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Die Feindschaft der herrschenden Familien in Mekka legt Mohammed den Gedanken der »Hedschra« – der Auswanderung, nicht Flucht – nahe. Ein Versuch, im benachbarten Taif Fuß zu fassen, mißlingt. In Jathrib – seit Mohammeds Übersiedelung Medina genannt – sind die Verhältnisse günstiger. Die zahlreichen in der Stadt wohnenden Juden hatten den Einwohnern von einem künftigen Gottgesandten erzählt. Von einem solchen erwarteten sie zugleich Schlichtung der beständigen Streitigkeiten zwischen ihren beiden Stämmen. So schlägt der Islam in Medina überraschend schnell Wurzel, und der Auswanderung der Gläubigen aus Mekka folgt die des Propheten selbst. Der Tag seiner Ankunft in Medina, der 6. Juli 622, ist der Ausgangstermin der mohammedanischen Zeitrechnung.
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Dann starb Abu Talib und Chadidjeh in einem Jahre, dadurch wurde Mohammed von großem Unglück heimgesucht, denn diese war ihm eine treue Stütze im Islam, bei der er Beruhigung fand, und jener war ihm ein Verteidiger und Beschützer gegen seine Stammesgenossen. Sie starben beide drei Jahre vor der Auswanderung nach Medina. Nach dem Tode Abu Talibs mißhandelten die Kureischiten Mohammed in einer Weise, wie sie es bei seiner Lebzeit nicht gewagt hatten; einer ihrer Toren ging sogar so weit, daß er ihm Staub auf den Kopf streute. Als dies geschah, ging Mohammed in seine Wohnung und hatte noch den Staub auf dem Kopfe; eine seiner Töchter wusch ihm weinend den Kopf, er aber sagte: »Weine nicht, mein Töchterchen, Gott wird deinen Vater beschützen.« Dazwischen sagte er: »Solang Abu Talib lebte, konnten mir die Kureisch nichts Unangenehmes antun.«
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Nach dem Tode Abu Talibs erlitt Mohammed von den Kureisch Kränkungen, wie er sie beim Leben seines Oheims nie erlitten hatte; er ging daher allein nach Taif Eine der wenigen Städte Mittelarabiens, noch heute berühmt durch ihre fruchtbare Umgebung, ihre Weinberge und Gärten, fünfzehn Meilen von Mekka. und bat die Thakifiten, ihm beizustehen, und ihn gegen seine Stammesgenossen zu beschützen, auch hoffte er, sie würden seine Offenbarung annehmen. Als Mohammed nach Taif kam, begab er sich zu den Edelsten der Thakifiten; es waren drei Brüder: Abd Jalil, Masud und Habid, Söhne des Amr Ibn Omeir. Einer von ihnen hatte eine Frau von den Kureischiten, aus dem Geschlechte der Benu Djumah. Er setzte sich zu ihnen, forderte sie auf, an Gott zu glauben und dem Islam beizustehen, und ihn gegen sein Volk zu beschützen. Da sagte der eine, welcher das Gewand der Kaaba herrichtete: Wenn Gott dich gesandt hat. Der andere sagte: Hat Gott keinen andern Gesandten finden können als dich? Der Dritte sagte: Bei Gott, ich spreche nicht mit dir; denn bist du, wie du behauptest, von Gott gesandt, so ist es zu gefährlich, dir zu widersprechen, und lügst du, in bezug auf Allah, so mag ich nichts mit dir reden. Mohammed erhob sich hierauf und hoffte nichts Gutes mehr von den Thakifiten. Wie mir berichtet worden ist, soll er ihnen gesagt haben: »Wenn ihr so gegen mich verfahret, so haltet es wenigstens geheim,« denn er wünschte, daß seine Leute nichts davon hörten, damit sie nicht dadurch noch mehr gegen ihn aufgestachelt würden.
Sie taten dies aber nicht, sondern sie hetzten ihre Toren und ihre Sklaven gegen ihn, daß sie ihn schmähten und anschrien, so daß sich viele Leute um ihn versammelten, und er genötigt war, sich in einen Garten zu flüchten, welcher Otba und Scheiba Ibn Rabia gehörte, und in welchem diese sich gerade befanden. Seine Verfolger zogen sich nun zurück, und er setzte sich in den Schatten eines Weinstocks, und die Söhne Rabias blickten nach ihm und sahen, was ihm von den Toren Taifs widerfahren war. Wie mir berichtet worden ist, begegnete Mohammed der Frau von den Benu Djumah und sagte ihr: »Wie sind mir deine Schwäger begegnet!«
Als er in Sicherheit war, sagte er: »Gott! ich klage dir meine Schwäche und Ohnmacht gegen die Menschen, o Barmherzigster, du bist der Herr der Schwachen und du bist mein Herr! Wen gibst du mir als Beistand? Den Fernen, der mich verstößt, oder den Feind, dem du Gewalt über mich gegeben? Doch wenn du mir nicht zürnst, so kümmere ich mich um nichts, deine Gnade umfaßt mich, ich flüchte mich zu dem Lichte deines Antlitzes, das das Dunkel beleuchtet, und durch welches diese und jene Welt gedeiht, und beschwöre dich, lasse deinen Zorn und Unwillen nicht auf mich herabkommen, sei nachsichtig, bis du wieder Wohlgefallen an mir findest, es gibt keine Kraft und keine Macht außer bei dir.«
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Als Gott seinem Glauben den Sieg verschaffen, seinen Propheten verherrlichen und ihm sein Versprechen erfüllen wollte, ging Mohammed, wie gewöhnlich zur Zeit des Pilgerfestes, zu den Kabilen, um sich ihnen als Propheten vorzustellen, und begegnete an der Anhöhe einer Anzahl Chazradjiten Der größere der beiden Araberstämme, die Medina bewohnten. Der andere Stamm sind die Ausiten., durch welche Gott Gutes bezweckte. Mohammed fragte die Chazradj, denen er begegnete: »Wer seid ihr?« Sie antworteten: »Wir sind Chazradjiten.« Da fragte Mohammed wieder: »Seid ihr die Freunde der Juden?« Und sie sagten: »Ja.« Er lud sie dann ein, sich zu ihm zu setzen, trug ihnen die Lehre des Islam vor und las ihnen den Koran vor.
Es gehört zu Gottes Werken, daß die Juden, die Männer der Schrift und der Wissenschaft, welche unter den Chazradj, den Götzendienern, wohnten und von ihnen unterdrückt wurden, oft bei Streithändeln sagten: die Zeit ist nahe, in welcher ein Prophet auferstehen wird, wir werden ihm folgen, und mit seiner Hilfe euch wie Aad und Iram vertilgen. Als daher Mohammed jetzt diese Leute aufforderte, an Gott zu glauben, sagte einer zum andern: »Wisset, dies ist der Prophet, mit welchem euch die Juden bedroht haben, drum lasset uns ihm zuvorkommen!« So kam es, daß sie Mohammed Gehör schenkten, an ihn glaubten und sich zum Islam bekehrten. Sie sagten auch zu Mohammed: »Wir kommen von einem Volke, unter welchem viele Bosheit und Feindschaft herrscht, vielleicht wird es Gott durch dich einig machen, wir werden es zu dem Glauben auffordern, zu dem wir uns nun bekennen, und wenn Gott es um dich vereint, so gibt es keinen stärkeren Mann als du bist.« Hierauf kehrten sie als Gläubige in ihre Heimat zurück.
Als diese sechs Männer nach Medina kamen, sprachen sie mit ihren Stammesgenossen von Mohammed und forderten sie zum Islam auf, so daß bald in jedem Hause von dem Gesandten Gottes die Rede war.
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Im folgenden Jahre kamen zwölf Männer von Medina zum Pilgerfeste, und sie begegneten Mohammed auf der Anhöhe, und dies nennt man die erste Zusammenkunft auf der Anhöhe. Jezid Ibn Abi Habib hat mir von Abi Marthad Ibn Abd Allah Aljezeni erzählt, der es von Abd Errahman Ibn Useilah Assunadji gehört, dem es Ubada Ibn Assamit mitgeteilt hat: »Ich war unter denen, die sich bei der ersten Zusammenkunft auf der Anhöhe befanden, wir waren unserer zwölf, und wir huldigten Mohammed nach Weise der Frauen, ehe der Krieg vorgeschrieben war. Wir verpflichteten uns, Gott keinen Genossen zu geben, nicht zu stehlen, keine Unzucht zu treiben, unsere Kinder nicht zu töten, nichts Falsches zu erdichten und Mohammed in allem Guten gehorsam zu sein; erfüllet ihr dieses, sagte er, so kommt ihr ins Paradies, übertretet ihr etwas davon, so ist es Gottes Sache, ob er euch strafen will, oder euch verzeihen.«
Als die Leute wieder abreisten, sandte Mohammed Mussab Ibn Omeir mit ihnen, um sie den Koran und den Islam zu lehren und im Glauben zu unterrichten. Mussab wurde in Medina der Lesemeister genannt, und er wohnte bei Asad Ibn Zurara. Assim Ibn Omar hat mir erzählt, er habe ihnen vorgebetet, denn die Aus und Chazradj wollten nicht, daß einer von ihnen dem anderen vorbete.
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Mussab Ibn Omeir kehrte dann mit anderen Medinensern, teils Moslems, teils Ungläubigen, zum Pilgerfeste nach Mekka zurück, und als Gott in seiner Gnade dem Propheten beistehen, den Islam und seine Bekenner verherrlichen und den Götzendienst und seine Bekenner demütigen wollte, verabredeten sie wieder eine Zusammenkunft mit Mohammed. Mahad Ibn Kaab, ein Bruder der Benu Salama, hat mir berichtet, sein Bruder Abd Allah Ibn Kaab, einer der gelehrtesten Anssar Anssar, Hilfsgenossen, werden seit der Hedschra die Gläubigen in Medina genannt, zum Unterschied von den Muhadschirun, den Ausgewanderten aus Mekka, und den Munafikun, den Heuchlern, dem Teil der Bewohner Medinas, der sich gegen den Islam lau verhielt., habe ihm erzählt, sein Vater Kaab, der selbst bei dieser Zusammenkunft auf der Anhöhe war und Mohammed daselbst huldigte, habe ihm gesagt:
»Wir waren dreiundsiebzig Männer und zwei Frauen. Als wir eine Weile in der Schlucht gewartet hatten, kam Mohammed mit seinem Oheim Alabbas, welcher zwar damals noch Heide war, der aber doch gegenwärtig sein wollte, um für seinen Neffen ein festes Bündnis zu schließen. Als sie sich gesetzt hatten, ergriff Alabbas zuerst das Wort und sagte: »Ihr wisset, ihr Chazradjiten(die Araber nannten alle Medinenser so und verstanden auch die Ausiten darunter), daß Mohammed zu den Unsrigen gehört, wir haben ihn gegen diejenigen im Volke geschützt, die meine Ansicht über ihn teilen, er lebt in Kraft unter seinem Volke, und in Schutz in seiner Heimat, demungeachtet wünscht er sich zu euch zu verfügen und euch anzuschließen. Glaubt ihr, daß ihr erfüllen könnt, was ihr ihm versprechet, und daß ihr ihn gegen seine Feinde beschützen werdet, so übernehmet die Bürde, die ihr euch aufgeladen habt; glaubt ihr aber, daß ihr ihn täuschen und ausliefern werdet, so lasset ihn hier, denn er ist in seiner Heimat stark und geschützt.‹ Wir antworteten: ›Wir haben deine Worte vernommen, Mohammed mag nur sagen, wozu wir uns ihm und Gott gegenüber verpflichten sollen.‹ Mohammed hielt eine Rede an uns, rief uns zu Gott auf, las den Koran vor und erweckte Liebe zum Islam in uns; dann sagte er: ›Schwört mir, daß ihr mich vor allem bewahren werdet, wovor ihr eure Frauen und Kinder bewahret!‹ Albara Ibn Marur ergriff seine Hand und sagte: »Jawohl, bei dem, welcher dich als Propheten mit Wahrheit gesandt hat, wir werden dich wie unseren eigenen Körper beschützen, empfange unsere Huldigung, o Gesandter Gottes, bei Gott, wir sind Söhne des Krieges und Männer der Waffen, die wir ein Mächtiger vom andern geerbt haben.‹ Während Albara so sprach, unterbrach ihn Abu-l-Heitham Ibn Attikan und sagte: ›Gesandter Gottes, es bestehen Bande zwischen uns und anderen‹ – er meinte damit die Juden –, ›die wir nun zerreißen werden, tun wir dieses und Gott verschafft dir Sieg, wirst du uns dann verlassen und in deine Heimat zurückkehren?‹ Mohammed antwortete: ›Euer Blut ist mein Blut, was ihr vergießet, vergieße auch ich, ihr gehört zu mir, und ich gehöre zu euch, ich bekriege, wen ihr bekrieget, und schließe Frieden, mit wem ihr Frieden schließt.‹« Kaab erzählt ferner: Mohammed habe sie aufgefordert, ihm zwölf Vorgesetzte zu bezeichnen, die ihre Angelegenheiten leiten sollten, und sie wählten als solche neun Chazradjiten und drei Ausiten.
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Vor der Huldigung auf der Anhöhe hatte Mohammed nicht die Erlaubnis, Krieg zu führen und Blut zu vergießen, er sollte nur zu Gott aufrufen, die Beleidigungen mit Geduld ertragen und dem Unwissenden verzeihen. Als nun die Kureischiten sich von Gott abwendeten und die von Gott ihnen zugedachte Gnade zurückwiesen, den Propheten einen Lügner nannten und die, welche Gott allein anbeteten und an Mohammed glaubten und an seinem Glauben festhielten, peinigten und verbannten, da erlaubte Gott Mohammed Krieg zu führen und sich gegen die, welche den Seinigen Gewalt antun, zu verteidigen. Als Mohammed die Erlaubnis Krieg zu führen erhielt, und als der Stamm der Hilfsgenossen ihm schwur, den Islam anzunehmen und ihm und seinen Anhängern unter den ihm zugeneigten Gläubigen beizustehen, befahl er seinen Gefährten, sowohl denen, die schon ausgewandert waren, als denen, die bei ihm in Mekka geblieben, sich nach Medina zu begeben und dort ihren Brüdern von den Anssar anzuschließen. Er sagte ihnen: Gott hat euch Brüder und einen sicheren Aufenthaltsort gegeben. Sie zogen nun truppweise ab, Mohammed selbst blieb aber noch in Mekka und wartete, bis ihm Gott erlauben werde, auch nach Medina auszuwandern.
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Als die Kureisch sahen, daß Mohammed Gefährten und Anhänger außerhalb ihres Stammes in fremdem Lande gewonnen hatte, zu welchen seine Freunde auswanderten, erkannten sie, daß sie Schutz und Zuflucht gefunden, und fürchteten, Mohammed möchte sich auch zu ihnen begeben, entschlossen, Krieg gegen sie zu führen. Sie kamen daher im Rathause zusammen, in welchem alle Beschlüsse gefaßt wurden, und berieten, was sie in bezug auf Mohammed, den sie nunmehr fürchteten, tun sollten.
Da kam Iblis Der Teufel. in der Gestalt eines alten Mannes, in einem abgetragenen Oberkleide und stellte sich an die Türe des Rathauses. Als die Kureisch fragten, wer er sei, sagte er: ein alter Mann aus Nedjd Landschaft im Innern Arabiens., der gehört hat, was ihr verabredet habt, und der hier erschienen ist, um eure Worte zu vernehmen, und euch vielleicht wohlgemeinten Rat erteilen kann. Sie sagten: gut, und ließen ihn eintreten. Hier waren die edelsten Kureisch vereinigt. Einer sagte zum andern: »Ihr habt gesehen, wohin die Sache dieses Mannes gelangt ist, bei Gott, wir sind nicht sicher, daß er nicht mit seinen Anhängern aus fremden Stämmen über uns herfällt, darum vereinigt euch über einen Entschluß gegen ihn!« Nach einiger Beratung sagte einer: »Werfet ihn in Ketten und sperret ihn ein, dann wartet, bis es ihm geht, wie anderen Dichtern vor ihm, Nabigha und Zuheir und anderen, die in ähnlicher Weise umgekommen sind.« Darauf sagte der Greis aus Nedjd: »Das ist kein guter Rat, bei Gott, wenn ihr ihn einsperrt, so wird die Sache durch die Türe, hinter welcher ihr ihn eingeschlossen habt, zu seinen Gefährten gelangen; sie könnten leicht euch überfallen, und ihn aus euern Händen befreien, dann durch ihn an Zahl zunehmen und euch überwinden, darum schaffet einen besseren Rat!« Nach abermaliger Beratung sagte einer: »Wir wollen ihn aus unserer Mitte verstoßen und aus unserem Lande verbannen, ist er fern von uns, so mag er hingehen, wo er will, wir haben Ruhe vor ihm und ordnen unsere Angelegenheiten und stellen wieder die Eintracht her.« Der Alte aus Redjd sagte aber: »Auch dieser Rat taugt nichts, habt ihr nicht seine schönen Reden und seine süße Sprache vernommen und gesehen, wie er damit die Herzen der Männer gewinnt? Bei Gott, tut ihr dies, so stehe ich nicht dafür, daß er nicht bei einem Beduinenstamme sich niederlasse und ihn durch seine Reden gewinne, bis er ihm folgt, dann zieht er gegen euch und bezwingt euch, nimmt euch die Herrschaft ab und verfährt mit euch, wie es ihm gut dünkt, darum schaffet einen anderen Rat!«
Da sagte Abu Djahl: »Bei Gott, mir fällt etwas ein, auf das noch niemand von euch gekommen ist,« und als sie fragten, was es wäre, sagte er: »Meine Ansicht ist, daß wir aus jeder Kabileh einen jungen, kräftigen, angesehenen Mann von guter Familie wählen, und ihnen ein schneidendes Schwert übergeben; sie sollen wie ein Mann über ihn herfallen und ihn erschlagen, dann haben wir Ruhe vor ihm; tun sie dies, so ist sein Blut über sämtliche Kabilen zerstreut; die Söhne Abd Eddars können nicht ihr ganzes Volk bekriegen, sie werden sich mit dem Sühnegeld zufriedengeben, das wir ihnen bezahlen wollen.« Da sagte der Greis aus Nedjd: »Der Rat dieses Mannes ist der einzige gute Rat.« Die Versammlung war damit einverstanden und ging auseinander.
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Da kam Gabriel zu Mohammed und sagte: »Bringe diese Nacht nicht auf dem Bette zu, auf dem du gewöhnlich schläfst.« Als ein Dritteil der Nacht vorüber war, sammelten sich die Kureisch vor seiner Türe und warteten bis er einschlafen werde, um über ihn herzufallen. Als Mohammed dies sah, sagte er zu Ali: »Schlafe auf meinem Bette, und hülle dich in meinen grünen Obermantel aus Hadhramaut Südliche Küstenlandschaft Arabiens.,« – in diesem pflegte Mohammed zu schlafen – »sie werden dir nichts zuleide tun.« Als die Kureisch vor Mohammeds Türe standen, sagte Abu Djahl, der auch unter ihnen war: »Mohammed glaubt, daß wenn ihr ihm folget, ihr Herren der Araber und der Perser werdet, daß ihr nach dem Tode wieder aufersteht und Gärten bekommt, wie die am Jordanfluß, wenn ihr ihm aber nicht folget, so wird er euch niederschlachten, nach eurem Tode werdet ihr aber wieder auferweckt und in der Hölle verbrannt.«
Da trat Mohammed heraus, nahm eine Handvoll Erde, streute sie über ihr Haupt und sagte zu Abu Djahl: »Jawohl, ich habe dies gesagt, und du bist einer der letzteren.« Gott nahm ihnen allen das Gesicht, so daß sie ihn nicht sahen; er aber las ihnen die Verse vor: »Bei dem weisen Koran, du bist ein Gesandter, auf geradem Wege« usw. bis zu den Worten: »Wir haben vor ihnen und hinter ihnen eine Scheidewand errichtet und sie in Finsternis gehüllt, daß sie nichts sehen.« Als Mohammed diese Verse gelesen hatte, waren die Häupter aller Anwesenden mit Erde bedeckt, Mohammed aber ging nun wohin er wollte.
Dann kam jemand, der nicht zu ihnen gehörte, und fragte sie, auf wen sie warteten? sie antworteten: auf Mohammed. Da sagte jener: Gott beschäme euch! Der ist längst zu euch herausgekommen, hat euch allen Erde auf das Haupt gestreut und ist seines Weges gegangen, seht ihr nicht, was an euch ist? Da griff jeder nach seinem Haupte und fand Erde darauf. Sie gingen dann ins Haus, fanden Ali auf dem Bette, in Mohammeds Mantel gehüllt, und sagten: bei Gott, hier schläft Mohammed in seinen Mantel gehüllt, und sie blieben in dieser Meinung bis zum Morgen. Als endlich Ali vom Bette aufstand, sagten sie, der Mann, der uns angeredet hat, hat doch die Wahrheit gesagt.
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Hierauf erlaubte Gott Mohammed auszuwandern. Abu Bekr, der ein reicher Mann war, hatte, sobald ihm Mohammed gesagt hatte, er sollte mit der Auswanderung nicht eilen, Gott könnte ihm einen Gefährten geben wollen und er hoffte, Mohammed werde dieser Gefährte sein, zwei Kamele gekauft, die er in seinem Hause fütterte, um sie für diesen Fall bereit zu haben.
Mohammed verfehlte nie, des Morgens oder des Abends in die Wohnung Abu Bekrs zu kommen, an dem Tage aber, als ihm Gott die Erlaubnis zur Auswanderung gab, kam er zur Mittagstunde. Als Abu Bekr ihn sah, sagte er: es muß etwas vorgefallen sein, daß Mohammed zu dieser Stunde kommt. Als er eintrat, trat Abu Bekr vom Sofa zurück und Mohammed setzte sich. Da sagte Mohammed: »Gott hat mir erlaubt, auszuwandern.« Abu Bekr fragte: »Reisen wir zusammen?« und als Mohammed ja sagte, weinte jener vor Freude und Aischa sagte: »Ich habe früher nie gesehen, daß jemand vor Freude geweint hätte.« Dann sagte Abu Bekr: »O Prophet Gottes! ich habe schon zwei Kamele für diesen Fall bereitgehalten.« Sie mieteten dann Abd Allah Ibn Arkat, einen Mann von den Benu Dual Ibn Bekr, der eine Gattin von den Benu Sahm Ibn Amr hatte und noch Götzendiener war, als Führer und übergaben ihm die Kamele, die er bis zur bestimmten Zeit weiden ließ. Wie ich vernommen habe, wußte kein Mensch etwas von der Abreise Mohammeds, außer Ali, Abu Bekr und seiner Familie. Mohammed hatte Ali von seiner Abreise benachrichtigt und ihm befohlen, in Mekka zu bleiben, bis er den Leuten das zurückgegeben, was sie Mohammed aufzubewahren gegeben hatten. Wer nämlich in Mekka etwas hatte, das er zu verlieren fürchtete, gab es Mohammed aufzubewahren, weil er durch seine Redlichkeit und Treue bekannt war.
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Mohammed ging, als er auswandern wollte, zu Abu Bekr, und sie verließen zusammen Abu Bekrs Haus durch eine Öffnung, welche am Hinterteile des Hauses war, und begaben sich in eine Höhle des Berges Thaur, unterhalb der Stadt. Abu Bekr hatte seinen Sohn Abd Allah beauftragt, den Tag über zu hören, was die Leute von ihnen sagten, und es ihnen des Abends zu hinterbringen. Sein Freigelassener Amir Ibn Fuheira sollte am Tage seine Schafe auf die Weide führen und sie des Abends in die Höhle bringen und seine Tochter Asma ihnen des Nachts die nötigen Speisen zutragen.
Mohammed blieb drei Tage mit Abu Bekr in der Höhle, die Kureisch hatten, als sie ihn vermißten, hundert Kamele für den ausgesetzt, der ihn zurückbringen würde. Abd Allah brachte den Tag bei den Kureisch zu, um zu hören, was sie über Mohammed und seinen Vater sagten, und des Abends hinterbrachte er es ihnen. Ibn Fuheira mischte sich unter die anderen Hirten Mekkas, und des Abends führte er die Schafe Abu Bekrs nach der Höhle, damit sie melken und davon schlachten konnten, und wenn des Morgens Abd Allah die Höhle verließ, folgte ihm Amir mit den Schafen, um ihn zu verbergen.
Als drei Tage vorüber waren und die Leute sich nicht mehr mit ihnen beschäftigten, ließen sie den Mann mit ihren beiden Kamelen kommen, den sie gemietet hatten und der auch ein drittes Kamel für sich heranführte. Asma brachte dann die Lebensmittel, hatte aber den Strick vergessen, an welchem der Schlauch angehängt werden sollte, sie nahm daher ihren Gürtel vom Leibe und benützte ihn als Strick, daher wurde sie auch Dsat Alnitak (die vom Gürtel) genannt. Abu Bekr führte das bessere Kamel Mohammed vor und sagte ihm: »Besteige es! Ich gebe meine Eltern für dich hin.« Mohammed sagte: »Ich reite auf keinem Kamele, das nicht mir gehört.« Abu Bekr versetzte: »Es gehört dir, du bist mir ja wie Vater und Mutter.« Mohammed sagte: »Nein, um wieviel hast du es gekauft?« und als Abu Bekr den Preis nannte, sagte er: »Ich kaufe es um diesen Preis« und Abu Bekr verkaufte es ihm. Sie stiegen dann auf, und Abu Bekr ließ Amir hinter sich sitzen, um sie auf dem Wege zu bedienen, und sie reisten ab.
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Mohammed Ibn Djafar hat mir von Urwa Ibn Azzubeir berichtet, der von Abd Errahman Ibn Uweim folgendes gehört hat: »Es haben mir einige Gefährten Mohammeds aus meinem Stamme erzählt. Als wir hörten, daß Mohammed Mekka verlassen hatte und wir seiner Ankunft entgegensahen, gingen wir nach dem Morgengebete nach dem steinichten Felde, um ihn zu erwarten, und blieben, bis wir keinen Schatten mehr fanden, dann kehrten wir um, denn es waren heiße Tage. Dies taten wir auch an dem Tage seiner Ankunft und wir waren schon wieder nach Hause zurückgekehrt, als er ankam. Ein Jude erblickte ihn zuerst, und da er gesehen hatte, wie wir ihn erwarteten, rief er laut: ›O ihr Söhne Keilahs! euer Glück ist angekommen.‹ Wir gingen hinauf und fanden Mohammed im Schatten eines Dattelbaums, und bei ihm war Abu Bekr, der ihm an Jahren gleich war. Da die meisten von uns Mohammed früher nie gesehen hatten, so wußten sie, indem sie auf ihn zugingen, auch nicht, welcher von beiden Abu Bekr war, bis der Schatten von Mohammed wich und Abu Bekr ihn mit seinem Oberkleid beschattete, dadurch erkannten wir ihn.«
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Mohammed kam nach Medina, als die Sonne heiß brannte und nahe daran war, sich nach Westen zu neigen und zwölf Nächte vom Monat Rabia-l-awwal vorüber waren. Mohammed war damals dreiundfünfzig Jahre alt und es waren dreizehn Jahre, seit er als Prophet gesandt worden war.