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XI.

Aude fand an diesen Spielen Gefallen. Sie ersann immer neue. So ließ sie eines Tages eine große Decke fallen, in die sie gehüllt war, und stand nackt in pardeligem Glanze, im blutroten Feuer eines Kleides von Edelgestein da. Sie warf sich frei aufs Bett, und Gold und Perlen blendeten mich. Sie hatte mir schon vorher von diesem wunderbaren Vermächtnis einer reichen Anverwandten erzählt. Doch trug sie niemals Schmuck; kein Edelsteinglanz unterbrach sonst das volle Schwarz ihres Gewandes. Und heute hatte sie sich wie ein Götterbild Beine und Arme mit Spangen umwunden. Sie trug Ringe an den Fingern und an der Zehe ihres Fußes. Ein Halsband von großen Rubinen blutete Scharlachtränen auf ihren Busen, und über ihrer Scham leuchtete ein an einem Schnürchen befestigter dunkler Saphir auf, wie ein Auge aus der Tiefe einer Höhle blickt. Sie hatte die Haare gelöst und in ihren schwarzen Wellen das Gesicht verborgen. So lag sie in ihrer prunkenden Schönheit wie eine Gerichtete, wie ein Rumpf ohne Haupt da: ein unerhörter Ausdruck der siegenden Herrlichkeit des Fleisches.

Sie fuhr mit den Händen an ihren Busen und lag steif vor mir. Sie sprach auch nicht, ich sah ihre Augen und den Mund nicht mehr. So verharrte sie in priesterlicher Ruhe, tot. Nur die Steine rauschten, und der Hals leuchtete aus dem Dunkel des Haars. Und ich blieb noch einmal starr vor dem gaukelnden Hexenwerk, das alle meine an Ketten gelegte Wut entfesselte. Diese Nacht starb ich mehrfachen Tod in Liebe und rasender Wollust.

Welche Priesterin Syriens, welche Baalstochter, deren Seele durch die Jahrtausende gewandert war, oder welch besonderer innerer Sinn hatte sie die alten Gebräuche und Wunder des sinnlichen Opferdienstes gelehrt? Sie kannte das Geheimnis der Tänzerinnen, die ernste Kunst indischer Bajaderen, ihren dem Tode benachbarten opiatischen Schlaf, die vergiftenden Liebesmittel der Freudendirnen des Harems. Und sie war zugleich im nächtlichen Walde das Urweib gewesen, das einfältig die schreckenvolle Unschuld seiner nackten Kraft anbot. Ich glaubte lange Zeit geschlafen zu haben, um plötzlich nach einer verbotenen Hexenkommunion bei einer Schwester aus der Nacht alter Tempel erwacht zu sein. Doch am Morgen bedeckte sich Aude und ging. Und hatte kein Wort gesprochen.

Da ging mir allmählich ein seltsamer Gedanke auf. Das Tier schien mir nicht weniger geheimnisvoll als der Engel zu sein und beide die verschiedenen Seiten des Ewigen im Menschen zu bilden. Diese Aude war die Nonne eines Klosters der tierischen, lange beleidigten Liebe. Sie war in Byblos Tagen aus dem Blute der Adonaï, der Attis-Sabbas geboren und die Priesterin einer schwarzen Messe gewesen, deren Leib gespreizt auf dem heiligen Steine lag.


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