Jaroslav Hasek
Von Scheidungen und anderen tröstlichen Dingen
Jaroslav Hasek

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Der Mörder wird gesucht.

Bei der Leiche hatte man ein Messer gefunden, das als Eigentum des Ermordeten identifiziert und auf den Plakaten, die die Polizeidirektion veröffentlichte, abgebildet wurde, damit diese Abbildung des Messers des Ermordeten (es war ihm aus der Tasche gefallen) irgendwie auf die Spur des Mörders führe. Am nämlichen Tage, an dem die Plakate eine Belohnung von 1000 Kronen verhießen, ließ der Polizeidirektor den fähigsten Detektiv, Inspektor 117 Danihelka rufen, und hatte eine längere Unterredung mit ihm:

»Wir können nicht daran zweifeln,« sagte Detektiv Danihelka zum Polizeidirektor, »daß es sich um einen Mord handelt, denn die Leiche ist gefunden worden und durch die gerichtliche Obduktion wurde ein Mord festgestellt. Da überdies Geld gestohlen wurde, ist es klar wie der Tag, daß ein Raubmord verübt wurde.« Hierauf war es lange Zeit still. Der Polizeidirektor bewunderte im Geiste den Scharfsinn seines besten Detektivs, der mit vollkommener Ruhe in so strikten, logischen Sätzen alle Begebenheiten rasch zu einem Ganzen zusammenfaßte.

»Ganz richtig,« sagte der Polizeidirektor, »den Ermordeten haben wir gefunden, was keine geringe Arbeit war, denn seine Leiche war mit Zeitungen bedeckt und außerdem hat er auf die Frage: »Sind Sie hier?« nicht geantwortet. Diese Frage wurde dem Ermordeten von Polizist Nr. 68 gestellt, der den Mord als erster aufdeckte. Als sich der Ermordete nicht meldete, trat der Polizist Nr. 68 vor und stolperte über die Leiche, die mit Papieren von Tageszeitungen bedeckt war. Zuerst beachtete er dies nicht, weil er dachte, daß es sich nur um Unordnung im Laden handle; erst als er ein Streichholz anbrannte, sah er, daß aus den Papieren eine Hand hervorschaute. Er ergriff also die Hand und sagte: »Machen Sie keine Dummheiten!« Als er keine Antwort erhielt, 118 trat er aus dem Laden, um Verstärkung zu rufen, denn er fing an zu begreifen, daß hier etwas Ungewöhnliches geschehen sei. Gleichzeitig telephonierte er um die Rettungsstation und um die Feuerwehr. Als die Polizisten Nr. 119 und 263 kamen, riefen sie im Namen des Gesetzes, der auf der Erde liegende und unter Zeitungen versteckte Mann möge sich ergeben. Da er dies nicht tat, wurden die Zeitungen von ihm heruntergerissen und da bemerkte man, daß er kalt und völlig reglos war. Dann rieb man ihn mit Essig ab, wendete künstliche Atmung an und stellte zum Schluß fest, daß alles vergeblich sei und daß man ihn nicht mehr zum Leben erwecken könne; dem unglücklichen Opfer war nämlich der Kopf abgeschnitten worden und unters Pult gekollert. Dann wurde in der Tasche der Leiche das Messer gefunden, das ich photographieren und auf den Plakaten abbilden ließ. Sobald man also konstatiert hatte, daß es sich um eine ganz ungewöhnliche Sache handelte, wurde ich unverzüglich benachrichtigt. Mit dem Automobil war ich in drei Minuten an Ort und Stelle und sah sofort, daß es sich um einen gewaltsamen Tod des betreffenden Kaufmanns handelt. Von einem natürlichen Tod konnte nicht einmal die Rede sein. Entweder handelte es sich also um Selbstmord oder Mord. Einen Augenblick später schloß ich einen Selbstmord aus, denn ich habe niemals gehört, daß sich jemand den Kopf abgeschnitten hätte. Ich sagte 119 also: »Meine Herren, ich denke, daß hier ein Mord verübt worden ist und daß es vergeblich wäre, dem Armen Halsbalsam auf den Hals zu geben.« Diese Entdeckung bedeutete für die Polizei einen großen Erfolg und ich glaube, daß mein Vorgehen die beste Art ist, den Raubmörder abzufangen. Hier durfte nicht eine Minute verloren werden. Alles hing von einer schnellen Konstatierung des Mordes ab, denn einen unglücklichen Zufall schloß ich nach sorgsamer Erwägung vollkommen aus. Wir ließen die Leiche photographieren, und zwar den Rumpf separat und den Kopf separat, dann den Rumpf zusammen mit dem Kopf, und diese Photographien haben wir mit dem Verbrecheralbum im Departement V vergleichen lassen. Das ist freilich nur in der ersten Eile geschehen und hatte vorläufig keinen andern Zweck, als rasch diverse Schritte einzuleiten. Später prüfte ich die Umgebung des Tatortes und entdeckte dabei drei Bierkorke. Die Korke waren einfach und paßten mit ihrer Größe in Halbeliterflaschen. Die Bedienerin bestätigte meine Meinung, daß der Ermordete Bier getrunken hatte, denn sie sagte, daß sie dem Ermordeten täglich drei Flaschen Bier gebracht habe. Wir haben sie in Haft belassen, So wurde auch der Hausmeister verhaftet, der nachwies, daß der Mord in voller Stille begangen worden sei, denn er selbst habe nicht den geringsten Lärm gehört, als er nach Verübung des Mordes nach 120 Hause gekommen war. Er wurde in Haft belassen, damit er die Sicherheitsorgane mit seinem Gefasel nicht auf eine falsche Spur führt. Das Messer, das in der Tasche des Ermordeten gefunden wurde, wies keine Blutspur auf. Es ist ein kleines Federmesser. Inzwischen habe ich die Nachricht über den Mord in allen Zeitungen publizieren lassen (wobei ich einen Selbstmord oder einen unglücklichen Zufall ausschloß) und habe eine Belohnung von 1000 Kronen für die Ausforschung des Mörders ausgeschrieben. Das ist das Wichtigste an dem ganzen Fall, lieber Herr Danihelka. Ich bitte Sie, sich noch folgende Anmerkungen zur Erleichterung Ihrer Nachforschungen zu machen. Festgestellt wurde, daß in den Laden des Ermordeten im Ganzen fünfzehn Personen blickten, von denen sechs schwarzhaarig waren, acht blond, einer hatte rotes Haar, zwei waren braun, drei grau. Das sind im Ganzen zwanzig Personen. Das alles ist sehr verwickelt. Zuerst habe ich fünfzehn Personen gesagt. Wo sind also die fünf weiteren hergekommen? Das notieren Sie sich, bitte, und unterstreichen Sie's. Aus dem Verhör verschiedener Nachbaren geht hervor, daß man, soweit es sich um die Augen handelt, von grauen, schwarzen, blauen, braunen und grünen sprechen kann. Von Kleidern wurden graue, schwarze, karierte, gestreifte und getupfte bemerkt und damit ich nicht noch einen andern wichtigen Umstand vergesse! Im Laden wurde eine Weste 121 gefunden, die dem Ermordeten nicht gehört hat. Diese Weste war aus braunem Loden und gehörte allein Anschein nach dem Mörder, denn sie ist mit Blut befleckt. Sicher ist also, daß der Mörder entweder ohne Weste weggegangen ist, oder eine andere Reserveweste angezogen, oder sich die Weste irgendwo gekauft, oder mehrere Westen gehabt, oder sich die Weste ausgeborgt, oder sie im Versatzamt ausgelöst hat, oder ohne Weste herumgeht und da wiederum kann er in einem Touristenhemd mit Gürtel oder ohne Gürtel herumgehen, oder mit zugeknöpftem Rock. Das sind lauter wichtige Umstände und Sie müssen sich sie notieren. Auf dem Kopf des Ermordeten wurden ferner schwarze Haare und unten der Nase ein Schnurrbart bemerkt. Und jetzt, bitte, lieber Herr Danihelka, geben Sie gut acht. Man hat festgestellt, daß die Haare und der Schnurrbart dem Ermordeten gehörten, denn sie waren an der Haut festgewachsen, aber man hat festgestellt, daß sie gefärbt; waren, und zwar frisch gefärbt. Daraus deduziere ich folgendes: Der Mörder hat entweder in der Aufregung statt seines eigenen Haares und Bartes, wie er beabsichtigt hatte, um nicht erkannt zu werden, das Haar und den Bart des Ermordeten gefärbt, oder er wollte, was nicht weniger wichtig ist, die Spur seiner Tat verwischen und den Ermordeten unkenntlich machen, damit dieser nicht erkannt wird. Vielleicht begreifen Sie dieses Raffinement. Plötzlich 122 sollte im Laden des Ermordeten ein fremder Mensch gefunden werden. Durch Nachforschungen hätte man sichergestellt, daß der Besitzer des Ladens verschwunden ist, und hätte dann natürlich den Verdacht gefaßt, daß er der Mörder ist, oder kurz gesagt, daß der Ermordete sich selbst in den Laden geschleppt und ermordet hat. Werden Sie glauben, daß sich mir über so einem Raffinement der Kopf dreht? Es handelt sich also um einen Mörder, der zu dem ärgsten fähig und nicht nur ein gewöhnlicher Verbrecher ist, sondern ein Mann, auf den man sich verlassen kann, denn er handelt in allen Fällen kaltblütig und durchdacht. Meine Mitteilungen werden Ihnen, wie ich hoffe, Ihre Nachforschungen nach ihm wesentlich erleichtern. Ich betone noch, daß bis zum heutigen Tage bereits achtzig Menschen verhaftet wurden, die das Verbrechen nicht begangen haben, wodurch Ihnen Ihre Arbeit unter denen, die übrigbleiben, um die achtzig Individuen erleichtert wird, mit denen Sie sich nicht befassen müssen, oder kurz gesagt, richten Sie sich nach folgendem: der Mörder wurde nicht gefangen und Sie sollen ihn fangen! Möglicherweise ist er groß oder klein, oder von mittlerer Gestalt, Augen von beliebiger Farbe, worunter eine die richtige ist, Anzug auch von beliebiger Farbe, beliebigem Stoff und Schnitt. Er konnte einen Überzieher haben aber er hat ihn nicht haben müssen. Alles übrige sind nur Vermutungen. Wir setzen 123 voraus, daß er seinen Anzug, sein Äußeres, den Überzieher sicher gewechselt hat, daß er sich scheren, rasieren, die Haare kräuseln lassen konnte, daß er gebadet und sich umgekleidet hat. In dieser Hinsicht ist die Sache ganz klar und Sie können sich ihn gewiß gut vorstellen.«

Detektiv Danihelka verneigte sich vor dem Polizeidirektor, packte seine Notizen zusammen und ging ins Departement VI, um mit den Detektiven zu konferieren, die er aus dem großen Detektivapparat zu seinen Gehilfen erwählt hatte.

II.

Hofmann, Borowan, Marhan, Thom, und Honig, das waren die besten Detektive aus dem ganzen Material, das Herrn Danihelka zur Verfügung stand. Diese Detektive enttäuschten niemals die Öffentlichkeit. Nach den zurückgelassenen Spuren erkannten sie immer auf ein Haar, ob die Spur eines Stiefels von einer Frau oder einem Mann stammte. Sie überraschten durch klare Überlegungen. Mit diesen Männern konnte man in allen Fällen arbeiten, denn sie waren keine Schwätzer und was sie sagten, das führten sie auch aus. Gewöhnlich sagten sie nach ganztägigem vergeblichen Herumflanieren: »Trinken wir bei ›Materna‹ ein schwarzes Bier,« und führten es 124 auch aus. Notizblock und Bleistift in der Hand, warteten sie still auf Danihelka. Sie saßen ernst um den Tisch herum, der Wichtigkeit des ganzen Falls bewußt. Danihelka kam gut gelaunt vom Polizeidirektor und sagte, indem er sich eine Zigarette anzündete ohne Umstände: »Wir eröffnen die Debatte über das Vorgefallene, liebe Freunde. Sie wissen gut, wozu Sie hier sind; Sie wissen ebenso gut, daß es keine leichte Aufgabe ist, aber wir werden sie durchführen. Binnen 24 Stunden, sagen wir, 48 Stunden, werden wir den Mörder haben. In einer Woche ist auch genug Zeit, wir dürfen uns nicht übereilen. Ich gewähre Ihnen eine vierzehntägige Frist, meine Herren, und verlange keine weitläufigen Referate von Ihnen. Hauptsache ist, bitte, daß Sie nicht das Telephon benützen. Es kann geschehen, daß eine Linie gestört ist und der Mörder könnte am Ende zufällig irgendwo im Kaffeehaus am Apparat stehen und das ganze Gespräch hören. Ich gebe Ihnen drei Wochen Zeit. Jetzt, da der Mord bereits konstatiert wurde, könnte Eile nur von Schaden sein. Wir müssen uns nicht überhasten. Wenn wir den Mörder nicht binnen vier Wochen erwischen, ist es auch noch nicht zu spät. Wir haben noch eine fünfte, sechste, siebte Woche, ich sage eine unendliche Anzahl von Wochen vor uns. Der Zeitraum ist unbegrenzt. Und sollten auch Monate verstreichen, ohne daß der Mörder eruiert wäre, wir verzweifeln 125 nicht. Vor allem werden wir jetzt die ganze Angelegenheit gründlich überdenken, erwägen und die Aufgaben entsprechend verteilen müssen. Was über den Mörder sichergestellt wurde, werde ich später sagen. Was nicht sichergestellt wurde, schicke ich voraus. Vor allem weiß man nicht, liebe Freunde, wie er aussieht; er kann schwarzhaarig sein und kann dabei einen blonden Bart und blaue Augen haben, er kann groß oder klein sein und rote Haare haben, er kann rasiert sein, kann einen Vollbart, einen aufgezwirbelten Schnurrbart, einen Spitzbart, einen englisch gestutzten Schnurrbart haben, er kann kahlköpfig sein, kann bucklig sein, kann ein Durcheinander von Farben sein. Möglich, daß er eine gebogene, eine gespaltene oder eine Adlernase hat, schmale oder aufgedunsene oder sinnliche Lippen. Er kann einen großen Schädel haben, eine hohe oder niedrige Stirn, einen spitzen oder runden und kleinen Schädel. Und Zähne, lieber Freund, kann er gute, starke und gesunde haben, oder gesunde und spitze und dünne, oder verdorbene, ausgefressene. Das alles wissen wir nicht, ebenso wie wir nicht wissen, wie er angezogen war. Es bestehen hundertfünfzig Vermutungen bezüglich des Stoffes und der Farbe seines Anzugs. Das wäre ungefähr die vollkommene Beschreibung des Mörders. Wie wissen aber, daß er am Tatort eine Lodenweste von roter Farbe zurückgelassen hat, denn sie war von Blut befleckt. Ihre eigentliche 126 Farbe ist unbekannt, doch scheint sie eher grün als schwarz oder licht zu sein.

Es ist also wichtig festzustellen, wo der Mörder diese Weste gekauft hat, ob er sie einzeln gekauft hat oder zusammen mit dem Rock, oder mit den Hosen, ob diese Weste zu einem ganzen Anzug gehört, der dem Mörder gehört hat, oder ob er sich sie ausgeborgt, oder sie ausgelöst hat. Ob es eine alte oder eine neue Weste oder eine fast neue Weste ist. Ferner ob diese Weste ihm gehört oder ob sie gestohlen ist. Das sind, wie gesagt, Kleinigkeiten. Der Polizeidirektor hat mir als Amtsgeheimnis noch einen Umstand anvertraut, den ich aber einstweilen nicht verraten werde. Nur eins bitte ich Sie, erkundigen Sie sich in Parfümerien und bei Raseuren unauffällig nach Haarfärbemitteln, wer und wann man sie dort gekauft hat und welche Farbe sie hatten. Die Hauptsache kommt aber noch. Der Mörder ist geboren worden. Man muß vor allem feststellen, wo er geboren und wo er getauft wurde. Das wird unsere Nachforschungen sehr erleichtern. Vielleicht können seine Eltern oder Verwandten angeben, wo er sich aufhält, was außer dem Mord seine gewohnte Beschäftigung ist, oder ob sie nur gerade in so einer Arbeit besteht. Das wird, wie gesagt, unsere Nachforschungen erleichtern und uns zu einem bestimmten Ziele führen. Ich verlange daher nichts anderes, als daß Sie mir ausforschen, wer die 127 Eltern oder Verwandten des Mörders waren und wo der Mörder geboren wurde.«

Die Detektive verneigten sich und verlangten einer nach dem andern einen Vorschuß auf die Ergreifung des Mörders und seiner Eltern.

Als der beste Detektiv Danihelka im Zimmer vereinsamte, schrieb er noch schnell den Text einer neuen Kundmachung, die er in der Staats-Druckerei auf Plakaten vervielfältigen ließ:

Alle Verwandten oder Eltern des Mörders werden aufgefordert unverzüglich seinen Namen und Wohnort auf der Polizeidirektion bei Inspektor Danihelka im II. Stock anzugeben.

Nachdem er die Drucklegung veranlaßt hatte und gerade nach Hause gehen wollte, um sich von der anstrengenden Tagesarbeit zu erholen und auszuruhen, suchte ihn ein Redakteur von der Journalistenbörse auf, um ihn nach den Einzelheiten der ganzen Aktion auszufragen.

Herr Danihelka empfing ihn recht freundlich. »Ich kann Ihnen nur so viel sagen, lieber Freund,« sagte er, »daß wir dem Mörder auf der Spur sind. Die Spuren führen aufs Land, obwohl es nicht ausgeschlossen ist, daß sich der Mörder in der Stadt verbirgt. Möglicherweise hat er die Stadt gar nicht 128 verlassen und hat sich nur aufs Land begeben, um uns irre zu führen. Wir aber sind schon abgehärtet und solche Sachen überraschen uns nicht. Wir sind froh, daß das Publikum dem ganzen Fall das verdiente Interesse entgegenbringt und werden den Herren Journalisten gewiß sehr dankbar sein, wenn sie der Öffentlichkeit mitteilen werden, wie sehr wir uns bemühen, den Mörder zu ergreifen.«

III.

Am siebzehnten Tag nach dieser Unterredung verlangten die Detektive Hofmann, Borowan, Marhan, Thom und Honig einen neuerlichen Vorschuß auf Ergreifung des Mörders, seiner Eltern und Auffindung des Taufscheins.

»Alles macht ausgezeichnete Fortschritte,« rieb sich Detektiv Marhan die Hände, »wir haben mit Hofmann neue Spuren gefunden, Herr Inspektor, und Freund Thom mit Borowan und Honig haben entdeckt, wo der Mörder vielleicht die Weste gekauft hat. In folgenden Geschäften wurden im letzten Vierteljahr bis auf den heutigen Tag Westen gekauft: Bei Balzar, Eisner, Epstein, Gabriel, Gans, Goldschmidt, Graf, Groger, Gütig, Horschowitz, Hurych, Jarolim, Kalmus, Guth, Koschtal, Lengsfeld, Lieben, Litten, Mazner, Pollak, Rubin, Rutte, Thorberger, Schiller, Schneider, Klimpl, Tausch, Weil, Hirsch, Woditschka, Zink.« 129

»Und bei folgenden Firmen,« sagte Honig, »wurden, wie ich festgestellt habe, verschiedenfarbige, schwarze und lichte Haarfärbemittel gekauft: bei Brichta, Tscherny, Demartini, Duchon, Feigl, Freund, Hajek, Holoubek, Janouschek, Kordatsch, Peroutka, Petrik, Prochaska, Srbek, Vitek und Co. Noch gestern hat jemand bei der vorletzten Firma ein Färbemittel für einen lichten Bart gekauft.«

»Und was den Geburtsort des Mörders anbelangt,« sagte Borowan, »so werden wir binnen einem Monat alle Prager Matriken durchsucht haben, wir bitten nur, daß man uns Zeit läßt.«

IV.

Nach einem Monat holten sich die Detektive Hofmann, Borowan, Marhan, Thom und Honig den dritten Vorschuß auf die Ergreifung des Mörders und die Feststellung seines Namens in der Matrik. Sie durchforschten alle Matriken von den Sechzigerjahren an und fanden infolge eines verwunderlichen Zufalls nichts, was wenigstens ein wenig auf die Spur des Mörders geführt hätte.

V.

Nach vierzehn Tage verlangten sie einen neuerlichen Vorschuß. »Wir sind auf der richtigen Spur,« sagte Detektiv Marhan siegesbewußt, »von dem 130 Mörder ist in den Matriken keine Spur. Wir schließen daraus, daß es sich um ein ausgesetztes uneheliches Kind handelt, das nicht in die Matrik eingetragen wurde.« Und sie nahmen einen Vorschuß auf Ausforschung des unehelichen Kindes.

VI

Nach einer Woche kehrten sie mit einer guten Nachricht zurück. Detektiv Borowan hatte in einem Straßengraben bei Neugedein ein Paar weggeworfene Socken gefunden. Und sie nahmen einen Vorschuß auf Ausforschung des Mannes, der die Socken weggeworfen hatte.

VII.

Seit damals sind zwei Jahre verstrichen. Der Mörder ist noch immer nicht eruiert. Die strebsamen Detektive haben bereits unzähligemal Vorschüsse auf Ausforschung des Mörders, der Socken, des Anzugs und anderer hübscher Dinge, die dem Mörder gehörten, genommen. Sie verzweifeln jedoch nicht. Sie sagen, daß alles in bester Ordnung ist. Das Publikum verzweifelt auch nicht. Es sieht, daß der ganze Ablauf der Nachforschungen so durchdacht ist, daß das Ergebnis ehrenvoll sein wird. Der ganze Polizeiapparat ist bis in die kleinsten Details flink in seinen Maßnahmen. Der Plan ist ausgearbeitet. Die 131 besten Detektive beschäftigen sich konsequent mit dem ganzen Fall.

Das letzte Wort, das ich in dieser Angelegenheit von Inspektor Danihelka hörte, war: »Bevor fünf Jahre um sind, werden wir den Mörder haben!« Welch treffliche Methode! Der Mörder wird inzwischen älter und wird sich nicht mehr so gut verbergen können. Möglicherweise wird er auch auf dem Totenbett gestehen. 132

 


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