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In der geographischen Übersicht ist im allgemeinen der Zug der Weltgeschichte angegeben worden. Die Sonne, das Licht geht im Morgenlande auf. Das Licht ist aber die einfache Beziehung auf sich, das in sich selbst allgemeine Licht ist zugleich als Subjekt, in der Sonne. Man hat oft die Szene geschildert, wenn ein Blinder plötzlich sehend würde, die Morgendämmerung schaute, das werdende Licht und die aufflammende Sonne. Das unendliche Vergessen seiner selbst in dieser reinen Klarheit ist das erste, die vollendete Bewunderung. Doch ist die Sonne heraufgestiegen, dann wird diese Bewunderung geringer; die Gegenstände umher werden erschaut, und von ihnen wird ins eigne Innere gestiegen und dadurch der Fortschritt zum Verhältnis beider gemacht. Da geht der Mensch dann aus tatlosem Beschauen zur Tätigkeit heraus und hat am Abend ein Gebäude erbaut, das er aus seiner inneren Sonne bildete; und wenn er dieses am Abend nun anschaut, so achtet er es höher als die erste äußerliche Sonne. Denn jetzt steht er im Verhältnis zu seinem Geiste und deshalb in freiem Verhältnis. Halten wir dies Bild fest, so liegt schon darin der Gang der Weltgeschichte, das große Tagewerk des Geistes.
Die Weltgeschichte geht von Osten nach Westen, denn Europa ist schlechthin das Ende der Weltgeschichte, Asien der Anfang. Für die Weltgeschichte ist ein Osten ϰατ᾽ ἐξοχὴν vorhanden, da der Osten für sich etwas ganz Relatives ist; denn obgleich die Erde eine Kugel bildet, so macht die Geschichte doch keinen Kreis um sie herum, sondern sie hat vielmehr einen bestimmten Osten, und das ist Asien. Hier geht die äußerliche physische Sonne auf, und im Westen geht sie unter: dafür steigt aber hier die innere Sonne des Selbstbewußtseins auf, die einen höheren Glanz verbreitet. Die Weltgeschichte ist die Zucht von der Unbändigkeit des natürlichen Willens zum Allgemeinen und zur subjektiven Freiheit. Der Orient wußte und weiß nur, daß einer frei ist, die griechische und römische Welt, daß einige frei seien, die germanische Welt weiß, daß alle frei sind. Die erste Form, die wir daher in der Weltgeschichte sehen, ist der Despotismus, die zweite ist die Demokratie und Aristokratie, und die dritte die Monarchie.
In Rücksicht auf das Verständnis dieser Einteilung ist zu bemerken, daß, da der Staat das allgemeine geistige Leben ist, zu dem die Individuen durch die Geburt sich mit Zutrauen und Gewohnheit verhalten, und in dem sie ihr Wesen und ihre Wirklichkeit haben, es zunächst darauf ankommt, ob ihr wirkliches Leben die reflexionslose Gewohnheit und Sitte dieser Einheit ist, oder ob die Individuen reflektierende und persönliche, für sich seiende Subjekte sind. In dieser Beziehung ist es, daß die substantielle Freiheit von der subjektiven Freiheit zu unterscheiden ist. Die substantielle Freiheit ist die an sich seiende Vernunft des Willens, welche sich dann im Staate entwickelt. Bei dieser Bestimmung der Vernunft ist aber noch nicht die eigne Einsicht und das eigne Wollen, das heißt, die subjektive Freiheit vorhanden, welche erst in dem Individuum sich selbst bestimmt und das Reflektieren des Individuums in seinem Gewissen ausmacht. Bei der bloß substantiellen Freiheit sind die Gebote und Gesetze ein an und für sich Festes, wogegen sich die Subjekte in vollkommener Dienstbarkeit verhalten. Diese Gesetze brauchen nun dem eignen Willen gar nicht zu entsprechen, und es befinden sich die Subjekte somit den Kindern gleich, die ohne eignen Willen und ohne eigne Einsicht den Eltern gehorchen. Wie aber die subjektive Freiheit aufkommt und der Mensch aus der äußeren Wirklichkeit in seinen Geist heruntersteigt, so tritt der Gegensatz der Reflexion ein, welcher in sich die Negation der Wirklichkeit enthält. Das Zurückziehen nämlich von der Gegenwart bildet schon in sich einen Gegensatz, dessen eine Seite Gott, das Göttliche, die andre aber das Subjekt als Besonderes ist. Im unmittelbaren Bewußtsein des Orients ist beides ungetrennt. Das Substantielle unterscheidet sich auch gegen das Einzelne, aber der Gegensatz ist noch nicht in den Geist gelegt.
Das erste womit wir anzufangen haben, ist daher der Orient. Dieser Welt liegt das unmittelbare Bewußtsein, die substantielle Geistigkeit zugrunde, zu welcher sich der subjektive Wille zunächst als Glaube, Zutrauen, Gehorsam verhält. Im Staatsleben finden wir daselbst die realisierte vernünftige Freiheit, welche sich entwickelt, ohne in sich zur subjektiven Freiheit fortzugehen. Es ist das Kindesalter der Geschichte. Substantielle Gestaltungen bilden die Prachtgebäude der orientalischen Reiche, in welchen alle vernünftigen Bestimmungen vorhanden sind, aber so, daß die Subjekte nur Akzidenzien bleiben. Diese drehen sich um einen Mittelpunkt, um den Herrscher, der als Patriarch, nicht aber als Despot im Sinne des römischen Kaiserreiches an der Spitze steht. Denn er hat das Sittliche und Substantielle geltend zu machen: er hat die wesentlichen Gebote, welche schon vorhanden sind, aufrecht zu erhalten, und was bei uns durchaus zur subjektiven Freiheit gehört, das geht hier von dem Ganzen und Allgemeinen aus. Die Pracht orientalischer Anschauung ist das eine Subjekt als Substanz, der alles angehört, so daß kein andres Subjekt sich abscheidet und in seine subjektive Freiheit sich reflektiert. Aller Reichtum der Phantasie und Natur ist dieser Substanz angeeignet, in welcher die subjektive Freiheit wesentlich versenkt ist und ihre Ehre nicht in sich selbst, sondern in diesem absoluten Gegenstande hat. Alle Momente des Staates, auch das der Subjektivität sind wohl da, aber noch unversöhnt mit der Substanz. Denn außerhalb der einen Macht, vor der nichts selbständig sich gestalten kann, ist nichts vorhanden als greuliche Willkür, die außer derselben ungedeihlich umherschweift. Wir finden daher die wilden Schwärme, aus dem Hochlande hervorbrechend, in die Länder einfallen, sie verwüsten oder, in ihrem Innern sich einhausend, die Wildheit aufgeben, überhaupt aber resultatlos in der Substanz verstäuben. Diese Bestimmung der Substantialität zerfällt überhaupt gleich, eben darum, weil sie den Gegensatz nicht in sich aufgenommen und überwunden hat, in zwei Momente. Auf der einen Seite sehen wir die Dauer, das Stabile, – Reiche gleichsam des Raumes, eine ungeschichtliche Geschichte, wie z. B. in China den auf das Familienverhältnis gegründeten Staat und eine väterliche Regierung, welche die Einrichtung des Ganzen durch ihre Vorsorge, Ermahnungen, Strafen oder mehr Züchtigungen zusammenhält –, ein prosaisches Reich, weil der Gegensatz der Form, der Unendlichkeit und Idealität noch nicht aufgegangen ist. Auf der andern Seite steht dieser räumlichen Dauer die Form der Zeit gegenüber. Die Staaten, ohne sich in sich, oder im Prinzip, zu verändern, sind in unendlicher Veränderung gegeneinander, in unaufhaltsamem Konflikte, der ihnen schnellen Untergang bereitet. In dieses Gekehrtsein nach außen, den Streit und Kampf, tritt das Ahnden des individuellen Prinzips ein, aber noch selbst in bewußtloser, nur natürlicher Allgemeinheit, – das Licht, welches noch nicht das Licht der persönlichen Seele ist. Auch diese Geschichte ist selbst noch überwiegend geschichtslos, denn sie ist nur die Wiederholung desselben majestätischen Untergangs. Das Neue, das durch Tapferkeit, Kraft, Edelmut an die Stelle der vorherigen Pracht tritt, geht denselben Kreis des Verfalls und Untergangs durch. Dieser Untergang ist also kein wahrhafter, denn es wird durch alle diese rastlose Veränderung kein Fortschritt gemacht. Die Geschichte geht hiemit, und zwar nur äußerlich, d. h. ohne Zusammenhang mit dem Vorhergehenden, – nach Mittelasien überhaupt über. Wenn wir den Vergleich mit den Menschenaltern fortsetzen wollen, so wäre dies das Knabenalter, welches sich nicht mehr in der Ruhe und dem Zutrauen des Kindes, sondern sich raufend und herumschlagend verhält.
Dem Jünglingsalter ist dann die griechische Welt zu vergleichen, denn hier sind es Individualitäten, die sich bilden. Dies ist das zweite Hauptprinzip der Weltgeschichte. Das Sittliche ist wie in Asien Prinzip, aber es ist die Sittlichkeit, welche der Individualität eingeprägt ist und somit das freie Wollen der Individuen bedeutet. Hier ist also die Vereinigung des Sittlichen und des subjektiven Willens oder das Reich der schönen Freiheit, denn die Idee ist mit einer plastischen Gestalt vereinigt: sie ist noch nicht abstrakt für sich auf der einen Seite, sondern unmittelbar mit dem Wirklichen verbunden, wie in einem schönen Kunstwerke das Sinnliche das Gepräge und den Ausdruck des Geistigen trägt. Dieses Reich ist demnach wahre Harmonie, die Welt der anmutigsten, aber vergänglichen oder schnell vorübergehenden Blüte; es ist die unbefangene Sittlichkeit, noch nicht Moralität, sondern der individuelle Wille des Subjekts steht in der unmittelbaren Sitte und Gewohnheit des Rechten und der Gesetze. Das Individuum ist daher in unbefangener Einheit mit dem allgemeinen Zweck. Was im Orient in zwei Extreme verteilt ist, in das Substantielle als solches und die gegen dasselbe zerstäubende Einzelheit, kommt hier zusammen. Aber die getrennten Prinzipe sind nur unmittelbar in Einheit und deshalb zugleich der höchste Widerspruch an sich selbst. Denn die schöne Sittlichkeit ist noch nicht durch den Kampf der subjektiven Freiheit, die sich wiedergeboren hätte, herausgerungen, sie ist noch nicht zur freien Subjektivität der Sittlichkeit heraufgereinigt.
Das dritte Moment ist das Reich der abstrakten Allgemeinheit: es ist das römische Reich, die saure Arbeit des Mannesalters der Geschichte. Denn das Mannesalter bewegt sich weder in der Willkür des Herrn noch in der eignen schönen Willkür, sondern dient dem allgemeinen Zweck, worin das Individuum untergeht und seinen eignen Zweck nur in dem allgemeinen erreicht. Der Staat fängt an, sich abstrakt herauszuheben und zu einem Zwecke zu bilden, an dem die Individuen auch Anteil haben, aber nicht einen durchgehenden und konkreten. Die freien Individuen werden nämlich der Härte des Zwecks aufgeopfert, dem sie in diesem Dienste für das selbst abstrakt Allgemeine sich hingeben müssen. Das römische Reich ist nicht mehr das Reich der Individuen, wie es die Stadt Athen war. Hier ist keine Froheit und Freudigkeit mehr, sondern harte und saure Arbeit. Das Interesse löst sich ab von den Individuen, diese aber gewinnen an ihnen selbst die abstrakte formelle Allgemeinheit. Das Allgemeine unterjocht die Individuen, sie haben sich in demselben aufzugeben, aber dafür erhalten sie die Allgemeinheit ihrer selbst, das heißt, die Persönlichkeit: sie werden rechtliche Personen als Private. In eben dem Sinne, wie die Individuen dem abstrakten Begriffe der Person einverleibt werden, haben auch die Völkerindividuen dies Schicksal zu erfahren; unter dieser Allgemeinheit werden ihre konkreten Gestalten zerdrückt und derselben als Masse einverleibt. Rom wird ein Pantheon aller Götter und alles Geistigen, aber ohne daß diese Götter und dieser Geist ihre eigentümliche Lebendigkeit behalten.
Die Entwicklung dieses Reiches geht nach zwei Seiten hin. Einerseits hat es als auf der Reflexion, der abstrakten Allgemeinheit, ruhend den ausdrücklichen, ausgesprochenen Gegensatz in sich selbst: es stellt also wesentlich den Kampf desselben innerhalb seiner dar, mit dem notwendigen Ausgang, daß über die abstrakte Allgemeinheit die willkürliche Individualität, die vollkommen zufällige und durchaus weltliche Gewalt eines Herrn, die Oberhand erhält. Ursprünglich ist der Gegensatz zwischen dem Zwecke des Staates als der abstrakten Allgemeinheit und zwischen der abstrakten Person vorhanden; als aber dann im Verlaufe der Geschichte die Persönlichkeit das Überwiegende wird und ihr Zerfallen in Atome nur äußerlich zusammengehalten werden kann, da tritt die subjektive Gewalt der Herrschaft als zu dieser Aufgabe berufen hervor. Denn die abstrakte Gesetzmäßigkeit ist dies, nicht konkret in sich selbst zu sein, sich nicht in sich organisiert zu haben, und diese, indem sie zur Macht geworden, hat nur eine willkürliche Macht als zufällige Subjektivität zum Bewegenden und zum Herrschenden; und der einzelne sucht in entwickeltem Privatrecht den Trost für die verlorne Freiheit. Dies ist die rein weltliche Versöhnung des Gegensatzes. Aber nun wird auch der Schmerz über den Despotismus fühlbar, und der Geist in seine innersten Tiefen zurückgetrieben verläßt die götterlose Welt, sucht in sich selber die Versöhnung und beginnt nun das Leben seiner Innerlichkeit, einer erfüllten konkreten Innerlichkeit, die zugleich eine Substantialität besitzt, welche nicht allein im äußerlichen Dasein wurzelt. So erzeugt sich im Innern die geistige Versöhnung, nämlich dadurch, daß die individuelle Persönlichkeit vielmehr zur Allgemeinheit gereinigt und verklärt wird, zur an und für sich allgemeinen Subjektivität, zur göttlichen Persönlichkeit. Jenem nur weltlichen Reich wird so vielmehr das geistige gegenübergestellt, das Reich der sich wissenden, und zwar in ihrem Wesen sich wissenden Subjektivität, des wirklichen Geistes.
Hiermit tritt dann das Germanische Reich, das vierte Moment der Weltgeschichte ein; dieses entspräche nun in der Vergleichung mit den Menschenaltern dem Greisenalter. Das natürliche Greisenalter ist Schwäche, das Greisenalter des Geistes aber ist seine vollkommene Reife, in welcher er zurückgeht zur Einheit, aber als Geist.
Dieses Reich beginnt mit der im Christentume geschehenen Versöhnung, aber sie ist nur an sich vollbracht, und deswegen beginnt es vielmehr mit dem ungeheuren Gegensatz des geistigen, religiösen Prinzips und der barbarischen Wirklichkeit selbst. Denn der Geist als Bewußtsein einer innerlichen Welt ist im Anfange selber noch abstrakt, die Weltlichkeit ist dadurch der Roheit und Willkür überlassen. Dieser Roheit und Willkür tritt zuerst das mohammedanische Prinzip, die Verklärung der orientalischen Welt entgegen. Es ist später und rascher ausgebildet wie das Christentum, denn dieses bedarf acht Jahrhunderte, um sich zu einer Weltgestalt emporzubilden. Doch zur konkreten Wirklichkeit ist das Prinzip der germanischen Welt nur durch die germanischen Nationen ausgebildet worden. Der Gegensatz des geistigen Prinzips im geistlichen Reich und der rohen und wilden Barbarei im weltlichen ist hier ebenso vorhanden. Die Weltlichkeit soll dem geistigen Prinzip angemessen sein, aber soll es nur: die geistesverlassene weltliche Macht muß zunächst gegen die geistliche verschwinden; indem sich aber diese letztere in die erste versenkt, verliert sie mit ihrer Bestimmung auch ihre Macht. Aus diesem Verderben der geistlichen Seite, das heißt, der Kirche, geht die höhere Form des vernünftigen Gedankens hervor: der in sich abermals zurückgedrängte Geist produziert sein Werk in denkender Gestalt und ist fähig geworden, aus dem Prinzip der Weltlichkeit allein das Vernünftige zu realisieren. So geschieht es, daß durch die Wirksamkeit allgemeiner Bestimmungen, die das Prinzip des Geistes zur Grundlage haben, das Reich des Gedankens zur Wirklichkeit herausgeboren wird. Die Gegensätze von Staat und Kirche verschwinden; der Geist findet sich in die Weltlichkeit und bildet diese als ein in sich organisches Dasein aus. Der Staat steht der Kirche nicht mehr nach und ist ihr nicht mehr untergeordnet; diese letztere behält kein Vorrecht, und das Geistige ist dem Staate nicht mehr fremd. Die Freiheit hat die Handhabe gefunden, ihren Begriff wie ihre Wahrheit zu realisieren. Dieses ist das Ziel der Weltgeschichte, und wir haben den langen Weg zu machen, der eben übersichtlich angegeben ist. Doch Länge der Zeit ist etwas durchaus Relatives, und der Geist gehört der Ewigkeit an. Eine eigentliche Länge gibt es für ihn nicht.