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Die nächsten sechs Monate blieb Smith in London, zunächst mit der dritten Ausgabe der Theorie der moralischen Empfindungen beschäftigt, und zugleich Hume in Briefen zur Fortsetzung seiner englischen Geschichte aufmunternd. Die neue Auflage wurde bei Strahan gedruckt, der damals noch Millars Kompagnon und später Chef der Firma war. Aus einem Schreiben Smiths an Strahan ersehen wir, daß auch auf dem Titel dieser Ausgabe, der, wie der zweiten, die Abhandlung über den Ursprung der Sprachen beigegeben wurde, nur »Adam Smith«, ohne irgend welches Anhängsel davor oder dahinter, gesetzt werden sollte. Er besuchte fleißig das Britische Museum, um Stoff für sein größeres Werk zu sammeln, und studierte besonders eifrig die Verwaltung der Kolonien, die damals, wo der Abfall der amerikanischen drohte, die brennendsten Fragen lieferten. Am 12. Februar 1767 berichtet er dem Staatssekretär Lord Shelburne, was er über die Verfassung und Verwaltung der römischen Kolonien ermittelt hat, und empfiehlt ihm zugleich den aus Ostindien zurückgekehrten Alexander Dalrymple, der später zum Hydrographen der Admiralität und der Ostindischen Kompagnie ernannt wurde, damals aber ein Schiff zur Erforschung der Südsee verlangte. Smiths Anfälle von Geistesabwesenheit hatten sich auf der Reise, wo er überhaupt mehr weltmännische Manieren angenommen hatte, vermindert, doch wird auch aus der Londoner Zeit ein Fall berichtet. Beim Frühstück einmal, erzählt ein Herr Damer, nahm er ein Butterbrot, rollte es zusammen, warf es in den Teekessel, goß das heiße Wasser darauf und murrte dann beim Trinken, so schlechter Tee sei ihm noch nicht vorgekommen. Ja, sagte der Besucher, Sie haben eben statt des Tees Butterbrot hineingetan.
Im Sommer kehrte Smith zu seiner Mutter, die wieder nach Kirkcaldy gezogen war, zurück und schrieb an seinen Dioskuren Hume, der nun gerade wieder als Unterstaatssekretär, in London wohnte, er habe sich nie so glücklich gefühlt wie jetzt bei seinen ungestörten Studien; seine Erholung seien lange Spaziergänge. Er empfiehlt ihm einen Grafen Sarsfield, der irischer Abstammung war und zum Kreise Turgots gehörte. Der Schluß des Briefes lautet: »Was ist aus Rousseau geworden? Hat er Britannien wieder verlassen, weil es ihm nicht gelungen ist, in dem Grade verfolgt zu werden, wie er es wünscht? Was hat der Zwist zwischen dem Ministerium und der Ostindischen Kompagnie zu bedeuten? Daß deren Privileg, wie es scheint, nicht verlängert werden soll, ist gut.« Am 13. September empfiehlt er einen Vetter an Hume von Dalkeith House aus, wo er sich aufhält, um dem jungen Paare – der Herzog hat mittlerweile geheiratet – bei der Einrichtung behilflich zu sein. Er ist entzückt von der Liebenswürdigkeit der Herzogin. Ein unberühmter Namensvetter des großen Carlyle, ein Dr. Carlyle, der bei jeder Gelegenheit an Smith etwas auszusetzen findet, bedauerte, daß man bei dem für die Honoratioren der Nachbarschaft gegebenen Feste keinen geschickteren Arrangeur gehabt habe als den täppischen Smith; das Fest sei steif und kalt verlaufen, weil das junge Paar allen Gästen unbekannt war (der Herzog hatte nie in Dalkeith gelebt) und Smith nicht geeignet gewesen sei, die Annäherung zu erleichtern. Jedenfalls ist es interessant, zu erfahren, daß unserem vielseitigen Professor auch einmal zugemutet worden ist, in einem herzoglichen Schlosse den Wirt und den Zeremoniar zu spielen. Smith hat von da ab oft wochenlang in Dalkeith House gewohnt. Einmal passierte es ihm dort, daß er den augenblicklich leitenden Staatsmann einer vernichtenden Kritik unterwarf, bis ihn ein freundschaftlicher Rippenstoß daran erinnerte, daß der nächste Verwandte dieses Staatsmannes ihm gerade gegenüber saß. Smith kam zwar zu sich, murmelte aber in seinem schottischen Dialekt: »Zum Teufel, 's ist doch mal wahr!« Sollte er nicht ein wenig Schalk gewesen sein und die Geistesabwesenheit manchmal nur geheuchelt haben? Allerdings ist seine Schwäche auch gewöhnlichen Leuten aufgefallen; ein Gärtner, an den er ungereimte Fragen stellte, wunderte sich, daß dieser Mann gelehrte Bücher habe schreiben können.
Aus einer Korrespondenz Smiths mit dem Anwalt des Herzogs erfahren wir, daß er das Familienarchiv der Buccleughs, wohl zu praktischen Zwecken im Interesse seines jungen Freundes, durchstöbert hat, und mit Lord Hailes, der ein tüchtiger Jurist war, korrespondiert er über die Gesetze Jakobs I. und über die Douglas-Affäre. Zum ersten Gegenstand schreibt er in dem Briefe vom 5. März 1769 u. a.: »Euer Lordschaft Bemerkungen werden mir mehr nützen als die meinigen Ihnen. Ich habe die juristische Literatur nur in der Absicht studiert, einen allgemeinen Begriff davon zu bekommen, nach welchen Grundsätzen die Rechtspflege in verschiedenen Zeitaltern und bei verschiedenen Nationen ausgeübt worden ist, mich aber sehr wenig in die Details eingelassen, in denen, wie ich sehe, Euer Lordschaft Meister ist. Die einzelnen Tatsachen, die Sie anführen, werden viel dazu beitragen, meine allgemeinen Begriffe zu berichtigen, diese dagegen sind, fürchte ich, zu unbestimmt und oberflächlich, als daß sie Euer Lordschaft einen wesentlichen Nutzen gewähren könnten.« Beim Douglasfall handelte es sich um folgendes. Des kinderlos verstorbenen letzten Herzogs Douglas Schwester hatte, 50 Jahre alt, auf der Reise eine heimliche Ehe mit Sir John Stewart of Grandtully geschlossen. Ihr Sohn Douglas war der gesetzliche Erbe, vorausgesetzt, daß er wirklich ihr Sohn war; aber die Agnaten – der Nächstberechtigte hieß Hamilton – behaupteten, er sei der untergeschobene Sohn eines armen Franzosenweibes. Der Fall wurde leidenschaftlich erörtert; jedermann in Schottland war entweder ein Douglas oder ein Hamilton, und die große Mehrheit schwärmte für den jungen Douglas. Smith und Hume, im Politischen Gegner, stimmten in dieser öffentlichen Angelegenheit überein: beide waren von der Unterschiebung überzeugt. In dem Briefe nun spricht Smith seine Entrüstung darüber aus, daß die beiden Lord-Richter des höchsten Gerichtshofes, der sentimentalen Stimmung des Publikums nachgebend, für Douglas entschieden hätten. »Der eine ist immer der Gunst des Pöbels nachgelaufen, und der andere ist zwar bedeutend intelligenter, hat aber zeitlebens nichts so sehr gefürchtet, als den Haß des großen Haufens, und diesem ist er trotzdem nicht entgangen.« Dieser zweite Lord war, weil er anfangs auf der Gegenseite stand, auf dem Wege zum Gerichtshofe beschimpft und in seinem eigenen Hause bedroht worden. Smith mußte zu seinem Ärger die Freudenfeuer sehen, mit denen des jungen Douglas Sieg gefeiert wurde.
Damals wohnte Hume wieder in Edinburgh. Am 20. August 1769 schrieb er: »Lieber Smith, es freut mich, Sie jetzt wieder in Sehweite zu haben; von meinem Fenster hat man die Aussicht auf Kirkcaldy. Aber ich möchte Sie gern auch in Sprechweite haben und zu diesem Zweck etwas mit Ihnen vereinbaren. Mich nimmt nun die Seekrankheit scheußlich mit, und ich kann den Golf, der zwischen uns liegt, nicht ohne Schauder und eine Anwandlung von Wasserscheu sehen. Zudem bin ich reisemüde. Ich schlage Ihnen deshalb vor, hierher zu kommen und einige Tage mit mir in meiner Einsamkeit zu verleben. Ich muß wissen, was Sie treiben, und werde strenge Rechenschaft darüber fordern, wie Sie Ihre Zeit angewandt haben. Ich weiß gewiß, daß Sie mit vielen Ihrer Spekulationen daneben schießen, besonders in solchen Fällen, wo Sie das Unglück haben, anderer Meinung zu sein als ich. Das sind gewichtige Gründe für eine Zusammenkunft! Machen Sie also einen Vorschlag. Wenn es auf der Insel Inchkeith ein Wohngebäude gäbe, würde ich vorschlagen, daß wir uns dort treffen und nicht eher fortgehen, als bis wir uns in allen strittigen Punkten geeinigt haben.« Ob es damals zu einem Besuch gekommen ist, wissen wir nicht. Am 6. Februar 1770 schreibt Hume: »Was soll das heißen, daß Sie nach London gehen wollen, ohne mir auf der Durchreise ein paar Tage zu schenken? Und wie können Sie daran denken, für dieses verfluchte Narrenvolk ein mit Vernunft und nützlichem Wissensstoff angefülltes Buch zu veröffentlichen?« Smith scheint mit seinem Werke so weit fertig gewesen zu sein, daß es allenfalls hätte gedruckt werden können, aber er schob die Veröffentlichung auf, weil ihm immerfort noch Stoff zufloß für Verbesserungen und Zusätze. Im Juni 1770 war er in Edinburgh und wurde durch das Bürgerrecht dieser Stadt ausgezeichnet. Wahrscheinlich hatte er diese Ehre seinem Verhältnis zum Herzoge von Buccleugh zu verdanken, denn dieser, dessen Schwiegervater, der Herzog von Montagu, und ein kirchlicher Würdenträger, der Buccleughs Tutor in Eton gewesen war, empfingen gleichzeitig mit ihm das Bürgerdiplom. Aus einem Briefe Humes vom 28. Januar 1772 erfahren wir, daß die Erkrankung von Humes Schwester den Plan einer Zusammenkunft an Weihnachten vereitelt hatte. Hume bittet Smith, den Besuch nachholen zu wollen, sobald die Schwester vollkommen wieder hergestellt sein wird, und fährt fort: »Wenn Sie sich dann etwa mit Ihrem eigenen Gesundheitszustande entschuldigen wollen, so werde ich diese Entschuldigung nicht annehmen; das sind bloß Vorwände, mit denen Sie Ihre Trägheit und Ihre Liebe zur Einsamkeit bemänteln. Wirklich, lieber Smith, wenn Sie solchen Neigungen nachgeben, werden Sie sich von der menschlichen Gesellschaft ganz ausschließen – zum großen Schaden für beide Teile.«
Schlechte Gesundheit war jedoch kein bloßer Vorwand. Am 5. September desselben Jahres schreibt Smith an Pulteney, sein Buch würde vor dem Winter fertig geworden sein, wenn nicht teils Kränklichkeit, die vom anhaltenden Nachdenken immer über denselben Gegenstand komme, teils die Sorge für Freunde, von denen er die Wirkung des allgemeinen Unglücks abzuwehren suche, ihn aufgehalten hätten. Das Unglück war ein Bankkrach infolge einer Handelskrise, und mit den Freunden sind ohne Zweifel hauptsächlich die Buccleughs gemeint, denn der Herzog war mit sechzehn Millionen Mark an einer Bankgründung beteiligt. Im selben Briefe dankt Smith Pulteney dafür, daß er ihn den Direktoren der Ostindischen Kompagnie empfohlen habe als einen Mann, der ihnen nützen könnte. Wahrscheinlich hat Pulteney vorgeschlagen, ihn zu einem Mitglieds der Kommission zu ernennen, die damals zu dem Zwecke eingesetzt werden sollte, die Kompagnie von ihrem lebensgefährlichen Defizit zu kurieren; sie sollte aus drei Männern bestehen, an Ort und Stelle, also in Indien, die Lage untersuchen und die weitere Geschäftsführung überwachen. Das Parlament hat jedoch die Einsetzung dieser Kommission nicht gestattet. Nach Rae irrt Rogers, wenn er (nicht in der Vorrede zu seiner Ausgabe des Wealth) äußert: diese Verhandlungen hätten den vierjährigen Aufschub der Veröffentlichung verschuldet, und falls Smith ernannt worden wäre, würde das Buch, in dem die Kompagnie scharf kritisiert werde, überhaupt nicht erschienen sein. Den Aufschub haben die Verbesserungen und Zusätze verschuldet, zu denen sich Smith veranlaßt sah, das Manuskript hat nicht, wie Rogers glaubt, vier Jahre lang unverändert in Smiths Pulte gelegen, der Kommissionsplan scheiterte noch vor Ablauf des Jahres 1772, in der ersten Auflage endlich stehen nur ein paar scharfe Bemerkungen über die Kompagnie, die leicht weggelassen werden konnten; die ausführliche Kritik des Instituts ist erst den späteren Ausgaben eingefügt worden.
Am 23. November 1772 schreibt Hume: »… Kommen Sie um Weihnachten hierher; erholen Sie sich ein paar Wochen; kehren Sie dann nach Kirkcaldy zurück, beenden Sie Ihr Werk vorm Herbst, gehen Sie nach London, besorgen Sie den Druck, und lassen Sie sich dann in unserer Stadt nieder, die Ihren Neigungen und Bedürfnissen noch besser entsprechen würde als selbst London.« Dieses Programm ist genauer befolgt worden, als die beiden Freunde damals ahnen konnten. Um dieselbe Zeit wurde Smith eine zweite Hofmeisterstelle angetragen: er sollte den jungen Herzog von Hamilton, den Prozeßgegner des kleinen Douglas, auf Reisen begleiten; die Verhandlungen zerschlugen sich jedoch. In Kirkcaldy hat Smith damals mancherlei Anlaß zu Anekdoten gegeben. Eines Morgens, heißt es u. a., ging er im Schlafrock in den Garten, geriet ins Freie, lief in Gedanken immer weiter und kam erst zu sich, als er Glockengeläut hörte; da fand er denn, daß er nach Dunfermline fünfzehn (englische) Meilen von Hause, geraten war, wo die Leute eben in die Kirche gingen. In seinem Arbeitszimmer zeigte man nach seinem Tode in der Nähe des Kamins einen Fettfleck auf der Wand, der dadurch entstanden war, daß er sich mit dem pomadisierten Haupte an die Wand lehnte, wenn er seinem Sekretär diktierte. Seine von Hume öfter gerügte Faulheit im Briefschreiben hing damit zusammen, daß ihm das Schreiben schwer fiel, und daß er gewohnt war, zu diktieren, was bei Briefen bedenklich ist. Smiths Garten erstreckte sich bis an den Strand; das Haus ist 1844 niedergerissen worden, ohne daß man den Platz, auf dem es gestanden hat, für die Nachwelt kenntlich gemacht hätte.
Im Frühjahr 1763 reiste Smith mit seinem Manuskript nach London, über Edinburgh, wo er die folgende Urkunde in der Form eines Briefes an Hume aufsetzte.
»Mein teurer Freund! Da ich Ihnen die Obsorge für alle meine literarischen Papiere anvertraut habe, so muß ich Ihnen sagen, daß, abgesehen von denen, die ich mitnehme, nichts darunter ist, was der Veröffentlichung wert wäre, ausgenommen etwa eine Geschichte der Astronomie, die ein Fragment eines in jüngeren Jahren geplanten größeren Werkes ist. Ob dieses Fragment vielleicht veröffentlicht werden sollte, überlasse ich ganz Ihrem Urteil, obgleich ich jetzt vermute, daß es stellenweise mehr Spekulation als positives Wissen enthält. Dieses kleine Werk, einen dünnen Folioband, finden Sie in meinem Schreibpult in der Bücherstube. Die losen Blätter, die Sie teils in demselben Pult, teils hinter den Glastüren eines Bureaus in der Schlafstube finden werden, samt den achtzehn dünnen Foliobänden in demselben Glasschrank, sollen ohne Durchsicht vernichtet werden. Wenn mich nicht ein plötzlicher Tod überrascht, so werde ich [ohne Zweifel meint er, im Fall er vor der Drucklegung tödlich erkranken sollte] dafür sorgen, daß die Papiere, die ich bei mir führe, Ihnen in guter Verpackung übersendet werden. Ich bin allezeit, mein teurer Freund, getreulich der Ihre.
Edinburgh, 16. April 1773.
Adam Smith.«
Verschiedene Erwähnungen Smiths in den Korrespondenzen hervorragender Zeitgenossen beweisen, daß er reichlich drei Jahre ununterbrochen in London geblieben ist und u. a. mit dem Maler Sir Joshua Reynolds, dem Lexikographen Johnson, mit Burke und Gibbon verkehrt hat. Hier ergaben sich ihm nun so viele Anregungen zu weiteren Verbesserungen und Ergänzungen, daß der Druck von Jahr zu Jahr verschoben wurde; ganze Partien des Werkes sind erst in London entstanden. Ein Amerikaner, Watson, berichtet: »Dr. Franklin hat erzählt, daß der berühmte Adam Smith, der gerade an seinem Wealth of Nations arbeitete, Kapitel für Kapitel zu ihm und zu anderen Autoritäten gebracht, ihre Bemerkungen und Kritiken geduldig angehört, mit ihnen darüber diskutiert und dann manchmal ganze Kapitel umgeschrieben habe, mitunter in einem dem ursprünglichen entgegengesetzten Sinne.« Das mag zu stark ausgedrückt sei, bemerkt Rae, aber daß der beständige Verkehr mit Politikern, Nationalökonomen und Historikern bei der dreijährigen sorgfältigen Überarbeitung von Einfluß gewesen sein muß, läßt sich nicht bezweifeln. Besonders über die Kolonien wird er viel erfahren haben und, schreibt ein Biograph Franklins: »die amerikanischen Kolonien liefern den Tatsachenbeweis dafür, daß der Autor des Buches im wesentlichen das Richtige getroffen hat; ohne diesen Beweis würden viele seiner Behauptungen wenig mehr als Theorie sein.«
Die Arbeit hielt ihn auch damals nicht ab, die Geselligkeit zu pflegen; dazu gaben ihm besonders zwei Klubs Gelegenheit, in denen die Genies einander Gedankenblitze entlockten. Auf Garrick scheint Smith die Wirkung verfehlt zu haben, die beider Pariser Freundin erwartet hatte, denn er erklärte, was ja bei einem Schauspieler nicht Wunder nimmt, Smiths Äußerungen für Blech. Dagegen stellt ein anderes, heute vergessenes Klubmitglied (Dean Barnard) in einem Epigramm den großen Denker Smith mit Gibbon, dem Meister der schönen Darstellung, und dem redegewaltigen Burke zusammen. Wie Gibbon hörte auch Smith Dr. William Hunters Vorlesungen über Anatomie. Hunter, der über 500 Tierarten seziert und eine Sammlung von über 10 000 Präparaten hinterlassen hat (falls diese Angabe nicht auf einer Verwechselung Williams mit seinem Bruder John beruht) – Buckle feiert ihn als einen Harvey ebenbürtigen Physiologen – hatte keinen akademischen Grad, und seine Leistungen bestärkten Smith in seiner Abneigung gegen das Prüfungs- und Berechtigungswesen, die kräftig auszusprechen sich ihm gerade damals eine Gelegenheit darbot. Zwei kleinere schottische Hochschulen verkauften den medizinischen Doktortitel jedem, der ein Zeugnis von einem beliebigen praktischen Arzte vorlegte. Die schottischen Ärzte agitierten deshalb gegen die Kurpfuscher, »die kaum eine Arterie von einer Vene zu unterscheiden vermöchten«, und der Herzog von Buccleugh, den die medizinische Fakultät von Edinburgh zu ihrem Ehrenmitgliede ernannt hatte, erbot sich, der Regierung eine Denkschrift dieser Fakultät zu übermitteln, worin vorgeschlagen wurde, daß in Zukunft nur solche Personen berechtigt sein sollten, den Doktortitel zu führen, denen er auf Grund eines zweijährigen medizinischen Studiums an einer Universität und einer bestandenen Prüfung verliehen worden sei; könne man sich nicht sofort zu dieser Maßregel entschließen, so möge eine königliche Kommission die Sache untersuchen. Buccleugh sandte die Denkschrift zunächst an Smith und bat ihn, sich in einem Briefe an (den berühmten Pathologen) Dr. Cullen darüber zu äußern. In seinem langen Gutachten vom 20. September 1774 verwirft Smith beide Vorschläge der Fakultät. Die schottischen Universitäten seien die besten der Welt, und wenn sie auch noch der Verbesserung fähig seien, und Untersuchung durch eine königliche Kommission an sich das beste Mittel dazu sein würde, so bürge doch unter den gegenwärtigen Umständen nichts dafür, daß die geeigneten Männer in die Kommission gewählt würden. Das Monopol sodann, das man der Universität verleihen wolle, würde sich gleich allen Monopolen schädlich erweisen. Deswegen eben seien alle Universitäten in Verruf gekommen, weil sie durch ihre Privilegien reich an Studenten und an Geld, dadurch unabhängig von den Leistungen der Professoren, diese darum faul und dumm geworden seien. Und gerade deswegen seien die beiden vomehmsten schottischen Hochschulen weniger der Korruption verfallen, weil sie weniger Geld und weniger Privilegien besäßen, auch wenig Stipendien zu vergeben hätten, somit die Studenten nicht durch materielle Vorteile, sondern nur durch tüchtige wissenschaftliche Leistungen anziehen könnten. Der Doktortitel sei ganz bedeutungslos; kein verständiger Kranker wähle einen bestimmten Arzt dieses Titels wegen, sondern weil er Grund habe, den Mann für tüchtig in seiner Kunst zu halten. Der jetzige Lärm der Ärzte sei bloß ein Lärm der großen Quacksalber gegen die kleinen. Alle alten Weiber kurierten; warum lasse man die ungeschoren? Nur darum, weil sie keinen Bart haben? Wohl darum, weil sie sich nicht bezahlen lassen und den privilegierten Quacksalbern ihren Gewinn nicht kürzen. Der geforderte Studienzwang sei ein Lehrlingsgesetz für die Ärzte, das die Medizin schädigen würde, wie die alten Lehrlingsgesetze das Handwerk geschädigt hätten. Es würde nur dazu benutzt werden, talentvolle und tüchtige Menschen, die den vorgeschriebenen Lehrzwang nicht durchgemacht haben, an der Entfaltung ihrer Talente zu hindern und für schlechte Arbeit hohe Bezahlung zu erzwingen. Ein akademischer Grad könne höchstens für die Kenntnisse des Geprüften einige Gewähr leisten, auch für diese nur sehr unsichere, für seine Gewissenhaftigkeit aber und seine praktische Tüchtigkeit gar keine. Der Mißbrauch, den ein paar arme schottische Hochschulen mit dem Verkauf des Doktortitels treiben, sei harmlos im Vergleich mit den großen Übeln, welche die Durchführung des Berechtigungswesens zur Folge haben werde; wenn auch ein Quacksalber den Doktortitel kaufe, vergifte er nachher nicht mehr Menschen als vorher. – Welche Wirkung dieses Gutachten gehabt hat, weiß man nicht; die Bewegung ist bald darauf eingeschlafen.
Am 8. Februar 1776 erkundigte sich Hume, ob das Werk nicht endlich erscheinen werde, und berichtete über seinen schlechten Gesundheitszustand; er magere ab. »Der Herzog von Buccleugh,« fährt er fort, »sagt mir, daß Sie sich lebhaft für die Verhältnisse in Amerika interessieren. Meiner Ansicht nach ist die Sache gar nicht so ungeheuer wichtig. Sollte ich mich täuschen, so werden mich ja wohl Ihre mündliche Belehrung und Ihr Buch über meinen Irrtum aufklären. Schiffahrt und Handel dürften durch den bevorstehenden Verlust der Kolonien mehr leiden als unsere Manufakturen. Sollte infolge des Krieges London, dieser Schweinestall, in demselben Maße abnehmen wie ich gegenwärtig, dann um so besser.« Damals gab es noch keine Polizei, die sich des körperlichen und des moralischen Unrats angenommen hätte, der sich in der großen Residenzstadt ansammelte; Räuberbanden z. B. betrieben ihr Handwerk offen und beinahe ungestört. Am 9. März 1776 erschien endlich das 1759 verheißene und 1764 begonnene Werk über den Reichtum der Nationen in zwei kartonierten Quartbänden zum Preise von 36 Mark. Auf dem Titel nennt sich der Verfasser, abweichend von seiner bisherigen Gepflogenheit: Adam Smith, LL. D. und F. R. S. (Fellow der Royal Society), ehemaliger Professor der Moralphilosophie an der Universität Glasgow. Das Buch ging besser, als Strahan erwartet hatte, der mit Hume in der Befürchtung übereinstimmte, daß es nicht so gut gehen werde, wie Gibbons Geschichtswerk (dessen erster Band erschien gleichzeitig mit dem Wealth), weil seine Lektüre mehr Nachdenken erfordere als dieses. In sechs Monaten war die erste Auflage, von der man allerdings nicht weiß, wie stark sie gewesen ist, vergriffen. Am 13. November 1776 quittierte Smith über eine Teilzahlung von 6000 Mark. Rae vermutet, daß das ganze Honorar 10 000 Mark betragen haben werde; bei den späteren Auflagen wurde nach Smiths Vorschlag kein festes Honorar gezahlt, sondern der Reinertrag zwischen Autor und Verleger gleich geteilt. Hume, dem Smith natürlich ein Exemplar geschickt hatte, schrieb ihm am 1. April:
» Euge! Belle! Ich bin sehr zufrieden mit Ihrer Leistung, und die Lektüre hat mich aus großer Angst erlöst. Sie selbst, Ihre Freunde, das Publikum, alle hatten so große Erwartungen gehegt, daß ich zitterte; aber nun fühle ich mich beruhigt. Freilich fürchte ich, daß es im Anfange nicht populär werden wird, weil die Lektüre mehr Anstrengung erfordert, als das Publikum auf ein Buch zu verwenden geneigt ist, aber es ist tief, gehaltvoll und scharfsinnig und enthält so viele merkwürdige Tatsachen, daß es mit der Zeit allgemeine Aufmerksamkeit erregen muß. Ihr Aufenthalt in London hat wahrscheinlich viel zu seiner Verbesserung beigetragen. Wenn Sie hier an meinem Kamin säßen, würde ich über einige Ihrer Ansichten mit Ihnen disputieren. Ich kann nicht glauben, daß die Landrente den Preis der landwirtschaftlichen Produkte beeinflußt; dieser wird ganz allein durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Daß der König von Frankreich acht Prozent Schlagschatz nehmen soll, scheint mir unmöglich. Niemand würde ihm in diesem Falle Metall in die Münze liefern; jedermann würde seine Barren nach England oder nach Holland schicken, von wo er sie ausgemünzt mit zwei Prozent Unkosten – Schlagschatz und Transportkosten zusammengerechnet – zurückbekäme. Demgemäß sagt auch Necker, der König nehme nur zwei Prozent. Aber dieser Punkt und hundert andere Sachen kann man nur mündlich diskutieren. Hoffentlich geschieht das bald, denn mein elender Gesundheitszustand verträgt keinen langen Aufschub. Wahrscheinlich verkehren Sie mit Herrn Gibbon. Mir gefällt sein Werk außerordentlich, und ich habe ihm geschrieben, daß, wenn ich nicht persönlich mit ihm bekannt wäre, ich es nimmermehr für möglich gehalten haben würde, daß ein Engländer ein so ausgezeichnetes Werk verfassen könne. Es ist kläglich zu sehen, wie tief diese Nation literarisch gesunken ist. Hoffentlich nimmt er diese Bemerkung nicht übel.«
Unter demselben Datum schreibt Gibbon an Ferguson: »Was ist das doch für ein ausgezeichnetes Werk, mit dem unser gemeinsamer Freund Adam Smith das Publikum bereichert hat! Ausgebreitetes Wissen, in ein einziges Buch zusammengedrängt, und tiefe Ideen in verständlicher Sprache dargelegt!« In späterer Zeit hat Buckle – stark übertreibend – erklärt, es sei das wichtigste aller Bücher und habe mehr zum Glück der Menschheit beigetragen, als die Arbeit aller bekannten Staatsmänner und Gesetzgeber zusammengenommen. Im Unterhause wurde es zum ersten Male erst 1783 zitiert, und zwar von Fox, einem entschiedenen Gegner der Grundsätze Smiths. Der vierte von denen, die es im Parlament angeführt haben, war Pitt. Er sprach am 17. Februar 1792 von der Kapitalvermehrung, die bei jedem Kulturvolke von selbst vor sich gehe, wenn sie weder durch Unglücksfälle noch durch verkehrte Gesetze gehemmt werde, und fuhr dann fort: »So einfach und selbstverständlich diese Wahrheit ist, und obgleich man sie gewiß schon in den ältesten Zeiten bemerkt hat, ist sie doch erst von einem Autor unserer Zeit vollständig entwickelt und hinreichend erklärt worden, der leider nicht mehr lebt – ich meine den Verfasser des berühmten Werkes über den Reichtum der Nationen – dessen ausgebreitete Detailkenntnis und philosophische Tiefe meiner Ansicht nach für jede mit dem Handel und der Volkswirtschaft verknüpfte Aufgabe die beste Lösung darbieten.« Im Hause der Lords erwähnte es der Marquis of Lansdowne, der frühere Earl of Shelburne, 1793, indem er sagte, die »französischen Prinzipien« stammten eigentlich aus England, und Smith sowie Dugald Stewart unter ihren Vertretern nannte. Der Lord-Kanzler Loughborough (früher Alexander Wedderburn) fand es nötig, berichtigend zu bemerken, daß Adam Smith und seine schottischen Gesinnungsgenossen nichts gelehrt hätten, was die Staatsordnung, die Religion und die Moral zu untergraben geeignet sei, und daß man darum die französischen Verirrungen nicht auf englische Grundsätze zurückführen dürfe. Dugald Stewart, der am 21. Januar und am 18. März desselben Jahres seinen Nachruf auf Smith vor der Royal Society of Edinburgh gelesen hat, bekannte 1810, er habe davon Abstand nehmen müssen, Smiths Ansichten ausführlich darzulegen, weil damals selbst wissenschaftlich gebildete Männer, erschreckt durch die französische Revolution, schon die Lehre der liberalen Ökonomisten für revolutionär und staatsgefährlich gehalten hätten. Als Dugald Stewart für den Winter 1801-02 Vorlesungen über politische Ökonomie ankündigte, freuten sich seine Gegner, weil sie hofften, das gefährliche Thema werde ihn in Fallstricke verwickeln. Doch tat diese Ungunst der Zeiten dem Absatz des Wealth keinen Eintrag. Wie in dem Dezennium 1776-1786, so erschienen auch im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts vier Auflagen. Von abfälligen Urteilen ist nur eins bekannt. Sir John Pringle, ebenfalls Moralprofessor und damals Präsident der Royal Society, äußerte: wenn ein Moralprofessor über den Handel schreibe, so sei das gerade so, wie wenn ein Jurist ein Lehrbuch der Physik herausgeben wollte. Johnson hat diese aprioristische Kritik mit den Worten abgefertigt: »Der Mann irrt sich. Wenn man unter Handel die Kunst versteht, für sich selber Geld zu machen, so versteht das ein Kaufmann natürlich besser als ein Philosoph; aber um zu beurteilen, wie der Verkehr der Nationen zum Wohle aller am besten organisiert werden könne, muß man sehr umfassende Kenntnisse haben und über seinen persönlichen Vorteil hinaussehen können, was der Kaufmann gewöhnlich nicht kann.«
Humes Zustand erregte die Besorgnis seiner Freunde, und Smith fuhr Ende April 1776 mit dem Dichter John Home nach Edinburgh, ihn zu besuchen und womöglich mit nach London zu nehmen, weil man von einem Ortswechsel Besserung hoffte. Sie trafen ihn schon unterwegs in Morpeth. Home kehrte mit Hume um, Smith dagegen fuhr weiter nach Kirkcaldy, um seine 80jährige Mutter, die leidend war, zu besuchen. Hume ging von London nach Bath zur Kur und kehrte nach einem vorübergehenden Scheinerfolg, von dem er sich nicht täuschen ließ, nach Hause zurück. Auf den 4. Juli lud er mit einem scherzhaften Billet seine Freunde zu einem Abschiedsessen ein. Smith blieb bis Anfang August bei ihm. Am 8. führte er noch ein längeres heiteres Gespräch mit ihm. Hume ersann, an einen Dialog Lucians anknüpfend, allerlei Ausreden, mit denen er das Einsteigen in Charons Nachen hinausschieben könnte, wenn er nicht Hume und zum Einsteigen völlig bereit wäre. Aber weil so lange Reden, deren sich Hume bei seiner Lebhaftigkeit nicht enthalten konnte, den Verbrauch des Restes seiner Lebenskraft beschleunigten, wurden seine Freunde von da ab nur noch selten zu ihm gelassen, und da unter diesen Umständen Smiths Verweilen keinen Zweck mehr hatte, bat ihn der Kranke, heimzureisen; der Arzt, Dr. Black, werde ihn auf dem Laufenden erhalten. Smith kehrte also nach Kirkcaldy zurück, und empfing dort außer mehreren Berichten Blacks einen Brief, den Hume am 23. August seinem Neffen diktiert hatte. Am 25. starb er. Hume hatte Smith zum Vollstrecker seines literarischen Testaments machen wollen, Smith aber hatte sich geweigert, das eine der ihm anvertrauten Manuskripte: Dialoge über natürliche Religion, zu veröffentlichen, und die Veröffentlichung überhaupt widerraten. Es wurde darum zuerst nur Humes Autobiographie herausgegeben, mit einem Anhange von Smith, in welchem er in Form eines Briefes an Strahan über die letzten Lebenstage des Freundes berichtet und u. a. auch das Gespräch mit Charon erzählt. Am Schlusse sagt er: »So starb unser unvergeßlicher Freund, dessen philosophische Meinungen von den einen gebilligt, von den anderen verdammt werden mögen, über dessen Charakter aber kaum gestritten werden kann. Ein so glückliches Naturell wie das seine habe ich bei keinem anderen Menschen gefunden. Auch in der Zeit, wo sein Einkommen sehr karg war, hat es ihm seine Frugalität, die nicht aus Geiz, sondern aus Liebe zur Unabhängigkeit entsprang, immer noch möglich gemacht, Wohltaten zu spenden. Die Zartheit seiner Empfindung schwächte niemals die Festigkeit seines Charakters und die Standhaftigkeit seiner Entschlüsse. Sein unausgesetztes Scherzen entsprang seiner gutherzigen, von Bosheit völlig freien Laune, und keine seiner übrigen ausgezeichneten Eigenschaften machte seine Unterhaltung den Freunden in gleichem Grade lieb. Ein heiteres Temperament und der Ruf eines angenehmen Gesellschafters erwecken die Vorstellung einer gehaltlosen Persönlichkeit; bei ihm waren diese Eigenschaften mit Gelehrsamkeit, Gedankentiefe, außerordentlicher Fassungskraft und strengem Fleiß verbunden. Alles in allem genommen ist er mir im Leben und nach seinem Tode immer als der Mann erschienen, der dem Ideal des tugendhaften Weisen so nahe kommt, als es die menschliche Gebrechlichkeit gestattet.«
Wegen der Weigerung, Humes Dialoge herauszugeben, hat man Smith Menschenfurcht und Charakterschwäche vorgeworfen, aber denselben Vorwurf müßte man Hume machen, der die Herausgabe des längst fertigen Werkes bis nach seinem Tode verschob, weil er sich den Frieden seiner letzten Jahre nicht wollte stören lassen, und der Smith die Weigerung gar nicht übel genommen hat. Er hat diesem ein Exemplar seiner Werke und 4000 Mark für die mit der Herausgabe der Lebensbeschreibung verbundene Mühe vermacht. Das Geld zu nehmen, weigerte sich Smith entschieden, Humes Bruder aber, Sir John Home of Ninewells, drängte es ihm auf. Was an der Sache unbegreiflich ist, das ist die Blindheit der beiden erzgescheiten Männer in der Beurteilung der Dialoge Diese sind nicht halb so schlimm wie die Abhandlung Humes über natürliche Religion, die damals längst bekannt war, ja sie sind gar nicht schlimm, sondern vom Standpunkte des aufgeklärten Gläubigen vortrefflich. Der alte Essan enthielt frivole Spöttereien, die allerdings meistens der katholischen Form des Christentums galten. Die Dialoge hingegen sind ein in die würdigste Form gekleideter ernsthafter Versuch, die dem Glauben an Gott entgegenstehen den Schwierigkeiten zu heben und die Religion vor der Gefahren zu schützen, in die sie der Aberglauben und der Mißbrauch der Religion gestürzt haben. Noch dazu wußten die Freunde, daß von den Personen des Gesprächs nicht die Skeptiker Philo und Demea, sondern der dem positiven Glauben am nächsten stehende Cleanthes Humes eigene Ansicht vertreten sollte. Und in der Tat haben die Dialoge, als sie 1779 Humes Neffe herausgab, gar keinen Anstoß gegeben, dagegen entfesselte Smiths Bericht über Humes Ende einen furchtbaren Sturm. Unter anderm gab Dr. George Horne, Präsident des Magdalen College in Oxford und später Bischof von Norwich, ein anonymes Pamphlet heraus unter dem Titel: »Ein Brief von Adam Smith, LL. D., über das Leben, den Tod und die Philosophie des David Hume, Esq., von einem der Leute, die sich Christen nennen.« Er entwirft eine abschreckende Schilderung von dem Mann, der die Schlechtigkeit begangen habe, den Atheismus im Lande zu verbreiten, und richtet an Smith die Worte: »Sie wollen uns durch das Beispiel des David Hume, Esq., überreden, daß Atheismus die einzige Herzstärkung bei Niedergeschlagenheit und das beste Mittel gegen die Furcht vor dem Tode sei. Nun, wenn man mit Befriedigung an einen Freund denkt, der seine Talente im Leben so angewendet, und der sich angesichts seines Todes so amüsiert hat mit Whist, Lucian und Charon, dann kann man ja wohl auch über den Fall Babylons lächeln, das Erdbeben, das Lissabon [1755] zerstört hat, für ein glückliches Ereignis halten, und dem verhärteten Pharao zu seinem Untergange im Roten Meere gratulieren.« Die Schrift erlebte rasch hintereinander eine Menge Auflagen, aber Smith hat öffentlich kein Wort erwidert.
Bis Ende Dezember hielt sich Smith teils in Kirkcaldy, teils in Dalkeith auf, und kehrte im Januar 1777 nach London zurück, um die zweite Auflage seines Werkes zu besorgen. Dieses erregte in der Öffentlichkeit weit weniger Aufsehen als der Brief an Strahan, wirkte dafür aber um so stärker auf die fachmännischen Kreise und auf die Politik ein. Anderson, der Urheber der nach Ricardo benannten Grundrententheorie, bekämpfte Smith in einer Schrift und wurde dadurch sein Freund; Bentham verständigte sich mit ihm über einige streitige Punkte, und Pownall, der Gouverneur von Massachusetts gewesen war und ein Buch über Kolonialverwaltung und amerikanische Zustände herausgegeben hatte, schrieb eine Kritik, die Smith zwar zu einer freundschaftlichen Auseinandersetzung, aber nicht zu Änderungen in der neuen Auflage veranlaßte. Von unmittelbar praktischer Bedeutung war das Werk für die englischen Finanzen. Der Schatzkanzler, Lord North, der sich dem wachsenden Defizit gegenüber keinen Rat mehr gewußt hatte, schöpfte aus Smiths Werke die Idee zu vier neuen Steuern (Bedientensteuer, Auktionssteuer, Malzsteuer und Steuer auf unbewohnte Häuser), deren Ertrag aus zusammen 14 Millionen Mark angeschlagen wurde, freilich zu hoch, wie sich später zeigte. Rae erklärte es als einen Akt der Dankbarkeit für diesen Dienst, daß das Toryministerium den Whig Smith zum Mitgliede der Edinburgher Zollkommission ernannte. Ohne Zweifel hat auch die Empfehlung Buccleughs mitgewirkt, aber es ist eine (unabsichtliche) Verleumdung, wenn Bagehot schreibt: der »Wealth« habe dem Herzog die Gelegenheit verschafft, sich seiner Zahlungspflicht gegen Smith zu entledigen. Dieser wollte in der Tat auf seine Pension verzichten, Buccleugh jedoch hielt es für Ehrenpflicht, die auf Lebenszeit versprochene fortzuzahlen. Smith hatte von da ab 18 000 Mark Einkommen (6000 Pension, 10 000 als Zollkommissar und 2000 für die mit dem Amte verbundene Aufsicht über die Salzsteuer); »ein fürstliches Einkommen für Schottland in einer Zeit, wo der bestdotierte Professor £ 300 und der Lord of the Session [der höchste richterliche Beamte Schottlands] £ 700 bezog.« (Rae.)