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So glitten die Tage dahin und reihten sich aneinander zu Wochen und Monden.

In wüste Teufelstrift wurde fleißig gearbeitet. Vom Morgengrauen an war Förster Treumann mit seinen Leuten draußen, wenn sie in der Frühe kamen, lagerte der dichte Nachtnebel noch bläulich kalt und alles verbergend über der Erde; die Arbeiter tappten hinein und verschwanden schon nach ein paar Schritten in dem wehenden Grau, wie Schiffe auf nebliger See. Trieb aber ein Lufthauch den Dunst auseinander, daß der Boden für einen Augenblick dazwischen sichtbar wurde, so erhöhte dies noch den Eindruck unheimlicher Meerfahrt, denn langhin rollenden Wogen gleich schien dann die gelbbraune Sandfläche sich bis in weite Fernen zu ziehen.

Nach Tische pflegte Theophil seine Mutter und Ilse im kleinen Jagdwagen hinauszufahren. Dann stand man draußen eine Weile herum, und immer wieder wurden dieselben Dinge mit dem Förster besprochen. Boden siebenter Klasse war stellenweise Wüste Teufelstrift! Da mußten die schlimmsten Partien erst mal mit Besenpfriem angepflanzt werden, und wo der Sand gar zu sehr verwehte, wurden Spriegelzäune gebaut, ihn zu halten. – Bessere Teile bepflanzte man gleich mit zweijährigen Bankskiefern. Zwei Männer mit der Kulturleine schritten voraus, steckten sie mit Pflöcken an beiden Enden fest und bezeichneten dann die Stellen, wo die jungen Pflänzchen, anderthalb Meter auseinander, hinkommen sollten. – Ihnen folgten zwei Reihen Frauen; die ersten gruben mit Spaten die Löcher, die zweiten pflanzten die Bäumchen schnell ein, daß die geöffnete Erde nicht noch mehr austrockne. – Auf einer anderen weiten Strecke dagegen wurden jetzt nur die Löcher gegraben, daß sich während des Winters der Schnee darin sammle, und im Frühjahr gepflanzt werden könne. – Eine dritte Schonung endlich ließ Theophil mit besonderer Sorgfalt anlegen. Dort wurde gute Erde in Wagen angefahren und dann mit Karren in Haufen zwischen die Reihen geschüttet, und in jedes aufgegrabene Loch taten die Frauen etwas von der schönen dunklen Erde um die Wurzeln des Bäumchens, das sie pflanzten. – Das war das teuerste Verfahren, aber dank Ilses mütterlichem Erbteil konnte man sich solchen Versuch wohl mal leisten.

So wurde auf Wüste Teufelstrift mit den Bäumchen experimentiert, und es gab auch da solche, denen von Anfang an, ohne ihr Verdienst und Zutun, günstigere Lebensbedingungen geboten wurden als anderen.

»Werden das denn wirklich jemals schöne große Bäume werden?« fragte Ilse, auf die kümmerlichen Pflänzchen weisend, den Förster.

Der zuckte die Achseln. »Die Bäumchen an sich sind nicht schlecht, gnädige Frau,« antwortete er, »aber auf solchem Boden ist auch von der anspruchslosesten Pflanze nicht viel zu erwarten. Nach sechs Jahren können diese hier ungefähr einen Meter hoch sein, falls wir bis dahin nicht zu arge Dürre haben, und sie nicht die Schütte kriegen.«

»Nun und dann später?«

»Ja, – nach zwanzig Jahren muß man sie abtreiben, aber in der Zwischenzeit haben sie doch vielleicht den Boden etwas gebessert, durch ihren Schatten, die angesammelte Feuchtigkeit und den Nadelabfall.«

Zwanzig lange Jahre hier im Sande stehen, nur um den Boden zu verbessern für die, so nachher kommen würden! Der achtzehnjährigen Ilse klang das endlos lang. Sie fröstelte im matten Schein der sinkenden herbstlichen Sonne. – War das wirklich des Lebens ganzer Zweck und Inhalt? ein Jeder immer nur Vorbereitung für einen Künftigen? – Gab es nichts Höheres, wie nur geduldig still halten an dem Platze, den Zufall oder eigene Blindheit bestimmt? – Pflichten waren ihr früher, halb unbewußt, stets als schwer zu vollbringende, heroische Taten erschienen, und nun dämmerte es vor ihr auf, daß, in der Jugend, schwerer als alles Tun, das tatenlose Verzichten ist.

Eines Nachmittags, als Theophil seine Mutter und Ilse wieder einmal nach Wüste Teufelstrift kutschiert hatte, trafen sie dort des Försters junge Frau.

»Schau mal an,« sagte Frau von Zehren, »die Anne Dore hat es ohne ihren Mann nicht aushalten können und ist ihm nachgelaufen.«

»Ja – es gibt auch solche Frauen,« murmelte Theophil.

Die Anne Dore war rot und verlegen geworden, und Treumann entschuldigte ihre Anwesenheit.

»Nun, wenn sie Sie nur nicht von der Arbeit abzieht ...«, meinte Theophil herablassend.

Während er dann mit seiner Mutter und dem Förster den Fortschritt der Arbeiten besichtigte, blieben die beiden jungen Frauen zurück.

»Mein Mann ist jetzt schon von früh ab hier draußen,« sagte Anne Dore, »da wollt ich doch mal nach ihm schauen – die gnädige Frau werden das sicher begreifen.«

»Sind sie wirklich so gern mit ihm zusammen?« fragte Ilse.

»Na, das will ich meinen!« antwortete Anne Dore lachend, »den ganzen Tag und – die ganze Nacht!« Und dann setzte sie hinzu: »Dazu heiratet man doch!«

Ilse sah sich um, ob niemand sie hören könne, und ohne die junge Försterfrau anzublicken, fragte sie dann eilig und leise: »Wußten sie denn ... was das eigentlich heißt ... sich zu verheiraten?«

»Na gewiß doch,« antwortete die andere, »und es war oft schwer genug zu warten während unserer langen Brautzeit – bis er die Stelle hatte, auf die hin wir heiraten konnten – na, aber jetzt! –«


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