Timm Kröger
Eine stille Welt - Novellen
Timm Kröger

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An der Pforte des Glücks

Die Straße von Westen nach unsrer Stadt führt durch eine weite, wüstenähnliche Ebene. Zwar ist sie fruchtbar und grün, diese Wüste, und in ihren saftgeschwollenen Triften ärgern sich Tag für Tag gescheckte Rinder über den Talg, der sie beim Gehen drückt und sie asthmatisch beklemmt; aber eine Wüste ist sie immerhin. Rechts und links in gemessener Zurückhaltung von der gemeinen Chaussee, in burgähnlicher Vornehmheit, lagern Gehöfte hinter tiefen Wassergräben und hohen Bäumen. Man träume stundenlang im schaukelnden Wagen und öffne die Augen: dieselben stattlichen Rinder beanspruchen die Bewunderung entzückter Schlächter, und am Horizonte drehen sich stets die Flügel einer Windmühle.

Vor einem Jahrzehnt noch war der Ort durch keine Schiene mit der großen Welt verbunden. Um so stolzer war man auf die Klinkerchaussee, die in gewandtem Bogen fünf deutsche Meilen lang das Grasmeer bis zur nächsten Eisenbahnstation durchschnitt; stolz war man auch auf die gelben Postkutschen, die zweimal täglich, am heißen Mittag und in kühler Gespensterstunde, vom Westen her über das Pflaster humpelten. In der Regel wehte neben dem gelben Marterkasten am Mittag ein sonniger, wie Seewasser und Schlick anmutender Westwind her, in gleichem Schritt mit dem Wagen. Wie eine klatschende Marktfrau schwatzte er mit den an entengrünen Hofgräben stehenden Pappeln, trollte dann aber rasch der rumpelnd weiter gefahrenen Postkutsche nach, wisperte und klapperte an Türen und Fenstern und war bald wieder mit seiner Liebhaberei beschäftigt, dem Postillon die blonden, wassergekämmten, unter dem Stephanshut hervorquellenden Strähnen zu zerzausen.

Das Städtchen liegt nicht in der Ebene, sondern auf dem Geestboden, dicht an der einstmaligen Meeresküste, die sich noch jetzt ziemlich steil zur grünen Marsch hinabsenkt. Und wenn der West mit dem alten Marterkasten zusammen in den Ort hineinfuhr, komplizierte sich seine Beimischung von Meerwasser und Schlick zu einer Dreiheit. Denn von dem ehemaligen Heideboden sammelte er einen feinen, sandigen Staub und jagte nun diese herrliche Mischung in unbestechlicher Unparteilichkeit durch Haupt- und Nebenstraßen, in die Wohnungen des Landrats und des Direktors so gut wie in die der Bürger, der Hilfslehrer und Probekandidaten der gelehrten Schule.

Als ich einst ›vom Lande her‹ in die in meinen Augen so große und prächtige Stadt einzog und von dem alten Gymnasialdirektor, von Konrektor und Subrektor auf den Akkusativ mit dem Infinitiv, und was sonst eine Aufnahmeprüfung an Fußangeln verbirgt, geprüft wurde, um dann als Quartaner unter die ›Gelehrten‹ versetzt zu werden, hatte ich mit Unwillen bemerkt, daß der Staub selbst in die Wohnungen des Rektors und der ›Böcke‹ eindringe. Später, als ich dort selbst ›Bock‹ war und einem nachwachsenden Geschlecht alles mir angetane Leid vergalt, machte ich die gleiche Erfahrung, ohne darüber in Unwillen zu geraten. Ja, als ich nunmehr, aus der gräulichen Verpackung der Postkutsche losgeschnürt, an meinen blinzelnden Augen erfahren mußte, daß der Staub einen außerordentlichen Professor und Doktor nicht verschonte, hüllte sich meine klassisch gebildete Seele in das gelassene Gewand der Stoiker.

Wie mit dem Staub, so war es auch im übrigen so ziemlich beim alten –. Noch immer die alte, breite, von dem Grün der Kastanien umsäumte Hauptstraße. Sie mochte damals, als die ersten Katen in der Heide errichtet wurden, ein breit gewundener Weg gewesen sein, mit zahllosen Rillen und Geleisen, worunter armselige Bauerkarren nach Wind und Wetter, Nässe und Dürre ihre Wahl trafen. Die weit zurücktretenden Häuserzeilen verliefen noch jetzt in unregelmäßig geschüttelten gewundenen Linien, sie schlängelten sich noch immer nach den Wagenspuren des einsamen Heidewegs, und selbst die noch zu meiner Zeit von dem Verschönerungsverein ins Leben gerufenen Lindenpromenaden machten gehorsam die Windungen mit, die vor Jahrhunderten, vielleicht vor einem Jahrtausend, zum ersten mal eine Handelskarawane durch die lautlose, nächtliche Heide zog. Vielleicht schreckten dort, wo jetzt der Schatten eines wohlgepflegten Gartens, meinem Gasthof gegenüber, lockt, vermeintliche Unholde des langen, gespenstischen Ginstergesträuchs die Geleitsmannschaft, deren Stahlpanzer zwar den Geschossen der Feinde, aber nicht der abergläubischen Furcht Eingang verwehrte.

Meine Blicke verloren sich in den Garten und in das Haus, dem er zugehörte. Ein altertümliches Gebäude mit einem nach dem Garten ausgebauten neuen Seitenflügel. Eine von blühendem Gerank belebte Plattform, die mit dem Garten durch eine breite Freitreppe, mit dem Saal durch eine Glastüre verbunden war. Die schön gerundete Krone einer Rotbuche beherrschte die mit gefälligen Farben und Ziersträuchern geschmückte Anlage.

 

Eine Stunde später sah man mich, frisch gewaschen und gebürstet, aus dem Gasthause über die Straße schreiten, und gleich darauf schellte die Glocke des alten Hauses meine Ankunft durch den weitläufigen Bau. Der wichtige Ton fand in dem Empfangsflur einen kräftigen Resonanzboden, und als ich die Tür ins Schloß drückte, lief der volle Glockenton die Treppenstufen hinauf in geheimnisvolle Räume. Von dort aus dem Gartenflügel antwortete der fragend verwunderte Schlag einer Schwarzwälderuhr.

In alten lieben Kindermärchen tändeln junge Schäfer einen Tag mit schönen Elfen; bei Mondenschein zieht der begnadete Hirt ein in den Zauberpalast, bei Mondenschein tritt er aus dem lieblichen Gehege, und siehe! inzwischen ist die Zeit um sieben Jahre weitergerückt, und der Knabe von gestern hat Kraft und Gestalt eines Jünglings. Immermann läßt den armen Klosterschüler, jahrein, jahraus, während eines unendlichen Zeitraums dem schnarchenden Meister des Eibenzweiges die Höhle stopfen. Als eisgraues Männchen bricht er die Verzauberung, und dessenungeachtet schreitet er an demselben Peter-Paul-Tage mit dem mißfarbenen Stecken aus dem Wald, an dem er den Ritter Konrad am Waldessaum verließ, ja, er trifft noch diesen Gefährten mit der rosigen Prinzessin und dem roten Wein im Waldesschatten.

Und wäre man noch so sehr gegen Zauberei gefeit: in wenigen Minuten kann die rückwärts gewendete Seele lange Jahre durchleben. So zum Beispiel, wenn man, seiner Herzensdame Reverenz zu erzeigen, klopfenden Herzens auf prächtigem Hausflur des vom Klingel- und Glockenzeug aufgestörten Hauses verweilt und das Erscheinen einer Person erwartet, die den Besuch den gnädigen Damen zu melden erbötig ist.

Bei meinem Eintritt war mir gewesen, als ob irgendwo hoch oben ein Dachfenster klang, und von oben kam es wie Rauschen und Schlürfen. Dann hörte ich nichts mehr ... Ich wartete ...

In den wenigen Jahren meiner Abwesenheit hatten das Haus und der Garten, alles, was mit dem Fleck in Zusammenhang stand mir im Sinn gelegen. Wie oft hatte ich sein Grün im flutenden Sonnenlicht gesehen, wie oft die verliebten Zitronenfalter vor der Rotbuche, und auf dunklen Päonien die grünen, seidengeflügelten Libellen!

Jetzt plagte mich eine wunderliche Ungeduld, das alles wieder mit leiblichen Augen zu schauen. Und während ich noch den Hut in behandschuhten Händen drehte, hatte ich schon in Gedanken die ganze Familie begrüßt: die Dame des Hauses mit ihren klugen Augen, die Töchter, alle schlank, hübsch, fröhlich, liebenswürdig, edle Vertreter eines frischen Geschlechts.

Von hier hatte ich den Sonnenschein mitgenommen, und Jahre hindurch, als ich nach einer Lebensstellung rang, hatte er mich getreulich begleitet. Und jetzt sollte ich sie wiedersehen, die meinem Leben Sonne und Stern gewesen war.

Plötzlich (ich steh noch immer und drehe meinen Hut) was ist ... welch wunderliche Vorstellung steigt in mir auf! Ich sehe den Weltenwerkmeister, wie er meine Auserwählte schuf. Die Seele entnahm er einer Vorratskammer, wo die Qualität Ia lagerte, und unter den besten aller Seelen wühlte er wählerisch umher, bis er die sanfteste, edelste und uneigennützigste fand. Beflügelte Amoretten hauchten den Zauber der Anmut über sie; der liebe Gott rieb sich schöpfungsfreudig die Hände und gelobte, der Menschheit ein Meisterwerk zu stiften. Der Augen dunkle, sanfte Glut entfachte er durch seinen göttlichen Atem, über ihrer reinen, dulderhaft geneigten Stirn ließ er die schwarze, glänzende Haarpracht hervorbrechen. Und in dem heiteren, gewinnenden Lächeln der Schmelz blinkender Zähne.

Die Seele war fertig und noch immer stand ich auf dem Flur des großen Hauses. Was hatte mich hergeführt? Wollte ich mich mit liebenswürdigen Damen über das Wetter unterhalten, oder frischweg meine ganze Doktoren- und Professorenherrlichkeit der Verehrten zu Füßen legen?

Ertappte ich mich auf solchen Gedanken, so schien es mir ausgesuchte Tollheit. Ich sah ihr liebes Gesicht sich halb in Zorn, halb in Verlegenheit verschleiern, was mich zu solchem Unterfangen berechtige. Äußerlich war unsere Bekanntschaft ja eine flüchtige. Ein Höflichkeitsbesuch in feierlicher Angströhre, bei meiner Abreise ein Abschiedsbesuch. Das letzte mal hatte ich die Damen verfehlt, und die Visitenkarte allein hatte bezeugt, wie der Doktor sich seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen gegen die Familie erinnert habe. Bei einem Besuch, den ich den stickenden und häkelnden Damen unter der Rotbuche angesichts der blühenden Päonien geschenkt, hatte ich mit ihr über Literatur, Kunst und Gegend gesprochen, auf einem Ball mit ihr getanzt und eine Unterhaltung über die Hitze im Saale und über das Wetter geführt.

War das alles? – Ja, und nein. – Nein, wenn man einen langen Kotillon mitrechnet, durch dessen Touren sie mich mit viel Geduld geführt hat. Tanzen war wohl meine starke Seite nicht, um so mehr freute ich mich über die Güte und Nachsicht, die ich in ihren lieben Augen las.

Ich fand nicht das erlösende Wort. Sie war reich, vielumworben und schön, sicherlich auch ein verwöhntes Kind. Mir aber fehlte alles, was begehrenswert war.

Ich fand auch nicht den Mut, ihr aus der Entfernung darüber Aufklärung zu geben, daß mein armes Herz nun schon so lange in lichterloher Feuersbrunst stehe und doch – ein neues Berufungswunder – nicht verbrenne.

Nun aber hatte ich wie aus Himmelssphären den Ruf gehört, ich müsse ihr Mann werden, ich müsse sie sanft zur Sparsamkeit erziehen. So gebieterisch hatte ichs vernommen, daß ich nicht mehr widerstehen konnte. Die ärgste Not des Lebens war abgeschüttelt – nun war etwas in mir erwacht, das nach Selbstvertrauen ausgesehen hatte.

Freilich, während der Reise war es schon erheblich verblaßt. Wie ein Träumer hatte ich mich von Station zu Station treiben lassen . . zu ihr, und wenn ich mich genau besann, so war das Beste an meiner Zuversicht die tröstliche Freiheit gewesen, noch von ihrem Hausflur hinweg die Flucht ergreifen zu können, fort mit meiner Sehnsucht, mit meiner Liebe, im Besitz meiner Freiheit, aber in dem Bewußtsein, ein unaussprechlicher Esel zu sein.

Und als ich nun allein auf dem Hausflur stand, wurde ich ganz feige. ›Was tust du, was beginnst du? Du unterstehst dich, glücklich werden zu wollen? Du bist ein Verwegener, ein Verruchter. Flieh, o flieh! Noch ist es Zeit, noch trennt dich die Bodendecke von dem Gewand, dessen geheimnisvolles Knistern aus den Frauengemächern kommt .... Schon bewegt sichs aufs Treppenhaus zu .... Noch bist du unbemerkt. Flieh, flieh! Wenn du bleibst, findet dein Leben neue Nahrung, dem Glück aber bleibst du ferner, als je.‹

Meine Hand wandte sich zum Türgriff. Halt!!

Es war zu spät: Sie selbst glitt langsam die Stufen herab.

Schöner, größer denn je, in reinen, hellen Sommerfarben. Noch immer beugte sich unter der dunklen Pracht ihres Scheitels die sanfte, ergebungsvolle Stirn. Ein frisches, gütiges Lächeln rief alle Wiegengeschenke wach, die ihr die Genien der Anmut am Schöpfungstage verliehen hatten.

»Herr Doktor, wie schön, daß Sie an Ihre alten Freunde denken!« Und beide Hände streckt sie mir entgegen. Meine Lippen berührten verwegen ihre Hand. Es war eine weiße vornehme, duftende Hand.

 

Seit jenem Tage ist ein Jahrzehnt vergangen. Jetzt bin ich Gatte und Vater, und zwar ein glücklicher.

Da trippelt mein Hänschen und sinnt und summt. Auch er ist, fürchte ich, ein kleiner Phantast. Denn Gesellschaft zum Spielen braucht er nicht, in seiner Einbildung hat er tausend Mitspieler. Der wird auch vier Jahre an der Pforte des Glücks harren, bevor er das Wörtchen, das sie sprengt, zu sprechen gewagt. Da hockt mein Lieschen und näht für ihre Puppe eine ganz kleine, mit Watte gefütterte Jacke. Aus den langen Wimpern der Puppenmama bricht der gleiche dunkle Strahl, durch den mich ihre Mutter in den Sand streckte. Auch meine Frau zog – so erzählte mir die Mutter – ihre Puppen immer warm an, fast zu warm, just wie sie jetzt ihre Kinder zu warm kleidet. Und dort am Fenster sitzt sie selbst in unwandelbarer Schönheit und stopft (es ist rührend) sie stopft die Ellenbogen ihres Gatten, genau ausgedrückt: seines Hausrocks Ellbogen. Ich habe die üble Gewohnheit, die Arme aufzustützen, wenn ich im Anblick meines Weibchens das Kinn in beide Hände vergrabe.

Aber oft trage ich nicht länger mein Glück. Zu ihren Füßen kniee ich und verberge mein Gesicht in den Falten ihres Gewandes. Und dann küsse ich wieder Lippen, Augen und Stirn – und meine Hand (sie darf es, und noch mehr darf sie, meine grobe, große, ehemännliche Hand), meine Hand wühlt in der aufgelösten Flut ihres Haares. Das alles darf ich – und ernte gar noch Lächeln und Dank:

»So ... so ... Guter, Lieber, nun ists genug!«

Genug? Ich wortreicher Darstellung meiner Liebe tue ich mir nimmer genug. Der abgegriffenen Redensarten schäme ich mich, und sagen können, wie man liebt, weshalb man liebt, wurde noch keinem gewährt. Aber solch stotternder Gefühlsausbruch rief auch heute ein freundliches Lächeln hervor.

»Du bist ein Schmeichler«, entgegnete sie, »und, was schlimmer, ich fürchte, du bist ein Phantast und Dichter. Es ist ja alles nicht wahr, was du da Überschwengliches von mir redest! Ich bin eine Hausmutter, eine Frau, die ihre Pflicht tut, vor allen Dingen Kinder und Mann bestopft und beflickt.« Und eifriger senkt sich die Nadel in meine schäbigen Ellenbogen.

»Ein Dichter?« bemerke ich. »Ich fürchte, nein, aber ein Phantast vielleicht. Weißt du, daß ich zugegen war, als der Schöpfer für mich, den Professor und Doktor, das ihm bestimmte Weibchen, wie es jetzt stopfend vor mir sitzt, erschuf?«

Und nun erzahlte ich ihr mein Gesicht vom Korridor ihres Vaterhauses. Wie der liebe Gott in der Seelenvorratskammer wühlte und wählte, wie er wichtig und feierlich tat bei dem Werk. In dem geschäftigen, befriedigten Händereiben des Meisters (ich rollte die Hohlflachen umeinander wie der Spielmatador die Kegelkugel), übertrieb ich, fürchte ich, ein wenig.

War ich einmal im Bekennen, so brachen alle Gedanken, die mich auf meinem schweren Gang erfüllt hatten, hervor. Die Minuten an der Pforte des Glücks durchlebte ich noch einmal.

Auf den Zügen meiner Zuhörerin lag liebenswürdiger Spott. »O, ihr leichtsinnigen, oberflächlichen Männer«, begann sie. »Da werden den Mädchen Eigenschaften angedichtet, deren Vorhandensein die Maske geheimnisvoll weissagen soll, und diesem Idol, nicht uns, wird dann geopfert und Weihrauch gestreut, bis der Priester alle Klarheit eingebüßt hat. Bekommt ihr nur eine halbwegs tüchtige Frau: es ist euer Glück, nicht euer Verdienst. Denn die Zukünftige wirklich kennen lernen, das lohnt nicht. Ob ich eine gute Mutter abgäbe, ob eine gute, sparsame Hausfrau, die mit den knappen Mitteln zu wirtschaften versteht, für Mann und Kind nähe, stopfe, flicke, für des Leibes Nahrung und Notdurft in Küche und Keller sorge – von allen diesen Dingen schwiegen wohlweislich meine schwarzen Augen wie meine weißen Zähne. Aber danach fragt kein verliebter deutscher Professor.«

»Doch ein klein bißchen«, beteuerte ich. »Ich dachte es mir so reizend, wenn ich meine kleine verwöhnte, meine verschwenderische Frau, denn dafür hielt ich dich, ein wenig zur Ökonomie ermahnen müßte. Und dann, so stellte ich mir vor, sahst du zu mir auf wie zu deinem Gott, und wurdest sparsam, mir zuliebe.«

Meine Frau ließ ihre Arbeit und meine vielgestopften Ellenbogen in Ruhe, gerade so lange wie nötig war, um aufzulachen.

»Umgekehrt wurde ein Schuh daraus, werter Herr Gemahl, alles umgekehrt bis auf die göttliche Verehrung, die ich nicht beanspruche, vielmehr dir, Hausstandssachen ausgenommen, stets darbringen werde. Nein, du bist ein treuer, ein lieber, aber zu komischer Mann. Ich halte den unpraktischen, in der Harmonie der Sphären, aber nicht auf der profanen Erde heimischen Professor in wirtschaftlichen Fragen ein wenig, ein ganz klein wenig nur im Zaum, und der Professor träumt von Gardinenpredigten, die er seiner zukünftigen Frau wegen Verschwendung zu halten beabsichtigt!

Träumer und dreimal Phantast! Daß du auf deinem feierlichen Gang zu uns herüber von mir beobachtet worden bist, davon hast du, Überirdischer, natürlich noch jetzt keine Ahnung. So wisse denn: ich sah dich und wußte gleich, daß es unser gemeinsames Schicksal sei, was so peinlich gebürstet unter der Angströhre daherging. Ich stand oben in der Wäscheplättkammer. Meine vornehmen Hände steckten in Amidam und Waschseife. Aber ich war praktisch und durchaus nicht bestürzt. Meinen ideallosen Anzug rasch wie eine verschlissene Schlangenhaut abgestreift, hurtig in mein weißes Hauskleid geschlüpft, den verehrten Herrn Professor zu begrüßen. Und mein Herz hatte mich nicht betrogen. Ich nahm ihn, den lieben guten Schwärmer, wie Figura zeigt.«

Sie hing an meinem Halse.

»Aber ob ich es getan, wenn ich gewußt, was er von meiner Hausmutterschaft halte?«


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