Andreas Gryphius
Carolus Stuardus
Andreas Gryphius

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Carolus. Juxton. Die Printzeß / der Hertzog von Glocester. Die Edelen und Stat-Jungfrauen.

O libste Schmertzen Gäst!

Hertz.         Ach!

Carl.                 Ach! verweiste Kinder!

Hertz. Ach!

Carl.         Hertzog sonder Land!

Hertz.                 Ach!

Juxt.                         Printz nichts desto minder.

Carl. Princessin sonder Sitz. Statt Jungfern sonder Statt.

Jux. Vnd dennoch in der Welt!

Carl.         Ach!

Princes.                 Ach!

Carl.                         Der Donner hat
So hart nicht wider uns als über euch gewüttet.
Die Schwefellichte Glutt die auff uns ausgeschüttet
Trifft leider mehr auff euch.

Princes.         Ach! Ach!

Carl.                 Ach wehrter Sohn /
Ach! vorhin höchste Lust als die geraubte Cron
Noch auff den Haren stund / kennst du mich nicht mein Leben?

Hertz. Nein Herr!

König.         Ich bins den Gott zum Vater dir gegeben.
Hat Kummer mich so sehr mein libstes Kind verstellt?
Mein Kummer ists daß dich mein Vnglück überfällt.
Ach! daß du nie verdint! O Seelen süsse Sonne!
O höchstgewündschte Freud! O vorhin gröste Wonne!
Nun Hertzenherber Schmertz! der Mutter letztes Pfandt
Das sie uns überliß als schon die Glut entbrannt
Darin die Cron verschmeltzt! O liblichstes Gesichte!
Der Mutter wahres Bild / sie gläntzt in solchem Lichte
Als sie die zarte Blum / in Auffgang ihrer Jahr'
In Albion versetzt! auff unser Todten Bar
Verblüht nun Sie und Ihr! das Hertz wil uns zubrechen /
Vnd treufft von mildem Blut! was kan die Zunge sprechen
Die über euch verstumm't? man greifft uns härter an/
Als ein verbittert Haß auff Printzen rasen kan!
Man raubt nicht Stand und Stab / Ach! die sinds die uns kräncken!
Wir lassen nur zu vil.

Juxton.         Was GOtt gelibt zu schencken.

Carl. Wem aber lassen wir betrübte Tochter dich?
Wer nimmt sich deiner an? wird deine Mutter sich
Nach disem Donnerschlag auch wissen auffzurichten
Vnd dich an unser stat versorgen? Ach! mit nichten /
Sie stirbet! sie vergeht! und da sie leben kan;
Wer beut ihr selbst die Faust? wer spricht sie tröstlich an?
Vnd steht ihr hülffreich bey? O Printz zu Leid gebohren!
O Kind das nicht versteht wie vil es schon verlohren!
Vnd itzt verliren muß! So wenig deine Zeit
Ihr Elend überlegt! je mehr wächst unser Leid!
Was gibt dein König dir O Printz den Stand zu führen
Womit sucht libstes Kind dein Vater dich zu zihren?
Princesse! was erlangst du für ein Heyrath Gut?
Der Vater hat nicht mehr als eine Handvoll Blut
Die itzt vertriffen sol.

Princes.         Er läst uns seine Leichen
Zum Pfande letzter Gunst! Er läst die libe Zeichen /
Die Thränen zum Geschenck. Er läst was Feindes Hand
Vnd Neid nicht rauben mag / den angebornen Stand.

Carol. Der Stand ist eine Bürd unmöglich zu ertragen
Wofern der Fürsten Fürst nicht selbst wil Faust anschlagen.
Der Stand wird / fürchten wir / euch mehr denn tödlich seyn /
Indem die tolle Schar bricht Thron und Orden ein:
Man haut den Stam entzwey / wird man der Aeste schonen?
O besser köntet ihr in Pamanuke wohnen
Als in dem Mord-Pallast: Diß Land darinn ihr sitzt
Ist gantz mit Fürsten Blut durch alle Zeit besprützt/
Ach Kinder! die ihr euch zu Franck und Kat begeben /
Euch gab der wilde Schaum der strengen See das Leben
Das uns die Insel nimmt. Wofern man nach dem Schlag
Der nach dem Nacken zilt / euch lebend nennen mag?
Ihr seyd / wir stehn es zu / uns aus den Augen kommen
Der Strom hat dennoch euch nicht aus der Brust genommen /
Eur König gibt euch nicht wie disen gute Nacht /
Doch unser Vater Hertz / das auch schon sterbend wacht /
Küst euch durch dise zwey die er nicht mehr wird küssen!
Doch sol der blasse Geist in sanfftem Traum euch grüssen
Vnd trösten durch die Nacht: wo dencken wir doch hin?
Wir haben dise zwey / die beyde zu Gewin.
Doch was Gewinn ist diß daß wir in thränen schwimmen?
Daß uns die Geister gantz eh' als wir Tod verglimmen?
Auff! wischt die Zehren ab / der Cronen gibt und nimmt
Hat jedem seine Maß / sein Jammermaß bestimmt!
Er weiß allein warumb / und hält den Grund verborgen
Biß ihn das End' entschleust / der wird für alle sorgen
Vnd heilen was er schlägt. Vns dünckt wir schauen schon
Den hochbegehrten Carl auff König Carels Thron /
Die Schotten gantz bethränt / gantz Albion in Reue
Den wüsten Irr bestürtzt / man rühmt des Königs Treue
Indem sein Cörper fault. Des Fürsten Vnschuld blüht
Aus seiner Todten-Grufft / weil sich die Welt bemüht
Zu retten seine Cron.

Princes.         Ach! ist diß unser scheiden?
Ach König! schau ich Ihn! schau ich Ihn Vater leiden!

Carol. Du schawst mein Kind wie Ich diß lange Leiden schliß;
Indem Ich Freudenvoll vors Recht mein Blut vergiß.
Du schawst was Gott verhengt / doch mir zu sondern besten
(Wie schwer es immer scheint) der wolle dich befesten
Daß dich kein rauher Sturm kein Anfall von ihm reiß.
Der Erden Pracht ist Dunst. Tritt auff kein schlipffrig Eiß.
Vor allen scheu dich dein Gewissen zu beflecken.
Wenn Gott an jenem Tag uns frölich auff wird wecken;
Sol dise Beylag uns ein Kennezeichen seyn
Im Anblick aller Welt wer Gottes und wer mein.
Du hast des Höchsten Buch. Liß was er vorgeschriben.
Laß leichter Federn Gifft dir nimmermehr beliben
Ein nicht zu sauber Blatt steckt reinste Seelen an
Mit Funcken die Vernunfft und Zeit kaum leschen kan.
Wofern ein Zweifel dir die Sinnen wil anfassen;
So liß was Andreson und Witt uns hinterlassen /
Was Hacker auff gesetzt / was Laud uns vorgestellt
Vnd sterbend unlängst noch bekräfftigt vor der Welt.
Du aber du mein Sohn! Leb indenck diser Wortte;
Du hörst den Vater itzt und König an dem Ortte /
Indem er sich nunmehr zu sterben fertig macht
Vor Recht und Grund gesetz. Drumb nim dich selbst in acht
Vnd meide meine Leich so schändlich zu beschimpffen /
Daß da man meinen Mord gesonnen zu verglimpffen
Indem man / weil noch wer von deinen Brüdern lebt /
Dich Ihn zu Nachtheil ehrt und auff den Thron erhebt;
Du dich erkühnen dörffst Ihr Vorderrecht zu brechen
Vnd was mein Blut anitzt bestärcken sol zu schwächen.
Fleuch / meide dise Schmach / geh solchen Rath nicht ein /
So wird der Götter Gott dein stärckster Schutzherr seyn.

Henr. Mein König mich sol eh ein wildes Roß zureissen:
Als daß mich eine Zeit solt ungehorsam heissen /
Als daß ich den Befehl aus meiner Seelen setz /
Vnd seines Seegens mich Herr Vater unwerth schätz /
Es blüh' auff seinem Stull der zu dem Stull gebohren.
Wer frembde Reich' einnimt hat durch Gewinn verlohren.
Bleibt Bischoff / bleibt mein Zeug! O wann sein Grab das mein!

Princ. Ach! könte doch mein Tod erleichtern seine Pein.

Henr. Herr Vater / ach solt ich mit ihm das Leben schlissen!

Princ. Könt ich / mein Blut vor ihn mein Fürst / mein Herr / vergissen!

Hertz. Mein König rettet ihn kein Beystand keine Flucht?

Princ. Bringt sein Anheimkunfft Herr / so schmertzenreiche Frucht?

Carol. Nun Kinder! lernt euch stets vor Gott dem Höchsten neigen /
Dem Bruder euer Pflicht Gehorsam zu erzeigen /
Dem Bruder / der (ob schon Ihn Well und Wetter treibt)
Doch diser Länder Fürst und euer König bleibt.
Lebt fester durch die Lib' als gleiches Blut verbunden.
Es werde Brüder Treu und Schwester Hold gefunden
In beyder Hertz und Geist weil etwas in euch lebt.
Noch eins und das zu letzt / Lernt von mir und vergebt.
Betrübt uns ferner nicht Princess mit mehren Zehren
Der Himmel blick euch an! er wolle dir bescheren
Was er uns nicht vergönnt / Er nehme der sich an
Der er den Vater nimt / die keinem trauen kan
Als dem der ewig treu! Er linder deine Schmertzen /
Princeß nimm unsern Tod so hefftig nicht zu Hertzen /
Vns rufft ein grösser Reich! Ade gelibter Sohn!
O Jugend die nicht fühlt wie die zustückte Cron
Auff Stuards Sprossen knackt! der Printzen Printz erhebe
Durch dich was in uns fällt / er segne dich und gebe
Was unser Wundsch nicht kan / Er laß ihm unser Blutt
Für euch genehme seyn und rett euch aus der Flutt
Durch die wir überströmt. Geht! liben Kinder gehet!
Weil eur verdamter Fürst und Vater einsam stehet!
Geht! liben Kinder geht! der Vater steht allein!
Sein Purpur ist entzwey! ihn hült ein Traurkleid ein!
Doch schreyt sein weinend Hertz! ob gleich die Lippe schweiget
Zu dem der ewig herrscht und ew'ge Cronen zeiget!
Auch sein vergossen Blut wird mahlen auff den Sand
Das Vnrecht das er lidt. Auff Kinder! streckt die Hand
Mit uns zu beyder Gott! Er wird der Feinde wütten
Vnd stoltzem tolle seyn / in kurtzem Trotz gebitten /
Diß hofft ein schmachtend Hertz. Ade mit disem Kuß!
Vnd hirmit gutte Nacht! gebt unsern Thränen-Gruß
Wofern es Gott vergönt / dem fernen Paar der Brüder
Der Mutter die halb Todt / und eurer Schwester wider:
Der Mutter die kein Tag mir aus den Sinnen nam /
Von jener Zeit an da sie in mein' Armen kam.
Der Mutter / die ich nicht werd aus dem Hertzen lassen;
Biß mein enthalßtes Haubt wird auff dem Platz erblassen.
Welch Zagen setzt uns zu / wir fühlen nur zu woll
Wie scharff das Eisen sey das uns zutrennen soll.
Nehmt dise Denckmal hin und dise letzte Küsse!
Fahrt wol biß ich bey GOtt ergetzt in Freud euch grüsse.
O! führt die Kinder weg! Ich laß euch Wehmutsvoll
Euch die Ich dort in Lust auff Ewig schauen soll!
Fahrt wol auff kurtze Zeit! sie gehn benetzt mit Zehren
In heisser Seelen Angst.

Juxton.         Doch wird sie GOtt gewehren
Mein Fürst mit steter Wonn' und was er hie verläst.
Er bau auff disen Grund!

Carol.         Der Grund ist bey uns fest.
Muß schon ein Vater-Hertz die harten Riß empfinden;
Doch müht der Geist sich hoch diß Leid zu überwinden/
Vnd schlägt den Jammer aus.

Juxton.         Chur Pfaltz ist höchst bemüht /
Mein König Ihn zu sehn!

Carol.         Den König! der verblüht!
Danckt Chur Pfaltz vor die Treu. Er würd auffs neu erbittern
Durch seine Gegenwart / die Schmertzen die sich wüttern
Vnd an die Seele gehn: Ihr! sorgt für unser Leich!
Vnd zeigt dem Richmond an daß nach verrichten Streich
Wir dise letzte Gunst von ihm und euch begehren:
Er lasse nicht diß Fleisch durch schnelle Fäul auffzehren
Vnd gönn uns noch zu letzt die Handvoll Specerey
Daß ob wir von der Welt; doch noch auff Erden sey
Was Cron und Thronerb schaw: er mag aus unserm Wesen
Vnd blassem Angesicht sein eigne Pflichtschuld lesen /
Wir sorgen weitter nichts. Diß was uns noch gelibt
Ist was vom Himmel kam und uns den Himmel gibt.

 

Chor der Syrenen.

I. Chor.

Himmel ist das Zil der Dinge / daß des Höchsten Hand gesetzt
Durch das schnelle Rad der Zeiten zu dem letzten Zweck gereckt!
Da der weite Bau der Erden durch die strenge Glut verletzt
Wird in Asch und Nichts verfallen! macht der Richter sich geschickt
        Die grosse Schuld zu rechen /
        Vnd alles einzubrechen.

I. Gegen-Chor.

Rasen darumb durch die Wellen / stärcker als die Welle geht/
Die geschwinden Sturm-erwecker? bricht drumb Ost den Westen ein?
Wil die Klippe darumb spalten / wird die Seichte drumb erhöht?
Wil die Vorburg Amphitritens auch nicht länger felsern seyn
        Weil alles über Hauffen
        In einem Nun sol lauffen?

I. Abgesang beyder Chore.

Wie? oder stellt des Höchsten Macht
    Ein unerhörtes ändern an?
Hat sich sein Geist auff was bedacht
    Das kein Gemütt ersinnen kan?

II. Chor.

Kaum in einem Sonn-umblauffen sind schir alle Thron entleert.
Cimberns Silber-Haar verstäubet / weil der Cron-Erb wird verschart.
Der Sarmater Fürst gesegnet eh die Auffruhr ihn beschwert
Bosphers Blitz / Europens Schrecken / hat den grausen Strang erhart.
        Der stirbt / eh' als er stirbet
        Der so wie er verdirbet.

II. Gegen-Chor.

Auf den Iber wetzt man Klingen / und verschwert auf Portugall.
Auch der Adler siht Verrähter / Franckreich greifft die Liljen an.
Nun erbebt das Rund der Dinge / über Stuards herbem Fall.
Amphitrit ist gantz bestürtzet daß die Tems es wagen kan.
        Sah man in einem Jahre
        So viler Printzen Bare?

II. Abgesang.

Des Himmels Licht entbranter Schlag
    Geht auff der Völcker Hirten loß
Nun rette wer sich retten mag /
    Ihr Schafe fliht. Die Noth ist groß.

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