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»Zurück gebt mir den Jonas! Mord, Blitz und Donnerwetter!
Sonst Krieg um ihn! Eur Liebden stets wohlgeneigter Vetter.« –
Den Brief des Preußenkönigs der Herzog liest, erblaßt,
Doch kann er nimmer sich trennen von dem geliebten Riesengast.
Weh, schon ein Preußenlager diesseit der Landesgränzen!
Wie's wimmelt dort am Hügel! Welch Rufen, Flimmern, Glänzen!
Hört ihr's in aller Frühe dort pelotonweis knallen?
Nicht Flinten! Kleiderklopfer sind's, die auf Uniformen fallen.
Seht rege wie Kranichzüge die Reihn, – doch nicht zu Gefechten!
Den Hauptmann hält am Zopfe, ihn regelrecht zu flechten,
Der Fähndrich; den der Waibel, den der Gemeine dann,
In ungemessner Zeile, so fort und fort, der Mann den Mann!
Staub hüllt und Rauch das Lager, Entsetzen dem Bauernvolke!
Doch Pulver nicht, nur Kreide, Haarpuder ist die Wolke,
In die noch nicht gefahren, beseelend, zündend der Blitz,
Sie ballend zu Wetterschlägen, der Feuergeist des großen Fritz! –
Sie spähn: kein Feind ist drüben! –Doch sieh, jetzt wird entrollt
Die Merseburger Fahne, das schwarze Kreuz in Gold!
Ein weißes Zelt daneben. Jetzt wirbelt Trommelschlag,
Jetzt klingt der Ton der Geige, als ging's zu Kirmes und Gelag!
Der Schütz' an der Kanone lädt scharf, visirt und ruft:
»Nun hab' ich auf dem Korne den musikalschen Schuft!
Spottvogel mit der Fiedel, dir sei der erste Gruß!
Gilt's jetzt? Nach Takt und Noten die Kugel tanze, knalle der Schuß!«
Der Hauptmann nimmt das Fernrohr, erblaßt und spricht: »Halt ein!
Das ist der Riese Jonas, geheiligt sein Gebein.
Der König sprach: Den Jonas schont, wenn ihr klopft die Sachsen:
Bevor ihr fällt die Eiche, denkt, wie so lang sie mußte wachsen!«
Da rief ein junger Fähndrich: »Dort regt sich's im Gesträuche;
Gilt's, renn' ich Bajonnette den Feinden in die Bäuche!«
er Hauptmann schaut durch's Fernrohr: »Ich seh' allein den Langen;
Es sprach mein Herr und König: Wer dem ein Härlein krümmt, soll hangen!
»Nun will ich selbst hinüber in's Feindeslager reiten,
Daß sie aus Kriegesfährden entfernen den Geweihten.«
Er nimmt ein weißes Fähnlein und trabt zu Thal durchs Feld,
Bis wo der Riese Jonas gemächlich sitzt vor seinem Zelt.
»Ist hier die Vorpostwache? Zum Offizier mich führe,
Daß er mein Aug' verbinde, Tambour das Zeichen rühre.«
»»Ich bin Vorposten, Trommler und Offizier zugleich!««
Er legt um's Aug' ihm die Binde und schlägt die Trommel mit mächtgem Streich.
»So führe denn zum Feldherrn und führe mich zum Heere!«
»»Ich bin das Heer und habe Feldherr zu sein die Ehre.««
»Du bist wie Luft und Wolke, die Keiner hascht und greift,
Du bist wie die Sonnenscheibe, der nie ein Blei das Schwarze streift.
»Dein Fürst hat, traun, den besten Heerführer, wie ich seh,
Dem auf den Wink gehorchen die Glieder der Armee;
Drum Meuterei der Truppen droht ihm nicht, wenn er spricht:
Das Heer soll sich ergeben!« – »»Fürwahr, das Heer ergibt sich nicht!««
Der Hauptmann trabt von dannen, zähnknirschend, lachend, beides:
»Ein Heer soll ich zermalmen und darf ihm thun kein Leides!
Vernichtet' ich's, wär' ewig der Siegespreis verloren!
Und zög' ich heim als Sieger, wär' ich zum Galgen erst erkoren!«
Horch, Trommler-Pfeifersignale! Heimwärts ziehn Wanderflüge!
Heimwärts die Preußen wallen, geschlossne Kranichzüge!
Und als er sah ihr Wandern, zog auch Herr Jonas heim;
Ihn hält umarmt der Herzog, ihn preist der Hofpoet im Rein.:
»Es war ein starker Riese einst in uralten Tagen,
Der fünf, sechs Feind' am Spieße, wie fünf, sechs Hafen getragen;
Weil wie ein Heer er mächtig, ward er Einheer genannt.
Du neuest den Namen prächtig und galtst allein ein Heer dem Land.
»Dir schmiegt sich die gefeite Goldrüstung um die Lenden,
Die noch kein Hieb entweihte, kein Kugelwurf darf schänden.
Du unverletzliche Eiche im heilgen Hain der Sachsen!
Bevor sie falle dem Streiche, denkt, wie so lang sie mußte wachsen.« |