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Als wir am andern Morgen gegen acht Uhr mit unserm, bis zum Rande beladenen Kanu langsam um die letzte Krümmung der Pyranha-Lagune herumgleitend, das Floß in Sicht bekamen, wurden wir überraschenderweise von dorther mit einem mehrstimmigen Geschrei begrüßt. Ich hielt den Arm mit der halben Kokosschale, die ich auf der Fahrt zum Ausschöpfen des dauernd hereinschlagenden Wassers benutzt hatte, als Schirm gegen die blendende Morgensonne über die Augen und sah zu meinem Erstaunen, daß auf dem Floß die ganze Jungfilm G. m. b. H. und dazu noch der Oberaufseher von Utinga samt einem Stabe von Hilfskräften versammelt und augenscheinlich in erheblicher Aufregung begriffen war.
Erst bei den mehr oder weniger höflichen Fragen über meinen Verbleib in der verflossenen Nacht, die mir entgegenschollen, wurde mir bewußt, daß ich gestern abend ganz vergessen hatte, Manuelo zu beauftragen, von der Kantine aus zu Haus anzurufen und Bescheid über unser Vorhaben zu geben. Unglücklicherweise hatte er auch dem Kantinenwirt nichts davon gesagt, und so war Ruths Verwunderung über mein Ausbleiben gestern abend zu ernsthafter Besorgnis geworden, als Manuelo und ich auch bis heute morgen noch nicht wieder erschienen und auch niemand eine Ahnung hatte, wo wir abgeblieben waren. Ich war ziemlich verdattert, als ich bei der Landung statt Lob und Bewunderung über mein dreizentriges Sumpfschwein und die damit verbunden gewesenen nächtlichen Strapazen eine Flut von Vorwürfen aus Ruths und Bittners und Sepps Munde und einige kalt-mißbilligende Blicke aus den Augen des unnötigerweise alarmierten Caballeros in Empfang zu nehmen hatte. Aber Materialist, wie ich wohl im tiefsten Herzen bin, war ich sogleich getröstet, als sich herausstellte, daß meine Frau vorsorglicherweise eine Riesen-Thermosflasche voll konzentriertem Mokka und ein ansehnliches Paket mit gebuttertem Toast auf die Suchexpedition mitgenommen hatte.
Angesichts der Art, wie ich es mir schmecken ließ, vergaß die getreue Marketenderin ihre ausgestandenen Ängste, setzte sich zu mir und begann mein Frühstück mit liebevollen Bemerkungen über die verblüffende Ähnlichkeit zu würzen, die ich in meinem von Schweiß und Dreck starrenden Anzug und den unrasierten Borsten mit dem eingebrachten Sumpfschwein aufwies. Auch Bittner, der mich anfangs, noch einen Schein gelber im Gesicht als gewöhnlich, in nervöser Gereiztheit angeknurrt hatte wie ein Hund, beruhigte sich allmählich über meine unverantwortliche Handlungsweise, nahm nunmehr mein gestriges Zimmermannswerk in näheren Augenschein, fand es gut und zweckentsprechend ausgeführt, und den riesigen Borstenträger im Kanu sogar als »filmisch einfach großartig«.
Selbst Vetter Sepp, der sich auf die Nachricht von unserm Verschwinden hin von seinem Schmerzenslager erhoben und mit herausgeschleppt hatte, vergaß in Erwartung der jetzt bevorstehenden aufregenden Kurbelszene seine juckenden Brennesselbeulen und half, halbblind wie er mit seinen verschwollenen Augen war, eifrig mit bei den Vorbereitungen.
Als nächstes ebneten und versteiften wir den Haufen von totem Holz ein wenig, von dem aus Sepp und ich vor zwei Wochen die Teufelskralle aufs Korn genommen hatten, und die Leute holten unterdessen unsere im Maschinenhaus abgestellte Apparatur heraus. Bittner baute sie dann droben auf, und ich ging mit vier Mann und all der Vorsicht daran, die bei der Kippligkeit des Kanus und dem, was drunten in dem dunkeln Pfuhle lauerte, hier äußerst empfehlenswert war, den Schweinekadaver auf das Floß zu verladen.
Die Sache ging nicht ohne einige bange Augenblicke ab; beim Hochhieven neigte sich die überlastete Kante des Floßes fußtief unter Wasser, mir quollen von der Anstrengung des Ziehens und Hebens und auch vor Angst, im nächsten Moment samt Schwein und Mannschaft in diesem unheimlichen Gewässer drin zu liegen, fast die Augen aus dem Kopfe. Dom Pedro, der, auf der Spitze des Kanus balancierend, aufmerksam das Wasser beobachtete, stieß auf einmal ein warnendes »Pyranhas aproximarse!« aus, und darauf fuhr natürlich jede, der Oberfläche des Wassers nahe Hand schleunigst zurück und die mühsam angelupfte Dreizentnerlast plumpste wieder in das Kanu zurück.
Schnaufend und verdutzt sahen wir einander an, und es war Ruth, die auf den guten Vorschlag kam, dem Rüsseltier ein Stück Fleisch aus der Lende zu schneiden, – die Wunde mußte dann allerdings wieder gut verklebt werden, so daß kein Blut herauströpfelte – und mit dem kleingeschnittenen Fleisch die gefräßigen Unholde ans Ufer herzulocken, um sie da so lange zu beschäftigen, bis das Schwein auf dem Floß war.
Die Idee war einleuchtend und wurde ausgeführt. Der erste Brocken blutigen Fleisches hatte kaum das Wasser berührt, als er schon weggerissen wurden, binnen wenigen Augenblicken waren ganze Scharen der huschenden grauen Schatten an der Stelle versammelt. Daraufhin spuckten wir nochmals in die Hände, und unter einem begleitenden »Ho-hupp! Ho-hupp!« aus Sepps Munde gelang es uns schließlich, das widerborstige Schweinstier auf die Plattform hinaufzuwürgen.
Dann brachten wir unser Floß abgemessene vier Meter von der Kamera entfernt in Position und verankerten und sicherten es sorgsam gegen etwaiges abtreiben oder die andere bedenkliche Möglichkeit, daß es umkippte, wenn der schwere Kadaver bis zum äußersten Rand rutschte. Das getan, legte ich dem Schwein eine Strickschlinge um den Hals; es war ein neugekauftes, drei Zentimeter starkes Hanfseil, das wir dazu verwendeten. Das Ende wurde über eine Rolle geleitet, die an einer Art von niederem, solid gebautem Galgen hing, den ich gestern eigenhändig gezimmert und auf dem Floß montiert hatte. Als weiteres hochwichtiges Requisit wurde dann noch auf einem danebengestellten Kamerakoffer eine große Weckuhr so postiert, daß das Zifferblatt dem Objektiv zugekehrt war.
Trotzdem mir Bittner schon ungeduldig hinter seiner Kamera hervor zurief, daß in zehn Minuten der Schatten eines großen Baumes über die Schaubühne fallen würde, ließ ich erst einmal eine Lupfprobe mit unserm gewichtigen Köder machen, wobei sich herausstellte, daß mein Galgen für dieses Riesenvieh zu niedrig war. Da wegen der Gewichtsverlagerung niemand so weit hinaustreten konnte, mußten in aller Eile noch ein paar Stangen herbeigeschafft werden, um damit die Last über den Floßrand zu schieben.
Dann kam der große Moment, vier Mann standen am Seil bereit, auf Sepps Zuruf hin zogen sie aus Leibeskräften an, Manuelo und ich halfen mit den Stangen nach, der Kadaver schwang langsam über das Wasser hinaus; aber beinahe wäre in diesem Augenblick schon eine Katastrophe dadurch eingetreten, daß die Leute unvermittelt in ein lautes Gelächter ausbrachen und dabei unwillkürlich ihren Griff am Seil lockerten. Es gab einen harten Ruck und die Vorderkante der Plattform senkte sich so jählings, daß Manuelo, der noch seine Stange gegen den Kadaver stemmte, vorwärtsschoß und kopfüber zwischen die lauernden Dämonen da unten gestürzt wäre, wenn ich ihn nicht im letzten Moment noch gepackt und zurückgerissen hätte. Und verursacht war das ganze dadurch, daß ein Pyranha prompt unter dem nur handbreit überm Wasserspiegel pendelnden Ringelschwänzchen des Schweines emporgeschnellt war und es glatt abgebissen hatte! Der Vorfall mußte so schreckenerregend ausgesehen haben, daß alles ringsum aufschrie und der aschfahl gewordene Manuelo den vieren noch ein paar anscheinend sehr scharfe Worte zuwarf. Ich fügte meinerseits noch ein inniges »Himmelhunde, verfluchte«, hinzu.
Dann setzte ich den Wecker in Gang, dessen Sekundenzeiger auf Punkt sechs gestellt war, trat aus dem Blickfeld heraus, winkte dem Operateur drüben zu und kommandierte der Seilmannschaft: »Depositar! – Nieder!« Die Kamera am Ufer surrte los, langsam senkte sich vor dem Floß der Kadaver in die Flut, und im selben Augenblick wurde es rings um ihn lebendig, lebendig in einer Art, daß sich einem die Haare sträuben wollten! Es war, als ob das stille dunkle Wasser plötzlich zu sieden begänne, es spritzte, gischtete und quirlte um die mählich versinkende dunkle Tierform herum, und unter dauerndem Rütteln und Zucken geriet die ganze schwere Last in eine langsam kreisende Bewegung.
»Alto là! – Halt!« rief ich, als nur noch der klobige, schwarzstruppige Schädel des Schweines aus dem Wasser ragte. Gehorsam hielten sie inne, niemand sprach ein Wort, aller Augen ruhten gebannt auf dem strudelnden Getümmel unter jenem Kopf, und laut und deutlich war in der Mittagsstille das einförmige Summen der Kamera, das harte Ticken der Uhr, das leise Klatschen und Plätschern der am Halse des Köders reißenden Pyranhas zu vernehmen. Ich hatte den Blick nicht vom Zifferblatt gewendet; als der große Zeiger genau auf zwei Minuten nach Sechs stand, hob ich mit einem »Alto! – Auf« die Hand.
Die Leute zogen prompt an, langsam hob sich der Kopf über das Wasser, herabhängende Fetzen von Haut und Fleisch, ein Stück weißer Halswirbel wurden für einen Moment sichtbar, daran festgebissene Fische fielen klatschend ins Wasser zurück, noch wilder wurde der Tumult um den untergetauchten Tierleib; da gab es plötzlich einen Ruck, das Seilende flog durch die Luft und mit einem allgemeinen enttäuschten »Ah –!« sahen wir den Kadaver unseres Sumpfschweines, umwirbelt von Hunderten rasend attackierender Pyranhas, in den Fluten versinken. Sie hatten die Seilschlinge am Halse durchgebissen.
»Himmelkreuzgottverdammich!« brüllte der Operateur herüber. »Wie konnte denn das passieren! Es kann doch, verflucht nochmal, nicht so schwer sein, eine Schlinge richtig zu knoten! Wenn man sich nicht selber um jeden Scheißdreck kümmert ...«
»Oh, hängen Sie sich auf, Sie Hundsaffe«, rief ich in ebenso jäh aufwallender nervöser Erbitterung zurück, hockte mich auf der Plattform nieder und legte den Kopf auf die emporgezogenen Knie. Mir war urplötzlich wieder sehr übel geworden. Jetzt, da die Spannung vorüber war, machten sich bei mir die Nachwehen der vergangenen Nacht mit einem Schlage fühlbar.
»Ja, was wollen Sie denn, Herr Bittner«, hörte ich wie aus weiter Ferne Sepps Stimme herüberschallen. »Es hat doch nichts mit der Schlinge zu tun gehabt; die Malefizviecher haben halt das Seil durchgebissen!« Worauf der erboste Kurbelmann eine ruppige Antwort und Sepp nunmehr auch mit voller Stimmkraft wiederum entsprechend herausgab. Trotz des Elends, das mich erfüllte, wurde mir angesichts dieses, aus so lächerlichem Anlaß erfolgten Ausbruchs einmal mit seltener Klarheit bewußt, wie sehr unser aller Nerven bereits durch das höllische Klima dieses Landes gelitten hatten. Eine kleine Hand legte sich auf meine Schulter, und Dom Pedros Stimme fragte irgend etwas. Ich bedeutete ihm, das Kanu längsseits zu bringen setzte schweigend damit ans Ufer hinüber und bat die hinzuspringende Ruth, mir doch sogleich meine Hängematte hier irgendwo aufzuspannen. Mir zitterten Hände und Knie, als ich mich aufgrunzend darin ausstreckte, aber in der halben Betäubung, die sofort von jeder Faser meines Körpers Besitz ergriff, hörte ich meine beiden Partner immer noch miteinander krakeelen.
Als ich aus dem Schwächeanfall allgemach wieder zu mir selbst zurückfand, leuchtete der Himmel bereits in goldner Abendröte über Wald und Wasser, Ruth und Pedro saßen nebeneinander am Ufer und warfen irgendwelche freßbaren Dinge in einen wimmelnden Schwärm von gierig schnappenden Fischmäulern hinein. Sonst war auf dem Schauplatz unserer heutigen Tätigkeit, die so enttäuschend geendet hatte, niemand mehr zu hören und zu sehen.
»O Boy!« seufzte mein Kamerad bekümmert, als ich mich aus meiner schwingenden Liegestatt herauswickelte. »Daß dich das immer wieder überfällt –! Und daß es noch dazu zwischen euch immer wieder Stunk geben muß! Es ist zum ... zum ...«
»Sag ruhig: Zum Kotzen!« ergänzte ich. »Mir persönlich ist es augenblicklich wirklich so –! Sind die beiden heimwärts gepilgert?«
»Sepp mit der Apparatur, ja. Adalbert aber ist wutschnaubend schon vorher abgesaust, und ich fürchte, nicht heim, sondern zu einer Leberspülung in die nächste Beiz! – War es übrigens unbedingt nötig, daß du ihm gegenüber gleich derartig massiv wurdest?«
»Es war sogar absolut unnötig. Man sollte nie, einfach nie, die Selbstbeherrschung verlieren. Aber gegen die Infektion mit Tropenkoller ist eben keiner völlig immun. – Doch wir wollen es nicht allzu tragisch nehmen. Und weil ich so besonders darauf erpicht bin, daß die Pyranhaaufnahmen morgen weitergehen, begebe ich mich, wenn wir ihn nicht zu Hause vorfinden, per Taxi auf die Suche nach ihm. Und wenn ich ihn habe, entschuldige ich mich eben für meinen frommen Wunsch von heute mittag und schleife ihn dann heim. Wenn's sein muß, am Rockkragen.«
»Nach meiner unmaßgeblichen Meinung solltest du dich lieber mit ein paar Pillen im Bauch und einer heißen Kompresse obendrauf niederlegen. Aber du hörst ja doch nicht auf mich!«
»Pillen und Kompressen sollen verdammt sein!« knurrte ich, würgte meine Übelkeit hinunter und wackelte los.
Der beleidigte Kurbelmann war tatsächlich nicht daheim gelandet, wie mir Sepp händeringend berichtete. Er wollte schon wieder eine seiner üblichen Jeremiaden loslassen, doch ich schnitt sie kurz ab, machte mich, schmutzig und verschwitzt wie ich war, unverzüglich auf den Weg und fand den Gesuchten auch bald hinter einem Humpen »Hellem« im Grand Hôtel hocken. Er setzte auf meine in gemütlichem Tone vorgebrachte Entschuldigung anfangs ein ehernes Gesicht auf, schmolz dann aber vor Rührung, als ich selber, der notorische Kaffeetrinker, zwei weitere »Helle« anfahren ließ und mir eins davon mit Todesverachtung einverleibte.
Auf mein Zureden hin ging er dann wirklich, bisher nur leicht angesäuselt, mit mir heim, und als ich am andern Morgen mit einem neuen, in der Markthalle gekauften Schwein am Maschinenhaus von Utinga vorfuhr, fand ich ihn in Gesellschaft von Sepp und Ruth und den benötigten Leuten bereits nüchtern wie ein Salzhering und voll Arbeitswut auf mich warten.
Auch das Stahlkabel war vorhanden, das Sepp nach unserer gestrigen Erfahrung auf mein Geheiß besorgt hatte, und knapp zwei Stunden darauf tauchte der Kadaver, der freilich kleiner und nicht so dekorativ war wie der meines unvergeßlichen Sumpfschweines, mit einer stählernen Schlinge um den Hals, in die Pyranha-Lagune hinein.
Wieder so wie gestern herrschte allgemeines erwartungsvolles Schweigen, als sich der Tierleib unter dem sofort einsetzenden wilden Ansturm der geschuppten Dämonen langsam zu drehen begann; als fühlbares Zittern pflanzte sich das unheimliche Werk, das da drunten vor sich ging, durch die Stahltrosse in unsere haltenden Hände fort, und mir kam vor, als ob der Aufruhr um den Köder heute noch rasender wäre als gestern, und die zwei Minuten sich zu Stunden dehnten, bis ich endlich mit einem »Alto!« die Hand emporwerfen konnte.
Wiederum klatschten Dutzende von silberblitzenden Schuppenleibern von dem zerrissenen und zerfleischten Brustkorb des sachte auftauchenden Köders herab; unter bloßgelegten weißen Rippen quollen Reste von Organen und Gedärmen heraus, die unter unsern Augen noch mit grauenerregender Geschwindigkeit zwischen Hunderten von wimmelnden, maschinenmäßig zubeißenden Kiefern verschwanden. Als auch die von flutenden Fleisch- und Schwartenfetzen umgebenen Schenkel auf eine Sekunde sichtbar geworden waren, ließ ich die erhobene Hand sinken und der verstümmelte Kadaver tauchte wiederum hinab. Der Zeiger des Weckers wies jetzt auf genau drei Minuten nach sechs.
Weiter summte die Kurbel drüben am Ufer, das quirlende Durcheinander, das Reißen, Zucken und Zerren an der untergetauchten Masse wurde mit den ständig neuherzukommenden Schwärmen gieriger Rachen noch immer toller; in weitem Umkreis um das mählich erkennbar werdende, hellschimmernde Knochengerüst des Tieres war jetzt alles eine einzige wildbewegte Masse von attackierenden Pyranhas.
Ich hatte nur dann und wann einmal einen raschen Seitenblick auf die Vorgänge im Wasser geworfen, und die Augen immer wieder ungeduldig auf die unfaßbar langsam weiterrückenden Uhrzeiger geheftet; zwei Minuten von den vorausbestimmten drei nach dem letzten Herablassen des Kadavers waren endlich vergangen, mit der letzten Sekunde der dritten warf ich den Arm hoch, mit einem Ruck zogen die Leute an, und aus dem Wasser tauchte ein blendendweißes, wie im Laboratorium präpariertes Skelett! Genau sechs Minuten vom Moment des ersten Eintauchens an hatten die Pyranhas gebraucht, um ein ungefähr zwei Zentner schweres Schwein zu skelettieren Selbst auf die Caboclos, die doch alle vom Hörensagen oder aus eigener Erfahrung recht gut über Pyranhas Bescheid wußten, hatte die durch die Uhr präzisierte Kürze der Zeitdauer dieser Demonstration ersichtlich denselben Eindruck lähmenden Grauens gemacht wie auf uns.
»So, damit hätten wir wieder mal ein paar Bildchen ergattert, bei denen dem Publikum eine Gänsehaut überlaufen wird. Daß sie auch photographisch gelungen sind, habe ich schon im Gefühl. Und gucken Sie mal, was für ein Schwein wir dabei gehabt haben!« sagte Bittner, als ich drüben aus dem Kanu kletterte, schüttelte sich tropfensprühend wie ein gebadeter Hund und wies zum Himmel auf. »Wenn wir bloß fünf Minuten später angefangen hätten, wäre uns von der Gewitterwolke da die letzte Szene und damit die Hauptsache des Ganzen versaut worden. – Da, stecken Sie sich auch eine ins Gesicht! So quasi als Friedenspfeife!« Damit bot er mir sein Zigarrenetui dar, und ich war geradezu entsetzt, wie seine Hand zitterte und bebte und wie lederfarben und verfallen sein Gesicht jetzt aussah. »So eine gemeine Affenhitze, heute! Bin froh, daß wir fertig sind. Hoffentlich ... Oi verflucht!« unterbrach er sich mit einer Grimasse und zupfte stöhnend am Rücken seines klitschnassen Hemdes herum. »Würden Sie vielleicht mal da nachsehen? Ich glaube, der Verband auf der gottverdammten Eiterbeule ist wieder abgeweicht.«
Ich leistete ihm selbstverständlich den kleinen Dienst, aber es war nicht nur der jäh aufleuchtende Blitz, vor dem ich für einen Moment die Augen schloß – die durch jene Fliegenmade entstandene Wunde sah furchtbar aus, und ich konnte den Mann nur im stillen bewundern, daß er damit, und bei seinem allgemeinen Gesundheitszustand überhaupt, sich doch immer wieder zum Weiterarbeiten aufraffte.
Das Gewitter setzte mit unvermittelter Wucht ein, der Rückweg durch den Wald bis zum Trolley war ein Inferno von wechselnder, greller Helligkeit und tiefer Nacht, von ohrenbetäubendem Gekrach und Gepolter, von spritzenden, rauschenden Schlamm- und Wasserfluten. Der herabstürzende Schwall prallte mit fast schmerzhafter Wucht auf die Haut, er war so dicht, daß wir unser wartendes Wägelchen erst auf zwei Meter Entfernung wahrnahmen. Wie ein Boot pflügte es dann auf den überschwemmten Geleisen dahin, an der tiefsten Stelle der Strecke reichte das Wasser, das strudelnd und gurgelnd aus dem Wald hervorbrach, bis zum Boden des Vehikels herauf. Wenige Schritte weiterhin hatte es einen so hohen Haufen von Ast- und Rankenwerk angeschwemmt, daß wir aussteigen und das Gefährt über das Hindernis hinwegschieben mußten, und wir hatten uns kaum wieder in Bewegung gesetzt, als mit einem nervenerschütternden Knall ein Feuerstrahl vor uns in einen Baum fuhr, ein gewaltiger, fast meterdicker Ast, zusammen mit seinem Behang von verfilzten Lianenmassen herunterkrachte und uns samt unserm Wägelchen einfach unter sich begrub.
Anfangs dachte anscheinend jeder von uns, er wäre vor Schreck gestorben, denn eine ganze Weile rührte sich nichts in dem grünen Durcheinander, das uns bedeckte. Das erste Lebenszeichen gab Sepp durch ein nachträgliches »Jesses Maria und Joseph!« und ein wildes Ausschlagen seines linken Haxens, und das zweite kam von mir in Gestalt eines ebenso unwillkürlichen und prompten »Uppercut«, denn der Haxen hatte mich gerade an der empfindlichsten Stelle der Kniescheibe getroffen.
Es nahm eine gute halbe Stunde in Anspruch, bis wir uns und unsern Trolley aus dem unbeschreiblichen Gewirr von Schlingpflanzen und Gezweig herausgehackt, geschnitten und gewürgt hatten. Zu unserm eigenen Erstaunen stellte sich dann heraus, daß durch das Naturereignis niemand irgendwelchen ernsthaften Schaden davongetragen hatte, sofern man nicht Fußtritte und Uppercuts ebenfalls zu den Naturgewalten rechnen will.
Das Unwetter tobte noch immer mit unverminderter Gewalt weiter, als wir eine Stunde später in entsprechender äußerlicher Verfassung an der Endstation ein abfahrtbereites Tram bestiegen. Wir alle freuten uns, in einer Viertelstunde endlich daheim zu sein, und unsere schlamm- und wassertriefenden Lumpen gegen sauberes, trockenes Zeug wechseln zu können. Aber dieses Gewitter schien den Hauptzweck zu verfolgen, uns gerade an der Heimkehr zu hindern, denn schon an der zweiten Haltestelle schlug der Blitz in einen Leitungsmast ein, das Fahrkabel glühte auf und brach herunter, und unser Wagenführer daraufhin, alle Heiligen anrufend, in die Knie. Der Mann war völlig verstört; von ihm war keine Auskunft zu erhalten, ob der Betrieb in absehbarer Zeit irgendwie weitergeführt würde. Uns gegenseitig in die Ohren brüllend, denn anders war eine Verständigung bei den pausenlos krachenden Donnerschlägen nicht möglich, kamen wir schließlich überein, unsere hindernisreiche Heimkehr zu Fuß fortzusetzen und taumelten fluchend wie die Türken wiederum in die Sintflut hinaus. An manchen Stellen rissen uns die Wassermassen, die auf der Straße dahinschossen, buchstäblich die Füße weg, zwei- oder dreimal noch wurden Bäume unweit von uns vom Blitz getroffen; es war begreiflich, daß wir bei solchem Wetter auf unserm ganzen langen Heimweg weder ein Tram noch ein Taxi erspähen konnten. Wie uns verschiedene Leute in den nächsten Tagen sagten, war dies das schwerste Unwetter, das Parà seit vielen Jahren erlebt hatte.
Zu unserm speziellen Pech erwies es sich außerdem, daß es nur der Auftakt zu einer ganzen Serie von weiteren gewesen war. Fast drei Wochen lang wiederholte es sich Tag für Tag, daß nach zwei oder drei Morgenstunden voll funkelnder Klarheit ringsum hohe Wolkengebirge aufwuchsen und gegen Mittag dann ein rasendes Gewitter losbrach, bei dem Wassermassen vom nachtdunklen Himmel herabstürzten, daß man meinen konnte, sie würden ganz Parà in den Amazonas hinausspülen. Hatte es endlich so gegen zwei oder drei geendet, so stach die Sonne zwischen noch immer unaufgelösten schweren Wolkenmassen in solch irrsinniger Glut auf den durchweichten Boden herab, daß Dampfwolken emporwirbelten und die Luft bis zum Untergang des Gestirns nicht mehr zu atmen war. Alle Räume des Hauses waren von einer dumpfen Moderluft erfüllt und alles stockte, schimmelte und faulte in Koffern und Spinden. Es war eine Art von Witterung, bei der allmählich auch der verbissenste Arbeitseifer erlahmte, jedermanns Nerven zum Zerreissen gespannt waren, und die robustesten Menschen von plötzlichen Krankheiten gefällt wurden.
Wir kamen während dieser Zeit nur wenige Male nach Utinga hinaus, und dabei kein einziges Mal zur Vollendung irgendeiner Aufnahmeserie, ehe das Tageslicht wiederum erlosch. Im Anschluß an die glänzend herausgekommene Szene aus der Pyranha-Lagune hatten wir daheim im Atelier mit sehr viel Schwierigkeiten, aber schließlichem gutem Erfolg noch die Fische direkt bei ihrer unheimlichen Tätigkeit durch die Scheiben eines Aquariums hindurch aufgenommen. Es war ein Schwarm von siebzehn quicklebendigen und unentwegt beiß- und freßlustigen kleinen Bestien, die uns Manuelo eines Tages brachte. Er hatte sie in derselben Lagune, und zwar wohlweislich mit einem Drahtnetz, gefangen.
So war uns Gelegenheit geboten, alltäglich beobachten zu können, mit welch rasender Wildheit sich diese Hyänen der Gewässer auf alles Animalische stürzten, was in ihren Bereich kam, gleichviel ob es tot oder lebendig war, mit welcher kaum zu verfolgenden Schnelligkeit die stumpfen, zähnestarrenden Rachen durch eine eigenartige, seitlichdrehende Bewegung Stück um Stück aus dem Fleisch herausrissen, es hinunterschlangen und zu einem neuen Biß vorschnellten. Und schier unfaßbar war auch die Kraft und Schärfe dieser Zähne, die ja von vielen Indianerstämmen als Rasierklingen benutzt werden: Nachdem wir bereits allerlei Versuche mit Fleischbrocken gemacht hatten, die in allerzäheste Ochsenhaut eingenäht, in Film- und Konservendosen oder in Kästen von Eisenholz verborgen, und die allesamt von den Pyranhas mit gleicher spielender Leichtigkeit zerstört worden waren, verschaffte ich mir eines Tages ein Stück aus dem Rücken geschnittene Kaimanshaut, legte ein blutendfrisches Hammelkotelett darauf und schnürte dann das Ganze mit Stahldraht zu einer Rolle zusammen. Es dauerte noch keine drei volle Minuten, bis an der einen Stelle die enorm widerstandsfähigen Platten des Echsenpanzers, an einer andern die Windungen des Stahldrahtes durchgebissen, die Fleischteile in wenigen Sekunden verzehrt waren und der weiße Knochen auf den Sandboden des Aquariums niedersank.
Einige dieser Beispiele von Zahnathletik und abschließend dann noch der Vertilgungs- und Skelettierungsprozeß am Körper einer Ente wurde von uns im Filmbild festgehalten. Danach taten wir die siebzehn gefräßigen Teufel ab. Sie wurden übrigens prompt und bedenkenlos von unsern Angestellten gebraten und verspeist, und wie ich mich durch einen Kosthappen überzeugt, schmeckte ihr Fleisch gar nicht einmal schlecht. Einen der Köpfe aber vergrub ich im Garten und scharrte ihn dann eine Woche darauf, von den Ameisen sauber präpariert, wieder aus, und ich kann ohne Übertreibung sagen, daß selten etwas einen so unbeschreiblich grauenhaften Eindruck auf mich gemacht hat wie dieser Fischschädel mit seinen grinsenden Augenhöhlen, den gewaltigen Kiefern des im Verhältnis ungeheuer großen Rachens und der starrenden Doppelreihe von rasiermesserscharfen Zähnen. Im ganzen weiteren Verlauf meines Aufenthaltes in Amazonien habe ich seitdem jedwelchem Gewässer gegenüber eine fast lächerliche Vorsicht geübt, und was mir währenddem noch vom Wirken der Pyranhas vor Augen kam, hat meine Vorsicht nur immer wieder bestärkt.
Bei der andauernden hochgradigen Spannung der Atmosphäre war es nicht verwunderlich, daß es auch in unserer Kumpanei eine Entladung nach der andern gab, und die letzte war dann eben die allerletzte. Für mich wenigstens. – Gegen Ende dieser unerträglichen Gewitterperiode wurde ich eines Mittags im dumpfen Dösen meiner Siesta durch eine leichte Berührung an meiner Hängematte gestört. Es war Dom Pedro, und er sagte mir flüsternd, daß vor der Tür ein Bote mit einem Brief von Senhor Landsberger an meine Frau stünde. Da aber die Senhora so tief schlafe, hätte er sie nicht wecken wollen, um so weniger als er schon wüßte, daß es eine schlechte Nachricht wäre. Ob ich so gut sein wolle, dem Boten die verlangte Antwort zu geben? Ich erbrach den Brief, Landsberger schrieb darin, daß seine Frau gestern schwer erkrankt wäre, und er bat Ruth, doch einmal in seinem Hause vorzusprechen. So weckte ich sie, wir machten uns beide trotz des gerade wieder tobenden Unwetters sofort auf den Weg und fanden unsern Freund in einer Besorgnis vor, die auch seine besonders betont ruhige Freundlichkeit nicht verbergen konnte. Wie er berichtete, war seine Frau gestern abend von einem jähen Unwohlsein und starkem Schüttelfrost befallen worden. In der Nacht hatte sich dann hohes Fieber eingestellt; der herbeigerufene Arzt, der auch augenblicklich wieder bei ihr war, wußte sich die Symptome noch nicht recht zu deuten.
Nach dieser wortkargen Erklärung verstummte er eine Weile, räusperte sich verschiedene Male in verlegener Weise und endlich überwand der komische Kauz seine zahllosen Hemmungen und rückte stockend mit der Frage heraus, ob Ruth wohl die nächsten paar Tage hier in seinem Hause verbringen und sich ein bißchen um die Kranke kümmern würde? Wie er aus Erfahrung wüßte, hätte seine Frau eine abergläubische Angst vor jedem Spitalaufenthalt, und eine Pflegerin hätte er jetzt, da so viele in der Stadt krank lägen, trotz aller Bemühungen nicht bekommen können. Es handelte sich vor allem darum, daß Ruth die natürlich wohlgemeinten Ratschläge seiner anwesenden – ähem – ziemlich zahlreichen Verwandten nach Möglichkeit von der Kranken fernhielte.
Er hatte noch nicht ganz zu Ende gestottert, als sich Ruth bereits mit entschlossener Miene vor der Tür des Krankenzimmers aufpflanzte und mich beauftragte, ihre Hängematte, ihren Pyjama und Toilettenkoffer durch Dom Pedro herüberzuschicken.
So ging ich allein in unser ungemütliches Heim zurück – es hallte gerade von einem neuerlichen Bittnerschen Ehezwist wider – schickte Ruth das Gewünschte zu und verbrachte den Nachmittag und Abend in ungewöhnlich beklommener, wie von bösen Ahnungen beunruhigter Stimmung. Unser Kameramann, mit dem ich eigentlich noch über die Arbeit des morgigen Tages hatte reden wollen, war ausgegangen, wie mir seine Frau in gewohnter Verdrossenheit sagte, und Vetter Sepp war ebenfalls nicht aufzufinden.
In der Frühe des folgenden Morgens kam mir das Wetter ein wenig vertrauenerweckender vor, und da mit Bittner nach dem gestrigen Auftritt sowieso nichts anzufangen sein würde, suchte ich kurz entschlossen Old Murphy auf und fragte ihn, ob wir nicht heute unsere seit langem geplante nochmalige Exkursion in das Vogelparadies unternehmen wollten. Er war ohne weiteres bereit, und trotz des unvermeidlichen Mittagsgewitters konnte ich im Laufe des Tages doch mehr als ein Dutzend Schwarzweißaufnahmen und ein halbes auf Farbplatten von den gefiederten Scharen in jenem verwunschenen und von jedem Menschenfuß gemiedenen einsamen Urwaldwinkel erlangen.
Ich kam ziemlich spät nach Hause, fand in meinem Zimmer einen Zettel von Ruth mit sehr bedenklich klingenden Nachrichten über Frau Landsbergers Zustand, im Speisezimmer aber zu meiner Verwunderung kein Nachtessen vor. Mit noch größerer Verwunderung stellte ich dann fest, daß die Küche dunkel und das ganze Haus überhaupt wie ausgestorben war. Auf meinen Ruf hin kam schließlich Manuelo aus dem in Finsternis gehüllten Hof herauf und sagte mir mit stockender Stimme, daß seine Mutter von Senhor Bittner heute früh plötzlich entlassen worden wäre. Auf mein erstauntes: »Ja, aber warum denn?« senkte der Bursche stumm den Kopf und würgte schließlich mit verhaltener Stimme hervor: »Der Senhor sagte, daß sich meine Mutter gegen Senhora Bittner frech benommen hätte.« Darauf wandte er sich mit einem leisen »Boa noite, Senhor Arturo!« ab, griff seine zusammengeschnürte Hängematte auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus.
Ich wollte meiner Frau bei ihrer gegenwärtigen Inanspruchnahme nicht auch noch mit dieser Hiobsbotschaft kommen, zog mich nur rasch um und ging, um im Grand Hôtel vielleicht noch ein Abendessen zu erwischen. Aber im Moment, da ich die Klinke unserer Haustür erfaßte, wurde sie von draußen niedergedrückt, mit weißem Gesicht trat Ruth ein und lehnte aufschluchzend den Kopf an meine Schulter. Ich brauchte nicht zu fragen, was geschehen war.
Schon um acht Uhr am nächsten Morgen wurde Frau Landsberger begraben – das Klima der Tropen kennt kein Erbarmen und nimmt keine Rücksicht auf die Gefühle der Menschen.
Erst nachdem ich als letzter des Trauergefolges die symbolischen drei Handvoll Erde in das bis zum Rande mit Blumen gefüllte Grab geworfen hatte, kam noch Bittner angehastet, und ganz objektiv hatte ich den Eindruck, daß sein Gesicht an diesem Morgen viel leichenhafter aussah als das der Verstorbenen in ihrem Sarge. Ruth fühlte sich so müde und elend, daß sie stracks nach Hause ging, um sich niederzulegen; ich begleitete Landsberger, der bis dahin eine bewundernswürdige Ruhe und Fassung bewahrt hatte, heim. Dort brach er allerdings weinend zusammen, und so blieb ich bis zum Abend bei ihm.
Ruth schlief bei meinem Heimkommen immer noch. In Bittners Zimmer schien eine Auseinandersetzung zwischen ihm und Sepp im Gange zu sein; ich hatte ihn um Aufklärung über die Sache mit Lucy ersuchen wollen, aber von einem plötzlichen namenlosen Ekel erfaßt, kehrte ich vor der Tür um, ging in den Hof hinunter und nahm Jacky zum Spielen heraus. Ich hatte ihn in letzter Zeit ein bißchen vernachlässigt, und so war er jetzt wie toll vor Freude und besonders ausgelassen. Er begann sofort ein wildes Geraufe mit mir, und bei den blitzschnellen Angriffen und den wundervoll geschmeidigen Bewegungen dieses Katzenkörpers vergaß ich einmal alle meine Sorgen und Kümmernisse so völlig, daß ich ganz erstaunt aufschaute, als ich droben auf der Pujada Ruth mit scharfer Stimme sagen hörte: »Ich verbitte mir diese Tonart, Herr Bittner! Wenn Sie ...«
»Sie haben sich hier gar nichts zu verbitten und überhaupt nichts zu sagen, verstehen Sie!« wurde sie von einer besoffen gröhlenden Stimme unterbrochen. »Bloß Ihre gottverdammte hochnäsige Art ist schuld an all dem Stunk und Unfrieden zwischen uns! Wenn ich gewußt hätte, was für eine Sie sind ...!«
Weiter kam er nicht –! Kein Mann wird bei einer gelegentlichen Rauhbeinigkeit des andern ein großes Wesen machen, aber wenn es eine Frau betrifft, liegt die Sache anders. Und zum Pech unseres Kurbelmannes hat mich erstens Mutter Natur mit ungewöhnlich kräftigen Fäusten und Armen begabt, und zweitens mußte er unter meiner »Entgegnung« von der Pujada herunter nirgends anders hin als gerade vor die Käfigtür von Jacky fliegen, der noch erwartungsvoll dahinter saß. Der erschrockene Kater hieb natürlich prompt mit der Tatze zu und riß dem Kameramann ein Stück Skalp heraus und die Ohrmuschel halb herunter.
Wenige Minuten darauf hatte ich, zusammen mit meinem Kameraden, das Haus in der Rua Ovidor und die Jungblut-Film G. m. b. H. bereits für immer verlassen.