Johann Peter Hebel
Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes
Johann Peter Hebel

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Der Furtwanger in Philippsburg

Im Jahre 1734, als der Franzos Sturm lief auf Philippsburg, und die Reichstruppen lagen darin, steht ein Rekrut, ein Furtwanger, auf einem einsamen Posten seitwärts vom Angriff und denkt: »Wenn's nur nicht hieher kommt!« Indem wächst ganz leise eine französische Grenadierkappe hinter dem Rempart herauf, und kommt ein Kopf nach mit einem Schnauzbart, wie wenn der Mond aufgeht hinter den Bergen. Denn ein paar Dutzend Waghälse hatten draussen eine Sturmleiter angelegt, um unbeschrien auf den Rempart zu kommen, und sahen die Schildwache nicht, dass eine da sei. Springt der Furtwanger herbei und gibt dem Franzosen einen Stich. Pfeifen auf einmal Kugeln genug um ihn her aus Windbüchsen, und geht ein zweites Franzosengesicht auf hinter dem Rempart. Gibt ihm der Furtwanger auch einen Stich und sagt: »Aber jetzt kommst du nimmer.« Item: es kam der dritte und der vierte und bis zum zwölften. Als der Sturm abgeschlagen war und der Platzkommandant auf dem Platz herumritt, ob alles in der Ordnung sei, sieht er von weitem die Sturmleiter und zwölf tote Franzosen dabei, und wie er zu dem Posten kommt, fragt er den Furtwanger: »Was hat's hier gegeben?« – »So?« sagt der Furtwanger, »Ihr habt gut fragen. Wisst Ihr, dass mir einer mehr zu schaffen gemacht hat als Euch alle? Nur zwölfmal hintereinander hat er angesetzt. Unten im Graben muss er liegen.« Denn er meinte, es sei immer der nämliche gewesen, und es könne nur mit dem Bösen zugegangen sein, dass ihm allemal hinter dem Bajonett die Wunde wieder heilte. Da lächelte der Kommandant und die Offiziere, so mit ihm waren, und nahm ihm seinen Unverstand nicht übel, sondern er liess ihm für jeden ein Halbguldenstück Stechgeld bezahlen, und durfte er überdies selbigen Abend auf Rechnung der Reichs-Operationskasse Wein trinken und Speck essen, so viel er wollte.

 


 


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