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15

Eines mußte ein jeder zugeben: Jon Gräff war ein geschickter Bootsbauer. Die Jahre, die er auf der Schwarzen Insel verlebt, hatten ihn wegen der schönen Sachen, die er ablieferte, berühmt gemacht. Er mußte eine glückliche Hand haben. An Bestellungen fehlte es ihm nicht, sowohl Schuten wie größere Boote wurden ihm anvertraut. Vieles mußte er sogar von sich weisen.

Die Boote, die Jon Gräff baute, hatten alle etwas Besonderes an sich. Als wenn ein Meergeist Baumeister gewesen sei. Wenn einer den anderen fragte, wer sein Boot gebaut habe, und er antworten konnte: »Der Bootsbauer vom Schwarzen Berge,« dann geschah es mit einem gewissen Stolz, wenn er auch noch so gleichgültig tat; – und der andere pflegte die Brauen in die Höhe zu ziehen und zu sagen: »Wetter noch eins!« und dann untersuchte und betastete er es genau.

Gräff arbeitete langsam. Wenn er mit einem Boot beschäftigt war, sah und hörte er nichts anderes. Er maß und visierte, so daß sein linkes Auge kleiner geworden war, als das rechte. Zu Anfang, wenn nur die ersten Bretter aufgestellt waren, kam es ihm vor, als hätte er es mit einem elenden Ding zu tun, dem er seine ganze Sorgfalt widmen müsse. Und er förderte es getreulich und voller Vorsicht, und es wuchs und wuchs, und bekam schließlich die Form, die ein gutes Boot haben muß. Schließlich stand es dann fix und fertig da und sah ganz ernsthaft und verständig aus. Ja, er sprach sogar oft mit ihm: »Wohl hast du eine breite Schnauze; aber trotzdem teilst du das Wasser, daß es eine Lust ist, denn wie ich immer gesagt habe: ein stumpfes Messer schneidet das Wasser ebensogut wie ein scharfes!«

Das mit dem Messer hatte er von Mr. Haverton in Boston, und das führte er immer an, wenn einer etwas auf seine breiten Schnauzen zu sagen hatte. Denn wenn er sonst auch nicht viel sagte, wenn einer ihn in diesem Punkt angriff, dann legte er los. Denn das war gerade sein Kniff, daß er breite Schnauzen machte, die das Wasser trotzdem wie eine Fischotter durchschnitten.

Einmal wurde er mit dem Bau eines Segelschiffes beauftragt und er machte es vorn breiter, als es der Zeichnung nach sein sollte. Darüber wurden ihm Vorwürfe gemacht; er ließ zurücksagen, daß es auf der Zeichnung viel zu spitz sei.

Kurze Zeit darauf aber bestellte der Schiffsreeder Eng noch ein Boot in genau derselben Ausführung, wie Jon es gemacht hatte und ließ dazu sagen, daß er nie ein besseres Schiff gehabt habe.

Als Jon dies hörte, sagte er zuerst gar nichts. Er stand und sann; dann aber wurde er ungewöhnlich gesprächig:

»Ja, ja, ich will dem Schiffsreeder Eng ein Boot bauen, mit dem er schon zufrieden sein soll, denn ich hab' meine Weisheit von Mister Haverton … und der verstand sich aufs Bootbauen! … Und jetzt will ich was erzählen und das ist so wahr, wie ich hier stehe … War also einmal Wettsegeln drüben … und ein Mann hatte ein Boot von Mister Short bekommen, und Mister Short sagte, daß es das beste sei, und behauptete, daß … daß Mister Havertons Boot Dutzendkram wäre. Die Sache war nämlich so, daß Mister Shorts Boot spitz war, aber es war achter zu flach, kann ich Ihnen sagen … Als nun das Wettsegeln stattfand, standen ich und Mister Haverton und sahen zu, und unser Boot war das erste und das von Mr. Short das vierte … Zuerst sagte Mister Haverton gar nichts, aber dann lächelte er … so'n ganz klein wenig, und sagte: ›the blunt knife deals the water as well as the sharp one‹ – das stumpfe Messer, meinte er, schneidet das Wasser ebensogut wie das scharfe … ja, denn ein stumpfes Boot kann das Wasser ebensogut zur Seite treiben, es muß nur das Wasser achter leicht ablaufen lassen … und was ich sage, das ist wahr. Basta.«

Ja, das Boot und Jon Gräff, die verstanden sich, und sie kamen gut miteinander aus. Es war ja auch das einzige, mit dem er jetzt seit langem auf der Schwarzen Insel zusammen gelebt und dessen er sich angenommen hatte. Er hatte von vornherein seine Schwächen verbessert und es zu dem gemacht, was es war. Darum waren sie sich auch in Wahrheit ähnlich geworden. Sie hatten voneinander gelernt; das Zuverlässige und das Stumme war ihnen beiden eigen.

Wenn das Boot nicht so wurde, wie Jon es haben wollte, dann verursachte es ihm großen Kummer. Wie ein Vater, der sieht, wie sein Kind mißrät. Darum überließ er es auch höchst ungern anderen Händen, damit sie ihm nichts daran verdarben. Einst aber kam ein Bote von Dührendahl, dem Kapitän. Gräff möchte ihm einen schönen Lustkutter von Eichenholz bauen. Ob er wollte oder nicht, er mußte sich zwei Mann zur Hilfe nehmen. Es waren Iwer Iwersen und Kristian Sywertsen Kalland.

Sie führten ihre Arbeit zur Zufriedenheit aus, und ehe sie nach Hause ruderten, erkundigte Jon Gräff sich genau nach ihrer Adresse. Und jedesmal, wenn er wieder größere Arbeit hatte, ließ er sie kommen.

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