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Königin, Simon Renard, Meister Äneas, Lord Clinton, die beiden Herolde, Herrn, Pagen usw.
Königin leise zu Meister Äneas: Ist Fabiani entwischt?
Meister Äneas Noch nicht!
Königin Noch nicht? Sie sieht ihn mit einem furchtbaren Blick an.
Meister Äneas bei Seite: Teufel!
Geschrei des Volkes von außen: Tod dem Fabiani!
Simon Renard Eure Majestät muß sogleich ihren Entschluß fassen. Das Volk will den Tod dieses Mannes. London steht in Flammen. Der Turm ist berannt. Der Aufstand ist furchtbar. Die Edlen sind an der Londoner Brücke in Stücke gehauen worden. Die Soldaten Eurer Majestät halten sich noch; aber Eure Majestät ist von Straße zu Straße getrieben worden, von dem Stadthause bis zum Tower. Die Anhänger Elisabeth's haben sich unter das Volk gemischt. Man sieht es an der Bösartigkeit des Aufstandes. Das Alles ist sehr drohend. Was befiehlt Eure Majestät?
Geschrei des Volkes Fabiani! Tod dem Fabiani! Es wird stärker und nähert sich mehr und mehr.
Königin Tod dem Fabiani! Mylords, hört ihr, wie das Volk heult? Man muß ihm einen Menschen vorwerfen. Das Volk will zu essen.
Simon Renard Was befiehlt Eure Majestät?
Königin Bei Gott, Mylords, mir deucht, ihr zittert alle um mich herum. Bei meiner Seele, muß euch ein Weib euer ritterliches Handwerk lehren! Zu Pferde, Mylords, zu Pferde! Schüchtert das Gesindel euch ein? Fürchten die Degen sich vor den Stöcken?
Simon Renard Laßt die Sache nicht weiter kommen. Gebt nach, Madame, so lange es noch Zeit ist. Ihr könnt jetzt noch sagen das »Gesindel«, in einer Stunde könntet Ihr sagen müssen »das Volk«.
Das Geschrei wird stärker, das Getöse nähert sich.
Königin In einer Stunde!
Simon Renard geht auf die Galerie, indem er zurückkommt: In einer Viertelstunde, Madame. Die erste Ringmauer des Turmes ist genommen. Noch ein Schritt, und das Volk ist hier.
Das Volk Zu dem Turm! Zu dem Turm! Fabiani! Tod dem Fabiani!
Königin Man hat wohl Recht, daß es ein furchtbares Ding sei, das Volk! Fabiano!
Simon Renard Wollt Ihr ihn in einem Augenblick vor Euren Augen zerrissen sehen?
Königin Aber wißt ihr auch, daß es schändlich ist, daß Keiner von euch sich rührt, meine Herrn! Im Namen des Himmels, verteidigt mich doch!
Lord Clinton Euch, ja, Madame; Fabiani, nein.
Königin O Himmel! Nun ja denn! Ich sage es ganz laut! Desto schlimmer! Fabiani ist unschuldig! Fabiani hat das Verbrechen nicht begangen, weshalb er verdammt wurde. Ich, und der da und der Arbeiter Gilbert, wir haben Alles getan, Alles erfunden, Alles angelegt. Reine Komödie. Wagt es, mich Lügen zu strafen, Herr Vogt! Jetzt, meine Herrn, werdet ihr ihn jetzt verteidigen? Er ist unschuldig, sage ich euch! Bei meinem Haupte, bei meiner Krone, bei meinem Gott, bei der Seele meiner Mutter, er ist unschuldig! Das ist so wahr, als es wahr ist, daß Ihr hier seid, Lord Clinton! Verteidigt ihn! Vernichtet sie, wie Ihr Thomas Wyatt vernichtet habt, mein alter Freund, mein guter Robert! Ich beschwöre Euch, es ist falsch, daß Fabiani die Königin wollte ermorden lassen.
Lord Clinton Es gibt noch eine Königin, die er ermorden wollte, sie heißt England.
Das Geschrei währt außen fort.
Königin Den Balkon! öffnet den Balkon! Ich will selbst dem Volke beweisen, daß er nicht schuldig ist!
Simon Renard Beweist ihm, daß er kein Italiener ist.
Königin Wenn ich denke, daß es ein Simon Renard ist, eine Kreatur des Kardinals Granvella, der es wagt, so mit mir zu sprechen! Nun denn, öffnet diese Türe! öffnet diesen Kerker! Fabiani ist darin, ich will mit ihm sprechen.
Simon Renard leise: Was macht Ihr? Um seines eigenen Besten willen ist es überflüssig, alle Welt wissen zu lassen, wo er sich befindet.
Das Volk Tod dem Fabiani! Es lebe Elisabeth!
Königin Mein Gott! mein Gott!
Simon Renard Wählt, Madame! Er deutet mit der einen Hand auf die Türe des Kerkers. Entweder diesen Kopf dem Volke – er deutet mit der andern Hand auf die Krone, welche die Königin trägt – oder diese Krone der Dame Elisabeth.
Das Volk Tod! Tod Fabiani! Elisabeth!
Ein Stein zerschlägt die Fensterscheibe neben der Königin.
Simon Renard Eure Majestät richtet sich zu Grunde, ohne ihn zu retten. Der zweite Hof ist genommen. Was will die Königin?
Königin Ihr alle seid Memmen, und Clinton die größte! Ach! Clinton, ich werde daran denken, mein Freund!
Simon Renard Was will die Königin?
Königin O, von Allen verlassen zu sein! Alles gesagt zu haben, ohne etwas zu erhalten. Was sind denn doch diese Edelleute da? Dieses Volk ist schändlich. Ich möchte es unter meinen Füßen zermalmen. Es gibt also Lagen, wo eine Königin nichts ist, als ein Weib! Ihr sollt mir es alle teuer bezahlen, meine Herrn!
Simon Renard Was will die Königin?
Königin niedergebeugt: Was Ihr wollt! Tut, was Ihr wollt! Ihr seid ein Mörder! Bei Seite: Oh Fabiano!
Simon Renard Clarence! Jarretière! Her zu mir! Meister Äneas, öffnet den großen Balkon auf der Galerie!
Der Balkon im Hintergrunde öffnet sich. Simon Renard geht hin, Clarence zur Rechten, Jarretière zur Linken. Unermeßliches Getöse von außen.
Das Volk Fabiani! Fabiani!
Simon Renard auf dem Balkon, nach dem Volke gewendet: Im Namen der Königin!
Die Herolde Im Namen der Königin.
Tiefe Stille außen.
Simon Renard Ihr Männer! Die Königin läßt euch wissen: Heute, diese Nacht noch, eine Stunde nach dem Nachtläuten soll Fabiano Fabiani, Graf von Clanbrassil, mit einem schwarzen Schleier, von Kopf bis zu Füßen bedeckt, mit einem eisernen Knebel geknebelt, eine Kerze von gelbem Wachs, drei Pfund schwer, in der Hand, unter Fackelschein vom Londoner Turm durch Charing-Cross auf den alten Stadtmarkt geführt, daselbst öffentlich gestäupt und enthauptet werden, zur Strafe für das Verbrechen des Hochverrats im ersten Grade und des königsmörderischen Angriffes auf die geheiligte Person Ihrer Majestät.
Ein unermeßliches Händeklatschen erhebt sich außen.
Das Volk Es lebe die Königin! Tod dem Fabiani!
Simon Renard fährt fort: Und damit es Jedermann in der Stadt London wisse, befiehlt die Königin, wie folgt: So lange der Verurteilte den Weg vom Londoner Turm bis zum alten Markt zurücklegt, wird mit der großen Glocke des Turmes geläutet. Im Augenblicke der Hinrichtung werden drei Kanonenschüsse abgefeuert: der erste, wenn er auf das Schaffot steigt; der zweite, wenn er sich auf das schwarze Tuch legt; der dritte, wenn sein Kopf fällt.
Beifall.
Das Volk Lichter! Lichter!
Simon Renard Diese Nacht werden der Turm und die Stadt London zum Zeichen der Freude mit Lichtern und Fackeln erleuchtet. Ich habe es gesagt.
Beifall.
Gott schütze die alte Charte von England.
Die Herolde Gott schütze die alte Charte von England!
Das Volk Tod dem Fabiani! Es lebe Marie! Es lebe die Königin!
Der Balkon wird geschlossen. Simon Renard kommt zur Königin zurück.
Simon Renard Was ich eben getan habe, wird mir nie von der Prinzessin Elisabeth verziehen werden.
Königin Noch von der Königin Marie. – Laßt mich, mein Herr.
Sie verabschiedet mit einer Bewegung alle Anwesende.
Simon Renard leise zu Meister Äneas: Meister Äneas, wacht über die Hinrichtung!
Meister Äneas Verlaßt Euch auf mich.
Simon Renard geht ab. Im Augenblick, wo Meister Äneas hinausgehen will, läuft die Königin auf ihn zu, ergreift ihn am Arm und führt ihn heftig auf den Vordergrund der Bühne zurück.