Georg Heym
Gedichte
Georg Heym

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14.07.1911

          Was kommt ihr, weiße Falter, so oft zu mir?
Ihr toten Seelen, was flattert ihr also oft
Auf meine Hand, von euerm Flügel
Haftet dann oft ein wenig Asche.

Die ihr bei Urnen wohnt, dort wo die Träume ruhn
In ewigen Schatten gebückt, in dem dämmrigen Raum
Wie in den Grüften Fledermäuse
Die nachts entschwirren mit Gelärme.

Ich höre oft im Schlaf der Vampire Gebell
Aus trüben Mondes Waben wie Gelächter,
Und sehe tief in leere Höhlen
Der heimatlosen Schatten Lichter.

Was ist das Leben? Eine kurze Fackel
Umgrinst von Fratzen aus dem schwarzen Dunkel
Und manche kommen schon und strecken
Die magren Hände nach der Flamme.

Was ist das Leben? Kleines Schiff in Schluchten
Vergeßner Meere. Starrer Himmel Grauen.
Oder wie nachts auf kahlen Feldern
Verlornes Mondlicht wandert und verschwindet.

Weh dem, der jemals einen sterben sah,
Da unsichtbar in Herbstes kühler Stille
Der Tod trat an des Kranken feuchtes Bette
Und einen scheiden ließ, da seine Gurgel

Wie einer rostigen Orgel Frost und Pfeifen
Die letzte Luft mit Rasseln stieß von dannen.
Weh dem, der sterben sah. Er trägt für immer
Die weiße Blume bleiernen Entsetzens.

Wer schließt uns auf die Länder nach dem Tode,
Und wer das Tor der ungeheuren Rune.
Was sehn die Sterbenden, daß sie so schrecklich
Verkehren ihrer Augen blinde Weiße.

 


 


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