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So jäh wie das Einsetzen des Gewitters war auch sein Ende. Als wir uns gegen drei Uhr nach der landesüblichen Siesta droben von unsern Betten erhoben, blitzten die Riesenblätter der Bananen und die Wedel der Palmen drüben auf dem Opernplatz im Sonnenschein, als wären sie frisch lackiert. Aus dem durchtränkten Erdreich unter den Bäumen wirbelten Schwaden von weißem Dampf empor, auf dem Straßenpflaster aber war keine Spur mehr von den niedergegangenen Wassermassen zu sehen, die Paràenser hatten die Gassen ihrer Stadt den verheerenden Regenfluten dieses Himmelsstriches angepaßt und ihnen eine hohe Wölbung gegeben, eine so hohe, daß die vorbeirollenden Autos bemerkbar schräg auf der Fahrbahn lagen.
Das Hotel war eines der wenigen mehrstöckigen Häuser von Parà, der kleine Balkon unseres Zimmers gewährte einen Überblick über den größten Teil der Stadt und die sonnenglitzernde uferlose Weite des Riesenstromes, die sich dahinter ausdehnte. Zwischen den vielerlei Schattierungen von Grün und den glühenden Farbflecken von Blumen und blühenden Schlinggewächsen der Anlagen schimmerten die feierlichen Marmorsäulen des Opernhauses hindurch, hoch im Tiefblau des Himmels segelten einige letzte weiße Wolkenfetzen dahin und darunter, allüberall, wohin das Auge auch fiel, zogen Schwärme von großen dunkeln Vögeln ihre langsamen Kreise. Auch auf dem Dach der pompösen Oper, auf allen Hausdächern überhaupt, saßen in langen Reihen dieselben Vögel, selbst drunten auf der Straße hüpften sie mit ungeschickten Sprüngen vor herannahenden Fuhrwerken auf, und wie Ruth mit einem hellen Ausrufe feststellte, hockten zwei sogar auf dem Balkon des Zimmers unter uns und zerrten dort mit mißvergnügtem Gezisch an etwas Undefinierbarem herum.
»Du, was sind denn das für Vögel? Sie sehen ja fast aus wie Truthähne in der Mauser?« fragte sie.
»Urubù sind es. Eine Geierart. Hierorts wäre der Name sinngemäß mit ›Pleitegeier‹ zu übersetzen.«
»Wieso? Meinst du jetzt unsere persönliche Pleite oder herrscht hier herum auch eine? – Du hast doch auf der Überfahrt dauernd das Buch über den Amazonenstrom von dem Engländer Bates vor der Nase gehabt, und da darin auch etwas über Parà gestanden haben muß, könntest du mir eigentlich ein paar Brocken von deiner angelesenen Weisheit abgeben. Sintemalen du doch ganz gern ein bißchen den Schulmeister spielst! Also schieß mal los!«
»Ich gebe den Besitz einer schulmeisterlichen Ader mit dem würdigen Stolz des berufenen Pädagogen zu und erkläre mich bereit, dir einen Vortrag über das erwähnte Thema zu versetzen, sofern du ihn mit dem geziemenden sittlichen Ernst aufnimmst, mein Kind«, grinste ich und strich mir einen imaginären Vollbart. »Drück deine Zigarette aus, denn Damen, die auf der Straße rauchen, werden hierzulande als verworfene und verlorene Geschöpfe betrachtet, und dann laß uns dort drüben vor dem kleinen Kaffeeausschank einen geruhsamen Mokka genehmigen. Dabei werde ich dir alles Wissenswerte über diese Stadt verzapfen. Nur das eine will ich gleich hier noch sagen, und zwar in verdammtem Ernst: verlaß dich nicht so fest darauf, daß wir beide eine ganze Weile hier blühen werden –! Nach dem, was sich heute Mittag wieder getan hat, kann ich mir nicht mehr vorstellen, daß sich ein ersprießliches Zusammenwirken unserer Kumpanei die vorgesehenen acht Monate lang durchhalten läßt. Die hier einzig angebrachte Devise ist: nur Mut, 's wird schon schief gehen!« dozierte ich, während ich in das unvermeidliche Ausgangsjackett fuhr.
»Fang nicht schon wieder mit deinem Unken an und komm endlich!« rief sie ungeduldig vom Korridor ins Zimmer herein. »Ach, du kriegst die Motten –! Da kommt einer, der dich anscheinend sprechen will. Schmeiß ihn bald wieder raus und komm dann nach! Ich muß jetzt an die Luft.«
Damit war sie weg und mit diskretem Räuspern erschien das hakennasige Gesicht des Hoteliers im Türrahmen. Er grüßte und hielt mir unter lebhaften Gestikulationen nach den Moskitonetzen hin eine längere fließende Rede in der Landessprache, die ich ebenso fließend nicht verstand.
»Speak English?« unterbrach ich ihn schließlich. Er schüttelte den Kopf und fragte zurück: »Parlez-vous français?« worauf ich schüttelte und hoffnungsvoll weiterforschte: »Parla Italiano? – Habla Española? – Auch nicht? Heiliger Nepomuk!«
Ich kratzte mir verzweifelt den Kopf und gurgelte ihn zuletzt, und nur eigentlich zum Spaß, noch an: »Int'arif Arabi?« – »Sprichst du Arabisch?«
Doch da wurde uns beiden eine Überraschung zuteil, denn mit einem erstaunten Heben seiner kohlschwarzen Augenbrauen rasselte er los: »Ajuwah araf, ya Sihdi! Lakin kallim: Andak el lissan i min fen?«
Es ergab sich, daß er syrischer Abkunft war, und was mich betraf, so hatte ich die Sprache des Propheten im Orient erlernt, und damit war erklärt, wieso sich zwei Landfremde hier am Amazonenstrom schließlich auf Arabisch verständigen konnten.
»Nun sage mir, o Bekenner des wahren Glaubens ...«, hub ich an, doch er unterbrach mich sofort ernst: »Herr, ich bin römisch-katholischer Christ!«
»Um so schlimmer, o Sohn des heiligen Vaters! Dann dürftest du den Gästen deines Hauses erst recht nicht Lumpen über die Betten hängen, durch deren Löcher eine trächtige Kamelstute ziehen könnte. Wieviel mehr also die kleinen singenden Teufel der Nacht! Ich habe deinem Diener, diesem Vater der Nasenbohrer, bereits meinen Entschluß verkündet, und da die gestellte Frist abgelaufen ist, gehe ich jetzt hin und kaufe auf deine Kosten ...«
»Genug, genug, o Herr, ich werde neue Netze besorgen«, rief er lachend. »Aber du bist der verwunderlichste Deutsche, der mir jemals vorgekommen ist. Du kannst ja reden, als ob du eine Koranschule besucht hättest!«
»Habe ich auch, gewissermaßen«; grinste ich, und mit der Ermahnung: »Möge Allah dein Gedächtnis stärken, daß du die Herbeischaffung der Netze nicht vergissest, und sich der Fluß meiner Worte nicht aufs neue über dein schuldiges Haupt ergießen muß!« ließ ich ihn stehen und machte, daß ich endlich hinüber kam zu der wartenden Ruth.
Der gastliche Betrieb bestand nur aus einem Kiosk und einer Anzahl davorstehender Tischchen. Wie ich an der langen Reihe der hier haltenden Wagen, nicht aber an Kleidung und Benehmen der Gäste sah, wurde er lediglich von Chauffeuren frequentiert. Daß wir beide mit dem Besuche dieser Stätte bereits zum zweiten Male seit unserer Ankunft gegen den Prestigefimmel der hier ansässigen Europäer angeeckt waren, ahnten wir zu dieser Stunde nicht.
»Wer war denn der Mann, und was wollte er von dir?« fragte Ruth.
»Der Besitzer des ›La Paz‹ war es, und was er eigentlich wollte, weiß ich nicht. Er ist Syrier, also konnte ich mit ihm in seiner Muttersprache reden, und so haben wir begründete Aussicht, neue Netze zu kriegen«, antwortete ich, nahm einen Schluck von dem ein wenig streng schmeckenden einheimischen Getränk, räusperte mich und legte los. – »Also, was dieses verschlafene Nest von Parà betrifft, so hat es einstmals gegen zweihunderttausend Einwohner gehabt und Zeiten erlebt, in denen es sozusagen in Geld und Sekt geschwommen ist. – Übrigens sollen hier heute noch über hunderttausend Menschen vorhanden sein, möchte wissen, wo die alle hausen. – Besagter Mammon wurde mit Kautschuk, also Rohgummi, dem berühmten Paràgummi, verdient. Die ganze Stadt lebte damals ausschließlich vom Gummihandel, selbst der letzte Lastträger drunten im Hafen verdiente Geld genug, um sich abends ein paar Pullen französischen Champagner hinter die Binde gießen zu können. Und die Großhändler, sogar ein paar Dutzend, und ihre Frauen badeten einfach im Sekt, und fuhren, die letzten Pariser Schöpfungen auf dem Leibe und Brillanten, so groß wie eine Haselnuß an jedem Finger, den ganzen Tag im Auto herum. Rolls Royce und Hispano-Suiza mußten es sein, Packards waren schon die unterste Grenze. Und ein Rennboot auf dem Strom gehörte auch dazu, und eine Villa draußen in Santa Nazareth und ein Landhaus in Mosqueira – es war der kleine Badeort, den wir dicht vor Parà passierten, entsinnst du dich? Und der Luxus, den die Priesterinnen der Venus betrieben, soll einfach unbeschreiblich gewesen sein, und ihre Kopfzahl zu jener Zeit zwanzigtausend betragen haben. Sogar die Gummijäger selber, die draußen in den Wäldern herumkrochen und manchmal Baumrinde fressen mußten, weil sie nichts anderes hatten, und schockweise am Fieber, an den Giftpfeilen der Indianer, an Schlangen, Pyranhas und so weiter zugrunde gingen, bekamen ein paar Tropfen von dem Goldstrom ab. Wenn sie mit dem erbeuteten Gummi glücklich hier angekommen waren – er wächst hierzulande ja nicht auf Plantagen, sondern wild im Urwald, wird von Bäumen, die ziemlich vereinzelt stehen, in Form eines Milchsaftes abgezapft und darauf über einem Feuer angeräuchert, um ihn zum Gerinnen zu bringen – und wenn die Händler dann, wie sie es überall auf der Welt tun, die armen Teufel von Gummisuchern nach Kräften beschummelt und bemogelt hatten, so gab es für die eigentlichen Produzenten der Ware immerhin auch ein paar Tage mit Sekt und Mädchen und Autofahrten, bis sie mit geleerten Taschen aufs neue loszogen in die Wildnis und wieder Baumrinde und Sumpfwasser und Giftpfeile an die Reihe kamen. – Wie meinst du? – Ganz recht, es war ungefähr dasselbe wie mit den Seeleuten, den Pelzjägern, Goldsuchern etcetera. Sie alle sind vom lieben Gott speziell zur Ernährung der menschlichen Parasiten erschaffen worden, wie dir wohl klar ist. – Die Knallprotzenoper hier, die für Paris groß genug wäre, ist natürlich in jenen fetten Jahren entstanden. Wie Bates sagt, hat die letzte Vorstellung darin vor nunmehr zehn Jahren stattgefunden, und ein Stück weiter oberhalb an diesem Boulevard gab es eine ganze Batterie von Spielsälen, Tanzpalästen und Luxushotels, und auch die haben Geld gemacht auf Teufelkommraus.
Nur einer einzigen Art von Menschen ging es auch in jenem goldenen Zeitalter ganz und gar nicht gut – den Indianern. Oder richtiger gesagt, es ging ihnen noch schlimmer als es ihnen schon immer gegangen ist, seitdem ihnen Gott in seinem Zorn unsere ehrenwerte Rasse auf den Hals geschickt hat. Sie gingen damals zu Tausenden und Tausenden draußen in ihren Wäldern zugrunde. An Schnaps, an Prügeln, an Messerstichen, Schrotschüssen, satanischen Martern und schamloser Gaunerei. Jede nur ausdenkbare Gemeinheit war recht, um sie zum Gummisammeln zu bringen und sie dann natürlich um ihren Gummi zu prellen. Seitdem gibt es am ganzen Unterlauf des Stromes bis zum Rio Negro hinauf überhaupt kaum noch Indianer. – Ich will nichts weiter über dieses spezielle Thema, sagen, du weißt, daß es mir immer erheblich an die Nieren gegangen ist. Ich habe, was das betrifft, zuviel gesehen auf diesem erfreulichen Planeten ...! Vielleicht komme ich doch noch dazu, einmal ein Buch zu schreiben mit dem Titel ›Kain, wo ist dein Bruder Abel?‹«
Die Hand meines Kameraden legte sich auf die meinige; Ruth sah mich ernsthaft an, dann fragte sie leise: »Ja, und das Ende, die Pleite?« »Die kam daher, daß eines Tages ein spekulativer Brite mit einem Köfferchen aus Brasilien entwischt ist, in dem ein paar Sämlinge verstaut waren. Sämlinge von jenem Gummibaum nämlich. Die Regierung hatte in weiser Erkenntnis die Ausfuhr jener kostbaren Körnlein mit ich weiß nicht wieviel Jahren Zuchthaus bedroht. Der junge Mann mit dem Köfferchen kam glücklich davon und zog dann ein paar Jahre lang drüben im Malayischen Archipel still und emsig Gummibäumchen aus seinen Sämlingen. Als dann die erste Ernte dieses naturgemäß viel reineren und hochwertigeren Plantagenproduktes auf den Weltmarkt kam, senkten sich die Pleitegeier auf die Dächer von Parà herab. Und wie du siehst, hocken sie heute noch darauf. – Die Preise fielen und fielen, es lohnte zuletzt nicht einmal mehr, Indianer auf die Suche nach Gummi zu schicken, denn, wie gesagt, die Bäume stehen allzu vereinzelt in den Urwäldern, und außerdem war natürlich mit den vorhandenen Beständen ein wahnwitziger Raubbau getrieben worden. Binnen kurzer Zeit kam hier alles zum Stillstand. Nachdem die letzten Kisten Sekt ausgebechert waren, gab es einen ungeheuren Katzenjammer und dann einen umfassenden Totalausverkauf an schönen Villen, Autos und Brillanten. Eine allgemeine Stagnation trat ein – sie hatten das Geld zu leicht und zu schnell verdient und es ebenso wieder ausgegeben, um sich jetzt umstellen und mit kleineren Gewinnchancen abfinden zu können, die es bei den unermeßlichen Naturschätzen dieses Landes selbstverständlich in Fülle gibt. Dazu kam noch die durch das Klima bedingte Indolenz. Anderseits hat sie ihnen freilich auch geholfen, diesen ungeheuerlichen Zusammenbruch mit einer gewissen gleichgültigen Gelassenheit zu ertragen und sich mit ihren jetzigen kümmerlichen Verhältnissen abzufinden. Erst seit den letzten zwei, drei Jahren regt sich hier wieder ein zaghaftes Wirtschaftsleben, die Paràenser haben sich jetzt hauptsächlich dem Handel mit Ölfrüchten und Edelhölzern zugewandt, von denen es ja tausendundeine Art in den Urwäldern gibt. – So, das ist alles, was ich über Parà weiß, ich habe mir den Mund trocken geredet und würde eigentlich gern noch einen Kaffee trinken, will ihn mir aber in Anbetracht meiner gottverdammten Galle verkneifen«, schloß ich meinen Vortrag, zahlte den lächerlichen Betrag von ungefähr fünfundzwanzig Rappen für zwei Kaffee mit Rahm und Zucker und einem Teller voll köstlicher gebutterter Toaste, und dann ging ich ins Hotel hinüber, um meinen Partnern vorzuschlagen, den heutigen Nachmittag zu einem gemeinsamen Bummel durch die Stadt zu verwenden und erst morgen ernstlich an unsere Arbeit zu gehen.
Ich fand jedoch Sepp droben in seinem Zimmer mit gewaltigem Schnarchen beschäftigt, und Bittner überhaupt nicht im Hause vor. Wie mir seine Frau achselzuckend sagte, hätte sie ihn seit dem Mittagessen nicht mehr zu sehen bekommen. Meine, wie ich gestehen will, nicht sehr herzliche Einladung, mit uns zu kommen, lehnte sie mit einem kühlen: »Danke, ich habe zu tun«, ab, und so gingen Ruth und ich eben allein auf unsern Bummel. Auf dem breiten, in voller Nachmittagssonne liegenden Boulevard war es irrsinnig heiß, der Schweiß brach uns sofort aus allen Poren, rann in Bächlein am Körper herab und durchnäßte unsere Kleidung bis zur letzten Faser. Der nur mit einem dünnen Seidenkleidchen angetanen Ruth war die Sache ein bißchen genierlich, doch sie fand sich zuletzt damit ab, als sie erkannte, daß hier Männlein und Weiblein ohne Ausnahme ständig glitschten und tropften, als wären sie soeben aus dem Strome herausgefischt worden, und bald hatte sie über das sonstige Aussehen der hier herumwimmelnden Menschheit ihr eigenes völlig vergessen. Es waren vor allem die hierzulande »getragenen« Hautfarben, die sie immer wieder in atemloses Erstaunen versetzten.
An Schwarz und Weiß und alle möglichen Schattierungen von Gelb und Braun hatten wir uns schon in Rio gewöhnt, aber was es darüber hinaus hier noch gab, war schlechthin unwahrscheinlich. Ein vierschrötiger Mann, der dicht vor uns in ein Taxi stieg, hatte ein Gesicht wie hochpoliertes Kupfer, ein zerlumpter alter Kerl, der schlafend vor einer Haustüre hockte, war ausgesprochen olivengrün und blieb auch olivengrün, als wir uns mit ungläubigem Blick zu ihm niederbeugten, und eine junge, wie eine Göttin gewachsene Negerin, die graziös vor uns herschwebte, wies nackte, ebenholzschwarze Beine und Arme, aber einen eindeutig veilchenblauen Nacken auf. Wie sich Ruth durch einen rascheren Schritt überzeugte, rührte diese widernatürliche Tönung allerdings von einer dicken Puderschicht her. Dafür kam uns aber gleich darauf ein »vielköpfiger« Familienvater entgegen, dessen Nachwuchs an Farbenpracht alles bisher Gesehene übertraf. Von den vier Sprößlingen, die er entlang führte, war der eine elfenbeinfarben, der zweite kaffee- und der dritte schokoladebraun, der vierte jedoch, ein Bürschlein von ungefähr drei Jahren, zeigte ein hellrotes Gesicht und darüber einen gelblichweißen krausen Haarschopf, anscheinend war es ein Albino.
Der Weg den Boulevard hinunter hatte uns deutlich gemacht, daß Parà nur fünfzig Kilometer vom Äquator entfernt liegt – in Zukunft haben wir, wie jeder vernünftige Mensch hierzulande, für diese Strecke das Tram benutzt. So war ich froh, als wir endlich in die Rua Jao Alfredo einbogen, auf die Ruth zielsicher zugestrebt war. Ihr hatten es die Märchendinge angetan, von denen sie auf unserer Fahrt vom Hafen herauf einen Schimmer erhascht hatte. Es ist die Geschäftsstraße von Parà, Laden reiht sich hier an Laden, und das, was man darin alles an seltsamen Sachen kaufen kann, ist in der Tat ungewöhnlich. Neben ganz alltäglichen seidenen Strümpfen und Kombinationen in einem Schaufenster, die aus Europa eingeführt waren, lag ein indianischer Kopfschmuck, aus herrlichen bunten Kolibrifedern zusammengesetzt, und ein ebenso gleichgültiges Herren-Oberhemd hing auf einem Caboclo-Hut, der so groß war wie ein Mühlstein, und der Vorhang, der die Auslage gegen das Innere des Ladens abschloß, bestand aus lauter Hängematten, dem wichtigsten und oft einzigen Einrichtungsstück brasilianischer Wohnungen. Es gab einfache, billige, aus dickem Baumwollstoff gewebte Schlafmatten und andere aus Fasern, aus Bast oder aus Seidenschnüren geflochtene und geknüpfte, mit Spitzen, Troddeln, Stickereien und bunten Federn verzierte, die fünf- bis sechshundert Milreis, also über dreihundert Franken, kosteten. Und ganz vorn im Fenster stand eine Reihe von lackschwarzen Cuja-Schalen, und in jeder lag ein Häufchen von mattschimmernden kleinen Kieseln. Aber auf weißen Kartontäfelchen, die davor lagen, war geschrieben: »Ungeschliffene Diamanten« – »Smaragde« – »Rubine« – »Opale« – und darunter: »Sämtliche Edelsteine stammen aus den Fundstätten von Minas Geraes«. Das nächste Geschäft zeigte nur Häute und Bälge, großgetupfte Jaguar- und samtglänzende Affenfelle, mehr als ein Dutzend Arten von barock gezeichneten Schlangenhäuten, herrliche weiße Reiherstöße, große Bündel von buntglühenden Papageien-, Tukas-, Tangaren-, Ibis- und Klippenvogelfedern, und daneben ganze Haufen von Schildkrötenschalen, weißblinkenden Raubtierkrallen, -zähnen und -hauern. Und wiederum im nächsten Laden, einem halbdunkeln Gewölbe, stand zu meinem Erstaunen sogar alles voll von Elefantenzähnen. Mit einem »Ja, wie zum Teufel kommen denn Elefanten an den Amazonas!« trat ich darauf zu. Doch es waren gar keine Elefantenzähne, sondern Rauchwaren. Nämlich einheimischer Tabak, der in gekrümmte, spitzzulaufende Rollen gedreht und gepreßt und mit gelblichweißen Baststreifen umwunden war. Ein von solchem Hauer abgeschnittenes Stück sah dunkel und saftig aus wie Lakritzen und verbreitete einen durchdringenden, beizendsüßen Geruch, der dem von frischem Schnupftabak ähnelte. In einem ebenfalls sehr dämmrigen Lokal gegenüber waren ganz wundervolle Holzarbeiten ausgestellt, Kästen, Schalen, Becher und Schachspiele aus Holzarten geschnitten, die man sonst nirgends auf der Welt sieht. Manche der Hölzer glänzten wie graue Seide, andere waren einheitlich rosenrot, blauviolett, safrangelb und tiefschwarz gefärbt, wieder andere geflammt, geädert, mit roten, goldenen oder orangenen Tupfen wie gebatikt, und auf einem gewaltigen polierten Klotz, der in seiner düsterroten Färbung aussah wie ein blutgetränkter Richtblock, standen die Prachtstücke des Lädchens aufgebaut, eingelegte Arbeiten, deren verschiedene Holzarten mit bewundernswertem Geschmack ausgewählt und zusammengefügt worden waren. Wie uns das zusammengeschrumpfte, uralte Männlein, das den Laden führte, versicherte, waren diese Holzarbeiten ausschließlich von »Indio bravos«, wilden Indianern, angefertigt worden.
Ich hatte eigentlich schon genug vom Schauen, doch aus dem Nachbarhaus drangen derart würzige und fremdartige Düfte heraus, daß Ruth mich am Rockärmel auch noch da hineinzerrte. Die Gerüche entströmten einer langen Reihe von offenen Säcken, und darin befanden sich Nüsse, ausschließlich Nüsse, aber in jedem Sack immer wieder eine andere Art oder Sorte. Sie waren von jeder Größe, Farbe und Form vorhanden, kopfgroße Kokosnüsse und winzige, kaum bohnengroße Nüßchen, dreikantige Paranüsse, vielerlei Arten von Ölnüssen, andere, die unsern Wal- und Haselnüssen ähnelten, und mehrere Sorten von flachen, eisenschweren Nüssen, aus deren Schalen Knöpfe hergestellt werden.
Wie in jedem der Geschäfte, die wir betreten hatten, wurden wir auch hier mit größter Liebenswürdigkeit empfangen, und trotz unserer einleitenden Bemerkung, daß wir nichts zu kaufen beabsichtigten, bereitwilligst herumgeführt und über jede Warengattung unter einem Schwall von höflichen Redensarten unterrichtet. Mir war zuletzt vom Schauen, von den betäubenden scharfen Düften und von der brüllenden Hitze dieses Nachmittags ganz benommen im Kopf, und ich hatte eigentlich bereits den Entschluß gefaßt, irgendwo noch einen Kaffee zu trinken, Galle hin und Galle her. Als ich jedoch, einem penetranten Mokkadufte folgend, um eine Ecke bog, wurde uns ein Anblick, der mich Benommenheit und Kaffeedurst vergessen und uns beide wie gebannt stehen bleiben ließ. Die Straße führte direkt auf den malerisch-romantischen Bootshafen von heute vormittag, den berühmten Ver-o-peso von Parà zu. Es war jetzt Ebbe, die Dutzende von ankernden Booten lagen auf Grund, und auf den Schlammbänken zwischen den Fahrzeugen hüpften, flatterten und kreischten Hunderte der schwarzen Urubùs herum, rauften sich um die Abfälle des Marktes, und über dem Gestänge der Masten und den bunten Flächen der Segel flammte der Tropenhimmel in den tiefen satten Farben des Sonnenunterganges und spiegelte seine purpurgesäumten Wolken in der goldblinkenden flutenden Unendlichkeit des Riesenstromes wider. Das lärmende Getümmel der Marktstände war verhallt, der kleine gepflasterte Platz mit seinen Palmgruppen und farbigen Häuserfronten und das umfriedete Becken des Hafens mit den vor Anker liegenden Fahrzeugen lagen still und fast menschenleer, und unbelebt träumte auch das hinabführende, in Grün versponnene Sträßlein in den sinkenden Abend hinein. Unter dem golddurchfluteten Domgewölbe eines alten Mangos lockte eine kleine Bank, wir nahmen beide darauf Platz. Feurige Hibiskusblüten glühten aus der Wildnis von Bambus und Bananen hinter unserm Sitz. Ein schwerer Duft von Schlamm und Wasser, von Fischen und Häuten, von Blumen und Früchten und etwas von dem Atem heißer, unbekannter Wildnisse, den alle die Fahrzeuge hier mitgebracht hatten, wehte mit dem leisen Abendwind vom Hafen herauf. Da zuckte es auf einmal wie ein stahlblauer Blitz aus den Blüten der Hibiskus heraus, schwirrte in funkelndem Fluge auf und ab, hielt mit summendem Flügelschlag einen Moment lang vor einer Blütendolde inne und war im nächsten verschwunden. Ruth hatte unwillkürlich meinen Arm ergriffen, in stummer Frage zeigte ihr Finger auf den lebenden blauen Funken hin.
»Beja Flor!« sagte ich leise. »Kennst du den Namen?«
»Beja Flor –? Warte mal, Beja ist ›Kuß‹ und Flor natürlich ›Blume‹ – Oh, jetzt hab ich's: Blumenkuß! Der brasilianische Name für ›Kolibri‹. Mein Gott, Kolibris hier mitten in der Stadt! In welch eine phantastische Welt sind wir hier gekommen! Ich möchte ja ... Oh, da, schau! – Hast du den gesehen? Schade! Es war ein ziemlich großer Vogel, grün und feuerrot, und mit einem Schwanz, der wie ein silberner Schleier nachflatterte. Und dort, dort! – Das ist ja heute abend, als sollte ich einen Vorgeschmack von all den Wundern erleben, die uns draußen im Urwald beim Filmen erwarten. Junge, wie freue ich mich darauf! Ich möchte die Straße hinunter und durch das goldige Häfchen hindurch in diese Farbensinfonie von Himmel und Wasser hineintanzen!«
Es war ein Schwarm von Papageien, der mit Geschrei in die mit kleinen roten Früchten behangene Krone einer mir unbekannten Palmenart eingefallen war. Ich hatte Papageien und kolibriähnliche Nektarinen und Witwenvögel in Afrika zwar alltäglich um mich gehabt, doch es ist eine sonderbare Sache, daß altbekannte Dinge einem wieder so unglaublich frisch und neu werden können, wenn sie das Auge eines Weggefährten zum erstenmal erblickt.
»Übrigens ist mir im Magen ein bißchen komisch zumute, sogar sehr komisch«, setzte der Weggefährte unvermittelt hinzu, und krümmte sich dabei zusammen wie ein Fragezeichen. Ich sah, daß sie auf einmal sehr blaß geworden war, aber im nächsten Augenblick hatte sie ihr Bauchweh bereits wieder über einem Riesenkerl von metallschimmerndem Käfer vergessen, der mit einem dumpfen Knall auf meinem Panamahut gelandet war. Zu meinem Entsetzen packte sie ihn – Käfer sind so ziemlich die einzigen Lebewesen, gegen die ich eine angeborene Abneigung hege – und sperrte das Monstrum, das mir mit seinen gezähnten Zangen und seinen Glotzaugen ein wahres Grauen einflößte, lachend in ihre leere Puderdose, um es im »La Paz« einer näheren Betrachtung zu unterziehen.
Fern über dem großen Strom verlosch nach dem ungeheuren Brande des Sonnenunterganges das letzte Licht des Tages in kalter grüner Klarheit, es wurde Zeit für uns, an den Heimweg zu denken. Müde von den tausenderlei erregenden Eindrücken ihres ersten Tages in den Tropen, stolperte Ruth neben mir durch die duftschwere, vom Feuertanz der Leuchtkäfer erfüllte Dämmerung stiller, enger Gassen dahin. Dann bogen wir in eine protzigbreite, asphaltierte Straße ein, aber die in wildwuchernden Gärten liegenden Villen zu beiden Seiten waren, wie ich in der rasch herabsinkenden Tropennacht noch gerade erkennen konnte, durchweg unbewohnt und in vollem Verfall. Die schweren schmiedeisernen Torgitter und die weißen Marmorsäulen der Veranden verschwanden fast unter Massen von Schlingpflanzen; meterhohe Gräser und Stauden überwucherten die pompösen Auffahrten und durch geborstene Mauern und niedergebrochene Dächer drängten sich junge schlanke Palmen empor.
»Hier kannst du dir eine nachträgliche Illustration zu meinem Vortrag von heute mittag ansehen – die Paläste der Gummibarone! Nach der Pleite war ihnen also nicht einmal mehr soviel übriggeblieben, um die Unterhaltskosten aufzubringen, die hierzulande doch sicherlich nicht hoch sind«, dozierte ich. Doch meine Hörerin reagierte sauer, »Ja, ja«, stöhnte sie und preßte die Hand vor den Magen. »Entschuldige, aber mir ist wieder ziemlich, – nein sogar verdammt bedenklich ist mir geworden. Weißt du ... probier doch mal, ob das Tor da aufzumachen geht. Ich glaube, ich ...«
In promptem Erfassen der Lage sprang ich hinüber und gegen einen Torflügel an. Er drehte sich kreischend nach innen, Ruth drückte mir noch schnell die Dose mit ihrem kostbaren Käfer in die Hand, schoß im Linksgalopp zum Tor hinein und verschwand im schwarzen Dschungel des Gartens.
Mir dämmerte allmählich, daß zwischen der »verdammten Bedenklichkeit« ihrer Gefühle und ihrer Früchteschwelgerei von heute mittag ein Zusammenhang bestehen könne; so nahm ich sie, als sie mit käsebleichem Gesicht wieder aus der Nacht auftauchte, sorglich unter den Arm, geleitete sie zum nächsten Taxistand und verstaute sie, im Hotel angekommen, unverzüglich unter dem nagelneuen Moskitonetz, das unser morgenländischer Wirt tatsächlich angeschafft hatte. Die erwähnten Zusammenhänge wurden mir dann endgültig klar, als weder Vetter Sepp noch das Ehepaar Bittner zum Nachtessen erschienen. Wie mich der schwarzlackierte Kellner bei meinem einsamen Mahle in einem höchst putzigen Englisch unterrichtete, wäre der junge Herr den ganzen Nachmittag nicht sichtbar gewesen, und Madame Bittner habe sich so schlecht gefühlt, daß man einen Arzt herbeigerufen hätte. Mister Bittner sei vorhin erst nach Hause gekommen, er habe ganz gelb ausgesehen, hätte, mit Verlaub zu sagen, allerdings auch stark nach Alkohol gerochen und sich ebenfalls sogleich niedergelegt. »Ich bin sehr besorgt, Sir, gesehen habend, daß Ihre Tochter auch nicht fühlen gut, wenn kommend heim vorhin. Die Ursache seiend zu viele Arten von Früchten essend auf einmal. Sie erlauben mir zu offerieren ein sehr gutes Medizin für Bauch und Gedärm, Sir?« schloß die gute Seele und zog ihr schwarzes Gesicht in lauter fingerdicke Kummerfalten.
»Ja, gern. Bitte, bringen Sie die Medizin. Sie wird der Dame sicherlich gut tun. Auch wenn sie nicht meine Tochter, sondern meine Frau ist«, sagte ich lachend.
Sein Hinweis auf die alkoholische Atmosphäre Bittners jedoch ließ mich nachdenklich den Kopf wiegen. Es war immer wieder dasselbe: wenn unser Kurbelmann irgendeinen Ärger gehabt hatte, ging er unweigerlich hin und versuchte ihn mit etlichen Maß »Hellem« von der Leber zu spülen. Oder, wenn es ein ganz schwerer Ärger gewesen war, auch mit gebrannten Wassern. Ich erinnerte mich noch gut des verblüfften Gesichts, mit dem Ruth nach seinem ersten Besuch in unserer Berliner Wohnung eine leere Flasche betrachtet hatte, die vorher voll Rum gewesen war. In seinem Kummer, daß wiederum ein ins Auge gefaßter Geldgeber für unser Unternehmen abgesprungen war, hatte sie Bittner während der anderthalbstündigen Unterredung so nebenbei ausgepichelt. Dabei war mir zum erstenmal die vertiefte Gelbfärbung seines Gesichtes aufgefallen, und nach einigen beiläufigen Fragen dann klar geworden, daß die Leber meines Partners nicht ganz intakt war. Es war eine Wahrnehmung, die mich mit einiger Besorgnis erfüllte, denn ich hatte in den Tropen schon manchen Mann, um den es schade war, mit unheimlicher Schnelligkeit zum Teufel gehen gesehen, nur weil er seiner kranken Leber ein paar Flaschen Whisky zuviel zugemutet hatte.
Nachdem dann Vetter Sepp in Berlin aufgetaucht war – er war ein verkrachter Jus-Student, der einen neuen Beruf und eine gewinnbringende Anlage für einen geerbten Sack Geld suchte – und sich unerwarteterweise gleich für die Idee begeisterte, den Amazonenstrom zu verfilmen und dafür fünfzigtausend Mark aus besagtem Sack zur Verfügung zu stellen, wandte er sich natürlich um Auskunft über die Persönlichkeit Bittners an mich. Ich hatte ihm gesagt, was ich von dem Manne wußte, daß er, nach jenem für die »Filmag« gedrehten Amazonas-Film zu schließen, ein hervorragender Operateur sein müsse, dem sein Spezialgebiet, der Naturfilm, wirklich am Herzen läge, daß er unermüdlich fleißig, tüchtig und gewandt, und im übrigen das sei, was man einen guten Kerl nennt. Ich hatte es aber auch für recht und billig gehalten, den jungen Mann auf die möglichen Konsequenzen hinzuweisen, die sich drüben in den Tropen einmal jählings aus den alkoholischen Leberkuren des Kameramannes ergeben konnten.
»Er ist der Operateur und damit die Hauptperson bei einer Sache wie dieser. Ich selbst habe von Afrika her wohl eine Ahnung vom Filmen, aber eine Ahnung ist lange nicht genug, um unter so besonders schwierigen Verhältnissen wie im Amazonas-Urwald etwa einen Film allein weiterdrehen zu können. Sie wollen es erlernen, und Sie werden das Technische an der Sache auch sicherlich bald intus haben, damit aber noch keinerlei Erfahrungen, und die sind natürlich genau so wichtig. So würden wir beide einfach aufgeschmissen und Ihr Geld futsch sein, wenn unser Kurbelmann einmal ausfallen sollte. Überlegen Sie sich also auch diesen Punkt, ehe Sie unterschreiben«, hatte ich ihm bedeutet.
Er hatte es sich überlegt und nach Rücksprache mit verschiedenen bayrischen Onkeln und Tanten, die alle gleicherweise gewiegte Geschäftsleute waren, zuletzt die Bedingung gestellt, daß Bittners Leben, und zu meiner Überraschung auch das meiner minderwichtigen Person, bei Lloyds in London mit je zweieinhalbtausend Pfund, also fünfzigtausend Mark, zugunsten von Herrn Joseph Jungblut versichert wurde. Die Prämie ging natürlich auf seine Kosten. So war sein Kapital auch in dem Falle gerettet, daß unserem Operateur vor Vollendung des Filmes etwas Menschliches zustieß, und sollte auch mir ein bejammernswert frühes Ende dabei beschieden sein, so hätte sich der investierte Mammon durch Gottes Fügung sogar verdoppelt!
Bis anhin war es für unsern Kurbelmann schon häufig nötig geworden, seine Leber zu spülen, sein Teint war in letzter Zeit bedenklich gelber geworden, und zu meinem Schrecken hatte er in Rio auch einmal etwas von sonderbaren Schmerzen unter den Rippen der rechten Seite gemurmelt.
Das war es, worüber ich bei meinem einsamen Mahle den Kopf wiegte und abschließend den unbehaglichen Entschluß fassen mußte, mit dem Mann einmal unter vier Augen zu reden. – Um keinen Irrtum aufkommen zu lassen, muß ich hinzufügen, daß mich keineswegs pure Menschlichkeit dazu veranlaßte, sondern ganz überwiegend der Gedanke, was aus Ruth und mir hier am Ende der zugänglichen Welt werden sollte, wenn unser Unternehmen scheiterte. Denn Vetternschaft hin und Vetternschaft her – Sepp Jungblut sah mir nicht danach aus, als ob er in diesem Falle aus freien Stücken auch nur eine Zwischendeckspassage für uns beide nach Europa zurück bezahlen würde. Wir hatten nämlich vergessen, auch für diese Eventualität durch einen entsprechenden Paragraphen im Vertrag vorzusorgen!