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Auch ein Lustspiel dichtete ich damals auf meiner Leiter in Jamben; es hatte den Titel: »Die zwölf betrogenen württembergischen Pastores«. Es lag ihm eine wahre Begebenheit aus damaliger Zeit zugrunde.
Bei mehreren württembergischen Pfarrern, ich glaube nach und nach bei einem Dutzend, war ein sehr eleganter junger Mann erschienen, der sich für einen französischen emigrierten Grafen ausgab und vorschützte, er sei auf dem Wege nach Deutschland seiner Effekten und Gelder beraubt worden, nur eine mit edlen Steinen besetzte Repetieruhr sei ihm verblieben, das teure Andenken seines guillotinierten Vaters. Verkaufen könne er dieses Kleinod unmöglich, aber er schätze sich glücklich, wenn der Herr Pfarrer es als Pfand behielte und ihm nur fünf Caroline dafür anliehe, die er bald reichlich wieder ersetzen und das Kleinod zurücknehmen werde. Mehrere Pfarrer ließen sich nun, besonders durch das Mitleiden, das der schöne Mann den Frauen beizubringen wußte, bewegen, in seine Wünsche einzugehen, fanden sich aber später natürlich durchaus geprellt; der Herr Graf war ein Betrüger, er war ein Jude, und das jedesmal für fünf bis acht Carolinen zurückgelassene und nie wieder abgeholte Kleinod hatte den Wert von ein paar Gulden.
Mein Schwager, der gute Pfarrer Zeller zu Wiernsheim, befand sich auch unter der Zahl dieser betrogenen Pastoren, und ich ließ dieses Lustspiel besonders in seinem Hause spielen.
Im ersten Akte ließ ich die Frau Pfarrerin gerade mit dem kleinsten Kinde beschäftigt und im Zimmer alles in Unordnung sein, als das Dienstmädchen atemlos hereinstürzte und verkündigte: es komme ein sehr vornehmer schöner junger Herr aufs Pfarrhaus zu und werde wohl augenblicklich eintreten. Die Verlegenheit der Pfarrerin wegen des unaufgeräumten Zimmers, ihren Ausruf zum Dienstmädchen: »Schnell mit den Häfen in die Tischschublade!« nahm mir meine reinliche Schwester sehr übel.
Erscheinen des galanten Herrn; Verschämtsein der jungen Pfarrerin; Erstaunen, als sie hört, er sei ein französischer Graf; Erstaunen und Mitleid beim Anhören seiner höchst rührenden Geschichte, des Mords seines Vaters, seiner Vertreibung, seiner Beraubung. Zärtlichkeit.
Im zweiten Akte. Erscheinen des Pfarrers. Er kommt aus der Kirche und setzt den goldenen Kelch, den er mitbringt, auf ein Tischchen nieder. Der Graf wird von der Pfarrerin dem Pfarrer vorgestellt, seine Geschichte von ihr, noch sehr ausgemalt, ihm wiedererzählt. Der Graf eröffnet dem Pfarrer sein Anliegen mit dem Versatze der Uhr und erzählt, wie dieses Kleinod das Andenken seines geköpften Vaters sei. Die Pfarrerin erstaunt über die Pracht der Uhr, der Pfarrer zögert, die Pfarrerin fleht ihn, in Gemeinschaft des Grafen, um Mitleid an, er willigt endlich ein, tauscht die Uhr um fünf Carolinen ein. Der Graf nimmt feierlichen Abschied von der Uhr und fällt, als sie der Pfarrer aus seiner Hand empfängt, in Ohnmacht. Jammer der Pfarrerin, Ausbrüche von Zuneigung gegen den Grafen, Vorwürfe gegen den Pfarrer, daß er die Uhr als Pfand für das Geld angenommen. Sie bringt den Grafen durch Anspritzen von Weingeist wieder ins Leben, der Graf nimmt ihr die Flasche aus der Hand und trinkt sie auf zwei Züge aus. Bedenken des Pfarrers. Sentimentaler Dank des Grafen gegen die Pfarrerin, in der er das Ebenbild seiner geköpften Königin finden will. Er weint und fällt ihr um den Hals und eilt zur Türe hinaus, während ihm der Pfarrer mit Erstaunen nachsieht, die Pfarrerin aber dem Pfarrer nun Vorwürfe macht, daß er den Grafen nicht zurückgehalten, daß er vornehme Leute nicht zu behandeln wisse, keine Bildung habe und nicht Französisch sprechen könne.
Im dritten Akte stürzte der Pfarrer atemlos herein; es fehlt ihm der Kelch, den er neben den Grafen auf den Tisch gestellt, auch seine Sammethosen und seidenen Strümpfe. Verdacht auf den Grafen, Verteidigung desselben durch die Pfarrerin. Den Pfarrer bestärken die Erzählungen des Dienstmädchens, daß der Herr Graf eilends durch den Ort gesprungen, als komme ihm jemand auf der Ferse nach, daß ihn vor dem Orte kein Wagen, wie er vorgab, habe aufnehmen können, es sei keiner da bemerkt worden, er habe seinen Weg immer springend weitergenommen. Furchtbare Unruhe und Jammer des Pfarrers, Klage, daß er nun abgesetzt werde, weil ihm der Kelch abhanden gekommen. Vorwürfe gegen die Pfarrerin. Noch immer fester Glaube derselben an den schönen Grafen. Die Ausmalung des Pfarrers von seiner Schande, seinem Unglück; Vorstellungen der Pfarrerin dagegen nahmen das meiste dieses Aktes ein.
Im vierten Akte erscheint der benachbarte Pfarrer mit seiner Frau und erzählt, was ihm am selben Tage begegnet, es war das gleiche Spiel mit der Uhr! Der erste Pfarrer erstaunt, aber ehe er sich weiter erklärt, kommt ein zweiter benachbarter Pfarrer mit seiner Frau und erzählt dasselbe, und endlich ein vierter, der das Rätsel auflöst und erklärt: daß sie alle betrogen seien, der französische Graf sei ein Pfälzer Jude, er sitze bereits in der Oberamtsstadt im Gefängnisse, und man habe den Kirchenkelch von hier und des Herrn Pfarrers Sammethosen und seidene Strümpfe bei ihm gefunden, er auch alles eingestanden. Ohnmacht der ersten Pfarrerin, Geschrei und Geschwätz der drei andern, wie sie diesen Kerl sogleich für einen Juden erkannt, wie aber nur ihre Männer so verblendet hätten sein können. Verteidigung der Männer, ihre Anschuldigungen gegen die Frauen, Verzweiflung des ersten Pfarrers wegen des Kelches, man werde ihn, weil er in der Tasche eines Juden gesteckt, nicht mehr zum Gottesdienste gebrauchen können. Meinung des andern Pfarrers über diesen bedenklichen Kasus. Vorschlag, den Kelch umschmelzen zu lassen. Beratung, auf wessen Kosten.
Versicherung des zweiten Pfarrers, daß er das zurückzuerhaltende Geld zu wohltätigen Zwecken verwenden wolle. Der Akt endigt mit den Worten des dritten Pfarrers:
»Und ich, ich werde
ex officio
Ein Dankgebet vor der Gemeinde lesen
Und einen Gulden oder dreißig Kreuzer
Occulte auf den Opferteller legen.«
Im fünften Akte stehen die Pfarrer alle mit dem angeblichen französischen Grafen im Gerichtssaale. Ein jeder erzählt in besonderer charakteristischer Weise die Geschichte des Betrugs. Der Jude verbirgt sich nicht, er leugnet nichts. Die Sammethosen und seidenen Strümpfe behauptet er von der Frau des Pfarrers als Geschenk erhalten zu haben. Erstaunen der anderen Pfarrer und Bedauern gegen ihren Herrn Kollegen; die Hosen seien jedenfalls von ihm nicht mehr beim Gottesdienste zu tragen. Abermaliges Bedenken über den Kelch, worüber einer der Geistlichen in einer sehr orthodoxen langen Rede sich ausläßt. Witze des Juden. Sie fallen alle über ihn als einen verstockten Sünder her. Versuche zu seiner Bekehrung. Sie fordern mit Leidenschaft, der Jude solle gepeitscht und dann gehenkt werden. Der Richter wirft ihnen Erbarmungslosigkeit, Härte vor und weist sie durch Bibelstellen zur Ordnung. Sie protestieren und fordern urplötzliche Durchpeitschung des Juden. Während ihres Geschreies ist der Jude aus dem Gerichtssaale entflohen. Erstaunen der Pfarrer, der Richter gibt ihnen den Trost, wenn der Jude gefangen sei, werde er gehenkt werden. Der Vorhang fällt.
Dies war der ungefähre Inhalt einer losen Posse, die sich aber bei vielem Humor, der in die Reden der verschiedenen Personen gelegt war, doch gut las und von mir, als Student, nach Tübingen gebracht, unter meinen Freunden oft Heiterkeit erzeugte. Das Manuskript ging mir durch Hinleihen verloren, auch lag mir an seiner Wiedergewinnung nicht viel.