbigen Bänder der Äcker so reinlich über die sanften Hügel gingen und die gefälligen Wipfel der Obstbäume die Raine beschatteten.
Und der Felsklumpen, der aus dem Walde oben so gegen den Himmel stieß, jagte ihr Furcht ein, und vor den Winden, die sich hier tagaus, tagein über den Kamm herüberdrängten, hätten die Leute daheim 30 sich bekreuzt und gemeint, sie würden ihnen die Strohdächer samt und sonders davontragen.
Das alte Haus heimelte sie doch nicht an. Alle die Räume waren größer als daheim, und dabei war sie nur zu oft allein in denselben. Die alte Magd ist bald abgedankt worden; denn im Orte hätte es als etwas Ungeheuerliches gegolten, wenn das Weib eines Kleinbauern die Arbeit im Hause nicht allein verrichtet hätte. Der Ascher-Bernard dachte darüber nicht anders, und das war nicht gut; befand er sich doch nicht nur tagsüber häufig unterwegs, sondern kehrte auch wohl, wenn die Holzfrachten nach entfernteren Orten gingen, erst in später Nachtstunde heim. Da war die Bangigkeit wieder mit doppelter Gewalt über das junge Weib gekommen, das oft ruhelos die Räume des Hauses durchging, um nicht an einem Orte solange mit ihren Gedanken allein sein zu müssen. Sie hatte wohl versucht, zu kramen, aber aus den Fächern der wurmstichigen Laden stieg mit dem Modergeruch die Schemenwelt früherer Hausbewohner, von denen der Bernard erzählt hatte. Ob die Gürtelschnalle noch der Großmutter Lina gehört hatte, die so uralt geworden war, oder stammten vielleicht die vergilbten Bänder von derer schönen Schwester her, die vom Hof gegangen war eines Fehltrittes wegen, und die man darauf tot aus dem Bach gefischt hatte? Dann saß sie auch nachts mit den Geistern dieser Abgeschiedenen 31 wach, und wenn eine Diele knarrte, oder ein Knistern in einem Geräte war, trauete sie nicht, sich umzudrehen, weil sie keinem Furchtbaren Auge in Auge gegenüberstehen wollte.
Damals ist ein bedenklicher Same in die Seele des jungen Weibes gesenkt worden.
Wenn dann der Mann heimkehrte und die Beate in später Nachtstunde wachend fand, pflegte er immer recht herzlich zu sagen, sie möge doch ja nicht auf ihn warten. Was tat es aber, daß der Mann gut war, wenn er ihr über die Stunden seiner Abwesenheit nicht hinweghelfen konnte. Hätte er das verstörte Aussehen des Weibes richtig gedeutet und nicht der Schlaftrunkenheit zugeschrieben, so würde sich wohl auch bei ihr die Bitte vorgewagt haben, dem schrecklichen Alleinsein ein Ende machen zu dürfen. So aber blieb es stets bei dem gefaßten Vorsatze, und wie sie das Gefühl in sich trug, nun auf sich gestellt zu sein, wollte sie auch vor dem Manne keine Blöße zeigen.
Ob die Erkenntnis nicht doch in ihm aufgedämmert war, daß dem zarten Weibe Gewalt angetan werde? Er nahm wenigstens seine Schwester zu sich, eine kinderlose, junge Witwe, die nur einige Jahre vom Ascherhofe entfernt gewesen war und auf die unvermerkt die Last des Hauswesens überging. Die Beate war ihrem Manne dankbar dafür, aber zugleich fühlte 32 sie sich der Entschlossenheit und Tatkraft der Schwägerin gegenüber gedrückt. Die kernbrave Katharine glaubte dem jungen Weibe eine Guttat zu erweisen, wenn sie willig die schwerere Arbeit auf sich nahm, leistete aber dadurch nur der Selbstquälerei der Geschonten einen Vorschub.
War sie nicht eigentlich eine Last für ihn? Eine Rüstigere hätte er nehmen sollen, daß Hilfe nicht zu sein brauchte. Die Leute im Dorfe bedauern ihn gewiß, daß er ein so bleiches, schwaches Weib hat, das zu nichts taugt.
Derartige Gedanken nisteten sich in ihrem Kopfe ein, und die verstohlene Zärtlichkeit des Bauers drängte ihre Selbstanklage immer nur auf kurze Zeit zurück.
Solcherweise tat sie mehr, als man von ihr verlangte und wies die angebotene Hilfe der Schwägerin oft kürzer zurück, als ihr nachher lieb war. Fast wäre die Katharine darüber an der Frau irre geworden, aber die immer sichtbarer werdende Hilflosigkeit der Gesegneten drängte jeden keimenden Groll nieder.
»Sie ist ja noch ein halbes Kind,« pflegte sie zu sagen, und wußte es einzurichten, daß die Dinge im Ascherhofe nicht auf die hohe Kante zu stehen kamen.
Und wenn etwas gar nicht gehen wollte, dann half wohl auch der Bauer mit einem guten Wort. 33