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XIV.

Wie schön war sie in diesem Augenblicke; das Gespräch hatte ihre Wangen mit höherm Rot übergossen, ihre Augen leuchteten, und das Lächeln, womit sie schloss, hatte etwas so Zauberisches, Gewinnendes an sich, dass Fröben nicht wusste, ob er mehr die Schönheit dieser Frau oder ihren Geist und die einfache schöne Weise, sich auszudrücken, bewundern solle.

»Gewiss«, sagte er, in ihren Anblick verloren, »gewiss, wir müssten sehr ungerecht sein, wenn wir solche zarte und gerechte Ansprüche nicht achten wollten; denn die Frau müsste ich für recht unglücklich halten, die bei einem gebildeten Geiste, bei einer Freude an Lektüre und gebildeter Unterhaltung keine solchen Anklänge in ihrer Umgebung fände; wahrlich so ganz auf sich beschränkt, müsste sie sich für sehr unglücklich halten.«

Josephe errötete und eine düstere Wolke zog über ihre schöne Stirn; sie seufzte unwillkürlich, und mit Schrecken nahm Fröben wahr, dass ja eine solche Frau, wie er sie eben beschrieben, an seiner Seite sitze. Ja, ohne es zu wollen, hatte sie ihren eignen Gram verraten. Denn konnte ihr roher Gatte jenen zarten Forderungen entsprechen? Er, der in seiner Frau nur seine erste Schaffnerin sah, der jedes Geistige, was dem Menschen interessant oder wünschenswert dünkt, als unpraktisch gering schätzte, konnte er diese Ansprüche auf den Genuss einer gebildeten Unterhaltung befriedigen? War nicht zu befürchten, dass er ihr solche sogar geflissentlich entzog?

Noch ehe Fröben so viel Fassung gewonnen hatte, seinem Satz eine allgemeine Wendung zu geben und das ganze Gespräch von diesem Gegenstande abzuleiten, sagte Josephe, ohne ihn seinen Verstoss fühlen zu lassen: »Wir Frauen auf dem Lande geniessen diese Freude freilich seltener; übrigens sind wir dennoch nicht so allein, als es dem Fremden vielleicht scheinen möchte; man besucht einander um so öfter; sehen Sie nur, welche Masse von Besuchen dort am Spiegel hängt.«

Fröben sah hin, und jene Karte fiel ihm bei. »Ach ja«, sagte er, indem er sie hervorzog, »da habe ich vorhin einen kleinen Diebstahl begangen«; er zog sie hervor und zeigte sie. »Können Sie glauben, dass ich bis gestern nicht einmal wusste, dass mein Freund verheiratet sei? Und Ihren Namen erfuhr ich erst vorhin durch diese Karte. Sie heissen Tannensee?«

»Ja«, antwortete sie lächelnd, »und diesen unberühmten Namen tauschte ich gegen den schönen von Faldner um.«

»Unberühmt? Wenn Ihr Vater der Oberst von Tannensee war, so war Ihr Name wohl nicht unberühmt.«

Sie errötete. »Ach, mein guter Vater!« rief sie. »Ja, man erzählte mir wohl von ihm, dass er für einen braven Offizier des Kaisers gegolten habe und – sie haben ihn als General begraben. Ich habe ihn nicht gekannt; nur einmal, als er aus dem Feldzug zurückkam, sah ich ihn und nachher nicht wieder.«

»Und war er nicht ein Schweizer?« fragte Fröben weiter.

Sie sah ihn staunend an. »Wenn ich nicht irre, sagte mir meine Mutter, dass Verwandte von ihm in der Schweiz leben.«

»Und Ihre Mutter, heisst sie nicht Laura und stammt aus einem spanischen Geschlechte?«

Sie erbleichte, sie zitterte bei diesen Worten. »Ja, sie hiess Laura«, antwortete sie – »aber mein Gott, was wissen Sie denn von uns, woher? – Aus einem spanischen Geschlechte?« fuhr sie gefasster fort. »Nein, da irren Sie, meine Mutter sprach deutsch und war auch eine Deutsche.«

»Wie? So ist Ihre Mutter tot?«

»Seit drei Jahren«, erwiderte sie wehmütig.

»O, schelten Sie mich nicht, wenn ich weiter frage; hatte sie nicht schwarze Haare und, wie Sie, braune Augen? Hatte sie nicht viel Aehnlichkeit mit Ihnen?«

»Sie kannten meine Mutter?« rief sie ängstlich und zitterte heftiger.

»Nein; aber hören Sie einen sonderbaren Zufall«, erwiderte Fröben; »es müsste mich alles täuschen, wenn ich nicht einen trefflichen Verwandten Ihrer Mutter kennen gelernt hätte.« Und nun erzählte er ihr von Don Pedro. Er beschrieb ihr, wie sie sich vor dem Bilde gefunden, er liess die Kopie von seinem Zimmer bringen und zeigte sie; er sagte ihr, wie sie genauer bekannt geworden und wie ihm Don Pedro seine Geschichte erzählte. Aber die letztere wiederholte er mit grosser Schonung; er datierte sogar aus einem gewissen Zartgefühl jene Vorfälle und Lauras Flucht um ein ganzes Jahr zurück und schloss endlich damit, dass er, wenn Josephe ihre Mutter nicht eine Deutsche nennen würde, bestimmt glaubte, Mutter Laura und jene Donna Laura Tortosi des Spaniers, der Schweizerhauptmann Tannensee und ihr Vater, der Oberst, seien dieselben Personen.«

Josephe war nachdenklich geworden; sinnend legte sie die Stirn in die Hand; sie schien ihm, als er geendet hatte, nicht sogleich antworten zu können.

»O zürnen Sie mir nicht«, sagte Fröben, »wenn ich mich hinreissen liess, dem wunderlichen Spiel des Zufalls diese Deutung zu geben.«

»O, wie könnte ich denn Ihnen zürnen?« sagte sie bewegt, und Thränen drängten sich aus den schönen Augen. »Es ist ja nur mein schweres Schicksal, das auch dieses Dunkel wieder herbeiführt. Wie könnte ich auch wähnen, jemals ganz glücklich zu sein?«

»Mein Gott, was habe ich gemacht!« rief Fröben, als er sah, wie ihre Thränen heftiger strömten. »Es ist ja alles nur eine thörichte Vermutung von mir. Ihre Mutter war ja eine Deutsche, Ihre Verwandten und Sie werden ja dies alles besser wissen –«

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