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4.

Hasela im Tale der »Kinzichen«, eine Gründung der Herzoge von Zähringen, war zur Zeit, da Egino von Fürstenberg es zu seiner Residenz erkor, weder eine sehr alte, noch, wie alle Städte jener Tage, eine schöne Stadt, aber größer an Umfang denn heute.

Damals lag ein großer Teil der Gemarkung innerhalb der »Landwehr«, jenes Walles mit Graben, der die alten Städte und ihre nächstgelegene Flur umzog und in Hasela auf der einen Seite bis an die Kinzichen, auf der andern bis an die Wälder und Berge ging.

Zwischen umwallten Gärten und Feldern lag die kleine Stadt, umgeben von Steinmauern, in denen Warttürme und Tore eingebaut waren und über welche die romanische Kirche hervorblinkte und neben ihr der Hauptturm und die Erker und Zinnen der stattlichen zähringischen Burg.

Die Gassen waren enge und schmutzig, weil ungepflastert; Kühe und Schweine, Schafe und Geißen wandelten auf ihnen, wie daheim, und Misthaufen paradierten selbstbewußt vor und zwischen den Häusern.

Die großen Holzhäuser der Bürger und Handwerker waren noch meist mit Stroh gedeckt Im Erdgeschoß befanden sich die Werkstätten und Verkaufsbuden; bei letzteren bildete der Laden, welcher nachts schloß und tags herabgelassen wurde wie eine Zugbrücke, – zugleich das Auslagebrett für die Waren.

Nur die Zunfthäuser mit den gemalten Schildern der Handwerker konkurrierten an Zierart mit den wappengeschmückten Holzpalästen der Ritter und Geschlechter.

Und der letzteren waren damals nicht wenige in Hasela. Schultheiß, Rat und Zwölfer waren ihnen entnommen, und sie führten wie überall in großen und kleinen Städten das Regiment: – die Vasant, Zünde, Amann, Appolt, Klotzinger, Schultheiß, Saltzmann, Toley, Margrave, Sponheim, Osterbach, Hohental, Gename, Zoller, Berne und andere.

Sie sind alle längst zu Grabe gegangen, diese einstigen Geschlechter von Hasela. Kein einziges von ihnen kam auch nur bis auf die Zeit des Dreißigjährigen Krieges herab.

Einzelne der Geschlechter von Hasela trugen die Ritterwürde, und auch die in den umliegenden Tälern mit Gütern und Burgen belehnten Dienstmannen der Grafen von Fürstenberg saßen teils zeitweilig, teils beständig im Städtle und nahmen im letzteren Falle teil am Regiment. Zu ihnen zählten die Ritter und Edelknechte von Büchorn (Büchern), Bärenbach, Waldstein, Schnellingen, von Schneit, von Ramstein, von Vischerbach.

Die handwerktreibenden Bürger waren heitere Leute, die tagsüber bald in ihren Werkstätten saßen, bald in ihren Gärten und Feldern arbeiteten – und abends ihren Trunk taten. In den Schenken und Zechstuben der Innungen ging es dann laut her, bis um zehn Uhr die Rathausglocke zum erstenmal läutete; dann wurde und mußte aufgebrochen werden. Die Strafe des Übersitzens war sehr streng für Wirte und Gäste.

Laut redend ziehen die Bürger heim durch die finsteren Gassen. Läutet die Glocke zum zweitenmal, dann darf niemand mehr auf der Straße sein, ausgenommen die Geschlechter und Ratsherren. Bald ist es still – unter den großen Himmelbetten ruhen sie aus. Die Hofhunde bellen, die Scharwächter ziehen durch die Straßen, der Turmwächter bläst die Stunden der Nacht, und von der Kinzig her weht der Nachtwind in die stillen Gassen. Mit einer Laterne huscht bisweilen eine Gestalt vorbei, – für einen Kranken den Bader zu holen oder den Leutpriester.

So sah's in Hasela aus, da diesem die Ehre zuteil ward, die Residenz des Herrn zu werden, dem fast alles ringsum untertan oder lehenspflichtig war, und da die Bürgerschaft sich richtete, ihren Grafen zu empfangen. –

In der Trinkstube der Herren auf dem in romanischem Stil des 11. Jahrhunderts erbauten Rathause saßen am Vorabend des Verenentags 1286 die Geschlechter der Stadt und die Ritter und Edelknechte der Nachbarschaft beisammen.

»So, jetzt wär' alles bereit für den morgigen Tag«, begann Klaus Büchorn, der Ritter und Schultheiß, welcher zuletzt eingetreten war. »Eben komm' ich aus der Burg. Der Herr Graf hat mir Auftrag gegeben, ihre Einrichtung zu überwachen und alles zu ordnen für die Aufnahme seiner Familie. Das ist jetzt geschehen, selbst das Banner Fürstenbergs flattert über dem Burgfried.«

»Wird dem Grafen die Burg auch genügen zu bleibendem Aufenthalt?« fragte der Edelknecht Hug von Waldstein.

»Genügen?« rief der Schultheiß aus. »Ihr habt die Burg scheint's noch nie recht gesehen, Hug. Es gibt zwischen Straßburg und dem Fürstenberg keine schönere, als die von Hasela. Sie liegt zwar in der Ebene und ist keine Hochburg, aber bewehrt mit Mauern und Türmen, daß ihr so schwer beizukommen ist wie einer Bergveste.

In der Vorburg, durch die der Talbach zieht, liegt ein Garten mit Blumen, Lauben und Teichen, wie sie selten bei einer Burg zu finden sind. Dabei noch ein freier Platz, um Rosse zu tummeln und Tjoste zu halten.

Und in der innern Burg steht neben dem Hauptturm ein Palas mit Rittersaal, Kammern und Kemenaten, deren sich kein Herzog zu schämen brauchte, um so weniger, als ein solcher – Konrad I. von Zähringen, – unsere Burg gebaut und eingerichtet hat.

Der Graf wird seine Freude haben, wenn er in den Rittersaal tritt. Die Bodenfliese glänzen wie Alabaster, an den Wänden hängen herrliche alte Teppiche, welche noch mit den Kreuzfahrern aus dem Morgenlande kamen, und die silber- und goldverbrämten Schilde der Herzoge von Zähringen, auch die Eginos des Bärtigen von Urach und seines Sohnes Egino, des Großvaters unseres Grafen. Ein Fürstensaal kann nicht schmucker aussehen.«

»Hast recht, Büchorn«, nahm jetzt der Ritter Rudolf von Schnellingen das Wort, »es gibt nicht bald eine schönere Burg als die von Hasela. Und dazu noch Wunn und Waid, Berg und Tal, alles grün und blumig. 's wird unserm neuen Herrn gefallen. Alle Herren waren noch gerne hier, und selbst die Zähringer, so erzählte noch mein Großvater, haben allzeit mit Vorliebe in Hasela Quartier genommen und in unsern Wäldern gejagt, obwohl ihre Burg in Freiburg eine der schönsten ist im deutschen Reiche.«

»Und unser jetziger Herr, der junge Graf Egino«, meinte Heinrich Zünde, der Zwölfer, »war ja auch stets gerne hier, wenn sein Vater zur Herbstzeit bei uns Hof hielt, und er hat wohl deswegen auch Hasela zu seiner Residenz gemacht«

»Ja, und den Villingern zum Trotz«, warf Hug Klotzinger, einer vom Rat, ein. »Die Villinger kann er nicht leiden, die Stadt ist ihm zu groß geworden, und die Geschlechter dort sind ihm über den Kopf gewachsen. Daß diese von den Fürstenbergern verlangt und es ihnen abgetrotzt haben, daß nur einer Herr der Stadt sein soll, hat die Grafen noch vollends gegen sie eingenommen.«

»Aber wie steht's, ihr Herren von Hasela, mit eueren Freiheiten unter dem neuen Grafen?« fragte jetzt Burckard von Ramstein, ein Edelknecht aus dem benachbarten Dorf Wiler.

»Damit steht's gut«, erwiderte der Schultheiß. »Graf Egino hat mir schon durch den Ritter von Almeshofen sagen lassen, er wolle uns alle unsere alten Rechte und Freiheiten gerne belassen und beschwören.«

»Und die sind nicht klein«, meinte der von Ramstein.

»Die Zähringer«, fuhr der Schultheiß fort, »haben Hasela, dem kleinen, die gleichen Freiheiten verliehen, ›wie sie Friburg im Brisgowe het und nießet.‹ Alle Zölle und Ungelter gehören unser. Wir besetzen und entsetzen alle Ämter unter dem Schultheißen, als da sind: ›die zwelfer des rats, den frühmesser, schulmeister, sigristen, büttel, nachrichter, hirten und herter (Hirtenmeister)‹.

Wir besetzen, beschließen und öffnen alle Tore der Stadt Maß und Gewicht sind in unserer Hand. Jeder Bürger genießet Freizügigkeit, und wer ›von Hasela ziehen will, den soll der herr der stat geleiten abwärts bis inmitten uf den Rin, aufwärts uf die Schiltacher steig, südlich uf die Bleiche. Will er wieder kommen, so soll der Herr ihn von diesen Punkten wieder hergeleiten‹.

Wer etwas verschuldet oder Unrecht tut zu Hasela und flieht ›in eines zweifers hus, der soll frieden han, alle die wile er darinne ist‹.

Jeder Bürger ist straflos, der einen angreift, so ihm ins Haus fällt; schlägt ›ein burger einen buben, so bessert (büßt) er es nit‹.

Der Herr schwöret, daß weder er, noch seine Nachkommen, noch sein Gesinde und seine Diener die Bürger oder eingesessenen Leute weder im einzelnen noch insgesamt an ihren Leibern und Gütern, Weibern, Töchtern und Kindern beschweren, bekümmeren, schmähen, noch ihnen Unlust zufügen.

Hält der Graf sein Wort nicht und was er versprochen, so sind wir des Eides ledig und können einen andern Herrn wählen.

Für alle diese Freiheiten zahlen wir unserm Herrn jährlich zehn Mark lötigen Silbers und nit mehr, weder Übersteuern noch Bürgschaften.

So lauten unsere Freiheiten«, schloß erhobenen Hauptes der Schultheiß. »Sie sind bereits in einem Brief neu zusammengestellt, auf daß der Graf sie mit Eid und Siegel bekräftige.«

»Ihr Leute von Hasela habt überhaupt Glück mit eueren Herren«, nahm der alte Edelknecht Töbelin von Vischerbach jetzt das Wort »Ich war Knappe bei unserem seligen Herrn, dem Grafen Heinrich. Ich hab' sein Streitroß geführt auf den weiten Märschen, die er in des Königs Diensten gemacht, und sein Turnier- und sein Schlachthelm hingen manchen Tag an meinem Sattel.

Ich war mit ihm in Lübeck, als er an des Königs Statt den Huldigungseid entgegennahm, zog hinter ihm drein, als er nach Italien ging, aber überall sprach er mit mir von Hasela. Oft, wenn ich ihm am Abend aus dem Sattel half nach langen Ritten, meinte er: ›Töbelin, ich wollt', ich könnt' vor meiner Burg in Hasela absteigen und mit dir einen Humpen Herrenberger trinken.‹

Vom König, seinem Vetter, erbat er einen Freiheitsbrief für seine Bürger in Hasela, selbst als wir mitten im Krieg stunden mit dem Böhmenkönig.

Im Feldlager zu Marcheck am 19. August 1278 hat ihm der König die Freiheiten für Hasela verbrieft.

Er hat aber auch alles gegolten, unser Graf, bei dem König, weil er einer der wenigen schwäbischen Herren war, die ihn nicht im Stiche ließen, als es drunten an der Donau zur Entscheidung kam. Drum durft' er auch des Reiches Banner tragen in der Schlacht bei Dürnkrut.

Ich sehe ihn heute noch vor mir, unsern König Rudolf, wie er eine Freude hatte, daß auch aus seiner Heimat Kriegsleute gekommen waren. Der Bischof von Basel, der elsässische Untervogt Wernher von Hattstadt und wir Fürstenberger ritten von Schwaben her in Wien ein. Der König sprach: ›Rastet einen Tag, und dann ziehen wir in die Schlacht; ich bin froh, daß ich euch habe, mein Haupt zu beschirmen. Ich vertrau' auf Gott und euere Tapferkeit.‹

Und wir liefen zu den Beichtigern, meldeten unsere Sünden und bereiteten uns gläubig zum Sterben vor.

Es war ein blutig Ringen am Bartholomäustag des Jahres 1278 bei Dürnkrut in der Ebene an der Donau. Des Königs Roß ward durchbohrt, und er stürzte, kam aber wieder auf, bestieg ein ander Schlachtroß und rief seine Schwaben zu Hilfe. Mit fünfzig Reitern – unser Graf und ich waren dabei.«

»Und ich war auch dabei, Töbelin«, unterbrach den Vischerbacher Hans Vasant, der Ritter, – »hätte damals nit geglaubt, daß ich noch einmal die Kinzig sähe!«

»Mit diesen fünfzig«, fuhr der Edelknecht fort, »stürmte der König mitten ins Heer des Böhmenkönigs; die Ungarn, Sachsen und Bayern hintendrein. Bald war der König Ottokar gefangen und erstochen und sein Heer in die Flucht geschlagen. Gewonnen war's.«

»Aber Ungarwein haben wir dann getrunken«, meinte Hans Vasant, »drei Tage und drei Nächte lang, und dann ungarische Hengste und goldene Sporen verteilt.«

»Und wahr spricht der von Vischerbach, daß unser Herr, der Graf Friedrich, Hasela nit vergaß, auch im Felde nicht.

Als wir am vierten Tage weiter zogen und wir Schwaben uns sammelten und aufstellten und unser Graf uns musterte, ritt er auf mich zu, schüttelte mir die Hand und sprach: ›Vasant, was werden die von Hasela sagen, wenn sie hören, daß wir dabei gewesen bei Dürnkrut?‹

Alle sind wir nit heimgekommen. Der Vischerbacher und ich sind wohl die einzigen von zehn Reisigen aus der Herrschaft Hasela. Einer von Bärenbach, ein Klotzinger, ein Toley und ein Zünde schlafen mit einigen Geschlechtern von Husen und mit den Edelknechten von Gechbach und Einbach drunten an der Donau. Gott hab' sie selig.«

Aber der Sieg hat auch unser gehört von Gotts und Rechts wegen. Unser alter König ist ein frommer Mann und ein großer Verehrer der heiligen Jungfrau. An Samstagen – als den Muttergottestagen – begeht er keine Gewalttaten und läßt keine begehen von seinen Kriegern – aus Ehrfurcht vor der Jungfrau Maria. Und die hat ihm sicher es erbetet, daß er bei Dürnkrut wieder auf den Gaul kam, als er zu Boden fiel und die Rosse über ihm wegflogen.

Und auch unser seliger Herr, der Graf Heinrich, war ein gar gottesfürchtiger Ritter, und schon ihm zulieb dürft ihr vom Rat in Hasela und eure ganze Gemeinde seinen Sohn wie einen rechten und lieben Herrn empfangen.«

»Das tun wir auch, Freund Vasant«, erwiderte der Schultheiß. »Alle Hände regen sich in der Bürgerschaft, dem neuen Herrn, wenn er in seine Residenz zieht, zu zeigen, wie sehr Hasela diese Ehre zu schätzen weiß.

Es wird morgen ein großer Festtag werden in unserer kleinen Stadt. Fahrende Leute aller Art sind bereits auch eingetroffen: Sänger, Musikanten, Kunstreiter, Feuerfresser, Gaukler. Sie alle wissen, daß es in Hasela immer was zu verdienen gibt mit solchen Künsten. Die Stadt wird diesmal auch noch allen Fahrenden einen Trunk geben.

Und der Graf hat seinem Burgvogt, der vorgestern vom Zindelstein mit dem Hausrat angekommen ist, befohlen, am Tage seines Einzugs für alle Armen ein Essen herrichten zu lassen.

Für die Bürger wird er Extra-Wein spenden und für alle gemeinen Gäste am Nachmittag den Sebastiani-Brunnen mit Wein laufen lassen. Er hat dessen in Fülle in seinem Keller liegen unterm Kornhaus vor der Burg. Auch für einen Braten ist gesorgt vom neuen Herrn. Seine Jäger haben Befehl, Hirsche, Rehe und Wildschweine zur Genüge zur Strecke zu bringen, damit sich die Bürger auf dem Marktplatz neben dem Brunnen ihr Fleisch selbst am Spieß braten können zum Wein.«

»Hat die Gräfin auch schönen Hausrat gebracht?« fragte jetzt Jörg Berne, der Geschlechter, ein ehemaliger Handelsmann.

»Kannst dir's denken, Jörg«, antwortete der Schultheiß, »daß die Tochter des Markgrafen von Hachberg keine Bettelware mitbekommen hat. Die herrlichsten Teppiche hab' ich gestern auspacken sehen, echte, aus Smyrna und Limoges, aber auch solche, welche die Gräfin selbst gestickt hat. Dann Truhen und Tröglein von feinster Arbeit, auch kostbare Elfenbeinschnitzereien. Und Kleider so viele und so prächtige, daß die Königin von Frankreich keine schönern hat, und ich fürchte, unsere Frauen werden noch mehr auf Seide und Samt halten als bisher, wenn sie die Gräfin in ihrer Gala sehen.«

»Was bringt der Graf für adelige Herren als Zeugen der Huldigung und als Siegler unseres Freiheitsbriefes mit?« wollte jetzt Heinrich der Amann wissen, auch einer vom Rate.

»Der Burgvogt«, gab der Schultheiß zur Antwort, »sagte mir gestern, es kämen zwei Grafen von Freiburg und der Markgraf von Hachberg, die am Sankt Bartholomäustag in Villingen gesiegelt, seitdem noch allerlei Kurzweil in der Baar getrieben hätten und nun auf dem Heimweg noch die Huldigung in Hasela mitmachen wollten. Auch der Graf Friedrich, unseres Herrn Bruder, dem Wolfa gehört, kommt mit seiner Gemahlin.

Dann sollen noch zwei Herren von Geroldseck morgen einreiten, Walther, der Burgherr, und Hermann, der Landvogt von der Mortenau auf Ortenberg. Auch der Abt Berthold von Gengenbach ist geladen.

Die Geroldsecker haben Güter in unserer Herrschaft und der Abt nicht wenig eigene Leute und Höfe unter uns.

Und du, Amann, dann der Toley, der Zünde und der Ritter Vasant, ihr könnt morgen ans untere Tor reiten und diese Herren empfangen, während wir andere droben beim Schwiggenstein unsern Herrn und die genannten Grafen erwarten.«

»Wie wird empfangen?« fragte Ritter Vasant. »Habt ihr auch einen rechten Willkomm-Trunk parat, den wir den Herren am Tore bieten können?«

»Gewiß, Ritter«, entgegnete der von Büchorn, »ich hab' vor vierzehn Tagen schon in Ulm Ulm war in jener Zeit Hauptmarkt für ungarische, italienische und griechische Weine. Die aus Ungarn hießen Osterweine. zwei Fässer Osterwein aus Ungarn bestellt. Gestern hat ihn Hans Dold, der Fuhrmann, gebracht. Mit ihm soll Wilkomm getrunken werden, und er soll morgen auch zum Festmahl dienen, das hier in unserer Herrenstube abgehalten wird.

Und nun trinken wir noch eins auf das Gelingen des morgigen Tages und auf den Frieden zwischen der Bürgerschaft und ihrem neuen Herrn.«

Und sie tranken noch eins und wieder eins und zuletzt noch eins und redeten dazu.

»Wird Klein-Künlin von Bärenbach morgen auch kommen?« flüsterte der Edelknecht Hug von Waldstein dem neben ihm sitzenden Ritter Vasant zu. »Er hat erst vor einigen Wochen einige Handelsleute von Hasela gerupft, als sie von Schaffhausen herzogen mit Seidenwaren, – und wird sich wohl nicht in die Stadt getrauen.«

»Da kennst du den Künlin schlecht, Hug«, gab der Ritter zurück. »Er kommt morgen früh sicher zum neuen Tor herein mit einigen Knechten und tut, als ob er der Philister bester Freund wäre. Die werden ihn finster anschauen, hinter ihm drein ihn Räuber schimpfen, aber sonst ungeschoren lassen, weil sie wissen, daß er dann jeden von ihnen aufhebt, wenn er nur zu einer Hochzeit geht nach Mühlenbach.

Du bist heut' besonders ängstlich und gewissenhaft, Hug, und hast doch schon mehr als ein Dutzend Krämer von hier und auswärts in deinem alten Nest im Waldstein aufgehoben, nachdem du sie draußen an der Kinzig abgefangen.«

»Hast recht, Vasant!« sprach lächelnd der Edelknecht, »laß' uns trinken auf künftige Beute. Der Abt von Gengenbach läßt, wie ich höre, in Ulm Malvasier-Wein holen. Der Töbelin von Vischerbach und ich wollen ihn aber auch versuchen, wenn er an der Kapelle des hl. Martin bei Töbelins Burg vorüberzieht. Sollst auch mittrinken, Vasant, wenn der Fang einmal gelungen. Du bist zwar ein reicher Ritter und wohnst in der Stadt, du hast es nicht mehr nötig, auf Beute zu lauern.«

»Aber helfen will ich euch doch«, meinte Hans Vasant. »Ich kenn' den Abt gut und will ihn morgen ein wenig ausholen, bis zu welchem Tag er den guten Tropfen erwartet.«

Das Glockenzeichen für die gemeinen Bürger war längst verhallt, und die Scharwächter gingen fahndend auf verspätete Heimgänger durch die dunklen Gassen, als auch die Herren sich aufmachten ihren Häusern und Herbergen zu. –


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