Karl Borromäus Heinrich
Menschen von Gottes Gnaden
Karl Borromäus Heinrich

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Bonaventura tut nochmals Buße

Bonaventura ging bekümmert im Kloster umher; nicht so sehr seinetwegen, da er doch glauben durfte, der Herr habe ihm die oft gebeichtete Sünde – wenn es eine Sünde war – gnädig vergeben. Aber er fürchtete für die Zukunft von Fritz Frangart. Und in der milden Einfalt seines liebenswürdigen Herzens beschloß er, des Guten lieber zu viel zu tun denn zu wenig. War für seine Sünden genug der Buße geschehen, so sollte alles, was verblieb, für Fritz Frangart getan sein.

Und so bat er seine Obern um die Erlaubnis, ein Jahr bei den Trappisten zubringen zu dürfen.

Die Obern erstaunten nicht wenig. Sie erlegten ihm auf, seinen Entschluß noch einige Wochen reifen zu lassen. Als er jedoch nach Umlauf dieser Zeit darauf stehen blieb, gewährten sie ihm, um was er sie gebeten hatte.

Pater Bonaventura verbrachte also ein volles Jahr bei den Trappisten und schloß sich in allen Dingen ihrem strengen Leben an. Die Trappisten sprechen unter sich nie etwas anderes als jenen Gruß: » Memento mori!« Zum Schlafen benutzen sie den Sarg, in dem sie später beerdigt werden. Nur einmal des Tages nehmen sie Speise zu sich; Fleisch genießen sie niemals. Sie müssen sich zu jeder Stunde der Nacht erheben, um die Horen zu beten. Gleichviel, welcher Herkunft der einzelne auch sein mag, jeder muß ohne Unterschied und ohne Erleichterung in allen Verrichtungen des Tages sich selbst und die andern bedienen. Sie bringen ihr Leben in einer Enthaltsamkeit und Selbstverleugnung zu, die bis an die äußersten Grenzen der menschlichen Natur geht, ja diese manchmal sogar zu übersteigen scheint.

Nach ihren Regeln also lebte Bonaventura ein langes Jahr, um seine Seele vom Makel zu reinigen und Gottes Segen auf den jungen Frangart herabzuflehen.

Er sah zum Erbarmen aus nach diesem Jahr, so war er abgemagert. Aber es war doch eine neue Zuversicht über ihn gekommen: daß ihm Gott vergeben hatte, empfand er mit tröstlicher Gewißheit. Und was das Wohl des jungen Frangart betraf, so hatte ihm Gott während der letzten Nacht, die er büßend im Trappistenkloster zubrachte, im Traume Worte der Weisheit gesandt: »Du sollst auch im Gebete nichts erzwingen wollen; das käme einem Kampf wider Meinen unerforschlichen Ratschluß gleich. Aber das glaube, daß kein Gebet verloren geht: die Engel sammeln seine silbernen Tautropfen in goldenen Schalen. Und in dem Maße gießen sie himmlische Stärkung in das Herz des Betenden, als er selbst die Schale gefüllt hat. Und manchmal mehr. Ich will ja ein reichliches Ausmaß. Fahre du fort zu beten und sei getrost!«

Pater Bonaventura kehrte nach Chamfort zurück. Oft, wenn er außer Hörweite war, flüsterten sich seine Ordensbrüder zu: »Wann im Leben haben wir jemals ein so gütiges Auge gesehen!«


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