Johann Christian Guenther
Gedichte
Johann Christian Guenther

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Die Eitelkeit des menschlichen Lebens

        Mein Geist, beweine doch
Den allgemeinen Jammer!
Das Leben ist ein Joch,
Das uns mehr drückt als zieret,
Ach Ungemach!
Und auf die Folter schnüret,
Ach, ach!

Beim Eintritt in die Welt
Wird uns der Schmerz zur Amme,
Die Gift zur Milch bestellt;
Wir führen in der Wiege,
Ach Ungemach!
Die besten Elendskriege,
Ach, ach!

Der Fall lehrt uns den Gang,
Der Gang lehrt und das Fallen.
Der weinende Gesang
Verdient oft Rut' und Schläge,
Ach Ungemach!
Und bringt nur Furcht zuwege,
Ach, ach!

Der Jugend erster Mai
Führt uns in Kummerschulen;
Der Geilheit Tyrannei
Beraubet die Gemüter,
Ach Ungemach!
Der edlen Seelengüter,
Ach, ach!

Und nimmt man denn ein Weib,
So wird uns Kreuz und Kummer
Ein rechter Zeitvertreib;
Da müssen wir verschwiegen,
Ach Ungemach!
Uns unter Hörner schmiegenEhebruch durch die Frau,
Ach, ach!

Den Kummer ziehn wir groß:
Da letzen uns die Kinder,
Die kleinen nur den SchoßVerletzung der Mutter bei der Geburt,
Die großen Herz und Augen,
Ach Ungemach!
Wenn sie am Beutel saugen,
Ach, ach!

Fällt nun die Jugend ab,
So steiget mit den Jahren
Das Elend bis ins Grab;
Da muß man mit den Plagen,
Ach Ungemach!
Der Jugend Spott vertragen,
Ach, ach!

Drauf fährt man nackt und bloß
Nach einem finstern Lande
Auf die Verwesung los;
Ja, mancher muß sein Sterben,
Ach Ungemach!
Ncoh wohl mit Angst erwerben,
Ach, ach!

Seht, Brüder, wie es geht!
Weint, daß es mit uns Menschen
So gar verdrießlich steht;
Ach betet doch noch heute
Und wünscht mit mir,
Daß uns die Glocke läute
Von hier.

 


 


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