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Der Leser hört, was Sir Francis Bridgeman tat und wie Streifenfell umkam, wo Schneezahn und Schlitzohr blieben und was aus Plattenhaut, dem ältesten der Nashorngilde wurde.
Ferner wird aber hier von bösen Dingen berichtet: von der schlimmen List der Zweibeine, von der Keddah und dem Elefantenfang und von dem Ende der Freiheit der großen Herde. Wir lesen auch, daß der tapfere Baumbrecher sterben mußte, weil er sich nicht ergab, und Spritznase dazu. Und wir lesen, daß Mali ein Mahout wurde und Palmenreiße zähmte und Radha. Dann aber konnten wir uns schon denken, daß der alte Tusker allein blieb und ein gefährlicher Rogue im Busch wurde.
Sir Francis Bridgeman, jetzt Kapitän in Seiner Majestät Armee, hatte viel Zeit: es war Ruhe im Lande und keine Hungersnot, und es gab wenig Dienst, weil es gar heiß war und die Sonne gefährlich. Die Sonne ist des Menschen liebster Freund im Norden, im Nebellande. In den Tropen aber starrt sie aus der Höhe gerade hernieder und glüht weiß wie flüssiger Stahl. Da ist sie der Menschen, der Tiere Feind, bis sie rot im Westen brennt und im Dunst über dem Ozean sinkt und hineintaucht ins große Meer. Sie flammt, sie glüht, sie sticht! Wehe dem Manne, der ihrer nicht gewohnt ist! Weil der sehr ehrenwerte Sir Francis nun wenig zu tun hatte, konnte er jagen und trieb sich wochenlang im Dschungel und im Walde herum. Die meisten anderen Europäer waren in die kühleren Berge und Hügel geflohen, wo sie ganze Städtchen von Bungalows hatten – Sir Francis aber war tropenhart, denn er war unter Indiens Glutsonne geboren und Brustkind einer Inderin. Mehrere Male schon hatte er den Urlaub nach England ausgeschlagen und verlebte seine Freizeit im Busch oder auf der Farm. Der blonde Mann war braun verbrannt, wie ein Tamile fast, mager wie ein Hindu und zäh wie ein Gurkha, groß wie ein Sepoy und stramm wie ein Grenadier. Aber in seinem stillen, empfänglichen Gemüt war mystischer Sinn. Indiens Wunder hatten es ihm angetan und die Milch der Brustmutter ... Seine eigene Mutter war bei seiner Geburt gestorben – sie war aus dem Lande des kühlen Weins und der Schwärmer nach Indien gekommen, wo ihr Vater angestellt war. Dort hatte sie Sir Charles, den reichen Pflanzer und Kaufmann, kennen gelernt und war dem gutherzigen, hübschen Briten in die kurze, glückliche Ehe gefolgt ... Sir Charles hatte seine Lote Frau nie vergessen, die stille Schwärmerin. Nun war Francis, der Sohn, sein ein und alles. Im Stillen lächelnd, erkannte er in dessen Wesen stets wieder den Hang zum Schwärmerischen und Weltfernen der toten Gattin und seinen eigenen, aufs Praktische gerichteten Sinn in glücklicher Paarung ...
Jäger – ja Jäger! Das war Sir Charles auch gewesen, doch ohne den Hang zum Romantischen. Und darum sah er es gern, wenn der Sohn im Dschungel jagte. »Nur der Jäger ist ein Mann«, pflegte Sir Charles zu sagen. Zum Gründen eines soliden, ehrbaren Hausstandes hatte Francis noch Zeit, viel Zeit ...
*
Dieser Sohn solcher Eltern war wieder auf der Jagd. Der alte Appa war mit ihm und ein Gurkhaboy vom Regiment, sein Diener. Vier Leute besorgten Gepäck und Boote.
So folgten die Männer der Büffelfährte und jagten mit gutem Erfolge; sie erlegten Panther und Schweinshirsch und mehrere Keiler dazu.
Eines Tages hörten die Jäger, ein mächtiger Tiger sei am Dorfe gewesen und habe ein Weib von der Straße geraubt. Und sie beschlossen, den »Mankiller« zu töten.
Sie blieben im kleinen Hindudorfe, sie lauerten auf den Tiger. Aber es kam nur einmal ein Panther und fiel in die Grube. Er spießte sich auf den scharfen Bambuspfahl, und Sir Francis gab ihm den Rest. Nach langem Warten brachen die Jäger auf und zogen zum Flusse.
Es war Abend. Das Vieh der Inder wurde heimgetrieben. Schwärme von Staren flogen durch die Wipfel der Coobäume und Palmen, Hutaffen erzählten sich Geschichten, und Makaken turnten in den Ästen.
Der letzte Mann der kleinen Karawane war ein brauner Weddah, den der Brite angeworben hatte. Er trug einen Ballen Gepäck.
Mitten im dichten Dschungel ertönte ein furchtbarer Schrei! Sudu, einer der Leute aus dem Dorfe, wandte sich erschreckt um und sah das Bündel auf der Erde liegen ...
Auf die Rufe des Inders liefen Sir Francis und Appa herbei.
Sie fanden Blut – die rotlilafarbige Kopfbedeckung des Mannes – und die Eingriffe des Tigers im Boden ...
Es dunkelte schnell. Der Jäger wollte folgen, doch der erfahrene Appa hielt ihn zurück: »Sahib,« meinte er, »es wird dunkel, und im Grase siehst du nur wenige Schritt! Den Mann rettest du nicht mehr ... Wir wollen zum Dorfe zurück. In aller Frühe nehmen wir Leute und treiben das Dschungel ab. Es ist trocken, Bambus und Gras werden brennen. Du wirst auf dem Pfade stehen, er ist breit vom Vieh ausgetreten. Ich bleibe bei dir ... Und die Leute werden das Dschungel umstellen, Feuer unterhalten die ganze Nacht und morgen mit Brandfackeln das Gras anzünden. Das Flußdschungel ist schmal und nicht groß. Über den Fluß wird der Tiger nicht schwimmen, und zum Dorf wird er nicht gehen ...«
Wachtfeuer flammten die ganze Nacht in großem Bogen ums Dschungel. Auf dem Flusse fuhren Boote mit Fackeln, und auch auf den Feldern flammten Feuer. Das Dschungel war laut die ganze Nacht von Menschruf und Affenkreischen. –
Streifenfell hörte den Lärm. Er kannte das – er fürchtete sich nicht. Wenn er ein Vieh, einen Menschen gerissen hatte, machten die Leute stets Lärm. Nur wer sich fürchtet, macht Lärm – der Gefährliche ist leise ...
Den braunen Mann zerriß Streifenfell schnell und fraß sich satt. Wie leicht war doch solch Mensch zu töten! Viel, viel leichter als ein Hirsch, ein Stier ..
Streifenfell tat sich unweit seines Risses nieder und schlief. Dann zog er zum Flusse, löste sich und trank. Noch war es Nacht. Aber die Stämme des Waldes waren rötlich beleuchtet, als glühten sie, heller Schein zuckte auf den Blättern. Und auf dem Flusse tönte Plätschern – ein roter Schein kam herangeglitten – Schatten bewegten sich, Menschenstimmen klangen ... Der Tiger fauchte zornig und zog sich zurück.
Er schlich im Dschungel umher – lugte hier aus, dort, überall war Feuer! Er kam zur Viehtrift: auch dort flammte es, auch auf dem Felde – überall, ringsum! Und Menschen riefen ...
Streifenfell fürchtet das Feuer. Er kauert in der Mitte des kleinen Dschungels und schließt die Augen. Er sinnt auf Flucht. –
Die Buschhühner rufen, Affen schnattern, Stare pfeifen. Es liegt ein heller, blauer Schein über Dschungel und Busch. Schwarm auf Schwarm schwirren Prachtfinken herüber, ein paar Krähen krächzen. Das Licht steigt. –
Appa hatte den Jägerstand gut hergerichtet: eine kleine Plattform aus Zweigen im Baume festgebunden – im Schutze der Feuer, geräuschlos. Auf der Plattform sitzt seit erstem Morgengrauen der Jäger, der alte Appa über ihm auf einem Ast, drei Mannshöhen vom Boden. Die Feuer auf der Trift werden gelöscht, Wasser wird auf die glimmenden Kohlen gegossen. Und die Hindus eilen fort.
Tamtams heulen, eine Holztrommel dröhnt. Und schwerer Rauch quillt durch das Dschungel. Erschreckt fliehen Hühner, Papageien, Affen kreischen hysterisch auf. Es prasselt, knistert im Dschungel, gelbrote Flammen züngeln, lecken, schießen auf, breiten sich aus ...
Der Jäger auf der Plattform ist in stinkenden Qualm gehüllt, er muß niesen, seine Augen tränen. Aber er hält aus, blickt unverwandt auf die Trift. –
Das hohe Gras bewegt sich, ein Körper erscheint ... Aber es ist nur ein Stachelschwein, das über die Trift wackelt. – Bumm, poi, poi, bumm! Täng, tang! Die Gongs brüllen.
Wellenbewegung im Grase ... Jetzt, dort am Bambus ... »Paß auf!« flüstert's über dem Jäger.
Dort – im Rauch – etwas Streifiges, ein rötlichgelber Fleck ... Und ein Haupt, weißliche Backenmähne ... Leise, langsam schleicht der Tiger, dicht an den Boden gedrückt. –
Unsicher ist das Licht – gelber Qualm stört ... Der Schuß dröhnt ... Ein Brüllen – Affengekreisch, Vogelkrächzen – der Körper des Tigers rollt über den Pfad, windet sich, springt, fällt, rollt weiter! Donnernd der zweite Schuß aus schwerer Büchse! Der Gestreifte rutscht, biegt sich, hebt den Kopf krampfhaft, richtet sich vorn auf, faucht, gröhlt, sinkt zurück – liegt still. –
Noch ein Zucken, ein Schlagen mit dem Schwanze. Der »Mankiller« ist tot. – Das kleine Dschungel brennt nieder. Um den Toten stehen braune Männer und reden mit ihm: »O, du unreiner Same, du Sohn der Gehenna«, sagt der gelbe Gurkha. O, du Töter, du Unbarmherziger, du Böser«, sagen die Hindus.
»Welch gelbes, stumpfes Gebiß«, meint Appa. »Sieh, Herr – zehn Schuh ohne Schwanz und doch leicht! Wie alt mag er sein, der Erhabene? Denn ein Erhabener war er ...«
»Viele Männer tötete er«, sagt einer der Leute.
»Und viele Rinder und Ziegen«, meint ein anderer.
»Und unsere Weiber dazu ...«
»Bei Allah – was redet ihr von Nichtigem«, brummt der Gurkha.
Messer schärfen gestreiftes Fell. Und Spaten wühlen im Erdreich, wo man die Reste des Weddha fand.
»Ihr redet von euren Weibern, ihr Ungläubigen«, schimpft der Gurkha. »Und scharrt einen Mann ein, als wär' er ein Hund! Macht die Grube tief!«
Er bettet den Rest des Braunen in die Erde, so gut es geht. Und wendet den verstümmelten Kopf, das blutige, verbrannte Antlitz des Mannes gen Westen. »Er war ein Gläubiger des Propheten,« murmelt er, »Allah erhalte seine Seele.« – Und der einfache Soldat betet. –
*
Schlitzohr war dem verwundeten, besiegten Schneezahn gefolgt. Kein anderer Elefant hatte sich den beiden angeschlossen. Schneezahns Wunden, oft im Wasser eines rasch bergabströmenden Flusses gekühlt, heilten bald, doch sein Mut war auf lange Zeit gebrochen. Er kehrte auch nie wieder in die Gegend seiner Niederlage zurück, denn kein Edeltier der Wildnis geht wieder dahin, wo es Schande erlebte. Ein Elefant, der vor etwas Lächerlichem erschreckte oder eine Niederlage erlebte, meidet den Ort für immer. Um sich besser zu ernähren, besuchten die beiden Elefanten häufig die Pflanzungen der Menschen und plünderten die Felder.
In einer Nacht erschienen sie wieder an der Pflanzung Toomais. Als sie in die Nähe der Fenz kamen, hörten sie einen großen Lärm: Nashornschnauben, Grunzen und Poltern. Sie wagten sich nicht in die Nähe und kehrten bei Morgengrauen um, denn sie vernahmen Menschenstimmen und das Geschrei vieler Affen. Irgendetwas mußte dem Nashorn zugestoßen sein ... Sie fürchteten sich und rannten in das Dschungel.
Plattenhaut war vor den Elefanten auf den Wechsel ausgezogen, um im Felde zu schmausen. Es kam an den Zaun, fand eine neue, bisher unbekannte Lücke und ging wohlgemut durch die Umzäunung. Plötzlich gab der Boden unter den Vorderfüßen nach. Knistern und Rauschen tönte – der Leib des Nashorns verlor das Gleichgewicht und stürzte kopfüber hinab!
Der Fall war tief. Unten war die Grube eng, so daß Plattenhaut sich kaum rühren konnte. Das Nashorn suchte sich aufzurichten, nach oben zu kommen – umsonst: die glatten, steilen Wände der Grube gäben keinen Halt ... Still stand es unten am Boden der Fallgrube. Von oben drang schwaches Licht in das Loch, hin und wieder funkelte ein Stern, Regentropfen fielen. Eine Schlange ringelte sich um die Füße des Gestürzten – sie wurde nicht beachtet. Dumpf tönte das Geschrei nächtlicher Affen und Eulen aus dem Walde, das Brummen eines Büffels, das leise Plätschern des Regens. – Der Schein oben wurde Heller. Irgendwo schnaubten Elefanten, der Boden zitterte unter ihren Tritten. –
Wenn ein Elefant in eine Grube fällt, tobt er lange, bis er endlich ermattet ist und sich in sein Schicksal fügt. Ein Leopard, ein Tiger rast, wenn er gefangen ist, bis zur Entkräftung und duckt sich dann in einer Ecke. Das Hirn des Nashorns ist stumpf und dumm. Und so stand auch Plattenhaut ruhig in der Grube. Ihm war ein wenig unheimlich und sonderbar zumute, aber er fürchtete sich nicht und dachte, es würde schon etwas geschehen, was ihn freimachen würde. – Am ärgerlichsten aber war, daß es hier unten nichts zu fressen gab und daß die Grube so eng war ...
Toomai hatte das Krachen der Bambusstäbe gehört, das schwere Plumpen, das Schnaufen und Grunzen. Der Hausaffe machte Lärm und weckte alle Leute. Man machte Licht, sprach erregt über den vermutlichen Fang und richtete Speere und Donnerbüchse.
Als es eben ein wenig hell wurde, gingen die Männer zur Grube und sahen das gewaltige Nashorn unten eingezwängt. Auf seinem Rücken wand sich eine halbwüchsige Pythonschlange, die schon Verletzungen zeigte, anscheinend vom Tritt des herabfallenden Rhinozeros.
Toomai und seine Söhne kramten den Rest der Stangen fort und legten Stricke und Seile bereit. Dann stießen sie mit ihren langen, scharfen Speeren nach dem Nashorn. Das stand still und grunzte ärgerlich. Seine kleinen, blinkernden Augen waren nach oben gerichtet und zwinkerten kurzsichtig und böse. Endlich bohrte sich ein Speer durch die Panzerhaut und versank langsam im Leibe des Tieres. Es zuckte zusammen, gab ein schmerzliches Grunzen, Stöhnen von sich, schnaubte wütend. Seine Augen wurden rot. Die Donnerbüchse Appas krachte, Rauch füllte die Grube. Jetzt bäumte sich das Nashorn auf, fiel zurück. Der nasse Boden unten schmatzte. Die Schlange glitt in die Grube zurück, fauchte.
Wieder bohrte sich eine Lanze in den Gefangenen, eine dritte. Und wieder krachte die Muskete. Rot spritzte es auf – eine schreckliche, rauchende Fontäne ...
Wieder zeigte die Python den dreieckigen Kopf. Ein Speerstich nagelte sie auf dem Nashorn fest. Der Schlangenleib ringelte sich, schlug schreckliche Bogen. Das Nashorn sank langsam zusammen, schnaubte, lag still.
Machua, Gurdai und Sudu, Söhne Toomais, sprangen in die Grube. Machua schnitt mit dem Haumesser der Schlange den Kopf ab und warf sie hinauf. Schnell packte Appa zu und zog die sich noch schwach bewegende Tigerschlange hervor. Zwölf Schuh mochte sie haben, und ihre Haut würde wohl eine Rupie wert sein, wenn man sie sauber abzog, trotzdem sie an einer Stelle breit aufgeplatzt war vom schweren Tritte des Nashorns.
Machua, Gurdai und Sudu betasteten das Nashorn. Es war tot. Die Männer schlangen mit großer Mühe unter dem massigen Leib starke Seile durch und reichten die Enden hinauf. Mit Affengewandtheit turnten sie nach oben.
Langsam, sehr langsam erhob sich der Kadaver aus der Tiefe. Viele Männer zogen an den Seilen, aber trotz der besonderen Hebevorrichtungen kam der Leib des toten Plattenhaut nur langsam zum Vorschein. Nun ging es an das Zerlegen: das Horn wurde abgeschlagen, Hautplatten wurden abgeschnitten, um Zugriemen und Stöcke daraus zu machen, der Rest wurde von den Zugbüffeln in den Wald geschleift: hier wollte Appa Fallen stellen auf Raubtiere. Als es dunkelte, waren alle Spuren beseitigt und die Grube wieder in Ordnung und fängisch gestellt.
So endete in Stumpfsinn Plattenhaut, das zornige Nashorn, dem im Leben wie im Tode Furcht unbekannt war.
»Es ist ein tapferes Tier«, meinte Sudu am Abend.
»Ja – ein tapferes Tier, weil es dumm ist und stumpf,« erwiderte Appa, »dazu zornig, gleichgültig und faul. Ist das Heldentum? Ist Stumpfsinn Mut, ist Blindwütigkeit Tapferkeit? Held ist der, der die Gefahr kennt und sie fürchtet und doch nicht im Kampfe weicht! Held ist der Erhabene, der Elefant, Held ist der Tiger, der Panther! Held ist der mutige Gaur und der Büffel im Kampfe, Held ist der Dulder, der Hirsch! Wie kann ein Geschöpf Held sein, das die Gefahr nicht kennt, das sie nicht versteht? Das seiner Kraft bewußt ist, nicht seiner Schwäche? Antworte, Sudu, mein junger Freund!« Sudu schwieg. Denn er wußte, daß der alte Appa recht sprach.
*
Arglistig und schlau ist Zweibein, der Mensch. –
Der große Sahib, dem die vielen Pflanzungen in den Hügeln gehörten und der im flachen Lande viel Weizenfelder hatte und Reisbeete, ließ Appa zu sich kommen und Toomai mit seinen Söhnen. Aber auch Ghautal war gerufen und Ghautal-Mali, sein Sohn.
Sir Charles, der weißhaarige Sahib, erschien auf der Veranda seines Bungalow und sprach freundlich mit den Leuten. Manche Rupie sollten sie verdienen und viel Lob ernten, wenn sie die große Elefantenherde fingen. Seine Exzellenz, der Herr Gouverneur, hätte Auftrag gegeben, für die Regierung Elefanten zu fangen. Und da müsse alles vorbereitet werden, um die Herde einzufangen, wenn die Trockenzeit käme. – Auch neue Mahouts würden gesucht – und ob Ghautal und Mali nicht Lust hätten, Elefanten zu führen, wie ihre Väter?
»Auf, spüret mir die Elefanten!« So sprach Sir Charles Bridgeman und gab jedem der Männer fünf Rupien Handgeld.
Und die Männer zogen in die Hills, um den Elefanten nachzuspüren. –
*
Die Späher, die man in Indien »Trachus« nennt, mußten ziemlich weit in die Blue-Hills und in die südlichsten Ausläufer der Ghats hinein. Dann erst stießen sie auf frische Fährten und Losung von Elefanten. Es war Baumbrechers große Herde, die sie fanden. Die Späher waren in drei Gruppen verteilt: in der Mitte befanden sich Ghautal und Mali, östlich davon waren Appa mit drei Leuten und westlich Toomai mit seinen Söhnen. Dazu kamen noch andere, von Sir Charles angeworbene Trachus, so daß die ganze Mannschaft aus etwa zwanzig Menschen bestand.
Die Trachus folgten jeder Bewegung der Herde und hielten sich möglichst versteckt. Sie beobachteten, wie Baumbrecher mit seinem Stamm langsam ins Flachlanddschungel hinabkam, denn die Trockenzeit war gekommen.
Die große Trockenzeit beginnt im Spätherbst und dauert den Winter über an. Es ist nicht ganz so heiß in der Trockenzeit wie im Sommer zur Südwestmonsunzeit, aber die Sonne sticht, und die Dürre quält. In der großen Trockenzeit weht der ständige Nordostwind, der kühlt und dörrt. Diese Zeit hat keine Wirbelwinde, keine Taifune und Gewitterstürme, der Wind ist beständig, und nur selten wird er zum Orkan. Im Frühling aber kommen die großen Meeresstürme von der See und fegen weit ins Land hinein. Dann folgt eine kleine Regenzeit mit Strichregen und Gewittern, und nach ihr setzt wieder eine Trockenzeit ein. Erst im Juni und Juli kommt der Monsunwind aus Südwest, feucht, heiß und dampf, mitunter stark wie ein Sturm, dann leicht wie ein Hauch. Und der Regen trommelt Tag und Nacht mit wenig Unterbrechung. Nach den Wäldern des Nordostens kommt der Monsun zuletzt und bleibt auch mitunter fast völlig aus. Das ist dann Notzeit für Tier und Mensch. –
*
Es war im Spätherbst, als die Elefanten nach den immergrünen Wäldern zogen und nach den breiten Flußauen des Tieflandes.
Eines Tages berief der Sultan den Rat. »Kluge, Erfahrene, Starke und Mutige,« begann er seine Rede, »es ist nicht geheuer, denn immerfort spüren sich Zweibeinige im Dschungel. Sie scheinen uns zu belauern, sie folgen uns. Ich fürchte, sie haben Böses im Sinne. Was ist zu tun? Ratet und helft! Ich bin dafür, sogleich einen großen Nachtmarsch zu machen, um aus ihrer Nähe zu kommen. Ich habe gesprochen – sprecht nun ihr.«
Spritznase wiegte den schweren Leib, hob den Rüssel, senkte ihn und sagte: »Erhabener Baumbrecher, Liebling der Götter! Du sprachst weise und klug. Die Zweibeine führen etwas im Schilde, das ist gewiß – sonst schlichen sie nicht wie der Tiger um uns! Lasset uns einen Marsch wagen – die ganze Nacht und den ganzen Tag und wieder die Nacht durch mit kleinen Ruhepausen! Dann erreichen wir die großen Niederungen und den lichten Bambuswald am alten Fluß, unseren Winterstand. Ich habe gesprochen!«
Einzahn, der viele Jahre sah, sprach: »Erhabener! Ich weiß keinen anderen Rat! Wir wollen weit fortziehen, jedoch nicht auf dem alten Wege, sondern mehr nach dem Abend hin! Ich habe gesprochen!«
Nun kam die Reihe an Trampelmann, den Riesen. Trampelmann schnaufte zornig und rollte den Rüssel. »Die Götter sollen die Verfluchten verderben!« trompetete der Recke. »Wer sich nicht selbst hilft, dem helfen auch die Götter nicht. Darum ist mein Rat, hierzubleiben und die Zweibeine aufzuspüren und anzugreifen. Reißt die Bäume aus, auf die sie sich flüchten! Werft die Verruchten gegen den Himmel! Zertretet sie!« Trampelmanns kleine Augen funkelten zornig.
Die Rede gefiel einigen der Jüngeren. Aber die Alten schüttelten die Köpfe und lehnten den unklugen Rat ab.
»Du bist mutig und stark, o herrlicher Sohn der Götter«, sprach Baumbrecher. »Aber was nützet der Mut ohne die Vorsicht? Glaubst du, o Trampelmann, daß sich die Verruchten fangen lassen? Glaubst du, daß sie dumm und stumpfsinnig sind wie Nashörner? Sie haben den bösen Sinn des Tigers, die Naschsucht des Lippenbären, die Ausdauer des Hirsches und die Gewandtheit des Hulman! Sie haben aber noch etwas dazu: die Niedertracht der Krokodile und die Schlauheit der Wölfe und Füchse. Vergiß das nicht!«
Stampfefuß schloß sich der Meinung des Sultans an, Bürstenwedel enthielt sich der Stimme. Da sprach Baumbrecher: »Holet mir den Alten, den Stumpfzahn!«
Langsam schob sich der schlotterige, ungeheuer hohe Körper Pudmis in den Kreis. Pudmi rollte untertänig den Rüssel, streckte ihn grüßend aus und sprach: »Erhabener Göttersohn, o Baumbrecher! Kluge, gewaltige, erfahrene und mächtige Brüder! Erfahrene Schwester! Ich habe eueren weisen und guten Rat vernommen! Auch Trampelmanns Rat ist gut, doch eben nicht durchführbar. Aber verzeihet mir, dem Alten – auch eueren Rat halte ich nicht für geschickt! Ich fürchte, daß uns die Zweibeine gerade dahin haben wollen, wohin ihr ziehen wollt! Ich erinnere mich aus alter Zeit: damals wollten sie uns auch ins Dschungel da unten haben, in den Coowald und Eisenholzwald! Dort aber gab es Pfähle und Balken, und ein Kreis war da, in den wir alle gehen mußten. Und dann waren wir gefangen – alle, alle! Sie werden uns folgen auf unseren Fährten. Glaubet ihr denn, unser Pfad sei zu verbergen? Ich rate, wie Trampelmann sprach: wir bleiben in den Hügeln, ja – wir gehen noch weiter in die Berge und dann auf der anderen Seite hinab! Wir wechseln täglich den Standort, sind heute hier, morgen da und bleiben nirgends lange. Am besten aber wäre es, wir teilten die Herde für einige Zeit in drei, vier Abteilungen: eine mit dir, o Herrlichster, als Führer, die zweite mit Einzahn, die dritte mit Trampelmann und die vierte mit Bürstenwedel. Dann haben die Zweibeine keinen Rat: welcher Herde sollen sie folgen?«
»Du sprachst wie ein Narr, Bruder!« trompetete Baumbrecher zornig. In seinen Augen blitzte es – er war eifersüchtig und mißtrauisch und fühlte sich in seiner Sultanswürde gekränkt. »Du bist alt geworden, viel zu alt, du hast die Gedanken feiger Weiber und törichter Knaben! Denkst du etwa – ich werde etwas von Macht und Würde abgeben? Damit die Führer sich zu kleinen Sultanen machen? Soll ich zufrieden sein mit einer Herde von zehn, von zwölf meiner Leute? Und du? Willst du wieder allein herumziehen? Antworte!«
»Es liegt mir fern, solches zu wünschen, o Erhabener! Ich riet gut nach meiner Meinung. Doch es liegt an dir und am Rat, mich zu hören oder nicht. Tut denn, was euch recht dünkt. Doch schmähet mich nicht, wenn das Unglück kommt! Ich sprach genug!«
»Allerdings – schon zuviel, o Weisester der Narren«, sagte Baumbrecher ärgerlich. »Auf! Folget uns! Wir ziehen zu Tal!«
Die Elefanten gruppierten sich. Am Schluß ging Pudmi allein, wachsam und mißtrauisch. Er kannte die Menschen ...
Er hörte sie flüstern, er sah sie huschen. Er roch ihren Dunst, er hörte das Knistern ihrer Schritte ... Und er fürchtete sich.
*
Mali und sein Vater folgten der Herde. Sie glitten von Stamm zu Stamm, sie ließen die Elefanten nicht aus Augen und Gehör. Sie vernahmen das dumpfe Poltern ihrer Bäuche, das Schnauben der Rüssel, das Brummen, sie sahen die grauen Leiber, sie rochen sie. Und wenn die Elefanten eine Pause im Marsch machten, saßen sie auf hohem Baum und sahen den Riesen zu. Oft kamen sie in große Gefahr, denn die Elefanten brachen Bäume ab und rissen auch zweimal den Baum nieder, auf dem Mali und Ghautal saßen. Aber der Mann der Wildnis klettert wie ein Affe, und es gelang den Spähern, sich auf andere Bäume zu retten. Einmal aber war es Pudmi, der den Baum, auf dem Ghautal hockte, brechen wollte. Da flüsterte Ghautal ihm sanfte Worte zu: »Erhabener, Liebling der Götter, o Pudmi! Schone den Baum, breche ihn nicht, denn dieser Baum ist heilig!« Da öffnete Pudmi die Ohren und horchte gespannt. Er stand starr, wie angewurzelt. Plötzlich aber trompetete er schrill und floh. Und krachend folgte ihm die Herde.
*
Die Späher hatten die Elefanten unmerklich mitten in ein dichtes Baumdschungel gedrückt. Ringsum waren Feuer entzündet, und Lärm schallte Tag und Nacht. Aus Bambus und Bäumen wurde ein Zaun gemacht, ringförmig stand er im Dschungel. Am Zaun aber flammten die Wachtfeuer, und Hunderte von Menschen standen bereit, um die Elefanten zurückzuscheuchen, wenn sie durchbrechen wollten. Viele Menschenelefanten waren rings um den Zaun ausgestellt und halfen den Fängern. Auf ihren Nacken aber hockten die Mahouts. Eines Tages fand Spritznase die eine Seite des Zaunes offen. Sie ging aus der Umzäunung und sah, daß zu beiden Seiten die Welt versperrt war: ein mächtiger Zaun stand rechts und links. Zögernd ging Spritznase weiter, Baumbrecher folgte, und die Herde drängte nach.
Plötzlich erschienen hinter der Herde unzählige Menschen! Schüsse knallten, Gongs heulten, Klingeln bellten, Tamtams brüllten, aus Hunderten von Menschenkehlen gellte wildes Jagdgeschrei!
Die Elefanten erschraken! Als aber Raketen knatternd gen Himmel fuhren, Brände aufflammten und Schwärmer zischten, rasten sie vor und – fanden vorn den Weg geschlossen. ...
Die Führerelefanten kehrten um. Da senkte sich knirschend und krachend eine mächtige Baumwand: die Herde war in der Khedda gefangen! Baumbrecher tobte, Trampelmann raste, Spritznase rannte mit der Stirn gegen die Balken! Ringsum aber waren Menschen, unzählige Menschen und scheuchten die Gefangenen mit Stangen, Bränden, Gongs und Speeren zurück!
Es war ein furchtbares Trampeln, Brüllen, Trompeten, Schnauben in der Keddha, Menschen schrien, als ginge die Welt unter. Baumbrecher und Spritznase suchten die Wände einzurennen. Sie stemmten sich mit der Stirn gegen die festen Balken, sie kehrten sich um, als man sie mit Speeren am Rüssel verwundete, sie brachten die Umzäunung mit dem Hinterteil ins Wanken!
»So leid es mir tut,« meinte Sir Charles zu Mr. Savi, dem Führer der Fangleute, »so leid es mir tut – wir müssen die beiden Elefanten erschießen, den Hauptbullen mit den langen Stoßzähnen und die alte Kuh! Sie werden den ganzen Kraal zertrümmern, wenn sie so weiter toben!«
Und Sir Francis nahm die schwere Büchse und schoß Baumbrecher durchs Ohr in den Kopf, und Spritznase auch. Die massigen Leiber sanken in sich zusammen und lagen still. Nur ein gurgelndes Stöhnen noch, ein Röcheln. ... Blutdampf war im Kraal, Staub wirbelte auf.
Allmählich wurden die Elefanten ruhiger, sie waren matt geworden. Auch Trampelmanns Erregung legte sich, Bürstenwedel stand müde in einer Ecke, und der mächtige Einzahn war bei Stampfefuß in der Mitte eingekeilt und konnte sich nicht rühren. Er trompetete kläglich und zornig.
Neben den beiden Hauptelefanten standen Palmenreiße und Radha. Sie rührten sich kaum mehr. Sie hörten das Flötenkonzert der Hindus stumpf an, sie hörten Lachen und Schreien, sie rochen Rauch und Menschendunst und fürchteten sich. Die Nacht fiel, Feuer brannten und beleuchteten die grauen Rücken der Riesen im Kraal. Kein Vogel war zu hören, kein Affengeschwätz. Nur das Sprechen der Menschen, der schrecklichen Menschen. ...
*
Als die Herde in den Einlauf der Keddha ging, gedrängt von vielen Menschen, geschoben, gescheucht, riß sich ein alter, zahnloser Elefant los aus dem Knäuel: Pudmi, der Tusker, der Rogue ...
Er stemmte sich gegen die Leiber der anderen, er trompetete schrill, warf den Rüssel hoch und stürmte gegen Feuer und Raketen vor. »Mir nach!« hieß sein Rüsselruf, »mir nach, zurück, wem die Freiheit lieb ist!« Aber die Herde preßte sich vor, Baumbrecher nach, verängstigt ... »Mir nach, mir!« Schon krachte der Altelefant hinter den Treibern durch, ins dichte Buschwerk hinein, warf einen Mann wirbelnd in die Luft, brach knatternd durch den Bambuszaun, raste ins Dschungel! Frei, frei!
Bis tief in die Nacht hinein rannte der Rogue durch die Wildnis, rannte durch den Strom, kam ins Sumpfland und stürmte weiter, weiter, den Hügeln zu – der Heimat! Als der Mond im Zenit stand und fahl durch die Wolken geisterte, stand Pudmi in den Hügeln und verschnaufte. Er war frei! Aber viel Kummer war in seiner Seele, viel Gram.
»Ihr Götter der Wälder, ihr großen Götter der Berge und Hügel! Helft mir, Rache zu nehmen! Rache an den Verruchten, den Falschen, den Tückischen, die ein Nachtgott zuleide der Tiere schuf, ähnlich den Affen an Gestalt, ähnlich dem Tiger an Raubsucht! Rache an denen, die stinken wie Raubtiere und schnattern wie Hulmans und Makaken!« Wütend riß Pudmi einen Baum aus der Erde und schleuderte ihn über sein Haupt. – Und er zog langsam in das Elefantengras des Tales. –
*
Der Morgen kam rot. Große, graue Leiber schwankten heran, drängten sich durch das geöffnete Tor der Keddha, mischten sich unter die Herde. Menschenelefanten, auf deren Nacken Leute hockten, Leute mit Stöcken. Sie rangen mit den Gefangenen, sie drängten sie, streichelten sie beruhigend, sie brummten und gurgelten freundlich. Ihre Führer aber stachen mit spitzen Speeren nach den Rüsseln der Wilden, wenn sie gefährlich tobten. Es war ein schreckliches Stöhnen, Brüllen, Trampeln und Trompeten im engen Raum.
Einzahn und Trampelmann wurden zuerst zwischen mächtige Arbeitselefanten eingekeilt, dann auch Bürstenwedel und der riesige Stampfefuß. Die Arbeitselefanten waren stärker als die Bullen, geübt und wohl ausgeruht. Sie versuchten's mit Güte, sie wandten Gewalt an. Eingekeilt waren die schweren Bullen. Leute glitten hinter sie, tollkühne Männer, schlangen ihnen Seile um die Hinterfüße, banden sie. Die Enden der Juteseile wurden durch die Zaunbalken gesteckt, an Bäumen verknotet. Dann kamen Männer und warfen Schlingen über die Köpfe der Gefangenen. Die suchten die Stricke mit den Rüsseln abzustreifen, aber es half nichts: die Schlingen wurden befestigt, und die zahmen Elefanten keilten die wilden ein. Dann wurden nacheinander die jungen Bullen und die Kühe gefesselt, und die Arbeitselefanten beruhigten sie durch sanftes Zureden und Streicheln. Allmählich wurden, eingezwängt zwischen zahme Tiere, die Gefangenen aus der Keddha geführt und draußen angebunden. Das machten die Tusker der Menschen: sie schlangen die Seile um Bäume und zogen sie an, und die Männer brauchten sie nur zu verknoten. Die starken, wilden Bullen wurden besonders gefesselt und zwischen je zwei starke Bäume gestellt. Mehrere Mütter mit kleinen Jungen wurden der Freiheit zurückgegeben. Sie trennten sich nur zögernd von der gefangenen Herde und gingen erst nach einiger Zeit ins Dschungel zurück, in die Freiheit. –
Als Palmenreiße gefesselt war, sollte auch Radha gebunden werden. Zwei Männer näherten sich ihm, das waren Toomai und Sudu. Doch Radha rannte sie beide zu Boden, lief fort und trompetete kläglich. Dann aber kehrte er zur Mutter zurück. ...
Mächtige Lastelefanten schoben die wilden zwischen sich. Langsam führten sie sie fort – der Gefangenschaft zu. Bananenbündel wurden ihnen von den zahmen Tuskern vorgelegt – wütend verschmähten sie die Nahrung. Nur einige Jungelefanten fraßen ein wenig.
Hunderte von Menschen hieben durch Bambus und Wald eine Bahn. Und die Tusker der Menschen führten ihre Gefangenen hinaus aus dem Dschungel. Die alten Bullen mußten mehrere Wochen zwischen Bäumen bleiben, bis sie ruhig waren und gefügig. Am längsten blieb Einzahn im Walde. Vier Tusker bewältigten ihn. Radha trottete neben seiner Mutter her. Er gewöhnte sich schnell an die Menschen und fand ihre Bananen sehr süß ... Den Leib Baumbrechers und der toten Spritznase zerstückelten die Menschen im Walde. Radha sah davon nichts. –
*
Es ging zum Fluß, zu Bad und Tränke, es gab Reis und Bananen. Und am dritten Tage nahmen die Elefanten die Nahrung. Nur Einzahn verschmähte das Futter. Er starb auf dem Wege zur Küste ...
»Mail, mail!« riefen die Leute wieder, »somalo, mail!« Und die großen Arbeitselefanten stießen die Gefangenen vorwärts. »Arre, arre, mail!« rief auch Mali, der neben Palmenreiße auf einem großen Tusker saß, »jai, hai, arre, arre, mail!« schrie Ghautal, der Trampelmann führte, eingezwängt zwischen eine große, zahme Kuh und Kara-Nagh, den größten der Tusker.
Das Meer rauschte. Die Herde war am Ziel. Sie ergab sich in ihr Schicksal ...
Und mancher der Älteren erinnerte sich der Erzählung Pudmis, des Rogue, der Erzählung von Menschen und Gefangenschaft. ... Aber nur wenige bedauerten ihr Los: die Menschen waren freundlich und brachten gutes Futter, die Tusker halfen und waren sanft. So wurde selbst Trampelmann still, und auch Bürstenwedel und Stampfefuß gewöhnten sich an das Unvermeidliche. Bald aber kamen viele Leute von weit her. Sie sprachen und fuchtelten mit den Händen, sie schrieen und feilschten. Und die Herde ward getrennt; in kleinen Gruppen, einzeln folgten die Elefanten ihren neuen Herren. Am Platz blieben nur wenige: Trampelmann und Palmenreiße, Radha und Bürstenwedel und noch vier junge Elefanten. Sie blieben Sir Charles' Eigentum. –
Mali zähmte Palmenreiße und Radha, Ghautals Tusker ward Trampelmann. Alle Arbeitselefanten aber standen unter Aufsicht und Befehl des größten der Tusker, des mächtigen Kara-Nagh, des »Hauptmanns« und »Nummer eins« der Gruppe am Meer. Kara-Nagh hatte keinen Mahout. Er wußte gut selbst, was zu tun war. – Und er leitete die Arbeit.
Das Leben ist Arbeit, das Spiel ist Mühe, die Arbeit ist Spiel. Denn der Elefant ist stark und geduldig.