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»Sennor, ich bin in Granada geboren. Mein Vater kommandierte ein Regiment und er und meine Mutter stammten aus den ältesten Familien dieses Königreiches. Ich wurde im Christentume und allen Wissenschaften erzogen, die einen Edelmann zieren, und mein Vater bestimmte mich, als ich zwanzig Jahre und gut gewachsen war, zum Soldaten. Aber er war ein Mann, streng und ohne Rücksicht im Dienste, und weil er die Zärtlichkeit meiner Mutter für mich kannte und fürchtete, sie möchte ihn oft verhindern, mich meine Pflicht gehörig vollbringen zu machen, beschloss er, mich zu einem andern Regiment zu schicken, und seine Wahl fiel auf Pamplona, wo mein Oheim kommandierte. Ich lernte dort den Dienst sorgfältig und genau, und brachte es in den folgenden zehn Jahren bis zum Kapitän. Als ich dreissig Jahre alt war, wurde mein Oheim nach Valencia versetzt. Er hatte Einfluss und wusste zu bewirken, dass ich ihm schon nach einem halben Jahre als Adjutant folgen konnte. Als ich aber in Valencia ankam, hatte sich in meines Oheims Hauswesen vieles geändert. Er war schon längst, noch in Pamplona, Witwer geworden. In Valencia hatte er eine reiche Witwe kennen gelernt und sie einige Wochen früher, als ich bei ihm eintraf, geheiratet. Sie können denken, wie ich überrascht war, als er mir eine ältliche Dame vorstellte und sie seine Gemahlin nannte; meine Ueberraschung stieg aber und gewann an Freude, als er auch ein Mädchen, schön wie der Tag, herbeiführte, und sie seine Tochter Laura, meine Kousine, nannte. Ich hatte bis zu jenem Tage nicht geliebt, und meine Kameraden hatten mich oft deshalb Pedro el pedro (den steinernen Pedro) genannt; aber dieser Stein zerschmolz wie Wachs von den feurigen Blicken Lauras.
»Ihr habt sie gesehen, Don Fröbenio, jenes Bild gibt ihre himmlischen Züge wieder, wenn es anders einem irdischen Künstler möglich ist, die wundervollen Werke der Natur zu erreichen. Ach, gerade so trug sie ihr Haar, so mutig wie auf jenem Gemälde hatte sie das Hütchen mit den wallenden Federn aufgesetzt, und wenn sie ihr dunkles Auge unter den langen Wimpern aufschlug, so war es, als ob die Pforten des Himmels sich öffneten und ein leuchtender Engel freundlich herab grüsse.
»Meine Liebe, Sennor, war eine freudige; ich konnte ja täglich um sie sein; jene Schranken, die in meinem Vaterlande gewöhnlich die Liebenden trennen und die Liebe schmerzlich, ängstlich, gramvoll und verschlagen machen, jene Schranken trennten uns nicht. Und wenn ich in die Zukunft sah, wie lachend erschien sie mir! Mein Oheim liebte mich wie seinen Sohn; verstand ich seine Winke recht, so schien es ihm nicht unangenehm, wenn ich mich um seine Tochter bewerbe; und von meinem Vater konnte ich kein Hindernis erwarten, denn Laura stammte aus edlem Blute, und der Reichtum ihrer Mutter war bekannt. Wie mächtig meine Liebe war, könnt Ihr schon daraus sehen, dass ich da liebte, wo es so gänzlich ohne Not und Jammer abging. Denn gewöhnlich entsteht die Liebe aus der angenehmen Bemerkung, dass man der Geliebten vielleicht nicht missfallen habe; wie Feuer unter den Dächern fortschleicht und durch eine Mauer aufgehalten, plötzlich verzehrend nieder in das Haus und prasselnd auf zum Himmel schlägt, so die Liebe. Die kleine Neigung wächst. Die unüberwindlich scheinenden Hindernisse spornen an; man glaubt, eine Glut zu fühlen, die nur im Arme der Geliebten sich abkühlen kann. Man spricht die Dame am Gitter, man schickt ihr Briefe durch die Zofe, man malt im Traume und Wachen ihr Bild, ihre Gestalt so reizend sich vor, denn bisher sah man sie nicht anders als im Schleier und der verhüllenden Mantilla. Endlich, sei es durch List oder Gewalt, fallen die Schranken. Man fliegt herbei, führt die Errungene zur Kirche und – besieht sich nachher den Schatz etwas genauer. Wie auf dem schönen Wiesengrund, der nur ein Teppich ist, über ein sumpfig Moorland gedeckt, wenn du wie auf fester Erde ausschreitest, deine Füsse einsinken und Quellen aus der Tiefe rieseln, so hier. Alle Augenblicke zeigt sich eine neue Laune bei der Dame, alle Tage lüftet sie Schleier und Mantilla ihres Herzens freier, und am Ende stündest du lieber wieder an dem Gitter, Liebesklagen zu singen, um – nie wiederzukehren.«