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Wie sie den Winter bei Kjartan verbringen mussten

So spann ihnen die Norne, daß sie den Ankerstein auswerfen und bei Kjartan bleiben mußten. Sie wohnten in der alten Scheune, in die das Licht trüber Wintertage nur durch Ritzen brach, durch die des Nachts der Frostwind pfiff. In Glums Lied von der Rachefahrt heißt es, soviel sie auch später noch erdulden mußten, – in diesem Winter des Wartens ahnten es die Helden, wie es den Neidingen zu Mute ist, die sich drunten in Hel auf ewigem Eis zwischen feuchten Schlangenknoten und zerbrochenen Schwertspitzen dahinwälzen. Kjartan, der Alte, kam abends zu ihnen über den Hof, und wenn sie das Scheunentor für ihn öffneten, so mußten sie es mit aller Kraft halten, denn sonst warf es der Sturm an die Wand und füllte den Raum, in dem kein Feuer brannte, mit Schnee. –

Wann immer aber Kjartan kam, kam er mit Klagen, denn Harald Hårfagr hatte harte Hand auf Norge gelegt. Er nannte alles Königs Eigen, – Fischrecht, Salzrecht, Landrecht, Meerrecht. Es galt dem König zu steuern wie den Kirchbauten zu schatzen, und Kjartan fand, es sei nicht mehr zu leben in diesem Lande. Sagte Glum: »Das dachten die Landnahmemänner schon zur Zeit, da Harald noch ein junger Mann und sein Weib Ragnhilt noch nicht von Jütland gekommen war, ihn zum neuen Glauben zu bekehren!«

Sowie man aber Ragnhilts Namen nannte, spie Kjartan aus, als habe er Gift geschluckt (doch tat er es nur, nachdem er sich umgesehen, ob kein Späher zur Stelle sei).

»Wir Nordländer haben unsrem König viel verziehen!« sagte er. »Seine Kebse Thora, seine neun eifernden Königinnen, seine unzählbaren Söhne, die stete Fehde ins Land tragen. Aber daß er just Eirik, dem Sohn der Jütländerin, der Heidenfresserin, die Krone zusprach, das verzeihen wir ihm nun und nimmer!«

Half ertrug nur schwer die Menschen und ihre Rede. Kam Kjartan, so stand er auf und schritt in die brausende Nacht hinaus. Dann nahm Glum die Harfe und sang das Lied von Gydha mit den goldenen Augen. Da ward Kjartans runzliges Antlitz jung und froh, als er ihrer gedachte, die er als Knabe hatte vorüberschreiten sehen.

Denn schön, sagt das Lied, ist Gydha wie kein Weib nach ihr. Ihre Augen sind Gold, ihre Haare sind Gold, und sie ist des stolzen Königs von Opland Tochter. Ein kleiner Jarl wirbt um sie, Harald heißt er, und Gydha gibt ihm lachend Antwort: »Dein bin ich an dem Tag, an dem kein andrer König als du herrscht in ganz Norge!«

Jarl Harald aber legt die Eidhand an sein Haupt und schwört, sein Haar nicht zu strählen und nicht zu schneiden, bis er Norge ihr zu Füßen lege.

Er strählt sich nicht und schert sich nicht, und man nennt ihn Lurfwe, den Struppigen. Er aber schlägt die Nordlandskönige alle bei Hafursfjördr und wird des geeinten Reiches Herrscher.

Da wirbt er zum zweiten Male, und sie wagt ihm nicht zu widerstreben, obgleich Harald des Wartens Frist so lange gedünkt hat, daß er vorher zu Hlade Åse und an vier andern Orten vier andre Töchter besiegter Könige zu Frauen nahm.

Da König Harald mit Gydha zu Möre die Brauttafel hält, läßt er sich mit großem Prunk das Haar schneiden und strählen. Und seine Locken sind so lang und so reich, daß sie ihn nun »Haarschön« nennen.

Harald Haarschön herrscht eisern über das besiegte Land, daß keiner Herr ist in seinem eigenen Hause. Da ziehen viele freie Männer fort, seiner Gewalt zu entgehen. Sie segeln nach der grünen Insel Eireann und jenem Eislande, darin die Quelle heiß statt kalt und der Boden Lava statt Erde ist. Und sie nennen sich des Eislandes Landnahmemänner. – – –

Es folgten aber an des Liedes Ende durch viele Strophen Namen auf Namen derer, die lieber in Eis und Schnee wohnten, als Königsknechte zu sein. Und als das Lied Geirmund Heljarskin nannte, der Glums Vater, und Hallward, der Hjörleif Zwölfkrafts Vater gewesen war, da hoben sich in Kjartans alter Scheune die Knechte polternd von den Bänken und nahmen langsam die Prieshauben ab, daß sie den alten Namen die Ehre gäben.

 


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