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Das Volk wird nie nach ihm schreien; er sättigt nicht, er ist überhaupt nicht zum Essen, man kann höchstens eine seiner Hände streicheln oder seinen Mund küssen – er hat einen schüchternen Kindermund. Der erzählt immer von sich, immer so hübsche Geschichten, die sich am Ende des Pfades reimen, und viele, viele Wege geht er mit den Mädchen in seinen Gedichten. In Grimms Märchen ist er gemalt, wie er als Kind aussah, in Hänsel und Gretel. Ich hatte Max Brod eine Nelke mitgebracht, die trug er in der Hand, als er in den Saal kam, und ich bildete mir ein, er lese mir ganz alleine vor inmitten der königlichen Gemälde; ringsum an den Wänden: Van Gogh. Ich weiß den Namen seines Schauspiels nicht, aus dem er erzählte. Aber immer war es die Liebe, die über seine Lippen kam – mein Herz ging blau auf unter den vielen lauschenden Herzen. Max Brod ist ein Liebesdichter. Auch der andere Aufzug seines Schauspiels war ein Liebesgedicht, ein vielstimmiges, ein streitendes. Ich glaube, man kann nur Liebesgedichte in »Prag« schreiben, wo so viele Bögen und Wälle sind; und lauter graue Figuren treten aus den alten Häusern hervor – die Steingespenster führen die Herzen bange zusammen. Ich habe manchmal Sehnsucht nach Prag, schon um mit Max Brod und meinem Paul Leppin durch die Gewölbe ihrer Heimat zu wandeln, wo die alten Häuser wie Mumien stehen, zur Rechten und Linken.